Der vergöttlichte Aurelian
Übersetzung
1 [635] Am Feste der Göttermutter, an dem sich, wie bekannt, Jedermann den Aeußerungen der Freude in Wort und That überlassen soll, fuhr ich nach vollzogener Feierlichkeit mit dem erlauchten und nur mit der höchsten Achtung zu nennenden Stadtpräkelten Junius Tiberianus, in dessen Gefährte, und zwar in seinem Staatswagen. Da er gerade von Gerichtssachen und Staatsgeschäften nicht in Anspruch genommen und frei war, so zeigte er sich vom Palaste bis zu den valerianischen Gärten sehr gesprächig, namentlich in Betreff der Lebensumstände der Kaiser. Wie wir uns an dem von dem Kaiser Aurelianus geweihten Sonnentempel befanden, fragte er mich, da er selbst gewissermaßen verwandt mit demselben war, wer das Leben desselben beschrieben habe. Auf meine Antwort, daß ich Aurelians Leben zwar von einigen Griechen, aber von keinem lateinischen Geschichtschreiber gelesen habe, ergoß dieser verehrungswürdige Mann seine Schmerzen in folgenden Worten: „Also einen Thersites1, [636] einen Sinon2 und andere Scheusale des Alterthums kennen wir recht wohl und wird die Nachwelt noch oft nennen: aber der göttliche Aurelianus, dieser so hochberühmte Herrscher, dieser so strenge Kaiser, der den Römern wieder die ganze Welt unterworfen hat, soll der Nachwelt unbekannt bleiben? Nein, diesen unsinnigen Widerspruch soll Gott verhüten! Und doch hat man, wenn ich mich recht erinnere, von diesem so großen Manne ein Tagebuch, so wie eine mit historischem Geist abgefaßte Darstellung seiner Kriege! Ich wünschte, daß du dieselben vornehmen, der Ordnung nach beschreiben und noch andere Lebensumstände von ihm besitzen möchtest. Du wirst dieses alles aus den leinenen Büchern, worin er seine täglichen Verrichtungen selbst einzutragen befohlen hatte, mit deinem gewohnten Fleiße kennen lernen. Ich werde dir aus der Ulpischen Bibliothek3 auch diese leinenen Bücher besorgen und bitte dich, von Aurelian ein so getreues Bild als es in deinem Vermögen steht, zu entwerfen.“ Ich leistete dieser Anforderung Folge, nahm die griechischen Bücher und alle andere für mich nöthigen Hülfsmittel zur Hand und brachte das Denkwürdigste davon in Ein Werkchen. Ich überreiche [637] dir dasselbe mit der Bitte um eine gütige nachsichtige Aufnahme. Sollte es dir aber nicht genügen, so lies die Griechen selbst und ziehe auch die leinenen Bücher zu Rathe, welche dir die Ulpische Bibliothek auf dein Verlangen verabfolgen wird.
2 Wir waren bei unserer Unterhaltung im Wagen auch auf Trebellius Pollio zu sprechen gekommen, welcher die Geschichte sowohl der berühmten als weniger bekannten römischen Kaiser von den beiden Philippen an bis auf den göttlichen Claudius und dessen Bruder Quintillus geschrieben hat. Tiberianus meinte, dieser Geschichtschreiber habe Vieles ohne Kritik, Manches auch zu kurz erzählt. Ich bemerkte dagegen, es gebe keinen Geschichtschreiber, in dem sich nicht einige Unrichtigkeiten fänden, und berief mich dabei auf mehrere Stellen im Livius, Sallustius, Cornelius Tacitus und Trogus4, deren Unrichtigkeit durch die gültigsten Zeugnisse erwiesen werden könnte. Tiberianus stimmte mir vollkommen bei und sagte, indem er mir lächelnd seine Rechte reichte: „schreibe nur wie es dir beliebt und erzähle nur unbesorgt was du willst, da du Solche zu Gefährten deiner Unrichtigkeiten haben wirst, die wir als Meister der historischen Kunst bewundern.“
3 Doch um nicht durch eine Masse nicht hieher gehöriger Worte das Langweilige meiner Vorrede zu vermehren, so bemerke ich, daß Aurelianus nach den meisten Nachrichten aus Sirmium gebürtig und einer unscheinbaren Familie angehörig war, daß er aber nach [638] andern aus Ufer-Dacien5 stammt. Auch erinnere ich mich irgend wo gelesen zu haben, er sei von Geburt ein Mösier. Uebrigens ist es bei Männern, die von niedriger Herkunft gewesen sind, nicht selten der Fall daß man ihr Vaterland nicht kennt, weil sie häufig einen andern Geburtsort angeben, um durch den Glanz ihrer Heimath auf ihre Nachkommen ein helles Licht zu werfen. Indessen wo es sich um den Ruhm großer Herrscher handelt, da ist nicht Kenntniß ihres Geburtsortes, sondern ihrer Verdienste um den Staat die Hauptsache. Oder ist es für Plato eine größere Empfehlung, daß er ein Athener war als daß er in der Philosophie als Stern erster Größe glänzte? Oder schwächt den Ruhm eines Aristoteles aus Stagira6, eines Zenon aus Elea7 und eines Anacharsis8 aus Skythien der Umstand, daß sie in ganz unbedeutenden Ortschaften geboren sind, während [639] ihre ausgebreiteten Kentnisse in der Philosophie sie bis zum Himmel erhoben?
4 Um indessen zu meinem eigentlichen Gegenstande zurückzukehren, so war Aurelianug der Sohn von Eltern aus dem Mittel stande. Schon von früher Jugend an zeigte er einen äußerst leb: haften Geist und zeichnete sich durch Körperfraft aus. Keinen Tag – mochte es ein Festtag, oder er frei von Diensten sein – ließ er vorübergehen, ohne sich mit Wurfspießwerfen, Pfeilschießen oder andern Waffenübungen zu beschäftigen. Kallikrates von Tyrus, der weit gelehrteste griechische Schriftsteller, erzählt, Aurelians Mutter sei in dem Wohnorte seiner Eltern Priesterin der Sonne gewesen; ja sie habe auch einen gewissen Grad von Weissagungsgabe besessen, daher sie einst in einem Zanke mit ihrem Manne, da sie ihn wegen seiner Einfalt und Gemeinheit schalt, unter Anderem in die Worte ausgebrochen sei: da sehe man einmal den Vater eines Kaisers! Dieser Vorfall beweist, daß ihr die Schlüsse des Schicksals bekannt waren. Derselbe Schriftsteller berichtet, folgende Vorzeichen haben Aurelians Gelangung zuin Reiche verkündet. Als er noch ein Knabe war, soll eine Schlange häufig um sein Badbecken sich geschlungen haben, ohne daß man sie je hätte tödten können, endlich habe seine Mutter, als sie dieses wahrgenommen, die Schlange als eine Hausfreundin zu tödten verboten. Auch soll die Priesterin, seine Mutter, aus einem Purpurmantel, den der damals regierende Kaiser dem Sonnengotte dargebracht hatte, Windeln für ihren Sohn gemacht haben. Ueberdieß meldet noch Kallikrates, ein Adler habe den in Windeln eingewickelten Aurelian in denselben, ohne ihm ein Leid zuzufügen, aus der Wiege genommen und neben einer kleinen Kapelle auf einen Altar, worauf gerade kein Feuer brannte, gelegt. Nach eben demselben Schriftsteller wurde seiner Mutter ein auffallend [640] großes Kalb geworfen, das ganz weiß war, aber Purpurflecken auf beiden Seiten hatte, woron der eine einen Vogel9, der andere eine Krone bildete.
5 Ich erinner mich, bei eben diesem Schriftsteller noch viele andere unwesentliche Dinge gelesen zu haben; so sei z. B. bei der Geburt Aurelians in dem Hofraum eine purpurfarbige Rose aufgeblüht, die zwar den Geruch von Rosen, aber goldene Staubfäden gehabt habe. Auch noch später, als er bereits Kriegsdienste that, hatte er mehrere Vorzeichen, nach denen ihm, wie die Folge zeigte, der Thron bestimmt war. Wie er nämlich einst, weil eine Wunde ihm das Reiten schwer machte, zu Wagen seinen Einzug in Antiochia hielt, so fiel die ihm zu Ehren darüber ausgespannte Purpurdecke herab, und zwar so, daß sie sich um seine Schulter legte und da er, weil damals das Fahren durch die Stadt anstößig war, zu Pferde steigen wollte, so brachte man ihm ein Pferd des Kaisers, das er in der Eile bestieg, aber, als er des Irrthums gewahrte, alsbald mit dem seinigen vertauschte. Ueberdieß wurde ihm, als er als Gesandter nach Persien gereist war, von dem Perserkönige eine Schale geschenkt, wie sie gewöhnlich nur den römischen Kaisern verehrt werden und worauf das Sonnenbild eingegraben war, völlig ähnlich dem, das in dem Tempel verehrt wurde, an dem seine Mutter als Priesterin angestellt gewesen war. Auch wurde er mit einem stattlichen Elephanten beschenkt, den er dem Kaiser verehrte, daß also Aurelian der einzige Privatmann war, der einen Elephanten besessen.
6 Aurelian, um solcher und ähnlicher Dinge nicht weiter zu erwähnen, war wohlgestaltet, von einer hohen männlichen Schönheit und mehr als gewöhnlichem Wuchse. Er besaß eine außerordentliche [641] Körperkraft und war ein großer Freund des Weins und reichlichen Essens, weniger aber des weiblichen Geschlechts. Er war ungemein strenge, in der Kriegszucht eifrig, und gefiel sich in Handhabung des Schwerts. Es befanden sich zwei Tribunen Namens Aurelianus beim Heere, nämlich der unserige und ein anderer, der später mit Valerianus in Gefangenschaft gerieth. Den erstern unterschieden die Soldaten nur durch den Beinamen: die Hand ans Schwert. Wenn man nun fragte, welcher Aurelianus hat dieß oder jenes gesagt oder gethan, so war die Antwort: Aurelian die Hand ans Schwert, woraus man denn schon wußte, welcher gemeint war. Aurelian zeichnete sich vor seiner Gelangung zum Reiche durch viele tapfere Thaten aus. So brachte er den in Illyricum einfallenden Sarmaten ganz allein mit nur 300 Besatzungssoldaten einen empfindlichen Verlust bei. Theoklius, Verfasser einer Kaisergeschichte, erzählt, Aurelian habe im sarmatischen Kriege an Einem Tage 48 Feinde eigenhändig getödtet, an mehreren verschiedenen Tagen aber über 950, daher denn die Knaben Lieder wie folgendes auf Aurelianus machten, nach deren Rythmus sie an festlichen Tagen nach Soldatenweise tanzten:
Tausend, tausend, tausend, tausend, tausend, tausend haben wir erschlagen,
Tausend, tausend, tausend, tausend haben wir, Ein Mann, erschlagen:
Tausend-, tausend-, tausendmal soll leben, wer getödtet tausend hat.
So viel Wein besitzet Niemand, als er Blut vergossen hat.
Es ist dieß freilich, wie ich wohl weiß, ein sehr geringfügiger Umstand, allein weil der obengenannte Geschichtschreiber dieselben Worte, wie sie hier lateinisch stehen, in seinem Werke angeführt hat, so glaubte ich sie nicht übergehen zu dürfen.
7 Dei Moguntiacum schlug Aurelian als Tribun der sechsten gallischen Legion die Franken, welche in Gallien eingebrochen [642] waren und dasselbe nach allen Richtungen hin durchstreiften, dergestalt auf das Haupt, daß er 700 derselben tödtete und 300 Gefangene öffentlich als Sclaven verkaufte. Diese That gab wiederum Veranlassung zu folgendem Liedchen:
Tausend Franken allzumal
Und auch tausend Sauromaten
Liegen da, von uns erschlagen.
Tausend Perser wollen wir.
Aurelian war aber, wie ich oben bemerkt habe, von den Soldaten so sehr gefürchtet, daß, nachdem er einmal mit der äußersten Strenge Vergehungen wider die Kriegezucht bestraft hatte, Niemand fernerhin sich solche zu Schulden kommen ließ. Einst verhängte er über einen Soldaten, der Ehebruch mit seines Wirthes Frau getrieben hatte, eine vor ihm noch nie vorgekommene Strafe. Er ließ nämlich den Schuldigen mit den Füßen an die herabgebogenen Gipfel zweier Bäume binden und dieselben plötzlich zurückschnellen, da denn derselbe zerrissen wurde und an beiden Bäumen hängen blieb. Dieser Vorfall flößte dem ganzen Heere eine außerordentliche Furcht ein. An seinen Stellvertreter schrieb er einst folgenden ächt soldatischen Brief: „Wenn du Tribun sein willst, ja wenn du leben willst, so binde den Soldaten die Hände. Keiner soll ein Huhn rauben, keiner ein Schaaf berühren, keiner eine Taube nehmen, kein Getreide zertreten, kein Oel, Salz oder Holz mit Gewalt verlangen, sondern Jeder sich mit seiner Mundprovision begnügen. Der Soldat soll sich von der feindlichen Beute, nicht von den Thränen der Provincialen bereichern. Die Waffen sollen blank sein, Schwert und Geschosse gut geschärft und sein Schuhwerk stark und in gutem Stande. Anstatt der neuen soll er keine alte Kleidungsstücke tragen. Zum Aufbewahren seiner Löhnung diene ihm der Gürtel, nicht die Schenke. [643] Seine Halskette, seine Armspange und seinen Ring soll er tragen, sein Saumroß putzen, das Pferdefutter nicht verkaufen und das Maulthier seiner Centurie gemeinschaftlich10 pflegen. Ein Soldat soll dem andern als Soldat, nicht als Knecht Dienste leisten. Von den Aerzten sollen sie unentgeltlich geheilt werden. Den Wahrsagern sollen sie sich Nichts geben. In den Quartieren sollen sie sich bescheiden betragen, und wer Streit anfängt soll Prügel bekommen.“
8 Ich habe neulich in der Ulpischen Bibliothek unter den leinenen Büchern ein von Aurelian handelndes Schreiben des göttlichen Valerian gefunden, das ich hier wörtlich, wie es sich gebürt, mittheilen will. „Der Kaiser Valerianus dem Consul Antoninus Gallus seinen Gruß. Du tadelst mich in deinem vertraulichen Schreiben, daß ich meinen Sohn Gallienus nicht lieber dem Aurelianus als dem Postumius anvertraut habe, da jedenfalls dem Strengern sowohl mein junger Sohn als auch das Heer hätte übergeben werden sollen. Allein dein Urtheil wird sich ändern, wenn du erfährst, in welchem hohen Grade Aurelianus strenge ist. Er ist ein sehr strenger, er ist ein übertrieben strenger, er ist ein grausamer Mann und paßt nicht mehr für unsere Zeiten. Und ich selbst, alle Götter sind meine Zeugen, habe befürchtet, er möchte, wenn mein Sohn, wie er denn von Natur zum Leichtsinne geneigt ist, eine Unbesonnenheit begienge, allzuhart mit ihm verfahren.“ Dieses Schreiben beweist, wie strenge Aurelianus war, da selbst Valerian gesteht, daß er sich vor ihm gefürchtet habe.
9 [644] Man hat aber auch noch ein zweites Schreiben Valerians, worin dieser Kaiser Aurelians rühmend gedenkt, das ich in den Archiven der Stadtpräfectur gefunden habe. Denn bei seiner Ankunft zu Rom wurde ihm der seinem Range gebürende Gehalt bestimmt. Dasselbe lautet also: „Der Kaiser Valerianus dem Stadtpräfecten Cejonius Albinus seinen Gruß. Ich wünschte zwar allen dem Staate treu ergebenen Männern einen viel höhern als den mit ihrem Range gewöhnlich verknüpften Gehalt anweisen zu können, namentlich solchen Männern, deren Betragen ihren Stand ehrt – denn dem Verdienste gebürt außer der bloßen Standeswürde doch noch eine andere Belohnung – allein eine strenge Staatswirthschaft erlaubt es nicht, daß Jemand eine die mit seinem Range verknüpfte übersteigende Besoldung von den Abgaben der Provinzen beziehe. Wir haben dem sehr tapfern Aurelianus die Besichtigung und Einrichtung aller Lager übertragen, einem Manne, dem ich und der ganze Staat nach dem übereinstimmenden Zeugnisse des ganzen Heeres so viel zu verdanken haben, daß kaum irgend ein Geschenk, sei es auch das reichlichste, seine Verdienste würdig zu belohnen im Stande sein dürfte. Denn was ist an ihm nicht ausgezeichnet? Was besitzt er nicht, das nicht eine Vergleichung mit den Corvinen und Scipionen zuließe? Er ist der Befreier Illyricums, der Wiederhersteller Galliens, er ist das vollkommenste Muster eines Feldherrn. Allein es ist mir aller dieser seiner Verdienste ungeachtet unmöglich, den mit seiner Stellung verbundenen Gehalt mehr zu erhöhen als eine besonnene und gut geordnete Staatsverwaltung erlaubt. Daher wird deine Excellenz11, mein [645] lieber Vetter, dem Aurelianus folgende Gegenstände reichen lassen: 16 weiße Soldatenbrode, 40 gewöhnliche Soldatenbrode, 40 Sextarien Tischwein, ein halbes Ferkelchen, 2 Hühner, 30 Pfund Schweinefleisch, 40 Pfund Rindfleisch, einen Sextar feines und eben so viel gemeines Oel, einen Sextar geläutertes Schweineschmalz12, einen Sextar Salz, und Kraut und Gemüse so viel er nöthig hat. Da man ihm aber doch eine besondere Auszeichnung angedeihen lassen muß, so wirst du ihm, so lange er zu Rom sich aufhält, noch außerdem Fourage zukommen lassen, zu seinem Aufwande aber soll er von dir täglich 2 goldene Antonine, 50 kleine silberne Philippe und 100 Kupferdenare erhalten. Das Uebrige wird von den Schatzmeistern ausbezahlt werden.“
10 Diese Dinge scheinen vielleicht Manchem unbedeutend und allzu geringfügig, allein der Wißbegierde ist nichts gleichgültig. Aurelian war zu verschiedenen Zeiten oftmals Befehlshaber, sehr häufig Tribun und bei 40mal Stellvertreter von Befehlshabern und Tribunen gewesen, ja er übernahm sogar den Posten des Ulpius Crinitus (eines äußerst tapfern Mannes, der sein Geschlecht von Trajan, dem er sehr ähnlich war, herleitete, welchen Valerianus zum Cäsar ernennen wollte und dessen Bild man neben dem Aurelians im Sonnentempel gemalt sieht), führte als Stellvertreter desselben das [646] Heer an, stellte die Grenzwehr her, vertheilte Beute unter die Soldaten, bereicherte Thrakien mit Ochsen, Pferden, Sclaven und Gefangenen, legte die aus der Beute erlöste Summe im Palaste nieder und brachte noch 500 Sclaven, 2000 Kühe, 1000 Stuten, 10,000 Schafe und 15,000 Ziegen auf das Privatgut Valerians. Damals war es, daß Ulpius Crinitus, als Valerian in den Bädern bei Byzant eine öffentliche Sitzung hielt, ihm seinen Dank dafür abstattete, daß er ihn in seinem Urtheil so hochgestellt habe, daß er ihm den Aurelianus zu seinem Stellvertreter gegeben, und aus diesem Grunde diesen sich anzukinden beschloß.
11 Es dürfte nicht uninteressant sein, einige Schreiben Valerians an Aurelian und die näheren Umstände von dessen Ankindung hier anzuführen. Der Inhalt des einen Schreibens ist folgender: „Wüßte ich Jemand, mein theuerster Aurelianus, der des Ulpius Crinitus Platz ausfüllen könnte, so würde ich dich wegen dessen Tapferkeit und Thätigkeit zu Rathe ziehen: jetzt aber kann ich nur dich selbst dazu auffordern. Uebernimın also bei Nikopolis den Heerbefehl, damit uns aus der Kränklichkeit des Crinitus kein Nachtheil erwachse. Thue was in deinen Kräften steht. Viele Worte will ich nicht machen; die Kriegsleitung ist ganz dir anheim gestellt. Du bekommst 300 ityräische13, 600 armenische, 150 arabische und 200 saracenische Bogenschützen, wozu noch 400 Mann Mesopotamische Hülfsvölfer kommen; sodann die dritte Legion, die den Beinamen die glückliche führt, und 800 Panzerreiter. Dir zur Seite werden Hartomund, Haldegast, Hildemund und Carioviscus14 fechten. [647] Der nöthige Proviant ist bereits von den Präfecten in alle Lager geliefert. Dir nun liegt es ob, nach deiner Klugheit und Einsicht die Sommer- und Winterlager da zu wählen, wo es dir an Nichts fehlen wird, überdieß Erkundigung darüber einzuziehen, wo die Wagenburg der Feinde sich befindet, und genaue Kenntniß über ihre Anzahl und ihren Zustand zu erhalten, damit nicht Wein, Lebensmittel und Waffen, lauter Gegenstände, ohne welche das Kriegführen eine Unmöglichkeit ist, unnütze verschwendet werden. Uebrigens verspreche ich mir von dir mit Gottes Hülfe so viel, als sich der Staat von Trajanus, wenn er lebte, versprechen könnte. Wenigstens ist der, dessen Stelle und Zutrauen ich auf dich übertrage, diesem nicht nachzusetzen. Du hast mit diesem Ulpius Crinitus für das folgende Jahr auf den 22. Mai die Anwartschaft auf das Consulat statt des Gallienus und Valerianus, und zwar wirst du es auf Kosten des Staats antreten. Denn man muß vor allen Andern dem Unvermögen derjenigen Männer, welche ihre Dienste lange Zeit dem Staate gewidmet haben, aber unbemittelt sind, zu Hülfe kommen.“ Auch dieses Schreiben zeugt für Aurelians hohen Werth, und zwar mit Recht. Denn es hat sich noch nie Jemand auf die Höhe des Thrones geschwungen, er habe denn von früher Jugend an durch alle Stufen des Verdienstes sich erhoben.
12 In Betreff des Consulates schrieb Valerian an den Oberschatzmeister Aelius Xifidius Folgendes: „dem Aurelian, dem ich das Consulat übertragen habe, wirst du wegen seiner Armuth, die ihm Ehre macht und ihn über die Andern erhebt, zur Abhaltung von Circusspielen 300 goldene Antonine, 3000 kleine silberne Philippe und 5 Millionen kupferne Sestertien auszahlen, so wie 10 weiche durchsichtige Männertogen, 20 linnene ägyptische, 2 Paar kyprische Tafeltücher, 10 afrikanische Teppiche und 104 maurische Decken [648] nebst 100 Schweinen und eben so vielen Schafen verabfolgen, und den Senatoren und römischen Rittern auf öffentliche Kosten ein Gastmahl veranstalten und 2 große nebst 4 kleinen Opferthieren geben lassen.“ Und weil ich auch einige Nachrichten von der Ankindung dieses großen Kaisers beizubringen versprochen habe, so bitte ich, mir deshalb nicht den Vorwurf der Langweiligkeit und Weitschweifigkeit zu machen: allein aus Achtung für die historische Treue glaubte ich sie beifügen zu müssen, und zwar aus dem 9ten Buche der Geschichte des Acholius, der Oberhofmarschall bei Valerian war.
13 Der Kaiser nahm in den Bädern zu Byzantium im Beisein des Heeres und des ganzen Hofstaates Platz. Neben ihm saßen der ordentliche Consul Memmius Fuscus, der prätorische Präfect Bäbius Macer und der Statthalter des Orients Quintus Ancarius; zu seiner Linken aber hatten ihren Sitz genommen Avulvius Saturninus, Befehlshaber der skythischen Grenzwehr, Murentius, ernannter Statthalter von Aegypten, Julius Tryphon, Befehlshaber der Grenzwehr des Orients, Meceus Brundusinus, Proviantmeister im Orient, Ulpius Crinitus, Befehlshaber der illyrischen uud thrakischen, und Fulvius Boius, Befehlshaber der rhätischen Grenzwehr. Da sprach der Kaiser Valerian: „Der Staat dankt dir, Aurelian, daß er durch dich von den Gothen befreit worden ist. Durch dich sind wir überreich an Beute, überreich an Ruhm, kurz überreich an Allem, wodurch Roms Glück gedeiht. Nimm denn also als Belohnung für deine Verdienste 4 Mauerkronen, 5 Wallkronen, 2 Schiffskronen15 und zwei Bürgerkronen, 10 Langen ohne Eisen16, [649] 4 zweifarbige Fahnen, 4 rothe Feldhe:rnróce, 2 vroconsus larische Mäntel, eine verbråmte Toga, eine Palinentoga, ein Staate:,fleid, und einen elfenbeinernen Stuhl. Denn ich ernenne dich heute zum Consul und werde an den Senat schreiben, daß er dir den Stab17 und auch die Fascen übergeben soll. Denn diese Stücke wpflegt der Kaiser nicht zu geben, sondern der jedeêmal ernannte Consul voin Senate zu empfangen.“
14 Nachdem Valerian diese Worte gesprochen hatte, erhob sich Aurelian, küßte ihm die Hand und stattete ihm seinen Dank in der Sprache eines Soldaten ab, deren eigentliche Ausdrücke ich hier beisetzen will. „Ich habe, Valerianus Augustus, mein Kaiser und Herr, darum Alles gethan, darum geduldig Wunden aufgefangen, darum meine Pferde und Saumrosse getummelt, um mir von Seiten des Staats und meines Gewissens Anerkennung zu verschaffen. Doch du hast noch mehr gethan. Ich statte daher deiner Güte meinen Dank ab und übernehme das Consulat, das du mir verleihst. Mögen die Götter und die Sonne, diese unzweifelhafte Gottheit, geben, daß auch der Senat eben so von mir urtheile.“ Nachdem hierauf die ganze Umgebung des Kaisers gedankt hatte, erhob sich Ulpius Crinitus und hielt folgende Rede: „Bei unsern Vorfahren, erhabenster Kaiser Valerianus, war es Sitte – und diese Sitte war vornehmlich in meiner Familie einheimisch und gewöhnlich – daß die trefflichsten Männer allezeit Männer von Muth und Kraft an Sohnesstatt annehmen, damit die Fruchtbarkeit einer so zu sagen künstlich [650] ersetzten Nachkommensdaft auf ihre dahinalternden Familien und auf die für die Fortpflanzung derselben zu abgelebten Söhne einen Glanz werfen möge. Das nun, was Coccejus Nerva bei der Ankindung des Trajanus, was Ulpius Trajanus bei der Ankindung des Hadrian, was Hadrian bei der des Antoninus und was die Andern, diesem Beispiele gemäß, in dieser Absicht gethan haben, das glaube ich bei der Ankindung des Aurelianus, den dein gewichtiges Urtheil zu meinem Stellvertreter ausersehen hat, auch thun zu müssen. Befiehl daher, daß nach den gesetzlichen Formeln gehandelt und Erbe der Familienopfer, des Namens, des Vermögens und aller Gerechtsame des Ulpius Crinitus, des bereits zum Consul Ernannten, Aurelianus werde, so eben erst durch deine Wahl zum Consul ernannt.“
15 Doch alles ausführlich zu berichten, würde zu weit führen. Valerian dankte dem Crinitus, und die Ankindung erfolgte wie gewöhnlich. Ich erinnere mich – und dieß darf ich hier nicht unerwähnt lassen – bei einem griechischen Schriftsteller gelesen zu haben, Valerian habe dem Crinitus die Ankindung Aurelians ausdrücklich anbefohlen, vornehmlich in Anbetracht der Armuth des Letztern, allein ich lasse die Richtigkeit dieser Nachricht dahingestellt. Ich habe oben ein Schreiben mitgetheilt, worin der Kostenaufwand bei Aurelians Consulat bestimmt war. Hier glaube ich mich über den Grund, warum ich einen scheinbar nichts besagenden Umstand mitgetheilt habe, näher erklären zu müssen. Wir haben erst kürzlich das Consulat des Furius Placidus mit einem solchen Aufwande von Pracht im Circus feiern sehen, daß es das Ansehen hatte, als schenke man den Wagenrennern keine Preise, sondern den Werth von ganzen Erbschaften in halbseidenen Unterkleidern, leinenen Paragauden und Pferden, zum Jammer aller vernünftig Denkenden. Denn es ist [651] bereits so weit gekommen, daß das Consulat dem Reichthume, nicht mehr der Person ertheilt wird, sonst dürfte es, wenn es Belohnung des Verdienstes wäre, seinen Mann durch die zu gebenden Spiele nicht in Armuth stürzen. Jene unschuldigen Zeiten sind verschwunden und werden durch das Haschen nach Volksbeliebtheit noch immer mehr verschwinden. Doch auch dieß lassen wir unserer Gewohnheit nach auf sich beruhen.
16 Durch so viele und so vorzügliche Belehrungen und günstige Urtheile unterstützt, that sich Aurelian unter der Regierung des Claudius so sehr hervor, daß er, nachdem des Claudius Bruder Quintillus nach dessen Tode auch ermordet und Aureolus, mit welchem Gallienus Frieden geschlossen hatte, hingerichtet war, allein im Besitz des Reiches war. Indeß in Betreff des Todes des Aureolus finden unter den Geschichtschreibern, und zwar namentlich unter den griechischen, solche Widersprüche Statt, daß Aureolus nach einigen ohne Wissen, nach andern aber aus Auftrag und auf Befehl des Claudius von Aurelian getödtet wurde und daß hinwiederum einige den Aurelian, als er dieß that, schon Kaiser, andere aber ihn noch nicht zum Reiche gelangt sein lassen. Doch ich lasse auch dieß unentschieden und verweise die Leser auf die Quellen selbst. Dieß ist aber ausgemacht, daß der göttliche Claudius vor allen Andern dem Aurelian die Führung des Kriegs gegen die Anwohner des mäotischen See’s18 übertragen hat.
17 So ist noch ein Schreiben von Claudius vorhanden, das ich meiner Gewohnheit nach zur Beglaubigung oder vielmehr nach dem Vorgange anderer Geschichtschreiber hier einrücken zu müssen glaube. „Flavius Claudius seinem Valerius Aurelianus [652] seinen Gruß. Der Staat fordert deine gewöhnlichen Dienste. Mache dich auf, säume nicht. Ich will, daß du den Oberbefehl über die Truppen übernehmest und die Tribunen anführest. Die Gothen müssen angegriffen, müssen aus Thrakien vertrieben werden. Denn der größte Theil derjenigen, die du geschlagen hast, verheert jetzt die Provinzen Hämimontus und Europa19. Ich stelle alle Truppen in Thrakien, Illyricum und die ganze Grenzwehr unter deinen Oberbefehl. Gieb uns nur, wie immer, Beweise deiner Tapferkeit. Auch mein Bruder Quintillus wird, sobald er dich trifft, sich mit dir vereinigen. Anderswo in Anspruch genommen, überlasse ich die ganze Leitung dieses Kriegs deiner Klugheit und deiner Tapferkeit. Ich schicke dir hier zehen Pferde, zwei Panzer und noch einige andere zum Schutze im Kriege nöthige Dinge.“ Aurelian erfocht nun unter den Auspicien des Claudius mehrere Siege, befreite das Reichsgebiet von den Feinden und wurde, wie schon oben gemeldet worden ist, gleich darauf einstimmig von den Legionen zum Kaiser ausgerufen.
18 Aurelian hatte vor seiner Gelangung zum Reiche unter Claudius die gesammte Reiterei unter seinen Befehlen, nachdem deren Anführer, weil sie ohne des Claudius Befehl sich in ein Treffen eingelassen, sich die Ungnade dieses Kaisers zugezogen hatten. Damals bestand Aurelian einen harten Kampf mit den Sueven und [653] Sarmaten und erfocht einen äußerst glänzenden Sieg. Durch einen Mißgriff aber erlitten die Römer unter Aurelian eine Niederlage durch die Marcomannen. Wie er nämlich, statt dem unvermuthet hervorbrechenden Feinde von vornen entgegenzutreten, diesen im Rücken zu fassen suchte, wurde die ganze Umgegend von Mediolanum auf’s Schrecklichste verheert. Doch später erlitten auch die Marcomannen eine Niederlage. Eine Folge des Schreckens, welche diese Verwüstungen der Marcomannen hervorbrachten, war, daß es zu Rom zu sehr unruhigen Auftritten kam, weil man allgemein die Erneuerung der Vorfälle unter Gallienus befürchtete. Deshalb zog man auch die sibyllinischen Brüder, die, wie bekannt, dem Staate schon so oft nützlich gewesen waren, zu Rathe. Man fand darin die Weisung, man solle Opfer an gewissen Orten veranstalten, welche sodann die Barbaren nicht würden überschreiten können. Man kam dieser Weisung unter verschiedenen Ceremonien nach, und die Barbaren machten wirklich Halt und wurden, während sie bald da bald dort in einzelnen Abtheilungen herumstreiften, von Aurelianus sämmtlich erschlagen. Ich will hier den Senatsbeschluß beifügen, nach welchem dieser erlauchte Stand das Nachschlagen der Bücher gebot.
19 Den eilften Januar sprach der Stadtprätor Fulvius Sabinus: „Wir tragen euch, versammelte Väter, das Gutachten der Pontifen und das Schreiben des Kaisers Aurelianus vor, wonach befohlen wird, die Schicksalsbücher, worin die Mittel, den Krieg zu endigen, für unser den Göttern geheiligtes Reich niedergelegt sind, nachzuschlagen. Denn ihr wißt selbst, daß dieß, so oft eine große Gefahr dem Staat drohte, jederzeit geschehen ist und daß die öffentlichen Unfälle nie früher ihr Ende erreicht haben, als bis sie darin vorgeschriebenen Opfer angestellt waren.“ Da erhob sich Ulpius Syllanus, der zuerst seine Stimme abzugeben hatte, und sprach: „Allzuspät, [654] versammelte Väter, berathschlagen wir über die Rettung des Staats, allzuspät forschen wir nach dem Willen des Schicksals, den Kranken ähnlich, welche nur in der verzweifeltsten Krise sich an die größten Aerzte wenden, gleich als müßten kenntnißreiche Männer nur die schwierigeren Kuren verrichten, während es doch vernünftiger ist, jeglicher Krankheit alsogleich zu begegnen. Ihr werdet euch noch erinnern, versammelte Väter, wie oft ich gleich auf die erste Nachricht von dem Einfalle der Marcomannen in dieser Versammlung darauf gedrungen habe, man solle die Aussprüche der Sibylla befragen, von dem wohlthätigen Geschenke Apollo’s Gebrauch machen und den Vorschriften der unsterblichen Götter nachkommen: daß aber Mehrere sich dagegen ausgesprochen, mit einem Schwall von sophistischen Spitzfindigkeiten sich dagegen gesetzt und aus Schmeichelei behauptet haben, die Tapferkeit unseres Kaisers sei so groß, daß es einer Befragung der Götter nicht bedürfe, gleich als wenn dieser große Mann nicht selbst die Götter ehrte, nichts von den unsterblichen Göttern hoffte. Genug, wir haben das Schreiben angehört, worin der Held die Hülfe der Götter, die nie Jemanden zur Schande gereicht, zu seinem Beistande anfleht. Wohlan denn also, ihr Priester! gehet als unbefleckte, reine, heilige Männer, durch ein heiliges Aeußere und Innere dazu geeignet, hinauf in den Tempel, setzt die mit Lorbeeren umwundenen Bänke hin, schlagt mit euren alten ehrwürdigen Händen die Bücher nach und erforscht die ewigen Schicksale des Staats. [Macht Knaben, die noch beide Eltern haben, ihr Lied bekannt; wir aber wollen den Aufwand für die heiligen Gebräuche und die Zurüstungen für die Opfer besorgen und den Tag für die Feldweihe bestimmen20.“]
20 [655] Als hierauf abgestimmt wurde, so that dieß ein großer Theil der Senatoren motiviert, deren Meinung ich aber der Kürze halber nicht anführen kann; andere gaben ihre Zustimmung durch Handaufhebung, andere durch Uebertritt, sehr viele durch Zuruf, und so kam ein Senatsbeschluß zu Stande. Man begab sich sodann in den Tempel, die Bücher wurden nachgeschlagen, die Verse bekannt gemacht, die Stadt gereinigt, ein feierlicher Umgang um diesselbe gehalten, und ein Tag für die Feldweihe festgesetzt, wodurch denn der vorgeschriebenen Feierlichkeit Genüge geschah. Das die sibyllinischen Bücher betreffende Schreiben Aurelians ist noch vorhanden und ich will es zur Bestätigung meiner Erzählung hier beibringen. „Es ist mir auffallend, ehrwürdige Väter, daß ihr wegen der Befragung der sibyllinischen Bücher so lange Anstand genommen habt, gleich als hättet ihr in einer christlichen Kirche und nicht in einem Tempel aller Götter Rath gepflogen. Wohlan denn nun! unterstützt durch die Reinheit der Priester und durch festliche Religionsgebräuche euern mit der öffentlichen Noth ringenden Kaiser! Man schlage die Bücher nach, man begehe alle in denselben vorgeschriebenen Feierlichkeiten! Jede Art von Aufwand, Gefangene von jedem Volke und die kostbarsten Opferthiere stehen von meiner Seite zur Verfügung; ich gebe alles mit der größten Bereitwilligkeit. Denn mit Hülfe der Götter zu siegen, ist fürwahr nicht unrühmlich. So sind von unsern Vorältern viele Kriege geendigt, viele angefangen worden. Wegen Bestreitung des etwaigen Aufwandes sind meinem Schatzmeister bereits die nöthigen Befehle zugeschickt worden. Ueberdieß habt ihr selbst über eine öffentliche Kasse zu verfügen, welche, wie ich höre, reicher sein soll als mir lieb ist.“
21 Da aber Aurelian mit seiner vereinten Heeresmacht seinen Feinden allzumal eine Schlacht liefern wollte, so erlitt er bei [656] Placentia21 eine so große Niederlage, daß sich beinahe das römische Reich auflöste. Ursache dieser Gefahr war die Treulosigkeit und Verschlagenheit der Barbaren. Wie sie nämlich keine offene Feldschlacht wagen konnten, zogen sie sich in die dichtesten Wälder zurück und überfielen von da aus bei einbrechender Nacht die Unsrigen. Kurz, wären nicht die Barbaren nach Einsicht der sibyllinischen Bücher und Darbringung von Opfern mit Hülfe der Götter durch fürchterliche Erscheinungen und gespensterartige Gestalten in Schrecken gesetzt worden, so wäre der Sieg den Römern nicht verblieben. Nach Beendigung des Kampfes mit den Marcomannen eilte Aurelian, wie er von Natur schnell und aufbrausend war, voll Zorn und dürstend nach Rache, wozu ihn die zu Rom ausgebrochenen heftigen Unruhen spornten, nach dieser Stadt. Hier machte dieser sonst so treffliche Regent seine Herrschermacht auf das Strengste geltend, ließ die Urheber der Unruhen hinrichten und schaffte da unter Strömen von Blut Ruhe, wo dieselbe durch gelindere Mittel hätte hergestellt werden können. Denn es wurden sogar mehrere edle Senatoren getödtet auf nichtsbesagende, von einem milden Regenten gar nicht berücksichtigte Anklagen eines einzigen oder eines unbedeutenden oder eines verächtlichen Zeugen hin. Kurz, dieses Verfahren warf einen häßlichen Flecken auf den Glanz seiner Regierung, der sich schon herrlich erzeigt und auf den man sich nicht vergeblich gefreut hatte. Statt ihn zu lieben, begann man jetzt den trefflichen Fürsten zu fürchten; die Einen sagten, einen solchen Kaiser müsse man sich nicht wünschen, sondern tödten; Andere, er sei zwar ein geschickter Arzt, aber seine Heilmethode sei verwerflich. Nach diesem erweiterte Aurelian, in Anbetracht, daß ähnliche Vorfälle wie unter Gallienus wiederkehren könnten, nach Zuratheziehung [657] des Senats die Mauern der Stadt Rom, ohne jedoch damals schon das Pomoerium22 zu erweitern, was erst in der Folge23 geschah. Dieß darf aber kein Kaiser thun, er habe denn dem Reichsgebiet durch den Feinden abgenommene Ländereien Zuwachs verschafft. Erweitert hatten aber das Pomoerium August, Trajan und Nero, unter welchem Letzteren der polemonische Pontus und die cottischen Alpen mit dem römischen Reiche vereinigt wurden.
22 Nachdem Aurelian alles die Befestigung und den Zustand der Hauptstadt und die bürgerliche Verfassung Betreffende geordnet hatte, wandte er sich gegen die Palmyrener, d. h. gegen Zenobia, welche den Orient in Namen ihrer Söhne beherrschte. Auf dem Marsche hatte er mehrere bedeutende Treffen zu bestehen. Er besiegte nämlich die sich ihm in Thrakien und Illyricum entgegenstellenden Barbaren und erschlug sogar den Gothenanführer Cannabas oder Cannabaudes mit 5000 seiner Leute jenseits der Donau. Von da [658] setzte er seinen Zug über Byzant nach Bithynien hinüber fort und besiegte diese Landschaft ohne Schwertstreich. Man erzählt sich von ihm aus dieser Zeit viele großartige und treffliche Handlungen und Reden, die ich aber zur Vermeidung einer unangenehmen Weitläufigfeit weder alle anführen will noch kann, wovon ich aber doch einige wenige ausheben werde, die über seinen Charakter und seine Geistesgröße ein helleres Licht verbreiten können. Als er bei seinem Erscheinen vor Thyana24 die Thore dieser Stadt geschlossen fand, soll er im Zorn ausgerufen haben: Keinen Hund werde ich in dieser Stadt am Leben lassen. Da nun die Soldaten in Hoffnung auf Beute ihre Anstrengungen verdoppelten und ein gewisser Heraclammon, aus Furcht mit den Uebrigen den Tod zu finden, seine Vaterstadt verrieth, so wurde Thyana erobert.
23 Hierauf that Aurelianus sogleich zwei Dinge, die seinen kaiserlichen Sinn beurkunden und wovon das eine seine Strenge, das andere aber seine Milde beweisen kann. Den Heraclammon nämlich, den Verräther seiner Vaterstadt, ließ der einsichtsvolle Sieger tödten, auf die ungestümen Forderungen seiner Soldaten aber, die Stadt zerstören zu dürfen, weil er gesagt habe, er werde keinen Hund zu Thyana am Leben lassen, entgegnete er: Ja, ich habe gesagt, ich werde keinen Hund in dieser Stadt am Leben lassen: tödtet sie also insgesammt. Groß war diese Antwort Aurelians, aber noch größer das Betragen der Soldaten, da das ganze Heer jene Antwort seines Kaisers, durch die ihm die Plünderung abgeschlagen, die Stadt aber gerettet wurde, eben so, als hätte es reiche Beute gemacht, aufnahm. In Betreff des Heraclammon hat man noch folgendes Schreiben Aureliang. „Der Kaiser Aurelianus dem Mallius Chilon seinen Gruß. Ich habe [659] mich der Ermordung dessen, durch dessen so zu sagen Dienstleistung ich Thyana wieder gewonnen habe, nicht widersetzt. Ich für meine Person konnte den Verräther nicht lieben und habe es daher gern gewährt, daß die Soldaten ihn tödteten. Denn der hätte mir keinenfalls Treue bewahren können, der seine eigene Vaterstadt nicht geschont hat. Er ist der einzige von allen Belagerten, der den Tod gefunden hat. Daß der Mann reich war, kann ich nicht leugnen, aber ich habe sein ganzes Vermögen seinen Kindern zurückgegeben,um dem Vorwurfe zu entgehen, als hätte ich des Geldes wegen die Hinrichtung eines reichen Mannes zugelassen.“
24 Die Stadt selbst wurde auf eine sonderbare Weise eingenommen. Heraclammon zeigte ihm nämlich eine von der Natur selbst aufgeführte, wallähnliche Erhöhung, welche Aurelian ganz unbemerkt besteigen könnte. Der Kaiser that dieß. Sodann hielt er seinen Purpurmantel in die Höhe und zeigte sich so den Belagerten in der Stadt und seinen Kriegern draußen, und so wurde die Stadt eingenommen, weil man glaubte, das ganze römische Heer befinde sich auf der Mauer. Hier darf ich einen Umstand, der den Ruhm eines verehrungswürdigen Mannes erhöhen hilft, nicht übergehen. Aurelian soll wirklich die ernstliche Absicht, Thyana zu zerstören gehabt und auch ernstlich diese Absicht ausgesprochen haben. Allein Apollonius von Thyana, ein sehr berühmter, angesehener Weiser, ein Philosoph der Vorzeit, ein wahrer Freund der Götter und selbst als ein göttliches Wesen zu verehren, sei unvermuthet, wie Aurelian in sein Zelt trat, in der Gestalt, wie man ihn abgebildet sieht, vor ihm gestanden und habe auf lateinisch, um ihm als einem Pannonier verständlich zu werden,25 [660] folgende Worte zu dem Kaiser gesprochen: „Aurelianus, wenn du siegen willst, so hast du nicht nöthig an den Mord meiner Mitbürger zu denken. Aurelianus, wenn du herrschen willst, so enthalte dich unschuldigen Blutes. Aurelianus, bezeige dich gnädig, wenn du am Leben bleiben willst.“ Dem Aurelian war das Gesicht des ehrwürdigen Philosophen bekannt, da er sein Bildniß in vielen Teinpeln gesehen hatte. Ganz betroffen versprach er ihm sogleich sein Bildniß aufzustellen und ihm Statuen und einen Tempel zu errichten, und besann sich eines Bessern. Diese Nachricht habe ich nicht bloß von glaubwürdigen Männern mitgetheilt bekommen, sondern auch in den Büchern der Ulpischen Bibliothek gefunden und ihr wegen der Ehrwürdigkeit des Apollonius noch größern Glauben geschenkt. Denn wo hat es jemals einen heiligern, ehrwürdigern und göttlichern Mann gegeben als dieser Apollonius war? Er hatte Todte wieder lebendig gemacht, und vieles Uebermenschliche gesprochen und gethan, welches alles der wißbegierige Leser in den griechischen Büchern, die sein Leben enthalten, finden kann. Ich selbst, wenn ich länger leben und es der Gnade dieses Mannes nur einigermaßen genehm sein sollte, werde wenigstens in der Kürze die Thaten dieses außerordentlichen Mannes beschreiben, nicht als bedürften sie einer Empfehlung von meiner Seite, sondern damit seine Wunderthaten allgemein gepriesen werden.
25 Nach der Einnahme von Thyana wurde Aurelian nach einem kurzen Kampfe bei Daphne Meister von Antiochien, dessen Einwohnern er Begnadigung versprochen hatte, und von dieser Zeit an [661] befolgte er, wie man weiß, die Lehren des ehrwürdigen Mannes Apollonius und war menschlicher und milder. Hierauf lieferte er der Zenobia und dem Zabas, ihrem Verbündeten, eine entscheidende, blutige Schlacht bei Emesa. Schon war Aurelians Reiterei abgemattet und im Begriffe, auseinander zu sprengen und zu fliehen, als plötzlich unter der Einwirkung einer Gottheit, wie sich nachher herausstellte, durch den Zuspruch einer göttlichen Erscheinung, das Fußvolk auch die Reiterei wieder zum Stehen brachte. Zenobia und Zaba mußten fliehen, und Aurelian hatte den vollständigsten Sieg erfochten. Aurelian, nunmehr Herr des Orients, hielt als Sieger seinen Einzug zu Emesa und begab sich alsbald in den Tempel des Heliogabalus, als wolle er daselbst nach Menschenpflicht sein Gelübde lösen. Hier erblickte er die nämliche Gestalt der Gottheit, die er in der Schlacht auf seiner Seite gesehen hatte. Er errichtete ihr daher in dieser Gegend Tempel, brachte die reichsten Weihgeschenke dar und erbaute der Sonne zu Rom einen Tempel, den er, wie an seinem Orte erzählt werden wird, mit der größten Ehrerweisung weihte.
26 Nach diesem zog er gegen Palmyra, um durch die Eroberung dieser Stadt die Beschwerden dieses Feldzugs zu endigen. Auf dem Marsche wurde sein Heer häufig von den syrischen Räubern übel empfangen und mußte viel leiden. Sein Leben selbst kam bei der Belagerung durch einen Pfeilschuß in Gefahr. Man hat noch ein Schreiben von ihm an Mucapor, worin er sich über die Beschwerlichkeiten dieses Kriegs für die Würde eines Kaisers zu sehr beklagt. „Die Römer – heißt es darin – sagen, daß ich blos mit einem Weibe Krieg führe, als kämpfte blos Zenobia und ihre eigene Macht gegen mich und nicht so viele Feinde, als sie kaum ein Mann mir entgegen stellen könnte. Dabei macht sie aber ihr Schuldbewußtsein und ihre Furcht noch gefährlicher. Es ist unmöglich, die Menge [662] ihrer Pfeile, Kriegsrüstungen, Wurfgeschosse und Steine herzuzählen. Jeder Theil der Mauer ist mit zwei oder drei Balisten besetzt; auch wird Feuer aus Wurfmaschinen geschleudert. Kurz, Zenobia fürchtet sich wie ein Weib, kämpft aber wie eine Person, die eine Strafe zu fürchten hat. Doch ich glaube fest, daß die Götter, welche bisher alle unsere Unternehmungen begünstigt haben, dem römischen Staate beistehen werden.“ Endlich durch seine Verluste erschöpft und ermüdet forderte Aurelian die Zenobia in einem Schreiben auf sich zu ergeben und versprach ihr darin Sicherheit des Lebens. Ich will es hier beifügen. „Aurelianus, Kaiser des römischen Reiches und Wiedereroberer des Orients an die Zenobia und die durch Waffengenossenschaft mit ihr Verbundenen. Ihr hättet das, wozu euch jetzt mein Schreiben auffordert, aus eigenem Antriebe thun sollen. Ich befehle die Uebergabe der Stadt und verspreche Sicherheit des Lebens, unter der Bedingung, daß du Zenobia mit den Deinigen deinen Aufenthalt an dem Orte nehmest, den ich dir nach dem Gutachten des erlauchten Senates anweisen werde. Juwelen, Silber, Gold, Seide, Pferde und Kameele mußt du in die römische Staatskasse abliefern. Die Palmyrener behalten ihre Gerechtsame. “
27 Auf dieses Schreiben erfolgte von Seiten Zenobia’s eine weit stolzere und trotzigere Antwort, als es sich mit ihrer damaligen Lage vertrug, wahrscheinlich, um zu schrecken. Doch ich will dieselbe selbst hier mittheilen. „Zenobia, Königin des Orients, an den Kaiser Aurelianus. Noch nie hat Jemand außer dir ein Schreiben mit solchem Ansinnen, wie du es an mich stellst, mir zugeschickt. Tapferkeit allein ist es, die bei allen kriegerischen Vorfällen entscheiden muß. Du forderst mich auf mich zu ergeben, als wenn du nicht wüßtest, daß Kleopatra lieber als Königin sterben denn in jedem andern ihr angebotenen würdevollen Verhältnisse leben wollte. Für [663] uns streiten persische Hülfsvölfer, deren Eintreffen wir jeden Augenblick erwarten; auf unserer Seite stehen die Saracenen, auf unserer die Armenier. Wenn schon Syriens Räuber dein Heer geschlagen haben, wie wird es dann erst gehen, Aurelianus, wenn die von allen Seiten her zu erwartenden Hülfsschaaren eintreffen? Dann wirst du gewiß deinen hohen Ton, mit dem du jetzt, gleich als wärest du allenthalben Sieger, mich zur Unterwerfung aufforderst, herabstimmen.“ Dieses Schreiben, das Zenobia selbst in syrischer Sprache diktirt hatte, wurde von Nikomachus, wie er selbst sagt, in das Griechische übersetzt. Denn jenes Schreiben Aurelians war griechisch abgefaßt gewesen.
28 Dieses Schreiben der Zenobia erregte bei Aurelian nicht sowohl Schaam als Zorn und Rachedurst. Er zog sogleich alle Truppen und Heerführer an sich und belagerte Palmyra von allen Seiten. Der tapfere Mann that nichts was den Schein von halben Maßregeln hatte; allem widmete er seine Aufmerksamkeit und Sorge. So fieng er die persischen Hülfsvölker auf und bestach die saracenischen und armenischen Geschwader und brachte sie theils mit Gewalt theils durch List und Versprechungen auf seine Seite. Endlich nach manchen Schwierigkeiten gewann er den Sieg über die Zenobia.26 Die überwundene Königin flüchtete sich auf Kameelen, Dromedare genannt, und nahm die Richtung gegen Persien, wurde aber von nachgeschickten Reitern eingeholt27 und als Gefangene vor Aurelian gebracht. Wie nun Aurelian sich als Sieger und Herrn des Orients, die Zenobia [664] aber nebst den Persern, Armeniern und Saracenen in seinen Fesseln erblickte, da ergriff er voll Stolz und Uebermuth die Maßregeln, welche die Umstände erforderten. Damals gewann er jene mit Edelsteinen besetzten Stoffe, die wir im Tempel der Sonne sehen, damals jene persischen Drachenfahnen und Tiaren, damals jene besondere Art von Purpur, wie sie in der Folge weder ein Volk mehr geliefert noch die römische Welt gesehen hat. In Betreff des letztern will ich einige kurze Worte wenigstens hier bemerken.
29 Ihr werdet euch erinnern, daß in dem Tempel des größten, besten Jupiters auf dem Capitolium ein kleiner, wollener Purpurmantel sich befunden hat, gegen dessen himmlisch ftrahlenden Glanz der Purpur der Matronen und selbst der des Aurelianus nur wie aschenfarbig ersdien. Diesen soll der Perserkönig, der ihn aus dem Junern von Indien erhielt, dem Aurelian als Geschenk zugeschickt haben mit den Worten: du empfängst hier Purpur, wie er bei uns ist. Allein dieß ist falsch. Denn in der Folge schickten Aurelian, Probus und erst noch neulich Diocletian die geschicktesten Färber aus und ließen durch dieselben die genauesten Nachforschungen nadi dieser Art von Purpur anstellen, allein sie fonnten sie nicht auéfindig machen. Denn nur der indische Sandir foll bei gehöriger Behandlung einen solchen Purpur geben. Doch ich fehre zu meinem eigentlichen Gegens ftande zurück.
30 Das ganze Heer forderte mit einem fürchterlichen Geschrei die Bestrafung der Zenobia; doch Aurelian hielt es unter seiner Würde, ein Weib tödten zu lassen. Er ließ daher nur die Meisten derjenigen hinrichten, die ihr zum Kriege gerathen, die Anstalten dazu getroffen und ihn geführt hatten, und bewahrte die Zenobia selbst für den Triumph auf, damit sie dem römischen Volke zur Schau diene. [665] Bedauern soll erregt haben, daß auch der Philosoph Longinus,28 wie man sagt, der Lehrer Zenobia’s in der griechischen Literatur, sich unter der Zahl dieser Getödteten befand. Aurelian ließ ihn, wie es heißt, deswegen hinrichten, weil er für den eigentlichen Verfasser jenes übermüthigen Schreibens galt, wiewohl dasselbe in syrischer Sprache abgefaßt war. Nach Unterwerfung des Orients kehrte Aurelian sieggekrönt nach Europa zurück und brachte daselbst den Carpern29 eine Niederlage bei. Der Senat ertheilte ihm degwegen in seiner Abwesenheit den Beinamen Carpicus, allein Aurelian soll auf der Stelle haben zurückschreiben lassen: es fehlt nur noch, versammelte Väter, daß ihr mich Carpisculus nennt (so heißt nämlich, wie allgemein bekannt, eine Art Fußbekleidung). Er that dieß, weil ihm der Beiname Carpicus sich neben den Titeln Gothicus, Sarmaticus, Armeniacus., Parthicus und Adiabenicus eben nicht sehr gut auszunehmen schien.
31 Es ist selten, ja beinahe unmöglich, daß die Syrer Treu und Glauben halten. Denn während Aurelian in Europa zu schaffen hatte, erregten die besiegten und gedemüthigten Palmyrener einen gefährlichen Aufstand, erschlugen den Sandario, welchen Aurelian als Befehlshaber zu Palmyra gelassen hatte, mit 600 Bogenschützen und erwählten den Achilles, einen Verwandten der Zenobia, zu ihrem Regenten. Allein Aurelian kehrte, noch gerüstet, wie er war, aus Europa zurück und zerstörte die Stadt, wie sie es verdient hatte. Die Grausamkeit aber oder, wie Andere es nennen, die Strenge, mit welcher Aurelian dabei verfuhr, beweist das eigene Geständniß seiner unmenschlichen [666] Wuth in einem noch vorhandenen Schreiben, dessen Inhalt folgender ist: „Der Kaiser Aurelianus dem Cejonius Bassus seinen Gruß. Des Soldaten Schwert darf jetzt nicht länger wüthen. Es sind nun Palmyrener genug erschlagen und getödtet. Wir haben der Weiber nicht geschont, Kinder getödtet, Greise erwürgt, Landleute umgebracht. Wem werden wir für die Zukunft das Land, wem die Stadt überlassen? Man muß die noch übrig Gebliebenen schonen. Denn ich glaube, daß so Wenige durch die Bestrafung so Vieler werden gebessert sein. Der Tempel der Sonne30 aber, den bei Palmyra [667] der Adlerträger der 3. Legion, die Fahnen- und Drachenträger, die nebst den Horn- und Zinkenbläsern geplündert haben, muß, dieß ist mein Wille, in seiner vorigen Gestalt wieder hergestellt werden. Ich weise dir dazu 300 Pfund Gold aus dem Privatschatze der Zenobia und 1800 Pfund Silber aus dem Vermögen der Palmyrener, so wie die Juwelen der Königin an. Alles dieses verwende zur Ausschmückung des Tempels, wodurch du sowohl mir als den unsterblichen Göttern einen sehr angenehmen Dienst erweisen wirst. Ich werde in einem Schreiben den Senat ersuchen, zur Einweihung des Tempels einen Priester zu schicken.“
32 Aurelian kehrte endlich zum zweitenmale beruhigter nach Europa zurück und schlug alle daselbst herum schweifende Feinde mit der bekannten, ihm eigenen Tapferkeit. Während er in Thrakien und im ganzen Europa gewaltige Thaten vollbrachte, trat ein gewisser Firmus in Aegypten auf, der die Herrschaft über Aegypten an sich riß, ohne jedoch die kaiserlichen Insignien anzunehmen, damit es das Aussehen gewinne, als sollte Aegypten eine Republik werden. Aurelian wandte sich unverzüglich gegen ihn, von seinem gewöhnlichen Glücke begleitet. Denn er gewann Aegypten alsbald zurück. Nun zog er, wie er denn ein aufbrausender, schnell entschlossener Mann war, voll Zornsgluth, daß Tetricus noch Herr von Gallien sei, gegen Westen und bekam daselbst dessen Legionen in seine Gewalt, wobei Tetricus, der die Frevel seiner Soldaten nicht ertragen konnte, selbst den Verräther seines Heeres machte. Nachdem nun Aurelian die Ruhe im Orient, in Gallien und überhaupt überall hergestellt und sich zum Herrn der ganzen Römerwelt gemacht hatte, zog er nach Rom, um vor den Augen der Römer seinen Triumph über Zenobia und Tetricus, d. h. über den Osten und Westen, zu halten.
33 Eine nähere Beschreibung dieses Triumphes dürfte [668] hier um so mehr einen Platz verdienen, da derselbe einer der glänzendsten war. Es erschienen dabei drei königliche Wagen. Der erste hatte dem Odenatus gehört und war mit künstlicher Arbeit aus Gold, Silber und Edelsteinen mannigfaltig verziert; der zweite war ein Geschenk des Perserkönigs an Aurelian und ebenso gearbeitet; den dritten hatte Zenobia sich verfertigen lassen, in der Hoffnung ihren Einzug mit demselben zu Rom halten zu können, worin sie sich zwar nicht täuschte – denn sie hielt mit demselben ihren Einzug in dieser Stadt – allein als Besiegte und Gegenstand des Triumphs. Noch sah man einen vierten Wagen, von vier Hirschen gezogen, der dem Gothenkönig gehört haben sollte. Auf diesem fuhr mehreren Nachrichten zufolge Aurelian selbst auf das Capitolium, um daselbst die Hirsche zu schlachten, die er mit dem Wagen erbeutet und dem größten, besten Jupiter gelobt haben soll. Den Zug eröffneten zwanzig Elephanten und 200 zahm gemachte libysche Bestien und ebenso viele verschiedener Art aus Palästina, die übrigens Aurelian sogleich nach seinem Triumphe, um dem Fiscus Kosten zu ersparen, an Privatpersonen verschenkte. Auch vier Tiger, Giraffen, Elennthiere und andere Thiere der Art schmückten den Zug. Sodann erschienen 800 Paare Gladiatoren, überdieß Gefangene der barbarischen Völker, Blemyer, Axomiten31, Araber aus dem glücklichen Arabien, Indier, Bactrianer, Iberer, Saracenen und Perser mit ihren Geschenken. Voran giengen, die Hände auf den Rücken gebunden, die gefangenen Gothen, Alanen, Roxolanen, Sarmaten, Franken, Sueven, Vandalen und Germanen. Unter ihnen befanden sich auch diejenigen Großen Palmyras, welche den Fall ihrer Stadt überlebt hatten, und eine Anzahl ägyptischer Empörer.
34 [669] Auch wurden zehn Weiber, auf der ihnen vorgetragenen Tafel als Amazonen angekündigt, mit aufgeführt, welche im Kriege mit den Gothen in männlicher Kleidung kämpfend gefangen worden waren, nachdem ihrer viele den Tod in der Schlacht gefunden hatten. Die Namen aller dieser Völker wurden auf Tafeln voraugetragen. Mitten in diesem Zuge befand sich Tetricus mit einem Scharlachmantel, einer gelblichen Tunica und gallischen Beinkleidern angethan, und ihm zur Seite sein von ihm in Gallien zum Imperator ernannter Sohn. Nun erschien auch Zenobia zu Fuße, mit Edelsteinen geschmückt, mit goldenen Fesseln, welche von Andern gehalten wurden. Auch die von allen Städten empfangenen Kronen mit ihren hervorragenden Ueberschriften wurden zur Schau einhergetragen. Ferner trugen noch das römische Volk, die Fahnen der Innungen und Lager, die Panzerreiter, die königlichen Schätze, das ganze Heer und der Senat – wiewohl dieser niedergeschlagen, weil er einen Senator als Gegenstand des Triumphes sah – zur Verherrlichung dieses Prachtaufzuges bei. Er erreichte kaum um neun Uhr das Capitol und erst Abends den Kaiserpalast. In den folgenden Tagen wurde das Volk mit den Vergnügungen des Theaters, der Circusspiele, der Thierhetzen, der Gladiatorenkämpfe und der Seegefechte unterhalten.
35 Ich glaube, bei dieser Gelegenheit eine Sache nicht übergehen zu dürfen, die noch im Munde des Volkes lebt und von glaubwürdigen Geschichtschreibern gemeldet wird. Aurelian hatte nämlich, als er seinen Zug in den Orient antrat, dem Volke zweipfündige Kronen versprochen, wenn er als Sieger zurückkehre. Das Volk erwartete goldene. Da aber Aurelian solche entweder nicht geben konnte oder nicht geben wollte, so ließ er statt der Brode, die jetzt Weizenbrode heißen, Kronen backen und jeden Mann eine solche zustellen, mit der Bestimmung daß, so lange er lebe, ein jeder täglich [670] ein solches Weizenbrod bekommen und als Erbstück seinen Kindern hinterlassen solle. Eben dieser Kaiser ließ auch Schweinefleisch unter das römische Volk austheilen, was noch bis auf den heutigen Tag geschieht. Er gab sehr viele und zwar höchst zweckmäßige Gesetze, errichtete Priesterwürden, gründete den Sonnentempel und bedachte die Priester mit Einkünften. Auch setzte er für die Architekten und deren Gehülfen Gehalte aus. Nach diesem Allem zog Aurelian nach Gallien, befreite Vindelicien von den daselbst eingefallenen Barbaren, gieng sodann zurück nach Illyricum und kündigte an der Spitze eines mehr starken als sehr zahlreichen Heers den Persern, üher die er schon damals, als er die Zenobia überwand, einen höchst glänzenden Sieg erfochten hatte, den Krieg an, wurde aber auf dem Marsche bei Kaenophrurium, einer Station zwischen Heraklea und Byzantium, durch eine boshafte List seines Geheimschreibers von der Hand Mucapors ermordet.
36 Ich will, um eine so wichtige Begebenheit nicht im Dunkeln zu lassen, die Ursache seiner Ermordung und die nähern Umstände derselben kurz angeben. Aurelianus war unbestreitbar ein strenger, grausamer und blutdürstiger Regent, der dadurch, daß er seine Strenge so weit trieb, daß er aus einer geringfügigen, unzureichenden Veranlassung den Sohn seiner Schwester hatte tödten lassen, sich zuerst den Haß der Seinigen zuzog. Nun traf es sich aber, wie denn alles nach dem Willen des Schicksals geht, daß Aurelian einen gewissen Mnestheus, der als Geheimschreiber bei ihm, nach Einigen auch sein Freigelassener war, durch Drohungen, die ihren Grund in irgend einem Argwohn Aurelians gegen ihn hatten, gegen sich reizte. Mnestheus, als der wohl wußte, daß Aurelian weder umsonst zu drohen, noch, wenn er drohe, zu verzeihen pflege, entwarf ein Verzeichniß von Namen, worauf er diejenigen, auf welche der Kaiser wirklich böse war, mit [671] Solchen, gegen welche er nichts Böses im Sinne hatte, untermischt setzte, denen er aber auch, um den dadurch verursachten Schrecken um so mehr als begründet erscheinen zu lassen, seinen eigenen Namen beifügte, und las darauf die Liste allen, die darauf standen, vor, mit der Bemerkung, daß Aurelian sie alle tödten zu lassen Willens sei, daß sie aber, wenn sie Männer seien, auf ihre Rettung denken sollten. Alle, sowohl diejenigen, welche Aurelians Ungnade verdient hatten, als auch die, welche in schmerzhafter Erinnerung an ihre ihm geleisteten Gefälligkeiten und Dienste einen Undankbaren in ihm sahen, wurden von der heftigsten Furcht und Entrüstung ergriffen, und fielen daher über den Kaiser auf dem Marsche an dem oben genannten Orte her und tödteten ihn.
37 So endete Aurelianus, ein nicht sowohl guter als für den Staat nothwendiger Regent. Nach seiner Ermordung wurde der Betrug kund, und seine Mörder errichteten ihm ein ungeheuer großes Grabmal und weiheten ihm einen Tempel. Mnestheus wurde in der Folge an einen Pfahl gebunden und den wilden Thieren Preis gegeben, wie dieß die am nämlichen Orte zu beiden Seiten des Grabmals stehenden marmornen Statuen beurkunden, wo auch einige dem göttlichen Aurelian zu Ehren aufgerichtete Säulen mit dessen Standbildern sich befinden. Dem Senate gieng der Tod des Aurelian sehr nahe; noch mehr aber schmerzte er das römische Volk, das gemeinhin von ihm sagte, er sei der Hofmeister der Senatoren. Aurelian hatte sechs Jahre, weniger einige Tage, regiert und wurde seiner Großthaten wegen unter die Götter versetzt. Folgende Erzählung darf ich nicht mit Stillschweigen übergehen, weil sie Aurelians Geschichte berührt. Mehrere erzählen nämlich, des Claudius Bruder Quintillus, der Italien schützen sollte, habe auf die Nachricht von des Claudius Tode den Purpur genommen, später aber, wie er von des Aurelianus [672] Erwählung zum Kaiser gehört und das ganze Heer, an das er ohne von den Soldaten angehört zu werden eine Rede wider Aurelianus hielt, ihn verließ, sich selbst die Adern zerschnitten und sei so am zwanzigsten Tage seines Thronbesitzes gestorben. Aurelian hat fürwahr das ganze Reich von allen Verbrechern, von allen schuldbewußten Menschen, von allen verderblichen Schlichen und von allen Rottirungen gänzlich gereinigt.
38 Auch dieß glaube ich in Aurelians Geschichte bemerken zu müssen, daß Zenobia die Regierung nicht im Namen des Timolaus und Herennianus, sondern ihres Sohnes Balbatus führte. Unter Aurelian gab es auch einen Krieg mit den Münzern, den der Rechnungsführer Felicissimus erregt hatte. Aurelian endigte ihn zwar mit der größten Strenge und Härte, verlor aber darin 7000 Mann seiner Truppen, wie folgendes Schreiben an den dreimaligen Consul Ulpius Crinitus, seinen Adoptivvater, beweist: „Der Kaiser Aurelianus seinem Vater Crinitus seinen Gruß. Es ist eine Art von Verhängniß, daß alle meine Unternehmungen lauter betrübende Unruhen verursachen. So hatte für mich der innerhalb der Mauern Roms ausgebrochene Aufstand einen sehr schweren Krieg zur Folge. Die Münzer nämlich wagten es auf Anstiften des Felicissimus, des geringsten meiner Sclaven, dem ich das Schatzmeisteramt des Fiscus anvertraut hatte, ihr Haupt gegen mich zu erheben. Sie sind nun zwar zu Paaren getrieben, aber 7000 Mann Iberer, Riparienser, Castricianer und Daciscer32 sind dabei erschlagen worden, und dieß beweist, daß mir [673] kein Sieg ohne Schwierigkeit von den unsterblichen Göttern verliehen ist.“
39 Den Tetricus ernannte Aurelian nach seinem Siege über ihn zum Landvogt von Lucanien, dessen Sohne aber ließ er seinen Sitz im Senate. Der Sonne erbaute er einen außerordentlich prächtigen Tempel, und Roms Mauern wurden von ihm so sehr erweitert, daß ihr Umfang nahezu 50,000 Schritte beträgt. Die Quadruplatoren und Angeber verfolgte er mit der äußersten Strenge. Die öffentlichen Schuldbücher ließ er zur Beruhigung der Privatleute auf dem Forum Trajans zumal verbrennen. Auch wurde von ihm nach dem Beispiele der Athener, dessen auch Cicero in seinen philippischen Reden gedenkt, eine Amnestie für begangene Staatsverbrechen erlassen. Die Plünderer der Provinzen aber, die sich Erpressungen und Veruntreuung öffentlicher Gelder hatten zu Schulden kommen lassen, bestrafte er mit einer mehr als soldatischen Strenge; sie mußten unter den größten Qualen und Martern sterben. Im Tempel der Sonne legte Aurelian viel Gold und Edelsteine nieder. Da er Illyricum verwüstet, Dacien und Mösien zu Grunde gerichtet und keine Hoffnung vor sich sah, das von Trajan jenseits der Donau zur römischen Provinz gemachte Dacien behaupten zu können, so gab er dasselbe auf, zog die Truppen und Provinzialen daraus hinweg, verpflanzte die ausgewanderten Einwohner nach Mösien, und nannte den jetzt die beiden Mösien von einander trennenden Landstrich sein Dacien. Ueberdieß soll seine Grausamkeit so weit gegangen sein, daß er, um sie desto leichter tödten zu können, mehrere Senatoren einer Verschwörung gegen ihn und des Strebens nach dem Reiche beschuldigte. Auch soll er nach Einigen den Sohn, nicht die Tochter, seiner Schwester haben tödten lassen; nach Andern aber auch die Tochter derselben.
40 Wie schwer es übrigens sei, auf einen guten Kaiser einen [674] Nachfolger zu wählen, dieß beweist die Bedächtlichkeit des ehrwürdigen Senats und die Erklärung des einsichtsvollen Kriegsheeres. Wie nämlich der so strenge Kaiser Aurelian ermordet war, so stellte das Heer die Wahl eines neuen Kaisers dem Senate anheim, und zwar aus dem Grunde, weil es keinen aus der Zahl der Mörder des so trefflichen Kaisers wählen wollte. Der Senat jedoch verwies diese Wahl wieder an das Heer zurück, wohl wissend, daß es bereits so weit gekommen sei, daß das Heer die vom Senate ernannten Kaiser nicht gern anerkenne. Dieß geschah zu dreien Malen, so daß das römische Reich sechs Monate lang keinen Kaiser hatte und alle vom Senat oder Aurelian eingesetzten Beamte ihre Stellen behielten, mit Ausnahme des einzigen Proconsuls von Asien, Arellius Fuscus, dem der Senat den Falconius Probus zum Nachfolger gab.
41 Es wird den Lesern nicht unangenehm sein, wenn ich das Schreiben des Heeres an den Senat hier einrücke. Es ist folgendes. „Die glücklichen und tapfern Kriegsheere entbieten dem römischen Senat und Volk ihren Gruß. Aurelianus, unser Kaiser, hat durch den Betrug eines einzigen Mannes und die dadurch herbeigeführte Täuschung vieler guten und schlechten Menschen den Tod gefunden. Nehmt ihn, erhabene Herrn und Väter, in die Zahl der Götter auf und sendet uns einen, aber eurem Urtheil nach würdigen Fürsten aus eurer Mitte. Denn von denen, die entweder aus Irrthum oder aus Schuld Theil an Aurelians Mord genommen haben, werden wir keinen über uns herrschen lassen.“ Man antwortete dem Heere vermittelst eines Senatsbeschusses. Als sich nämlich der Senat den dritten Februar, in der Pompilianischen Curie versammelt hatte, sprach der Consul Aurelius Gordianus: „Wir tragen euch hiemit, versammelte Väter, das Schreiben des glücklichen Heeres vor.“ Nach Vorlesung desselben hielt Aurelius Tacitus, der zuerst abstimmende [675] Senator, derselbe der später einstimmig von dem Senate zum Kaiser ernannt wurde, folgende Rede: „Es wäre, versammelte Väter, eine schöne und heilsame Einrichtung der unsterblichen Götter, wenn gute Regenten dem Schwerte unzugänglich waren, damit sie ein um so längeres Leben haben könnten, und wenn diejenigen, die in ihrem verdüsterten Herzen abscheuliche Mordgedanken hegen, denselben nichts anhaben könnten. Dann würde unser um den Staat mehr als irgend einer verdienter Kaiser Aurelian noch leben. Zwar hat nach Valerians Unglück, nach Gallien’s heilloser Regierung schon unter Claudius unser Staat wieder aufzuleben angefangen; aber das wahre Leben selbst hat ihm erst Aurelian gegeben, indem er seine siegreiche Waffen fast aller Orten hintrug. Er hat uns Gallien wieder verschafft, hat Italien befreit und Vindelicien von dem Joche barbarischer Knechtschaft erlöst. Durch seine Siege ward Illyricum wieder gewonnen, durch seine Siege Thrakien den römischen Gesetzen zurückgegeben. Er hat den Orient, der, o der Schmach! unter dem Joche eines Weibes seufzte, dem Reiche zurückgewonnen, er hat die wegen Valerians Niederlage übermüthigen Perser besiegt, geschlagen, überwältigt. Ihn haben Saracenen, Blemyer, Axomiten, Bactrianer, Serer, Iberer, Albaner, Armenier, selbst die Völker Indiens, als eine vom Himmel erschienene Gottheit verehrt. Mit den von den barbarischen Völkern ihm zugekommenen Geschenken ist das Capitolium angefüllt; 15,000 Pfund Goldes besitzt durch seine Freigebigkeit ein einzelner Tempel; alle Heiligthümer der Stadt glänzen von seinen Geschenken. Deshalb klage ich, versammelte Väter, die Götter selbst an, daß sie den Tod eines solchen Fürsten haben zugelassen, wenn sie ihn nicht etwa selbst in ihrer Mitte haben wollten. Ich schlage daher vor, ihm göttliche Ehren zuzuerkennen, worin ihr, wie ich glaube, alle einstimmig mit mir sein werdet. Was aber die [676] Wahl eines neuen Kaisers betrifft, so ist solche meiner Meinung nach wieder an das nämliche Heer zu verweisen. Denn wenn bei dergleichen Stimmgebung nicht geschieht was man sagt, so droht dem Gewählten Gefahr, den Wählenden aber Haß.“ Die Meinung des Tacitus erhielt Beifall; da aber das Heer zu wiederholten Malen schickte, so ernannte endlich, wie wir in des Tacitus Leben erzählen werden, einen Senatsbeschluß diesen zum Kaiser.
42 Aurelian hinterließ nur eine einzige Tochter, deren Nachkommenschaft noch zu Rom lebt. Aurelian nämlich, der treffliche Senator und weiland Proconsul in Kilikien, ein wahrhaft selbstständiger und durch seinen Charakter ehrwürdiger Mann, der gegenwärtig in Sicilien sich aufhält, ist ihr Enkel. Woher mag es aber doch wohl kommen, daß unter einer so langen Reihe von Cäsaren nur wenige gute Regenten gefunden worden? Denn wie lange die Kaiserfolge von Augustus an bis auf die Kaiser Diocletianus und Maximianus ist, dieß zeigen die Jahrbücher des Staats. Die verdientesten unter diesen waren Augustus selbst, Flavius Vespasian, Flavius Titus, Coccejus Nerva, der göttliche Trajan, der göttliche Hadrian, die beiden Antonine Pius und Marcus, der Afrikaner Severus, Alexander der Sohn der Mammäa, der göttliche Claudius und der göttliche Aurelian. Denn Valerian, obwohl ein trefflicher Regent, war doch in jeder Beziehung unglücklich. Du siehst demnach, wie gering die Zahl der guten Kaiser gewesen ist, daher denn die Bemerkung eines Mimen unter Claudius II. sehr treffend ist: auf einen einzigen Ring könne man alle gute Regenten schreiben und malen. Aber welch eine lange Reihe von schlechten Kaisern stellt sich dagegen unserem Blicke dar! Denn um eines Vitellius, Caligula und Nero nicht zu gedenken, wer muß sich nicht über die Maximine, die Philippe und über den übrigen Troß jenes verächtlichen Auswurfes [677] ärgern? wiewohl ich die Decier hier ausnehmen muß, die in ihrem Leben und Sterben den alten Römern vergleichbar sind.
43 Es entsteht nun die Frage, was denn eigentlich die Regenten schlecht mache? – Vor allem Andern die zu große Ungebundenheit, sodann der Ueberfluß, außerdem schlechte Freunde, verabscheuungswürdige Diener, habsüchtige Verschnittene, dumme oder nichtswürdige Höflinge und, was nicht zu leugnen ist, eine völlige Unbekanntschaft mit den Staatsgeschäften. Der Kaiser Diocletianus, als er bereits in den Privatstand zurückgetreten war, sagte daher, wie mir mein Vater erzählt hat: nichts sei eine schwerere Kunst als gut zu regieren. Vier oder fünf treten zusammen, berathen sich, wie sie den Regenten hintergehen wollen, und schreiben ihm die zu ergreifenden Maßregeln vor. Dem Kaiser, der in seinem Palaste eingeschlossen ist, bleibt die Wahrheit unbekannt; er darf nur das wissen, was jene ihm vorreden, besetzt Stellen mit Leuten die deren unwürdig sind, und entfernt diejenigen die man hätte beibehalten sollen. Kurz, der beste, vorsichtigste, trefflichste Regent wird nach Diocletians eigener Aeußerung verrathen und verkauft. Dieß sind die Worte Diocletians, die ich deshalb hier angeführt habe, damit deine Klugheit sich um so mehr überzeugen möge, das ein guter Regent zu sein die schwierigste Aufgabe auf Erden ist.
44 Den Aurelian selbst zählen Viele weder zu den guten noch zu den schlechten Regenten, weil ihm die Milde, diese erste Tugend eines Kaisers, mangelte. Verconnius Herennianus, Diocletians prätorischer Präfekt, erzählte, wie Asklepiodotus meldet, Diocletian habe, wenn er über Maximians33 Härte mißbilligend sich aussprach, häufig geäußert, Aurelian habe besser für einen Feldherrn als einen [678] Regenten gepaßt, denn sein zu ungestümer, wilder Charakter mißfiel ihm. Man wird vielleicht eine dem Diocletianus zugekommene und von diesem nach Asklepiodotus seinem geheimen Rathe Celsinus mitgetheilte Nachricht wunderbar finden, über deren Wahrheit aber erst die Nachwelt wird urtheilen können. Diocletianus erzählte nämlich öfters, Aurelianus habe eines Tages gallische Druidinnen befragt, ob das Reich bei seinen Nachkommen verbleiben werde und von diesen zur Antwort erhalten, daß kein Name im Reiche herrlicher sein werde als der der Nachkommen des Claudius. Und wirklich stammt von Claudius jetzt schon der Kaiser Constantius ab, über dessen Nachkommen, wie ich glaube, der von den Druidinnen vorherverkündigte Glanz sich verbreiten wird. Ich habe diese Weissagung aus dem Grunde in Aurelians Leben angeführt, weil sie dem Aurelian selbst auf seine Anfrage geworden ist.
45 Aurelian verordnete, daß Aegypten Glas, Papier, Leinwand, Abwerg nebst andern Waarenartikeln als Abgabe auf ewige Zeiten nach Rom liefern sollte. Auch war er gesonnen, in dem Viertel jenseits des Tiber,34 weil dasselbe nicht genug kaltes Wasser hatte, Winterbäder anzulegen, so wie er auch ein Forum seines Namens bei Ostia am Meere zu gründen angefangen hatte, wo aber später ein öffentliches Prätorium erbaut wurde. Seine Freunde bereicherte er in so weit, daß sie nicht übermäßig, aber doch mit Anstand leben konnten, so daß sie auf der einen Seite von dem Drucke der Armuth frei, auf der andern aber gegen den den Reichthum begleitenden Neid durch ein mäßiges Vermögen gesichert blieben. Ganz seidene Kleider [679] hatte weder er selbst in seiner Garderobe, noch machte er solche zum Geschenke. Seine Gemahlin, die ihn einst um die Erlaubniß bat, nur einen einzigen mit Purpur gefärbten seidenen Mantel tragen zu dürfen, entgegnete er: Ferne sei es, daß man Fäden mit Gold aufwäge! Ein Pfund Seide kostete nämlich damals ein Pfund Gold.
46 Aurelian wollte auch den Gebrauch des Goldes zur Vergoldung der Zimmer, der Unterkleider, des Leders und des Silbers verbieten, weil, wie er sagte, mehr Gold als Silber in der Welt wäre, allein das Gold gehe durch das Belegen mit Goldblättchen, durch Goldfäden und das Vergolden verloren, wogegen alles vorhandene Silber Silber bleibe.35 Er erlaubte auch Jedem, sich nach Belieben goldener Gefäße und Trinkgeschirre zu bedienen. Ueberdieß durften Privatpersonen36 silbergeschmückte Kutschen haben, da früher nur mit Bronze und Elfenbein verzierte Gefährte erlaubt waren. Die Matronen erhielten die Erlaubniß, statt der früher gewöhnlichen buntfarbigen, höchstens opalfarbigen, Unterkleider, solche, wie andere Kleidungstücke, aus Purpur zu tragen. Aurelian war auch der Erste, der den Soldaten das Tragen goldener Agraffen statt der frühern silbernen erlaubte, so wie er ihnen auch zuerst statt nur der Länge nach mit Purpur gestreiften Röcke, die sie erhielten, Paragauden gab, von denen einige einen, andere zwei, andere drei, noch andere, wie heutigen Tags die leinenen Gewänder, fünf Streifen hatten.
47 [680] Die unter das römische Volk zu vertheilenden Brode ließ er aus den Lieferungen Aegyptens um eine Unze schwerer machen, wie er sich selbst in einem Schreiben an den Proviantaufseher der Hauptstadt rühmt. „Der Kaiser Aurelianus dem Proviantaufseher Flavius Arabianus seinen Gruß. Unter allen andern Verdiensten, die ich mir mit Hülfe der Götter um den römischen Staat erworben habe, halte ich keines für größer und ruhmwürdiger, als daß ich im Stande gewesen bin, alle Arten von Brodportionen für die Stadt um eine Unze schwerer zu machen. Damit aber diese Wohlthat dauernd bleibe, so habe ich neue Schiffer auf dem Nil in Aegypten und auf dem Tiber zu Rom angestellt, habe die Ufer dieses Flusses erhöhen uud das seichte Bette desselben vertiefen lassen und zu den Göttern und der Ewigkeit Gelübde gethan und der nährenden Ceres einen Tempel geweiht. Deine Sache, bester Arabianus, ist es nun, dich zu bemühen, daß meine Anordnungen nicht vereitelt werden. Denn das römische Volk, wenn es gesättigt ist, ist das heiterste und vergnügteste.“
48 Aurelian war Willens gewesen, auch Wein unter dasselbe unentgeltlich vertheilen zu lassen, so daß dasselbe, gleichwie es Oel, Brod und Schweinefleisch umsonst erhielt, auch Wein erhalten hatte. Und um dieser Einrichtung Bestand zu geben, hatte er folgenden Plan gefaßt. Etrurien hat längs der Aurelischen Straße bis an die Seealpen hin unermeßliche Strecken von fruchtbaren, aber mit Wäldern bedeckten Ländereien. Diese unbebauten Felder nun wollte er ihren Besitzern mit ihrem guten Willen abkaufen, Familien von Kriegsgefangenen dahin setzen, durch diese die Berge mit Weinreben bepflanzen lassen und den daraus gewonnenen Wein dem Volke überlassen, so daß der Fiskus seine Einkünfte daraus gezogen hätte, sondern alles dem römischen Volke zu Gute gekommen wäre. Man [681] hatte schon den Ueberschlag gemacht, was Gefäße, Fässer, Schiffe und Arbeitslohn kosten würden. Allein Aurelian soll, noch ehe die Sache zu Stande kam, nach Einigen vom Tode ereilt worden sein; nach Andern aber brachte ihn sein prätorischer Präfekt von diesem Plane ab, der zu ihm gesagt haben soll: wenn wir dem römischen Volke auch noch Wein geben, so fehlt nur noch, daß wir ihm auch junge Hühner und Gänse geben. Daß aber Aurelian diesen Plan wirklich hatte, ja zu seiner Ausführung Anstalten traf oder ihn vielmehr theilweise ausführte, dieß ist daraus abzunehmen, daß in den Säulenhallen des Sonnentempels zwar nicht ganz unentgeltlich, aber doch um einen geringeren Preis Wein vom Fiskus an das Volk abgegeben wird. Noch ist zu bemerken, daß Aurelian dem römischen Volke dreimal Spenden gab, auch weiße Unterkleider mit Aermeln aus verschiedenen Provinzen, so wie ganz leinene aus Africa und Aegypten, und daß er der Erste war, der demselben Sacktücher37 zu seinen Beifallsbezeugungen schenkte.
49 Wenn Aurelian sich zu Rom verweilte, so bewohnte er nicht gern den kaiserlichen Palast, sondern er zog den Aufenthalt in den Gärten des Sallust oder der Domitia vor. Er verschönerte die 1000 Schritte lange Gallerie in den Gärten des Erstern und tummelte in derselben trotz seiner angegriffenen Gesundheit täglich sich und sein Pferd. Seine Sclaven und Diener ließ er, wenn sie etwas verfehlt hatten, in seinem Beisein bestrafen, und zwar, wie die Meisten glauben, um Zucht und Ordnung zu erhalten, nach Andern aber, um seinen Hang zur Grausamkeit zu befriedigen. Eine seiner Mägde, die mit einem seiner Sclaven Ehebruch getrieben hatte, ließ er köpfen. Viele [682] Sclaven aus seiner eigenen Dienerschaft, wenn sie etwas verbrochen hatten, übergab er den öffentlichen Gerichten zur gesetzlichen Untersuchung. Auch wollte er ihren Senat oder ihr Senätchen den Matronen zurückgeben lassen, worin diejenigen, welche der Senat zu Priesterinnen erwählt hatte, den Vorrang haben sollten. Allen Männern verbot er das Tragen von rothen, gelben, weißen und grünen Schuhen, wogegen er es den Weibern erlaubte. Die Senatoren durften ihre Laufer gleich den seinigen kleiden. Freigeborne Personen als Beischläferinnen zu halten verbot er. Die Zahl der Eunuchen mußte mit der Vermögensangabe im Senate im Verhältniß stehen, weil ihr Preis ungeheuer gestiegen war. Von seinem Tafelgeschirr war kein Stück über 30 Pfund schwer. Den Hauptbestandtheil seiner Tafel machte Gebratenes aus. Von rothem Wein war er ein großer Freund.
50 Wenn er krank war, so ließ er nie einen Arzt zu sich rufen, sondern curirte sich selbst, meistens durch Hungern. Seine Gemahlin und Tochter beschenkte er an den Sigillarien38 wie ein gewöhnlicher Privatmann. Seinen Sclaven gab er als Kaiser dieselbe Kleidung wie er sie ihnen als Privatmann gegeben hatte, mit Ausnahme von zwei schon bejahrten, Antistius und Grillo, die er wie Freigelassene behandelte und denen nach seinem Tode der Senat die Freiheit schenkte. Sinnlichem Genusse ergab er sich selten, sondern sein Hauptvergnügen machten die Mimen aus, und ganz besonders belustigte er sich an einem gewissen Phagon, der ein so starker Esser war, daß er an einem Tage neben des Kaisers Tafel ein ganzes wildes Schwein, hundert Brode, einen Schöps und ein Spanferkel rein aufzehrte und vermittelst eines Trichters mehr als ein Faß Wein sich einschüttete. Aurelians Regierung war, einige Aufstände im Innern abgerechnet, sehr glücklich. Vom römischen Volke ward er geliebt, vom Senate aber auch gefürchtet.
Anmerkungen
1 Der häßlichste und mißgestaltetste unter allen Griechen von Troja, bekannt aus dem zweiten Gesange der Iliade V. 212. und ff.
2 Ein von seinen zum Scheine in ihre Heimath abgesegelten Landsleuten am trojanischen Strande zurückgelassener Grieche, der durch eine Reihe von Unwahrheiten das Vertrauen der Trojaner zu gewinnen und dieselben zu bestimmen wußte, das mit Bewaffneten angefüllte hölzerne Pferd in ihre Stadt zu schaffen, was sodann den Fall derselben zur Folge hatte. Das Nähere über ihn gibt Virgils Aeneis zweiter Gesang V. 57 ff.
3 So hieß diese Bibliothek, weil der Kaiser Ulpius Trajanus sie gestiftet hatte.
4 Vollständig Pompejus Trogus. Er war ein Gallier, und lebte unter Augustus. Er schrieb eine allgemeine Geschichte von Ninus an bis auf diesen Kaiser, wovon wir noch einen Auszug von Justinus bestpen.
5 D. h. der an der Donau gelegene Theil Daciens. Uebrigens widerspricht die Nachricht, daß Aurelian in Ufer-Dacien geboren sei keineswegs der, daß er aus Mösien sei, sondern beide besagen dasselbe, nur mit andern Worten. Nachdem nämlich Kaiser Aurelian das eigentliche Dacien, Trajans Eroberung, geräumt und dessen Einwohner zwischen Ober- und Niedermösien angesiedelt hatte, nannte er diesen Landstrich nach Cap. 39 sein Dacien, und dieses zerfiel wieder in Ufer-Dacien und Dacia mediterranea. Wenn nun als Aurelians Vaterland Ufer-Dacien genannt wird, so ist es eine bloße Prolepsis.
6 Eine Stadt in Makedonien, h. T. Libanova.
7 Eine Stadt in Unteritalien. Der hier genannte Zeno lebte ums J. 160 v. Chr. war Erfinder der Dialektik und zu Athen Lehrer des Perikles, und ist nicht zu verwechseln mit dem später lebenden Stifter der stoischen Sekte Zeno. Dieser war aus Kittium auf Kypern.
8 Lebte zu Solons Zeiten.
9 Ich möchte statt avem lieber mit Salmasius ave (Heil!) lesen.
10 Ich leise mit Salmasius: communiter und im folgenden Satze mit Obrecht: alter alteri quasi miles, nemo quasi servus obsequatur.
11 Sinceritas tua. Nachdem einmal die Kaisertitel clementia tua, mansuetudo tua, tranquillitas tua etc., was wir alles mit Majestät ausdrücken, Mode geworden, so war es nur noch ein Schritt, auch den höchsten Reichsbeamten ähnliche Titel, wie sinceritas tua, gravitas tua etc. für uns annähernd durch Excellenz zu geben.
12 Liquamen heißt eigentlich etwas Geschmolzenes und dann überhaupt etwas Flüssiges. Da die Alten sich der Butter zum Schmelzen nicht bedienten, so nahmen sie Olivenöl und zerlassenes Schweinefett dazu und dieß wird hier unter liquamen verstanden.
13 Ituräa war eine kleine Landschaft in Palästina oder Kölesyrien und ihre Einwohner als gute Bogenschützen bekannt.
14 Nicht näher bekannt, aber den Namen nach ohne Zweifel Anführer deutscher Hülfsvölfer.
15 Die Mauerkrone erhielt wer die Mauer zuerst erstiegen hatte, die Wallkrone, wer zuerst in das feindliche Lager eingedrungen, und die Schiffskrone, wer zuerst in das feindliche Schiff gesprungen war.
16 Das Ehrenzeichen der Könige und Heroen bei den ältesten Völkern.
17 Die Consuln der Republik trugen nur im Triumphe oder andern festlichen Tagen einen Stab, dagegen die der Kaiserzeit gewöhnlich. Er war von Elfenbein und hatte oben einen Adler.
18 Jetzt das Asow’sche Meer. Anwohner desselben waren damals Heruler, Sarmaten und Alanen.
19 Unter Europa ist hier eine Provinz Thrakiens zu verstehen. Thrakien wurde nämlich in spätern Zeiten in sechs Provinzen eingetheilt: in das eigentliche Thrakien, in Hämimontus (die Gegenden des Hämus- jetzt Balkangebirges), in Niedermösien, Skythien, Rhodope und Europa. Die letzte Provinz begriff den Landstrich zwischen der Propontis (oder dem Meere von Marmora) und dem schwarzen Meere in sich.
20 Die eingeklammerten Worte finden sich nicht in allen Handschriften und Ausgaben.
21 Eine Stadt in Oberitalien, jetzt Piacenza.
22 Das Pomoerium war ein durch Grenzsteine bestimmter Bezirk, innerhalb dessen die städtischen Augurien genommen werden konnten, gleichsam die Grenze des geistlichen Stadtgebiets. Die Abgrenzung und Erweiterung desselben geschah mit besonderen Feierlichkeiten. Ursprünglich stimmte der Bezirk des Pomoeriums mit dem der Stadt überein, aber mit einer Erweiterung der letztern war nicht immer und nothwendig eine Ausdehnung des Pomoeriums verborgen.
23 Ich halte die Worte eo tempore, sed postea mit Salmasius für unächt. Denn abgesehen davon, daß Vopiscus sonst nirgends mehr von dieser Erweiterung des Pomoeriums spricht, so konnte Aurelian nach der im Texte angegebenen Bedingung, unter welcher das Pomoerium erweitert werden durfte, dasselbe gar nicht erweitern, da er nicht nur keine neue Eroberung für das Reich machte, sondern im Gegentheil Dakien (s. unten Kap. 39) aufgab.
24 Stadt Kappadokiens, zum Reiche der Zenobia gehörig.
25 Von den keltisch-gallischen Pannoniern wissen wir aus Vellejus Paterculus 2, 110, daß sie sehr bald die römische Sprache annahmen, woher denn viele Einwohner Pannoniens den alten Volksdialekt ihrer Väter entweder nie erlernten oder wegen des häufigen, ja einzigen Gebrauchs der lateinischen Sprache denselben gänzlich vergaßen. Jedenfalls aber verstanden sie das Griechische nicht.
26 Nämlich in sofern diese ihre Sache verloren gab. Denn zu einer Schlacht war es vor Palmyra nicht gekommen.
27 Gerade als sie in einem Schiffe über den Euphrat fahren wollte. Zosim. 1,55.
28 Sein vollständiger Name ist Dionysius Cassius Longinus. Er war Rhetor und platonischer Philosoph. Von seinen vielen Schriften ist nur noch eine schätzbare Abhandlung vom Erhabenen auf uns gekommen.
29 Dakisches Volk zwischen Donau und Karpathen.
30 Ueber diesen Sonnentempel vergleiche man Hirt Geschichte der Baukunst der Alten Th. 2, S. 411 ff. „Das Hauptgebäude zu Palmyra – heißt es daselbst unter Anderem – scheint der große Tempel des Sonnengottes gewesen zu sein. Er lag an der östlichen Seite der Stadt, auf einer Anhöhe und in der Mitte eines großen Vorhofes. – Der Vorhof, dessen Mitte das Heiligthum einnimmt, ist einer der prachtvollsten. Er bildet ein Quadrat, wovon jede Seite 600 Fuß mißt. Die hohen Umfangsmauern sind äußerlich und innerlich mit Pilastern verstärkt, zwischen welchen je ein Fenster angebracht ist. Die Säulenhallen sind zu 3 Seiten hin doppelt und nur an der Eingangsseite einfach, aber die Säulen hier stärker und höher und stehen in gleichem Abstande von der Mauer, wie die äußere Stellung an den 3 innern Seiten. Den Eingang in den Vorhof bildete ein prachtvolles Propyläon von 10 Säulen und mit 3 Pforten. Der Boden des Vorhofes war ganz mit Quadern von Marmor gepflastert, und zur Rechten und zur Linken des Eingangs fanden sich 2 große Behälter, jeder 16 Fuß tief, an 230 lang und an 140 Fuß breit. – Indessen scheint es, daß der Tempel durch die Plünderung nicht so viel in seinen baulichen Theilen als in seinen Auszierungen gelitten habe, wozu die Bildsäulen von kostbarem Material und dann die reichen Geräthschaften zu rechnen sind.“
31 Zwei Völker in Aethiopien.
32 Unter Riparienser sind Truppen zu verstehen, die am Ufer der Donau aufgestellt waren; die Castriciani, auch Castellani genant, sind die Grenzwache in den Kastellen an der Grenzwache (limes), und Dacisci Solche, die ihren gewöhnlichen Stand in Dacien hatten.
33 Dieser war Diocletians Mitkaiser.
34 Es bildete die vierzehnte Region und umfaßte zwei Vorstädte, die auf dem Janiculus oder dem jetzigen Rione di Trastevere, und die Vorstadt auf dem Vatican, den jetzigen Rione di Ponte.
35 So verstehe ich diese Stelle mit Beckmann, der annimmt, daß zur Zeit des Kaisers Aurelian noch kein Silberdraht bekannt gewesen sei.
36 D. h. nicht blos Personen, die wir Privatpersonen nennen, sondern dem Römer der Kaiserzeit ist Jeder dem Kaiser gegenüber Privatus, sei er auch im Staats- oder Militärdienst noch so hoch gestellt.
37 Oraria. Die Beifallsbezeugungen dürften sich wohl auf das Theater beziehen; wenigstens erhellt aus einer Stelle in Eusebs Kirchengeschichte 7,30 deutlich, daß es in den Theatern Sitte war, seinen Beifall durch Schenken der Sacktücher auszudrücken.
38 Ich lese hier mit einem Ms. und mit Obrecht annuum sigillaricium und folge auch dessen Erklärung. Ueber die Sigillarien ist die Anmerkung zu Hadrians Leben Kap. 17 nachzusehen.