Antoninus Heliogabalus

Ornament

Übersetzung

1 [335] Ich würde, um die Nachwelt nicht wissen zu lassen, daß das römische Reich einen solchen Kaiser gehabt hat, das Leben des Heliogabalus Antoninus, auch Varius genannt, nie zum Gegenstande meiner Darstellung gemacht haben, wenn nicht schon in früheren Zeiten dasselbe Reich einen Caligula, Nero und Vitellius auf dem Throne gesehen hatte. Da aber ein und derselbe Erdstrich sowohl Gift als Getraide, Nützliches und Schädliches, Schlangen und Störche hervorbringt, so wird sich der aufmerksame Leser solchen Tyrannen gegenüber durch Lesung der Geschichte eines Augustus, Vespasianus, Titus, Trajanus, Hadrianus, Pius und Marcus schadlos zu halten wissen, zumal wenn er dabei die Urtheile der Römer wahrnimmt. Denn die eben genannten Kaiser haben nicht nur lange regiert, sondern sind auch eines natürlichen Todes gestorben, während die ersteren, deren [336] Namen man nicht einmal gerne nennt, ermordet, am Haken geschleift und Tyrannen genannt worden sind. Nach der Ermordung des Macrinus und seines Sohnes Diadumenus, der als sein Reichsgenosse auch den Namen Antoninus erhalten hatte, wurde die Reichsgewalt auf Varius Heliogabalus übergetragen, und zwar deßwegen, weil man ihn für einen Sohn des Bassianus hielt. Es war aber dieser Heliogabalus ein Priester entweder des Juppiter oder der Sonne, und er hatte den Namen Antoninus entweder zum Beweisthum seiner Abstammung oder weil er diesen Namen überall so beliebt sah, daß sogar der Brudermörder Bassianus um dieses Namens willen geliebt wurde, angenommen. Er hieß anfänglich Varius, später aber, als Priester des Gottes Heliogabalus, den er aus Syrien mit sich brachte und dem er zu Rom auf der Stelle, wo früher ein Tempel des Orcus gestanden, einen Tempel errichtete, führte er eben diesen Namen; endlich als er den Thron bestieg, nahm er den Namen Antoninus an und war der letzte römische Kaiser, der diesen Namen führte.

2 Er war so anhänglich an seine Mutter, daß er Nichts im Staate ohne ihren Willen vornahm, wiewohl sie als eine Buhlerin lebte und jegliche Schandthat am Hofe verübte. Schon früher hatte sie mit Antoninus Caracalla in einem unerlaubten Verhältnisse gelebt, als dessen Frucht Varius oder Heliogabalus in der össentlichen Meinung bezeichnet wurde. Ja, ersteren Namen soll er nach einigen Nachrichten deßhalb von seinen Mitschülern bekommen haben, weil man ihm als dem Sohn einer Buhlerin verschiedene Väter zuschrieb1. [337] Nachdem sein Vater Antoninus durch die Intriken des Macrinus, wie man sagte, umgekommen war, soll er sich in den Tempel des Gottes Heliogabalus als in eine Freistätte geflüchtet haben, um sein Leben vor Macrinus zu retten, der mit seinem schwelgerischen, grausamen Sohne auf das Unmenschlichste regierte. Doch genug vom Namen, wiewohl er jenen heiligen Namen der Antonine befleckt hat, einen Namen, für den du, erhabenster Constantinus, eine so hohe Verehrung hegst, daß du die goldenen Bildnisse des Marcus und Pius, wie wenn dieselben zu deinen Vorältern gehörten, unter den Constantiern und Claudiern2 aufstellen ließest und die deinem Charakter so entsprechenden, dir werthen und theuern Tugenden der Alten dir zu eigen machtest.

3 Um indessen auf Antoninus Varius zurück zu kommen, so schickte derselbe, sobald er sich im Besitze der Reichsgewalt befand, Abgeordnete nach Rom, wo bei dem Namen Antoninus, der bei ihm nicht blos wie bei Diadumenus ein bloßer Titel war, sondern den er auch vermöge seiner Herkunft, die er in seinem Schreiben von Antoninus Bassianus ableitete, zu führen schien, alle Stände in Bewegung gesetzt wurden und das ganze Volk das größte Verlangen nach ihm3 trug. Außerdem begünstigte ihn noch, wie gewöhnlich jeden Thronfolger eines Tyrannen, der Ruf, der aber nur bei vorzüglichen Verdiensten von Dauer ist und den schon viele mittelmäßige Regenten verloren haben. Als daher Heliogabalus’ Schreiben im Senate verlesen wurde, erschollen alsbald Glückwünsche für Antoninus und Verwünschungen gegen Macrinus und dessen Sohn, und Antoninus wurde als [338] Kaiser anerkannt, unter allgemeiner Zustimmung und in warmem Glauben an seinen Ruf, wie es bei den Wünschen leichtgläubiger Menschen der Fall ist, die was sie wünschen auch als ungezweifelt hoffen. Sobald aber der neue Kaiser seinen Einzug in Rom gehalten hatte, ließ er mit Hintansetzung der Reichsgeschäfte dem Gotte Heliogabalus auf dem palatinischen Berge neben dem kaiserlichen Palaste einen Tempel bauen und dessen Bildniß darin aufstellen. Auch wollte er das Bild der Göttermutter4, das Feuer der Vesta, das Palladium5, die Ancilien6, kurz alle Heiligthümer der Römer in diesen Tempel bringen lassen, und zwar damit zu Rom keine andere Gottheit außer Heliogabalus verehrt würde. Außerdem sollten auch, wie er sagte, die Religionsgebräuche der Juden und Samaritaner7, so wie die [339] Andachtsübungen der Christen dahin verlegt werden, damit das Priesterthum des Heliogabalus die Geheimnisse aller Religionen umfasse.

4 Gleich bei der ersten Senatssitzung, der er beiwohnte, befahl Heliogabalus, daß seine Mutter zu derselben eingeladen würde. Wie diese kam, erhielt sie ihren Platz neben den Consuln und wohnte dem Unterschreiben bei, d. h. sie unterschrieb mit als Zeuge die Senatsbeschlüsse. Heliogabal war der einzige unter allen römischen Kaisern, unter dem eine Frau als clarissima8 gleich einem Senator den Senat besuchte. Er errichtete auch einen kleinen Senat, d. h. einen Weibersenat, auf dem quirinalischen Hügel, wo vordem die Matronen nur an gewissen feierlichen Tagen sich versammelt hatten, oder auch in dem Fall, wenn eine Matrone mit den Ehrenzeichen der Gemahlin eines Consuls beschenkt wurde, eine Ehre, welche die vorigen Kaiser ihren Verwandtinnen, insbesondere solchen erwiesen, deren Männer noch keine der höchsten Staatswürden bekleidet hatten, damit nicht [340] ihr Rang durch diesen Umstand leide. Die unter dem Vorsitze der Semiamira abgefaßten lächerlichen Senatsbeschlüsse enthielten Verordnungen über weibliche Angelegenheiten, z. B. über die Kleidertracht, über die Rangstufen, über Höflichkeits- und Achtungsbezeugungen, ferner welche Frauen der Carossen, welche der Saumrosse, der Esel, der von Maulthieren oder Ochsen gezogenen Wagen, sodann welche der Tragsessel, und zwar der mit Leder überzogenen oder der mit Knochen, Elfenbein oder Silber eingelegten, sich bedienen und welche Gold und Edelsteine auf den Schuhen tragen sollten.

5 Als Heliogabal nach seinem Winteraufenthalte zu Nikomedien9 in jeder Beziehung auf das Unfläthigste sich betrug und sich selbst wollustentbrannt Andern Preis gab, da gereute es die Truppen alsbald, daß sie sich gegen Macrinus empört hätten, um diesen auf den Thron zu setzen, und sie wandten ihre Herzen dessen Geschwisterkindsvetter Alexander, den der Senat nach der Ermordung des Macrinus bereits zum Cäsar ernannt hatte, zu. Denn wer hätte gar einen Fürsten ertragen können, dem jede Oeffnung seines Körpers zu Befriedigung seiner Wollust diente, da man diese selbst bei einem unvernünftigen Thiere nicht dulden würde! So bestand seine Hauptbeschäftigung zu Rom darin, daß er sich Kundschafter hielt, die ihm wohlbeschlagene Mannspersonen aufsuchen und solche in den Palast zu Befriedigung seiner Wollust bringen mußten. Er führte überdieß in seinem Palast das Urtheil des Paris auf, wobei er selbst die Rolle der Venus übernahm, auf einmal seine ganze Kleidung fallen ließ, ganz nackend dastand, mit der einen Hand die Brust, mit der andern die Schaamtheile bedeckend, und darauf niederkniete und sich [341] Preis gab. Dabei schmückte er sein Gesicht gerade so wie die Venus gemalt wird und ließ sich am ganzen Körper glätten, das für den größten Lebensgenuß haltend, wenn er von recht Vielen der Befriedigung ihrer Wollust würdig und tauglich zu derselben erfunden würde.

6 Er verkaufte Ehrenstellen, Würden und Staatsämter, theils selbst theils durch alle seine Sklaven und Diener seiner Wollüste. Für Geld nahm er Jeden ohne Unterschied des Alters, des Vermögens und des Standes in den Senat auf; auch militärische Würden, die Stellen von Tribunen, Legaten und Feldhauptleuten, so wie Verwaltungs- und Hofstellen wurden von ihm verkauft. Die beiden Wagenführer Protogenes und Gordius, die zuerst beim Wettrennen seine Kameraden gewesen, waren in der Folge die unzertrennlichen Gefährten seines ganzen Lebens. Viele, deren Körperbildung ihm gefallen hatte, versetzte er von der Schaubühne, vom Circus und vom Kampfplatze des Amphitheaters in den Palast. In den Hierokles war er so sehr verliebt, daß er – was man ohne Erröthen nicht einmal sagen kann – ihm die Schamglieder küßte und dabei behauptete, er feiere die Floralien10. Eine Vestalin wurde von ihm geschändet. Die Heiligthümer des römischen Volkes, die er aus ihren Behältnissen hinwegnahm, entweihte er; auch wollte er das ewige Feuer auslöschen. Uebrigens suchte er nicht blos [342] den römischen Götterdienst zu zerstören, sondern es sollte auch seiner Hauptabsicht nach in der ganzen Römerwelt aller Orten nur der einzige Gott Heliogabalus verehrt werden. In das Heiligthum der Vesta, das nur deren Priesterinnen und die Pontifen betraten, drang er, selbst mit allen Greueln der Unsittlichkeit befleckt, mit denen, die mit ihm Schande getrieben, ein und wollte daraus das Palladium wegnehmen. Er bemächtigte sich auch der wiewohl unächten heiligen Tonne11, die ihm die Oberpriesterin als die rechte gezeigt hatte, warf sie aber, als er Nichts darin fand, auf die Erde, daß sie zerbrach, ohne dadurch dem Dienst der Vesta Abbruch zu thun, weil mehrere ähnliche gemacht sein sollen, damit Niemand das wahre Behältniß des Palladiums jemals zu rauben im Stande sein möchte. Indessen nahm er doch ein Bild, das er für das Palladium hielt, mit fort, ließ es vergolden12 und stellte es sodann in dem Tempel seines Gottes auf.

7 Er ließ sich auch in die Geheimnisse der Göttermutter einweihen, und zwar vermittelst eines Stieropfers13, um bei dieser Gelegenheit das Bild derselben und andere in der tiefsten Verborgenheit gehaltene Heiligthümer wegnehmen zu können. Er schüttelte [343] aber und verdrehte unter den verschnittenen Fanatikern den Kopf, band sich die Genitalien am Leibe fest und that alles, was die Gallen14 zu thun pflegen, nahm sodann das Symbol der Göttin weg und versetzte es in den Tempel seines Gottes. Auch feierte er unter vielem Weinen und Wehklagen mit allem Gepränge des syrischen Cultus das Fest der ihren Adonis beweinenden Venus15, dadurch sich selbst ein Vorzeichen seines nahen Todes gebend. Alle Götter überhaupt waren seiner Behauptung nach Diener seines Gottes, daher er einige Kammerdiener, andere Sklaven und wieder andere Diener für verschiedene Verrichtungen nannte. Die sogenannten göttlichen Steine wollte er aus dem Tempel, die Diana zu Laodicea aus ihrem innersten Heiligthume, worein sie Orestes gelegt hatte, wegnehmen16. Indeß soll Orestes nicht blos Ein Bildniß der Diana an Einem Orte, sondern mehrere derselben an verschiedenen Orten aufgestellt haben. Nachdem er sich bei dem Hebrus17 an den „drei [344] Flüssen“ der Anweisung des Orakels gemäß gereinigt hatte, baute er auch die Stadt Oresta, wo öfters Menschenopfer dargebracht werden müssen. Hadrian ließ sie, zu der Zeit, wo er in Raserei verfallen war, seinen Namen annehmen als auf Befehl eines Orakels, nach welchem er entweder die Wohnung oder den Namen eines Rasenden sich aneignen sollte. Dieß soll denn seine Raserei vermindert haben, in der er den Befehl zur Hinrichtung vieler Senatoren gegeben hatte, deren Erhaltung dem Antoninus den Beinamen Pius erwarb, weil er in der Folge diejenigen dem Senat vorführte, welche man insgesammt auf Befehl des Kaisers getödtet glaubte.

8 Heliogabal brachte auch Menschenopfer dar, wozu edle und schöne Knaben aus ganz Italien auserlesen wurden, welche noch Vater und Mutter haben mußten, um dadurch, wie ich glaube, den Schmerz beider Eltern zu erhöhen. Üeberdieß hatte er alle Arten von Magiern um sich, welche täglich Opfer darbrachten, wobei er, während er die Eingeweide der Knaben besichtigte, und diese Opfer nach den Regeln seines vaterländischen Aberglaubens untersuchte, dieselben aufmunterte und den Göttern dankte, daß sie ihn ihre Lieblinge hätten finden lassen. Bei dem Antritte seines Consulats ließ er nicht goldene und silberne Münzen, Konfekt oder kleinere Thiere unter das Volk vertheilen, sondern gab fette Ochsen, Kameele, Esel und Sklaven dem Volke Preis, dabei äußernd, dieß seien Geschenke eines Kaisers. Den Namen des Macrinus verunglimpfte er schrecklich, noch vielmehr aber den des Diadumenus, weil er den Namen [345] Antoninus führte (weßwegen ihn denn auch Heliogabalus Pseudoantoninus und Pseudophilippus nannte) und, seiner ausschweifenden Schwelgerei ungeachtet, als ein sehr tapferer, trefflicher, würdiger und strenger Mann bezeichnet wurde18. In Folge dessen zwang er einige Schriftsteller in der Lebensbeschreibung dieses Kaisers in Betreff seiner Schwelgerei des Greulichste, ja das Unglaublichste zu berichten. In seinem Palaste legte Heliogabal ein öffentliches Bad an, gestattete aber auch zugleich dem Volke den Gebrauch des Bades des Plautinus, um mit dieser Gelegenheit Bekanntschaften mit wohlbeschlagenen Mannspersonen anknüpfen zu können. Seine angelegentliche Sorge gieng aber dahin, sich überall aus der ganzen Stadt und aus den Schiffsleuten Monobeli (so nannte man diejenigen, die von Natur vorzüglich begabt waren) zu verschaffen.

9 Als er die Markomannen, welche Antoninus auf das Ruhmvollste besiegt hatte, bekriegen wollte, sagten ihm Einige, daß Antoninus Marcus mit Hülfe von Chaldäern und Magiern dieses Volk zu beständiger Ergebenheit und zur Freundschaft mit dem römischen Volke gebracht habe, und zwar vermittelst gewisser Zauberformeln. Heliogabal erkundigte sich nun nach der Beschaffenheit derselben und dem Orte ihrer Aufbewahrung, allein man verschwieg ihm beides. Denn man wußte recht gut, daß er dieselben nur suche, um, in der Hoffnung einen Krieg wagen zu können, ihre Kraft zu zernichten. Und diesen wollte er hauptsächlich deßwegen, weil er gehört hatte, der Markomannenkrieg müsse von einem Antoninus geendigt werden, während er doch Varius und Heliogabal und das [346] Gespötte des Publikums genannt wurde und den Namen, den er sich angemaßt hatte, durch sein Betragen schändete. Er wurde aber hauptsächlich von Personen verrathen, welche es verdroß, daß ihnen Leute, die zur Wollust besser gebaut waren, vorgezogen wurden. So sah es im Palaste aus.

10 Den Soldaten aber fiel es unerträglich, dieses Scheusal mit dem Purpur bekleidet zu sehen; sie besprachen sich daher zuerst einzeln, später aber haufenweise unter einander und erklärten sich insgesammt für Alexander, der bereits damals vom Senate zum Cäsar ernannt19 und ein Geschwisterkindsvetter dieses Antoninus war. Beide hatten nämlich eine und dieselbe Großmutter, die Varia, daher Heliogabal auch Varius hieß. Damals stand Zoticus in einem solchen Ansehen, daß die ersten Hofbeamten insgesammt ihn als Gemahl ihres Gebieters betrachteten. Dieser Zoticus mißbrauchte aber diesen Namen der Vertraulichkeit so sehr, daß er Jedermann etwas weißmachte was Heliogabal gesagt oder gethan haben sollte, und in der Hoffnung, große Reichthümer sich zu erwerben, den Einen drohte, den Andern Versprechungen machte, Alle aber hintergieng. Denn wenn er von dem Kaiser kam, so wandte er sich zu Jedem mit den Worten: „Dieß habe ich von dir gesprochen, dieß habe ich von dir gehört, dieß wird dir begegnen“, so wie es dergleichen Leute machen, welche, wenn sie von ihren Fürsten zu großer Vertraulichkeit gewürdigt worden sind, den Ruf nicht nur schlechter, sondern auch guter Regenten verkaufen und bei dem Unverstande oder der Gutmüthigkeit der Fürsten, die solches nicht durchschauen, durch schändliches Gerede sich zu bereichern suchen. Er vermählte sich auch förmlich in Gegenwart eines Ehestifters [347] und rief aus: durchstoße, Magirus! und dieß geschah, während Zoticus unbäßlich20 war. Philosophen und sehr ehrwürdige Männer fragte er darauf, ob sie in ihrer Jugend sich auch Preis gegeben hatten? und dieß that er auf die schamloseste Weise. Denn er machte sich aus unzüchtigen Ausdrücken immer so wenig, daß er selbst mit den Fingern unzüchtige Figuren machte und in öffentlichen Zusammenkünften und in Gegenwart des Volks mit Verleugnung alles Schamgefühls redete.

11 Seine Freigelassenen machte er zu Statthaltern, Legaten, Consuln und Befehlshabern, und schändete durch die Gemeinheit verworfener Menschen alle Staatswürden. Einst hatte er seine Freunde von höherem Stande zur Weinlese eingeladen. Wie er sich nun zu den Traubenkörben hingesetzt hatte, fieng er die würdigsten Männer zu fragen an, ob sie noch der Liebe pflegen könnten, rief, als diese bejahrten Männer errötheten, laut aus: „die Sache ist in Richtigkeit, sie werden roth“, ihr stummes Erröthen für eine Bejahung haltend, und fügte diesen Worten eine unverschleierte schamlose Erzählung aller seiner Schändlichkeiten bei. Nachdem er aber die ältern Männer, weil ihre Jahre oder ihre Würde dergleichen Dinge zurückwiesen, erröthen und schweigen gesehen hatte, begab er sich zu den Jüngeren, und fieng bei diesen nach Allem genau sich zu erkundigen an und wie er von diesen Antworten erhielt, wie sie von ihren Jahren zu erwarten waren, äußerte er voll Freude, das sei erst eine rechte Weinlese, wenn man sie so feiere. Heliogabal soll auch nach mehreren Nachrichten zuerst den Brauch eingeführt haben, daß die Sklaven während des Festes der Weinlese viele Spöttereien, die er selbst, und zwar [348] hauptsächlich in griechischer Sprache, angegeben hatte, gegen ihre Herren, und zwar so, daß es diese hören konnten, sich erlaubten. Marius Maximus führt viele derselben in seinem Leben Heliogabals an. Er hatte auch gewisse schamlose Menschen, theils schon bejahrte Männer, theils Scheinphilosophen, zu Freunden, welche Netzhauben trugen, sich selbst als Werkzeuge fremder Wollust bekannten und Ehemänner zu haben sich berühmten. Doch behaupten Mehrere, sie haben dieses alles nur vorgegeben, um durch Nachahmung seiner Laster sich in seiner Gunst höher zu stellen.

12 Zum prätorischen Präfecten machte er einen Tänzer, der vorher Schauspieler zu Rom gewesen war, zum Befehlshaber der Nachtwachen21 den Wagenführer Gordius, und zum Aufseher über die Lebensmittel den Barbier22 Claudius. Auf die übrigen Stellen beförderte er solche Leute, die sich durch die außerordentliche Größe ihrer Genitalien empfahlen. Mit der Einnahme des Zwanzigsten der Erbschaften beauftragte er einen Maulthiertreiber, sodann auch einen Laufer, einen Koch und einen Schlosser. Wenn er in das Lager oder in die Curie sich begab, mußte ihn seine Großmutter Varia, von welcher oben gesprochen worden ist, begleiten, um – da er dieß [349] für sich selbst nicht konnte – durch ihr Ansehen das seinige zu heben. Uebrigens hat, wie wir schon oben bemerkt haben, noch nie eine Frau in der Art die Curie betreten, daß sie daselbst die Senatsbeschlüsse mitunterschrieben oder mitgestimmt hätte. Bei seinen Gelagen mußten vornehmlich seine Buhler neben ihm liegen, an deren Betastungen und Befühlungen er sich außerordentlich vergnügte und von deren Händen er sich am liebsten den Wein reichen ließ.

13 Unter diesen Greueln des unzüchtigsten Lebens befahl er, daß Alexander, den er sich angekindet hatte, aus dem Palaste entfernt werde, weil ihn, wie er sagte, dessen Ankindung gereue, und gebot dem Senate, ihn der Cäsarswürde zu entsetzen: allein es herrschte, als dieses Ansinnen gestellt wurde, tiefe Stille in der Curie. Denn Alexander war ein trefflicher Jüngling (was in der Folge der Geist seiner Regierung bewies) und hatte sich das Mißfallen seines Vaters nur aus dem Grunde zugezogen, weil er seine Unschuld bewahren wollte. Er war, wie man sagte, Heliogabals Geschwisterkindsvetter und besaß die Liebe der Truppen23, sowie die Hochschätzung des Senates und des Mitterstandes. Heliogabals Wuth gieng endlich bis zur Vollführung des ruchlosesten Wunsches: er schickte nämlich Mörder gegen ihn ab. Es verhielt sich damit also24. Er selbst begab sich in die Gärten der „alten Hoffnung“, gleichsam Gelübde gegen den angehenden Jüngling zu thun, seine Mutter aber, seine Großmutter und seinen Vetter ließ er im Palaste zurück und befahl, daß der treffliche, dem Staate unentbehrliche Jüngling niedergestoßen [350] werden sollte. Er verlangte auch in einem Schreiben an die Truppen, man solle den Alexander der Cäsarswürde entsetzen, und schickte Leute ab, welche, wie dieß bei Tyrannen zu geschehen pflegt, die Inschriften an seinen Standbildern mit Koth bedecken sollten. Ueberdieß ließ er den Erziehern Alexanders unter Eröffnung glänzender Aussichten auf Belohnungen und Würden den Befehl zustellen, ihn auf welche Art sie wollten, ob im Bade, ob mit Gift oder mit dem Dolche, aus dem Wege zu räumen.

14 Indeß der Frevel vermag nichts gegen die Unschuld. Keine Gewalt war im Stande, Jemanden zur Vollbringung einer solchen Unthat zu bewegen, sondern man wandte vielmehr den Stahl, den er für Andere geschliffen, gegen ihn selbst, und er fand durch diejenigen seinen Tod, deren Hand denselben Andern geben sollte. Kaum waren die Inschriften der Standbilder Alexanders mit Koth beworfen, als die Soldaten vor Zorn entbrannten. Ein Theil derselben schickte sich an, in den Palast, ein anderer in die Gärten, worin Varius sich befand, zu gehen, um Alexandern zu schützen und den unzüchtigen, sogar auf Verwandtenmord sinnenden Menschen endlich vom Staatsruder zu entfernen. Bei ihrer Ankunft im Palast fanden sie den Alexander mit seiner Mutter und Großmutter und führten ihn unter zahlreicher Bedeckung in das Lager. Besorgt für ihren Sohn folgte ihnen Heliogabals Mutter Semiamira zu Fuße. Von da eilten die Soldaten in die Gärten, wo sie den Varius trafen, wie er mit Anstalten zu einem Wettfahren beschäftigt, aber doch auch in gespannter Erwartung auf die Nachricht von dem Tode seines Geschwisterkindsvetters war. Erschreckt durch den unvermutheten Lärmen der Soldaten, verbarg er sich in einen Winkel und bedeckte sich mit einem Vorhang, der an der Thüre des Schlafgemachs war. Von hier aus schickte er einige Befehlshaber, um die Soldaten im Lager [351] zu beruhigen, Andere aber um diejenigen zu beschwichtigen, welche bereits in die Gärten gekommen waren. Einer dieser Befehlshaber, Antiochianus, wußte es bei den in die Gärten eingedrungenen Soldaten durch die Erinnerung an ihren Eid und durch Bitten dahin zu bringen, daß sie seines Lebens schonten, was ihm um so eher gelang, als die Soldaten nicht sehr zahlreich gekommen, sondern die meisten bei der Fahne, welche der Tribun Aristomachus zurückbehalten hatte, zurückgeblieben waren. Dieß gieng in den Gärten vor.

15 Im Lager erklärten aber die Soldaten dem für Heliogabal bittenden Befehlshaber, sie wollten seines Lebens unter der Bedingung schonen, daß er die unzüchtigen Menschen, die Wagenführer und Schauspieler von sich entferne und sich bessere. Namentlich sollten diejenigen aus seiner Nähe entfernt werden, die zu allgemeiner Entrüstung ihn beherrscht und die mit ihrem theils wirklichen25 theils vorgegebenen Einfluß auf ihn Handel getrieben hatten. Demzufolge entfernte man von ihm den Hierokles, Gordius, Murissimus und noch zwei andere schamlose Vertraute, die ihn aus einem Schwachkopf noch schwachköpfiger machten. Ueberdieß erhielten die Präfecten von den Soldaten den Auftrag, nicht zu gestatten, daß der Kaiser sein bisheriges Leben länger fortführe, und den Alexander zu überwachen, daß einestheils ihm kein Leid geschehe, anderntheils aber, daß der Cäsar mit seinen Vertrauten des Augustus zusammenkomme, damit er von ihren Lastern nicht angesteckt würde. Heliogabal indessen forderte nicht nur mit ungestümen Bitten den Hierokles, diesen so unzüchtigen Menschen, zurück, sondern machte auch von Tag zu Tag neue Anschläge wider das Leben Alexanders. Endlich weigerte er sich am ersten Januar, da Beide zugleich zu Consuln ernannt worden [352] waren26, mit seinem Vetter öffentlich zu erscheinen. Erst die Vorstellungen seiner Großmutter und Mutter, daß er von den Soldaten, wenn sie die beiden Vetter nicht einig sähen, den Tod zu erwarten hätte, vermochten ihn die Prätexta anzulegen und um die sechste Tagesstunde in den Senat sich zu begeben, wohin er auch seine Großmutter berief, die er selbst zu ihrem Sitz führte. Als er sodann auf das Capitol gehen sollte, um die gewöhnlichen Gelübde für den Staat daselbst zu thun und die feierlichen Gebräuche zu vollziehen, lehnte er dieß ab, so daß der Stadtpräfekt alles verrichten mußte, wie wenn es keine Consuln zu Rom gäbe27.

16 Nun wollte er den Mord seines Vetters nicht länger verschieben; weil er aber befürchtete, der Senat möchte, wenn er denselben tödten würde, für irgend einen Andern sich erklären, so gab er den Befehl, daß alle Senatoren ungesäumt die Stadt verlassen sollten, ein Befehl, der sich selbst auf diejenigen erstreckte, welche keine Fuhrwerke oder Sklaven hatten, daher denn einige durch Lastträger, andere durch zufällig ihnen aufgeftoßene ungemiethete Lastthiere sich fortbringen lassen mußten. Weil der Consul Sabinus, [353] welchem Ulpianus28 seine Werke zugeeignet hat, in der Stadt zurückgeblieben war, so befahl der Kaiser ihn zu tödten; da er aber dieß mit leiser Stimme that, so glaubte der herbeigerufene Centurio, der etwas übel hörte, den Befehl, ihn aus Rom zu entfernen, erhalten zu haben und handelte darnach. Auf diese Weise rettete das Gebrechen des Centurio dem Sabinus das Leben. Heliogabal verwies auch den Rechtsgelehrten Ulpianus, weil er ein rechtschaffener Mann war, so wie den Redekünstler Silvius, welchen er dem Cäsar zum Lehrer bestellt hatte, aus Rom. Der Letztere wurde später noch getödtet, Ulpianus dagegen blieb am Leben. Indeß die Soldaten und vornehmlich die Prätorianer vereinigten sich, in Anbetracht des bereits gegen Heliogabal gethanen Schrittes und seines sich dadurch zugezogenen Hasses, zur Befreiung des Staats und tödteten zuerst seine Mitschuldigen auf verschiebene Weise29, indem sie Einigen die Eingeweide herausrissen, Andere aber von unten herauf durchbohrten, damit ihr Tod ihrem Leben entspräche.

17 Nach diesem aber fielen sie über Heliogabal selbst her und tödteten ihn in einem Abtritt, wohin er sich geflüchtet hatte. Hierauf wurde er durch die Straßen geschleift und seinem Leichname noch die Schmach angethan, daß sie ihn in eine Cloake werfen wollten. Da ihn aber die zu enge Oeffnung derselben nicht durchließ, so [354] warfen sie ihn, einen Stein um den Halse, daß er nie wieder hervorkommen und eine ordentliche Begräbnißstätte erhalten könnte, die Aemilische Brücke hinab in den Tiber. Bevor er aber in den Fluß geworfen wurde, hatte man ihn noch über den Circus geschleift. Sein Name, nämlich der Name Antoninus, wurde auf Befehl des Senats von den öffentlichen Denkmälern weggetilgt und nur die Namen Varius Heliogabalus stehen gelassen. Er hatte nämlich jenen Namen sorgfältig beibehalten, um für einen Sohn des Antoninus gehalten zu werden. Nach seinem Tode nannte man ihn Tiberinus, den Geschleiften und den Unzüchtigen, und gab ihm sonst noch viele andere Namen30, wenn man die unter seiner Regierung vorgefallenen Greuel bezeichnen wollte. Heliogabal war unter allen Kaisern der einzige, der am Hafen geschleift, in eine Cloake geworfen und in den Tiber gestürzt wurde, eine Folge des allgemeinen Hasses, vor dem hauptsächlich Herrscher auf dem Kaiserthron sich hüten müssen. Denn wer die Liebe des Senates, des Volkes und des Heeres nicht verdient, der verdient auch kein Begräbniß. Oeffentliche Gebäude hat man von diesem Kaiser außer dem Tempel des Gottes Heliogabalus, welchen Einige für den Juppiter, Andere für die Sonne halten, und dem nach dem Brande wieder aufgebauten Amphitheater und dem Bad an der Sulpiciusstraße, das Antoninus, des Severus Sohn, angefangen hatte, keine. Das letztere, das Bad des Antoninus genannt, hatte Caracalla zum Baden und zur Aufnahme des Volkes bestimmt; allein die Gallerien, deren Bau später von diesem untergeschobenen Antoninus angefangen und von Alexander vollendet wurde, fehlten noch.

18 [355] Heliogabal war der letzte der Antonine, wiewohl Mehrere glauben, später haben auch die Gordiane diesen Beinamen geführt, allein diese haben nicht Antonine, sondern Antone geheißen. Sein Leben, sein Betragen und seine Abscheulichkeit hatten ihn so verhaßt gemacht, daß der Senat seinen Namen austilgen ließ, und ich selbst würde ihn nicht unter dem Namen Antoninus aufgeführt haben, wenn es nicht die Verständlichkeit erfordert hätte, die den Geschichtschreiber auch abgeschaffter Namen sich zu bedienen nicht selten nöthigt. Zugleich mit Antoninus wurde auch seine Mutter Semiamira getödtet, ein höchst schändliches, eines solchen Sohnes würdiges Weib. Vor allem Andern wurde nach dem Tode des Antoninus Heliogabalus verordnet, daß nie mehr ein Weib den Senat betreten dürfe, und daß derjenige, durch den dieß geschehen würde, den Göttern der Unterwelt geweiht und verflucht sein solle. Es finden sich zwar aus dem Leben des Heliogabal noch viele schandbare Züge aufgezeichnet, allein da dieselben nichts Merkwürdiges darbieten, so glaube ich mich in meiner Erzählung auf diejenigen beschränken zu müssen, welche für seine Schwelgerei bezeichnend sind. Einige davon fallen in sein Privatleben, andere in sein Leben als Kaiser. Im erstern nannte er selbst den Apicius31, in diesem den Nero, Otho und Vitellius als seine Vorbilder.

19 [356] Heliogabal war die erste Privatperson, welche Bettüberwürfe aus Goldstoff hatte, was damals nach einer von Marcus Antoninus ertheilten Erlaubniß, als derselbe das ganze kaiserliche Hausgeräthe zum öffentlichen Verkauf aussetzte, geschehen durfte. Im Sommer war seine Tafel nach dem Unterschied der Farben eingerichtet, so daß er den einen Tag eine lauchgrüne, den andern eine meergrüne, den dritten eine türkblaue Tafel gab und so den ganzen Sommer hindurch jeden Tag abwechselte. Er war auch der Erste, welcher Tische, so wie Kochmaschinen32 und Kochtöpfe aus Silber hatte. Außerdem besaß er hundertpfündige silberne Gefässe mit erhaben gearbeiteten Figuren, von denen einige durch die unzüchtigsten Scenen geschändet waren. Er war auch der Erfinder des mit Mastix und Pollei angesetzten Weines und aller der Genüsse, die noch jetzt bei den Feinschmeckern beliebt sind. Denn den schon vorher bekannt gewesenen Rosenwein hatte er durch Beimischung zerriebener Fichtenkerne uud wohlriechender gemacht. Kurz, von all dergleichen Getränken findet sich vor Heliogabal keine Spur. Er kannte aber auch keine andern Lebenszwecke als die Erfindung neuer Genüsse. Er war der Erste, welcher Füllsel aus rauhen und glatten Austern und andern dergleichen Muschelthieren, sowie aus Krabben, Hummern und Pinnenwächtern verfertigte. Seine Tafelzimmer, seine Speiselager und seine Gallerien ließ er mit Rosen, Lilien, Violen, Hyacinthen, Narcissen, kurz mit allen Arten von Blumen bestreuen und ergieng sich sodann darauf. Er badete sich nur in mit wohlriechenden Essenzen und Sesam geschwängerten Bädern und lagerte sich nicht leicht auf Tischpolstern, wenn sie nicht mit Hasenhaaren oder den Federn unter den Flügeln der Rebhühner ausgestopft waren, und wechselte dabei oft die Kissen.

20 [357] Seine Geringschätzung des Senats gieng zuweilen so weit, daß er ihn eine Gesellschaft von Sklaven in der Toga nannte; das römische Volk aber betrachtete er als blose Bauern, und der Ritterstand war in seinen Augen gar nichts. Nach der Abendtafel ließ er nicht selten den Stadtpräfekten zum Zechen zu sich rufen und zog auch die prätorischen Präfekten dazu. Schlugen sie die Einladung aus, so mußten die Oberhofmeister des Palastes33 sie dazu zwingen. Er war auch gesonnen, in den einzelnen Bezirken der Stadt34 Hurenwirthe zu Aufsehern zu bestellen, und zwar vierzehn: und er würde dieß auch wirklich gethan und die schändlichsten Menschen und Leute aus den niedersten Volksklassen auf diese Stellen befördert haben, wenn er länger gelebt hätte. Seine Tisch- und Schlafbettstellen waren von gediegenem Silber. Nach dem Beispiele des Apicius aß er öfters Kameelfersen, lebendigen Hühnern abgeschnittene Kämme und Pfauen- und Nachtigallenzungen, weil der Genuß derselben ein untrügliches Mittel gegen die fallende Sucht sein sollte. Seinen Höflingen gab er bisweilen ungeheure Schüsseln mit Eingeweiden von Meerbarben, Gehirn von Flamingo’s, Eiern von Rebhühnern, Gehirn von Drosseln und Köpfen von Papageien, Fasanen und Pfauen angefüllt. Vor allem aber dürfte der Umstand Erstaunen erregen, daß er Bärte von Meerbarben in solcher Menge als wäre es Kresse, Melisse, Salat oder Fönkraut in großen damit angefüllten Gefässen und Schüsseln auftragen ließ.

21 Seine Hunde ließ er mit Gänselebern füttern. An wehrlos gemachten Löwen und Leoparden hatte er seine Lust. Er ließ [358] diese durch Zähmer dazu abgerichteten Thiere nicht selten bei der zweiten oder dritten Tracht unvermuthet an seiner Tafel Platz nehmen, ohne daß Jemand wußte, daß sie wehrlos waren, um Schrecken und Lachen zu erregen. Seinen Pferden ließ er apameische35 Trauben36 in die Krippe schütten und Löwen und andere Thiere mit Papageien und Fasanen füttern. Zehn Tage nach einander ließ er auf seiner Tafel täglich dreißig wilde Schweinseuter mit Schweinsbärmüttern, Erbsen mit Goldstücken, Linsen mit Strahlsleinen, Bohnen mit Bernsteinen, und Reis mit Perlen untermischt auftragen, überdieß die Fische und Morcheln statt mit Pfeffer mit Perlen bestreuen. Seine Parasiten ließ er in seinen Speisezimmern vermöge beweglicher Decken mit Veilchen und andern Blumen dergestalt überschütten, daß einige, die sich nicht darunter emporarbeiten konnten, den Geist aufgaben. In seine Bäder und Badewannen ließ er Gewürz- Rosen- und Wermuthwein schütten. Das Volk lud er dabei zum Trinken ein, und trank selbst mit demselben so gewaltig, daß, obgleich man sah, daß nur Einer getrunken hatte, es doch bemerklich war, daß er in einem Bade getrunken hatte. Anstatt der Geschenke zum Mitnehmen37 gab er Verschnittene, Viergespanne, Pferde mit Decken, Maulthiere, Sänften und Reisewägen oder auch tausend Goldstücke und einen Centner Silber.

22 [359] Seine auf die Löffel geschriebenen Tafelloose waren von der Art, daß der Eine eine Anweisung auf zehn Kameele erhielt, ein Anderer auf zehn Mücken, ein Anderer auf zehn Pfund Gold, ein Anderer auf zehn Pfund Blei, ein Anderer auf zehn Straußen, wieder ein Anderer auf zehn Hühnereier, so daß es also wirkliche Loose waren, wobei es auf das Glück eines Jeden ankam. Dasselbe Verfahren beobachtete er auch bei seinen Spielen. Ein Loos galt zehn Bären, ein anderes zehn Grillen, ein anderes zehn Salatstengel, wieder ein anderes zehn Pfund Gold. Er war der Erste, der diese noch jetzt gebräuchliche Art zu loosen einführte. Indeß die Schauspieler ließ er wirklich loosen, da denn Einige todte Hunde oder ein Pfund Ochsenfleisch, Andere hundert Goldstücke oder tausend Silbermünzen oder hundert Sestertien Kupfermünzen und Anderes dergleichen erhielten. Das Volk fand ein so großes Wohlgefallen daran, daß es sich in der Folge zu seiner Regierung Glück wünschte.

23 Er soll auch auf den mit Wein gefüllten Circuskanälen Schiffsgefechte gegeben und die Mäntel mit Oenanthessenz begossen haben und mit vier Viergespannen Elephanten auf dem Vatikan, wo die dabei hinderlichen Grabmäler mußten weggeschafft werden, so wie auch zu seinem eigenen Vergnügen mit vier an Wägen gespannten Kameelen im Circus gefahren sein. Durch marsische Priester38 [360] ließ er, wie man sagt, Schlangen sammeln und solche noch vor Anbruch des Tages, um welche Zeit das Volk sich bei großen Spielen einzufinden pflegt, unvermuthet unter dasselbe ausschütten, wobei denn Viele durch die Bisse oder auf der Flucht Schaden litten. Sein Unterkleid war ganz von Gold oder Purpur, auch trug er ein mit Edelsteinen bedecktes persisches Gewand, wobei er äußerte, daß ihm die Bürde seiner Glückseligkeit zu schwer falle. Seine Fußbekleidung war mit Edelsteinen, und zwar mit geschnittenen, besetzt, was allgemein belacht wurde, als könnten die Arbeiten der berühmtesten Steinschneider an Steinen, welche an den Füßen befindlich waren, gesehen werden. Er wollte sich auch, um seine Schönheit zu erhöhen und ein mehr weibliches Ansehen zu gewinnen, eines Diadems bedienen. Wirklich trug er auch ein solches in seinem Palaste. Seinen Gästen soll er auch einen Phönix oder statt dessen, um ihn39 auf seinem Landgute herumgehen lassen zu können, tausend Pfund Gold versprochen haben. Er ließ Teiche, mit Meerwasser angefüllt, besonders an Orten weit von der See anlegen, überließ jeden derselben einem seiner Freunde zum Baden und besetzte sie sodann wiederum mit Fischen. In dem Lusthaine seines Palastes ließ er zur Sommerszeit einen Schneeberg von herbeigeführtem Schnee errichten. In der Nähe des Meers aß er nie Seefische, war er aber sehr weit davon entfernt, so mußte immer alles auf seiner Tafel ein Meerprodukt sein. Mitten im Lande gab er den Bauern Milch von Muränen und Meerwölfen zu essen.

24 Fische aß er immer nur in einer meergrünen Brühe, die ihnen das Ansehen geben sollte, als wären sie mit Beibehaltung ihrer Farbe in Meerwasser abgesotten worden. In einem Augenblicke [361] ließ er mit Rosenwein und Rosen angefüllte Bäder erscheinen, trank mit allen seinen Leuten und gab mit Nardenessenz besprengte Warmbadezimıner. In seinen Lampen brannte er Balsam. Kein Frauenzimmer, seine Gemahlin ausgenommen, berührte er mehr als einmal, dagegen stellte er in seinem Palast seinen Freunden, Clienten und Dienern eine Gesellschaft Freudenmädchen zur Verfügung. Seine Abendmahlzeit kostete nie weniger als 100,000 Sestertien oder dreißig Pfund Silber; zuweilen aber kam sie mit Berechnung aller darauf verwandten Kosten dreimal so hoch zu stehen. Seine Tafel war weit kostbarer besetzt als die eines Vitellius und Apicius. Die Fische ließ er aus seinen Fischbehältern mit Ochsen herausziehen. Wenn er über den Fleischmarkt gieng, beweinte er die Bettelarmuth des römischen Volks. Seine Parasiten ließ er an ein Wasserrad binden und während des Umschwungs desselben bald unter das Wasser tauchen bald wieder in die Höhe heben, daher er sie seine ixionischen40 Freunde nannte. Die Höfe im Palaste ließ er mit lakonischem Marmor41 und Porphyr pflastern und nannte sie die Antoninianischen. Dieses Pflaster hat sich bis auf unsere Zeit erhalten, ist aber erst kürzlich aufgerissen und weggeschafft worden. Er war auch Willens, eine ungeheure Säule aus einem Stücke, in deren Innerem man sollte hinaufsteigen können und auf deren Spitze sein Gott Heliogabalus zu stehen kommen sollte, aufrichten zu lassen: allein es fand sich kein so großes Felsstück, weßhalb er ein solches aus der Thebais42 wollte kommen lassen.

25 [362] Seine Freunde, wenn sie betrunken waren, schloß er häufig ein und ließ dann plötzlich wehrlos gemachte Löwen, Leoparde und Bären bei Nacht zu ihnen in dasselbe Gemach, so daß sie, wenn sie bei Tag oder, was noch schrecklicher ist, bei Nacht erwachten, sich in Gesellschaft von Löwen, Bären und Panthern befanden, was Mehreren das Leben kostete. Seinen zahlreichen geringeren Freunden ließ er statt der Tischpolster mit Luft angefüllte Schläuche unterlegen, diese aber, wenn sie im Essen begriffen waren, entlüften, so daß sie gemeiniglich während der Mahlzeit unvermuthet unter dem Tische sich befanden. Heliogabal war der Erste, welcher die Speisepolster ohne Tischbetten auf den Boden in der Form eines Halbkreises legen ließ, damit die Schläuche an ihrer Mündung von den jungen Sklaven entlüftet werden könnten. Die Mimen, welche auf dem Theater die Rollen der Ehebrecher spielten, ließ er die gewöhnliche Strafe nicht dem Scheine nach, sondern wirklich erdulden. Oefters kaufte er allen Bordellinhabern ihre Freudenmädchen ab und schenkte ihnen die Freiheit. Als einst unter andern vertrauten Gesprächen in der Gesellschaft die Frage aufgeworfen wurde, wie viele mit Brüchen Behaftete es wohl in der Stadt Rom geben könne, ließ er ein Verzeichniß von denselben entwerfen und sie in seine Bäder kommen, wo er mit ihnen badete. Es befanden sich aber darunter mehrere angesehene Männer. Vor der Tafel ließ er nicht selten Gladiatoren und Faustfechter vor sich kämpfen. Ganz oben auf dem Amphitheater ließ er sich eine Tafel zurecht machen und sah so, während er speißte, zu, wie die Verurtheilten mit den wilden Thieren kämpften. Seinen Parasiten ließ er öfters statt des Nachtisches Speisen aus Wachs, oft aus Elfenbein, [363] zuweilen auch aus Thon, hie und da auch aus Marmor oder Stein vorsetzen, so daß alle die Speisen, die er selbst genoß, aber freilich aus anderem Stoffe, vor ihnen zur Schau dastanden, wobei sie bei jedem Gange nur trinken durften und die Hände waschen mußten, als hätten sie wirklich gegessen.

26 Heliogabal soll der erste Römer gewesen sein, der ein ganz seidenes Kleid trug; halbseidene waren schon früher im Gebrauch gewesen. Linnenzeug, das einmal gewaschen worden war, gebrauchte er nie mehr; es seien, äußerte er, diejenigen, die sich eines solchen bedienten, Bettler. Nach der Abendmahlzeit erschien er nicht selten öffentlich in einer Dalmatika und nannte sich dann einen Gurges, Fabius und Scipio, weil er dasselbe Gewand trug, in welchem diese als Jünglinge, um sich zu bessern, von ihren Eltern auszugehen waren gezwungen worden. Er ließ alle Freudenmädchen vom Circus, vom Theater, vom Stadium, aus den Bädern und von allen andern Orten in ein öffentliches Gebäude bringen, hielt daselbst an sie, wie ein Feldherr an das versammelte Heer, eine Anrede, nannte sie Mitstreiterinnen und unterhielt sich mit ihnen über die verschiedenen Stellungen und Lagen bei der Wollust. In einer ähnlichen Versammlung ließ er darauf überall her Hurenwirthe, Lustknaben und die ausschweifendsten Jünglinge und Knaben zusammen kommen. Und während er vor den Buhldirnen in weiblicher Kleidung mit entblößtem Busen erschienen war, so trat er vor diesen in der Tracht eines Lustknaben auf und versprach bei ihrer Entlassung einem jeden von ihnen, wie Soldaten, drei Goldstücke, und forderte sie auf, die Götter zu bitten, ihn noch Mehrere treffen zu lassen, die er ihnen empfehlen könnte. Ein Beispiel, wie er mit seinen Dienern scherzte, ist dieß, daß er ihnen unter Versprechung einer Belohnung befahl, ihm tausend Pfund Spinngewebe zu bringen. Er soll aber statt [364] dieser zehntausend zusammengebracht haben, wobei er äußerte, auch daraus könne man auf die Größe Roms schließen. Seinen Parasiten schickte er durch seine Küchenmeister als Jahresbesoldung Gefäße mit Fröschen, Scorpionen, Schlangen und andern dergleichen garstigen Thieren. Er ließ auch dieselben mit einer zahllosen Menge Fliegen anfüllen, die er zahme Bienen nannte.

27 Bei der Mittags- und Abendmahlzeit ließ er sich immer circensische Viergespanne in die Speisezimmer und Gallerien kommen und nöthigte die schon bejahrten Mitgäste, von denen er als Kaiser mehrere zu Ehrenstellen befördert hatte, damit zu fahren. Er ließ sich zehntausend Mäuse, tausend Wieseln und tausend Spitzmäuse liefern. Er hatte so geschickte Zuckerbäcker und Cremeverfertiger, daß dieselben alles, was Köche, Tafeldecker und Obstlieferanten an verschiedenen Eßwaaren brachten, aus Zuckertaig oder Milch nachmachen konnten. Seinen Parasiten ließ er Mahlzeiten aus Glasspeisen hinstellen, und ihnen zuweilen eben so viele Handtücher geben, als Gerichte kommen sollten, worein die auf die Tafel zu stellenden Speisen entweder gestickt oder gewoben waren. Zuweilen jedoch wurden ihnen auch Gemälde von Speisen gezeigt, als wenn diese alle für sie auf die Tafel kommen sollten, während sie doch vor Hunger verschmachteten. Er mischte Edelsteine unter Obst und Blumen und ließ eben so viele Speisen zum Fenster hinauswerfen, als seinen Freunden vorgesetzt wurden. Er hatte auch, da damals nach der Vorsorge des Severus und Trajan sich ein Getreidevorath auf sieben Jahre zu Rom vorfand, den zur Vertheilung unter das römische Volk bestimmten Antheil eines Jahres an Buhldirnen, Hurenwirthe und Lustknaben Roms auszutheilen befohlen, denen außerhalb der Stadt aber eben so viel versprochen.

28 Er ließ vier Hunde von ungeheurer Größe an einen [365] Wagen spannen und fuhr so im Palaste herum. Uebrigens hatte er dieß schon in seinem Privatstande auf seinen Landgütern gethan. Er fuhr auch in einem von vier großen Hirschen gezogenen Wagen aus, so wie er auch mit Löwen, wobei er sich die Göttermutter, und mit Tigern, wobei er sich den Liber43 nannte, fuhr. Sein Kostüm war dabei dasselbe, in welchem die Götter, die er vorstellen wollte, auf Gemälden erscheinen. Er hielt sich zu Rom kleine ägyptische Schlangen, in ihrem Vaterlande Agathodämonen44 genannt, desgleichen Flußpferde, ein Krokodil, ein Nashorn, kurz alle Thiere Aegyptens, die vermöge ihrer Natur anderswohin gebracht werden konnten. Einige Male kamen Straußen auf seine Tafel, deren Genuß nach seiner Behauptung den Juden anbefohlen sein sollte. Folgendes, das man sich von ihm erzählt, dürfte als etwas Außerordentliches erscheinen. Er ließ nämlich ein mit Safran gefülltes Speisesopha im Halbkreise herumlegen und sagte zu den zur Mittagstafel eingeladenen Gästen, Männern vom höchsten Range, er gebe ihnen hier das ihrer Würde angemessene Heu. Er machte aus Tag Nacht und aus Nacht Tag, dieß als einen wesentlichen Beitrag zur Schwelgerei betrachtend, daher er erst am Abend aufstand und Besuche empfieng, frühmorgens aber sich zu Bette legte. Seine Freunde beschenkte er täglich und ließ überhaupt nicht leicht Jemanden unbeschenkt von sich, es müßte denn ein rechtschaffener, somit seiner Ansicht nach verworfener Mensch gewesen sein.

29 [366] Seine Wagen waren mit Gold beschlagen und mit Edelsteinen über und über besetzt; die mit Silber beschlagenen und mit Elfenbein und Bronze gezierten waren ihm zu schlecht. Zwei, drei, vier auch noch mehr durch Schönheit ausgezeichnete Frauenzimmer spannte er an einen kleinen Wagen45 und ließ sich so führen, wobei dieselben, wie er selbst, meistens unbekleidet waren. Er hatte auch die Gewohnheit, daß er acht Kahlköpfige zum Abendessen einlud, desgleichen acht Schielende, acht Podragristen, acht Taube, acht Schwarze, acht sehr große und acht sehr feiste Personen, und da ein einziges halbrundes Speisesopha [sigma] sie nicht alle fassen konnte, schlug er über Alle ein Gelächter auf. Seinen Gästen schenkte er, und zwar mehr als einmal, alles bei Tisch gebrauchte Silber und sämmtliche Trinkgeschirre. Er war der erste unter allen römischen Kaisern, welcher das Volk mit einem Hydrogarum46 bewirthete. Denn früher hatte man die Tische nur mit Soldatenkost besetzt, was in der Folge Alexander sogleich wieder einführte. Er pflegte überdieß seinen Gästen eine Art Aufgaben vorzulegen, die darin bestanden, daß sie neue Brühen zur Würze der Speisen erfinden mußten. Demjenigen, dessen Erfindung Beifall erhielt, wurde eine ansehnliche Belohnung zu Theil, z. B. ein seidenes Kleid, das damals eben so selten als hochgeschätzt war. Sagte aber die Brühe seinem Geschmacke nicht zu, so mußte der Erfinder eine solche so lange essen, bis er eine bessere erfunden hatte. Er saß jederzeit zwischen Blumen oder kostbaren [367] Wohlgerüchen und sah es gerne, wenn die Preise der für seine Tafel bestimmten Speisen höher angesetzt wurden, weil dadurch, wie er sagte, die Eßlust gereizt würde.

30 Seine Gemälde stellten ihn als Zuckerbäcker, als Salbenhändler, als Garkoch, als Weinschenk und als Hurenwirth dar, und dieß waren auch die einzigen Beschäftigungen, die er in seinem Palaste trieb. Einst ließ er bei einer einzigen Mahlzeit auf vielen Tischen 600 Straußenköpfe zum Speisen ihres Gehirns aufsetzen. Eines Tages gab er auch ein solches Gastmahl, daß zweiundzwanzig Trachten von vielen Speisen aufgetragen wurden, aber zwischen jeder er und seine Freunde badeten und ein Mädchen umarmten, wobei ein jeder eidlich bekräftigen mußte, daß dieses geschehen sei. Er hielt auch eine Schmauserei, die darin bestand, daß ein jeder seiner Freunde allemal eine Tracht liefern und daß da der eine auf dem Capitolium, ein anderer auf dem Palatinus, ein anderer auf dem Damme, ein anderer auf dem cölischen Hügel, ein anderer jenseits des Tiber und wieder ein anderer anders wo wohnte, doch der Reihe nach in ihren Wohnungen jede Tracht verzehrt werden mußte und man in die Häuser aller gieng. Auf diese Art reichte zur Beendigung einer einzigen Schmauserei kaum ein Tag hin, da man nach jeder Tracht sich badete und dem Liebesgenusse überließ. Das sybaritische Gericht, aus Garum und Oel bestehend, das die Sybariten47 in demselben Jahre, in welchem ihr Staat untergieng, erfunden hatten, fehlte nie auf seiner Tafel. Er soll auch an vielen Orten Bäder haben errichten, [368] solche aber, sobald er sich nur einmal darin gebadet, wieder niederreissen lassen, um keine gewöhnliche Bäder zu haben. Eben so soll er es mit seinen Palästen und Land- und Gartenhäusern gemacht haben. Indeß einige dieser Nachrichten übersteigen so sehr allen Glauben, daß ich sie für Erfindungen solcher Leute halte, welche dem Alexander zu Gefallen den Heliogabal in einem häßlichen Lichte darzustellen suchten.

31 Heliogabal soll auch ein eben so sehr berühmtes als schönes Freudenmädchen um tausend große Sestertien losgekauft, und solches, ohne es zu berühren, wie eine reine Jungfrau verehrt haben. Als ihn einst noch in seinem Privatstande Jemand fragte, fürchtest du dich nicht, in Armuth zu gerathen, soll er entgegnet haben: was ist besser als mein eigener und meiner Frau Erbe zu sein? Ueberdieß hatte er ein großes Vermögen durch Vermächtnisse, die ihm aus Achtung vor seinem Vater gemacht wurden, erhalten. Kinder, äußerte er, wolle er keine; denn er könnte ein tugendhaftes bekommen. Um seine Gemächer zu wärmen, ließ er anstatt der Kohlen48 indische Gewürzhölzer anzünden. Schon in seinem Privatstande trat er nie eine Reise mit weniger als sechzig Fuhrwerken an, trotz aller Gegenvorstellungen seiner Großmutter Varia, daß er noch alles durchbringen werde. Als Kaiser aber soll er sogar 600 Fuhrwerke auf Reisen bei sich gehabt und dabei gesagt haben, der Perserkönig mache seine Reisen mit 10000 Kameelen, und der Kaiser Nero sei mit 500 Kutschen gereist. Diesen Zug von Wagen machte die Menge von Kupplern, Kupplerinnen, Freudenmädchen, Lustknaben, so wie seiner eigenen wohlbeschlagenen Liebhaber nothwendig. Im Bade [369] hatte er jederzeit Mädchen bei sich, die er felbst mit der Haarsalbe enthaarte, mit der er sich auch den Bart vertrieb und zwar, was schändlich zu sagen ist, mit derselben Haarsalbe und zu derselben Stunde. Auch schor er eigenhändig die Schaamtheile seiner Liebhaber mit demselben Scheermesser, womit er nachher selbst seinen Bart abnahm. Seine Gallerie ließ er mit Feilspänen von Gold und Silber bestreuen, und bedauerte dabei nur, daß dieß nicht auch mit zerstoßenem Bernstein möglich sei. Und dieß geschah häufig, wo er zu Fuß, z. B. um auf das Pferd oder in den Wagen zu steigen, gehen mußte, wie man sich heut zu Tage dazu des goldfarbigen Sandes bedient.

32 Schuhe zog er nie zum zweiten Male an; dasselbe soll bei seinen Ringen der Fall gewesen sein. Kostbare Kleider zerriß er öfters oder nahm Wolle, wog dieselbe vor und gab seinen Freunden eben so schwer wiegende Fische. Beladene Schiffe ließ er im Hafen versenken, dieß für ein Zeichen von Großherzigkeit erklärend. Seine Nothdurft verrichtete er in goldene Gefässe und harnte in Nachttöpfe von Murrha und Onyx. Auch erzählt man sich, er habe geäußert: Wenn ich einen Erben bekomme, so werde ich ihm einen Vormünder setzen, der ihn das zu thun zwingen soll, was ich selbst gethan habe und noch thun werde. Mit seiner Abendmahlzeit hielt er es gewöhnlich auf folgende Art. Einen Tag aß er nichts als Fasanen-Fleisch, und alle auf seine Tafel kommenden Gerichte durften nur aus solchem bestehen; an einem andern mußten sie aus jungen Hühnern bestehen, an einem andern aus Fischen und wieder Fischen, an einem andern aus Schweinefleisch, wieder an einem andern aus Straußenfleisch, wieder an einem andern aus Gemüse oder Obst oder süßem Backwerk oder aus Milchschnee. Häufig schloß er seine Freunde, unter dem Vorwande, die schönsten Mädchen warten ihrer, mit alten Mohrinnen [370] bei den Nachtquartieren unterwegs ein und ließ sie bis zum andern Morgen bei ihnen. Dieß that er auch mit Lustknaben, was damals, als vor den Zeiten des Philippus49, nicht verboten war. Zuweilen lachte er im Theater vor allem Volke so laut, daß man ihn allein hörte. Er sang, tanzte, blies auf der Flöte und Trompete und spielte die Pandura50 und die Wasserorgel. Eines Tages soll er auch, in eine Maulthiertreibers Kaputze gehüllt, um nicht erkannt zu werden, bei allen Freudenmädchen des Circus, des Theaters, des Amphitheaters und der ganzen übrigen Stadt herumgegangen sein und jedem derselben, ohne ihrer Reize zu genießen, einige Goldstücke geschenkt haben mit den Worten: Antoninus schenkt dir dieß, Niemand braucht es aber zu wissen.

33 Heliogabal erfand einige neue Arten von Wollust, worin er noch die Spintria’s51 greuelvollen Angedenkens übertraf. Die Mittel, welcher sich Tiberius, Caligula und Nero zur Befriedigung ihrer Lust bedient hatten, waren ihm ohnedieß bekannt. Einige syrische Priester hatten ihm vorausgesagt, daß er eines gewaltsamen Todes sterben werde. Er ließ sich daher purpurne, seidene und scharlachene Stricke machen, um, wenn es die Noth erforderte, damit sein Leben zu enden. Auch hatte er goldene Dolche in Bereitschaft, um, wenn man etwa Hand an ihn legen wollte, sich den Tod zu geben, so wie in Büchsen von Sternstein, Hyacinth und Smaragd Gift, das er im Falle drohender Gewalt nehmen wollte. Ueberdieß [371] hatte er sich einen sehr hohen Thurm errichten und unten mit Gold und Edelsteinen reich besetzte Bretter ausbreiten lassen, um sich durch einen Sturz das Leben nehmen zu können, weil, wie er sagte, sogar sein Tod kostbar sein und das Ansehen hohen Wohllebens haben müsse, so daß man von Niemanden sagen könne, er habe einen solchen Tod gefunden. Indeß alle diese Anstalten waren vergeblich. Denn er wurde, wie wir schon berichtet haben, von den Leibwachen getödtet, auf das Schimpflichste durch die Straßen geschleift, in den Kloaken herumgezogen und endlich in den Tiber geworfen. So endete der letzte der Antonine unter den Kaisern, der aber, wie Jedermann weiß, dem Namen nach eben so wenig als seinem Leben nach ein Antonin gewesen ist.

34 Es könnte sich vielleicht Jemand wundern, verehrungswürdigster Constantinus, daß dieses Scheusal, von dem ich gesprochen, den Kaiserthron eingenommen hat, und zwar nahezu drei Jahre lang52, ohne daß Jemand aufgetreten wäre, der das Steuer des erhabenen Römerreichs seinen Händen entrissen hätte, da es doch einem Nero, Vitellius, Caligula und andern ähnlichen Tyrannen keineswegs an einem Mörder gefehlt hat. Vor allen Dingen aber habe ich selbst um Verzeihung zu bitten, daß ich diese Nachrichten über ihn, die ich bei verschiedenen Schriftstellern gefunden, aufgezeichnet habe. Indessen habe ich viele Scheußlichkeiten, die sich ohne grobe Verletzung der Schaamhaftigkeit nicht einmal sagen lassen, übergangen, das aber, was ich erzählt habe, durch delikate Ausdrücke [372] so viel als möglich zu verschleiern gesucht. Sodann habe ich auf deinen so gewöhnlichen Ausspruch, nämlich daß der Kaiserthron ein Geschenk des Schicksals sei, Rücksicht nehmen zu müssen, geglaubt53. Denn es gab sowohl weniger gute Regenten als auch sehr schlechte. Doch sollte, wie deine Majestät zu sagen pflegt, billigerweise jeder, den die Stimme des Schicksals auf den Thron berufen hat, sich bemühen, sich desselben würdig zu erweisen. Und weil dieß der letzte der Antonine gewesen und keiner der folgenden Kaiser diesen Namen mehr geführt hat, so muß ich, um Mißverständnissen vorzubeugen, noch bemerken, daß, wenn ich mit meiner Geschichte zu den beiden Gordianen, Vater und Sohn, kommen werde, welche ihren Namen von dem Geschlechte der Antonine herleiten wollten, dieselben diesen Namen als blosen Zunamen geführt und daß sie, wie ich bei den meisten Schriftstellern finde, eigentlich nicht Antonine, sondern Antone geheißen haben.

35 Dieß wären also die Nachrichten von dem Leben Heliogabals, welche ich aus griechischen und lateinischen Geschichtschreibern gesammelt und das ich, wiewohl mit einer Art von Widerwillen und Kampf mit mir selbst, nach deinem ausdrücklichen Wunsche für dich beschrieben und dir gewidmet habe, wie dieß schon früher bei den Lebensbeschreibungen anderer Kaiser von mir geschehen ist. Nun will ich mich das Leben der folgenden Kaiser zu beschreiben anschicken, von denen Alexander, der mit Grund der Wahrheit für den trefflichsten zu halten ist, dreizehn Jahre, andere aber zum Theil nur ein halbes oder kaum ein oder zwei Jahre regiert haben. Unter ihnen zeichnet sich Aurelianus aus, sie alle überstrahlt aber Claudius, der [373] Ahnherr deines Hauses, von dessen deiner Majestät zu widmendem Leben die Wahrheit zu erzählen ich aus Furcht, von übelwollenden Menschen für einen Schmeichler gehalten zu werden, anstehe; indeß will ich doch, da ich ihn auch von andern Schriftstellern verherrlicht sehe, des hämischen Neides ungeachtet, mein Vorhaben ausführen. An sie schließen sich an Diocletianus, der Vater eines goldenen, und Maximianus, der Vater, wie man sich insgemein ausdrückt, eines eisernen Zeitalters54, und die übrigen Kaiser bis auf deine Majestät. Deine Geschichte aber, verehrungswürdigster Kaiser, mögen in umfassenden und beredteren Worten diejenigen beschreiben, welchen glücklichere Anlagen diesen Beruf gegeben haben. Diesen anzureihen sind sodann noch Licinius55, [374] Severus56, Alexander57 und Maxentius, deren Aller Gewalt sich zwar in deiner Person vereinigt hat, deren Verdiensten aber meine Darstellung dennoch ihre volle Gerechtigkeit soll widerfahren lassen. Denn ich werde keineswegs die Gewohnheit einer großen Anzahl von Schriftstellern befolgen, daß ich diejenigen, die unterlegen sind, zu verkleinern suchte, indem ich wohl weiß, daß die getreue Anführung aller ihrer Vorzüge, welche sie wirklich besessen haben, nur zur Erhöhung deines Ruhmes dienen kann.

Anmerkungen

1 Diese lächerliche Ableitung des Namens Varius bedarf keiner Widerlegung. Heliogabalus Mutter Soämis oder Semiamira war nach Dio 78,30 an einen Syrer Namens Varius Marcellus verheirathet und auch seine Großmutter war eine Varia.

2 Unter den Erstern ist Constantins Vater, Constantius Chlorus zu verstehen, unter den letztern Claudius II. oder Gothicus, dessen älterer Bruder Crispus der Urgroßvater Constantins war.

3 Das Gegentheil versichern Dio 79,2 und Herodian 5,5.

4 Oder der Cybele. Es sollte vom Himmel gefallen sein und wurde im zweiten punischen Kriege, um Hannibals Abzug aus Italien zu bewirken, von der Stadt Pessinus in Phrygien nach Rom gebracht.

5 Dieses von den Römern so geehrte Heiligthum, das Unterpfand des Reichs, soll eine kleine 31/2 Kubikfuß hohe Statue der Minerva mit einer Lanze und Spindeln gewesen sein. Es war gewöhnlich in eine sera oder Tonne eingeschlossen, der zur Seite noch ähnliche Tonnen sich befanden, um die Neugierde oder Entheiligung irre zu leiten.

6 Unter der Regierung des Königs Numa soll ein eherner ovaler Schild, ancile, vom Himmel gefallen sein, unter dem Rufen einer Stimme, daß, so lange dieser Schild in Rom verbleibe, das Reich bestehen werde. Um nun dessen Entwendung zu erschweren, ließ man noch eilf andere ähnliche machen und übergab sie den Vestalen zur Bewahrung.

7 So hieß das Mischvolk, das sich während der sogenannten babylonischen Gefangenschaft aus dem in Palästina zurückgebliebenen Theile der jüdischen Nation und eingewanderten Assyrern gebildet hatte. Sie waren wegen ihrer aus Judenthum und Heidenthum zusammengesetzten Religion schon anfangs den Juden ein Greuel, wurden es aber noch mehr, als sie von dem durch den persischen Statthalter Sanabaletes unterstützten jüdischen Priester Manasse den Pentateuch, einen Tempel auf dem Berge Garizin, ein levitisches Priesterthum, kurz, das ganze Judenthum, wie es damals war, erhalten hatten.

8 Da unser Geschichtschreiber von einem Weibe weder das Wort senator noch senatrix gebrauchen wollte, so bediente er sich einer Umschreibung. Denn wie schon früher der Ausdruck ordo clarissimus den Senat und clarissimus einen Senator bezeichnete, so bezeichnete später das Wort clarissima die Frau eines solchen, und hier bedeutet es gleichsam einen weiblichen Senator.

9 Hauptstadt der kleinasiatischen Landschaft Bithynien, jetzt Ismid oder Izmid.

10 Die Florialien, welche vom 28. April bis zum 3. Mai gefeiert wurden, waren das eigentliche Blüthen- und Frühlingsfest bei den Römern. Man bekränzte alle Häuser mit Blumen, warf sich auf den Straßen mit Blumen, scherzte mit Jedem, dem man begegnete. Es wurden auch dabei mimische Tänze aufgeführt, bei denen es zuletzt nicht am züchtigsten hergieng, und eine eigene Ungebundenheit in Gelagen und andern Lustbarkeiten herrschte dabei.

11 Man sehe darüber die Anmerkung zu Kap. 3.

12 Da das Palladium von Holz war, so lese ich statt auro fictum mit Salmasius: auro vinctum.

13 Tauroboliatus est. Damit verhält es sich folgendermaßen: Der Einzuweihende mußte sich nackend in eine behufs der Einweihung errichtete Grube begeben; diese wurde mit an vielen Stellen durchlöcherten Brettern bedeckt und über denselben ein Stier mit vergoldeten Hörnern geschlachtet, so daß das Blut durch die Löcher hindurchdrang und den Einzuweihenden über den ganzen Körper beträufeln konnte. Wenn er nun ganz mit Opferblut bedeckt war, so begab er sich wieder aus der Grube.

14 So hießen die Priester der Cybele. Sie waren entmannt und gebärdeten sich bei der Festesbegehung ihrer Göttin in der Uebermacht der Andacht und Eckstase ganz toll und wahnsinnig, machten die heftigsten Bewegungen und geisselten sich selbst.

15 Salambonem exhibuit. Salambo ist der Beiname der über ihren von einem Eber getödteten Liebling Adonis klagenden Venus. Das Fest, an welchem diese Trauer alljährlich sich erneute, wurde nicht nur in Syrien und andern Ländern des Orients, sondern auch bei den Griechen und Römern gefeiert.

16 Ich möchte hier lieber mit Obrecht lesen: Lapides, qui divi dicuntur, ex proprio templo; Dianae Laodiceae (nämlich simulacrum) ex adyto suo. Die sogenannten göttlichen Steine wollte er aus ihrem Tempel, das Bildniß der Diana zu Laodicea aus ihrem innersten Heiligthume wegnehmen.

17 Jetzt Maritza, der Hauptfluß Thrakiens, der dieses Land in seiner ganzen Breite und in einem großen Theil von dessen Länge durchfließt. Die „drei Flüsse“ sind wahrscheinlich der Ort, wo sich zwei andere Flüsse, nämlich der Ardiscus (jetzt Arda) und Jonzus (jetzt Jonna) mit dem Hebrus vereinigen, nämlich bei der Stadt Oresta, dem jetzigen Adrianopel.

18 Diese Stelle scheint entweder verdorben oder die Worte versetzt, denn die hier genannten Prädikate können doch keinesfalls auf den noch ganz jungen Diadumenus, sondern müssen auf Macrinus bezogen werden.

19 Ich lese mit Salmasius: qui jam Caesar erat a senatu eo tempore, consobrinus Antonini.

20 Was es mit dieser Unbäßlichkeit für eine Bewandtniß hatte, erzählt Dio 79,16.

21 Dieser hatte die niedere Polizei, besonders in der Nacht. Die Wächter selbst waren in sieben Stadtcohorten vertheilt.

22 Die Ausgaben haben hier censorem, was in keinem Falle stehen kann. Denn abgesehen davon, daß seit Augustus keine Privatpersonen mehr Censoren waren, so will Lampridius Leute aufführen, die Heliogabal aus den niedrigsten Verhältnissen zu hohen Ehren beförderte. Daher lesen statt censorem Einige cursorem, den Laufer, Andere mensorem, den Messer, Andere tonsorem, den Barbier, welche Lesart in der Uebersetzung ausgedrückt worden ist, weil sie durch eine Handschrift bestätigt wird-

23 Anstatt consobrinus et ut quidam dicunt a militibus etc. lese ich mit Obrecht: consobrinus ei, ut quidam dicunt; a militibus etiam etc.

24 Ich interpungire mit Obrecht: nam ei percussores immisit et hoc quidem modo; ipse secessit etc.

25 Anstatt vanitate lese ich mit Salmasius: veritate.

26 J. Chr. 222.

27 Schon von den frühesten Zeiten an bis auf Cäsar wurden Stadtpräfekten erwählt, jedoch nur in dem Falle, wenn der König oder die Consuln abwesend sein mußten und also die Geschäfte in der Stadt nicht besorgen konnten. Sie waren somit die Stellvertreter der höchsten Staatsbeamten. Von Cäsar an war die Stadtpräfektur ein stehendes Amt, welches neben andern Obliegenheiten auch noch die ebengenannte hatte. Da nun Heliogabal und Alexander gerade Consuln waren, so mußte es auffallen, wenn der Erstere die ihm zukommenden Verrichtungen auf den Stadtpräfekten übertrug, gleich als wäre kein höchster Staatsbeamter zu Rom anwesend.

28 Er war aus Syrien gebürtig und lebte unter den Kaisern Septimius Severus, Caracalla, Heliogabal und Alexander Severus. Ulpian war ohne Zweifel der größte theoretische Jurist der Römer. Aecht von ihm erhalten ist eine Reihe von Titeln in einer einzigen Handschrift im Vatican. Das Manuscript hat die unbestimmte Ueberschrift: tituli ex corpore Ulpiani; das Werk ist aber Ulpians liber singularis regularum.

29 Ich lese mit Causabonus: in conscios saevierunt vario genere mortis.

30 Statt et multa liest Loisel: et mulier, in welchem Falle die Uebersetzung wäre: nach seinem Tode nannte man ihn Tiberinus, den Geschleiften, den Unzüchtigen und das Weib, wenn man etc.

31 Es gab drei berüchtigte Schwelger dieses Namens. Der eine lebte noch zu den Zeiten der Republik, der andere unter Augustus und Tiberius, der dritte unter Trajan. Hier ist wohl der zweite, M. Gabius Apicius, gemeint, der sich, als er bei Berechnung seines Vermögens noch 2,500,000 Sestertien übrig fand, aus Furcht Hunger sterben zu müssen, nach Dio 57,20 selbst den Tod gab. Eine unter dem Namen des Apicius noch vorhandene Schrift über die Kochkunst ist von keinem dieser drei, sondern gehört einem Verfasser des dritten Jahrhunderts an.

32 Anstatt capsas lese ich mit Salmasius antepsas.

33 Anstatt magistri horum lese ich mit Salmasius: magistri officiorum. Man sehe über dieselben die Anmerk. zu Pescennius Niger Kap. 12.

34 Ich lese mit Causabonus: per singulas urbis regiones.

35 Es gab mehrere Städte mit dem Namen Apamea. Hier ist wohl Apamea Myrlea in Bithynien, jetzt Montagna in Natolien, welches eine starke Ausfuhr von Wein und Früchten hat, gemeint.

36 Oder vielmehr Rosinen.

37 Apophoreta. So hießen die Geschenke, welche ein Gastgeber an die Gäste bei der Tafel, besonders an den Saturnalien, zum Mitnachhausenehmen austheilte. Ueber die Gattungen dieser Geschenke vergl. man Suetons August Kap. 75.

38 Die Marser waren ein Volk in Mittelitalien. Sie sollten nicht blos Schlangen ohne Nachtheil in die Hand nehmen, sondern sie auch vermittelst gewisser Kräuter und Besprechungen zähmen und ihren Biß heilen können. Allein diese Eigenschaft verlor sich, als die Marser mit fremden Völkern sich vermischten und blieb nur Eigenthum rein marsischer Familien nach Gellius 16,11 von welchen Salmasius glaubt, daß die Priester aus ihnen genommen worden seien.

39 Anstatt eas lese ich mit Salmasius: eum.

40 Ixion war ein thessalischer König, welchen Zeus wegen seiner zu Hera gefaßten Liebe in die Unterwelt hinabschleuderte, wo er zur Strafe an ein sich immer herumdrehendes Rad gebunden wurde.

41 Er war grün und äußerst geschätzt.

42 Oder Oberägypten. Hier befanden sich berühmte Steinbrüche, aus welchen die Obelisken und Monolithentempel (aus einem einzigen Stein bestehend) gehauen worden waren.

43 Die Göttermutter oder Cybele wurde nämlich gewöhnlich auf einem Löwen, Liber oder Bacchus aber auf einem von Tigern gezogenen Wagen vorgestellt.

44 Nach Philo aus Byblus hieß diese Schlangenart in Phönizien Agathodämon, in Aegypten aber Kneph. Es ist die Backenschlange, coluber Aesculapii.

45 Anstatt: ad papillam lese ich mit Obrecht: ad pabillum.

46 Hydrogarum ist ein mit Wasser versetztes Garum. Das Garum selbst aber war eine kostbare Sauce, die man aus mehreren kleinen marinirten Fischen, besonders dem scomber (wahrscheinlich unsere Makrele), ehemals aber dem garus (ein uns unbekannter Fisch) bereitete.

47 Sybaris war eine sehr große, von mehreren 100000 Einwohnern bevölkerte Stadt in demjenigen Theile Unteritaliens, welcher Groß-Griechenland hieß. Die Ueppigkeit der Einwohner war so groß, daß sie zum Sprichwort wurde. Die Zerstörung der Stadt fällt in das Jahr 510 v. Chr.

48 Da die Römer keine Oefen oder Kamine von unserer Art hatten, so wärmten sie ihre Zimmer mit glühenden Kohlen.

49 Dieser Kaiser verbot nämlich förmlich das Halten von Lustknaben aus einer von Aurelius Victor in der Kaisergeschichte Kap. 28 angegebenen Ursache.

50 Ein musikalisches Instrument mit drei Saiten.

51 Man vergl. darüber Tacitus in seinen Annalen 6,1 und Sueton im Leben Tibers Cap. 43.

52 Man hat sehr verschiedene Nachrichten über die Anzahl der Regierungsjahre Heliogabals, was sich aber dadurch erklären läßt, daß sie die einen von Caracalla’s Tode, die andern von seinem Siege über Macrinus, und wieder andere von seiner Ankunft zu Rom zählen.

53 Anstatt: credidisse reficiendum lese ich mit Lectius: credidi esse respiciendum.

54 Die Erklärung hievon mag Gibbon geben. „Ohne Mitleidsgefühl“ – heißt es im 13ten Capitel seines Geschichtwerkes – „und unbekümmert um die Folgen war er [Maximin] das rüstige Werkzeug jeder Grausamkeitshandlung, welche die Politik dieses listigen Fürsten [Diocletianus] zu gleicher Zeit angeben und verleugnen mochte. Sobald der Klugheit oder Rache ein Blutopfer gebracht war, so rettete Diocletian durch rechtzeitige Dazwischenkunft die wenigen Uebrigen, welche zu bestrafen nie seine Absicht gewesen, tadelte sanft seines harten Mitregenten Strenge und erfreute sich der Vergleichung eines goldenen und eisernen Zeitalters, die allgemein auf ihre entgegengesetzten Regierungsmaximen angewandt wurde.“

55 Dieser war von Kaiser Galerius zum Reichsgenossen und Augustus im Osten ernannt worden und stand zuerst im Bunde mit Constantin und heirathete dessen Schwester Constantia. Später aber führte er zwei Kriege mit Constantin, beide unglücklich, und ergab sich diesem unter der Bedingung, daß seines Lebens geschont würde. Constantin sagte dieß zwar zu, ließ ihn aber unter dem Vorwande eines Verschwörung zu Thessalonich hinrichten.

56 Schon vor der Erhebung des Licinius hatte Galerius den Flavius Severus zum Cäsar ernannt und ihm die Verwaltung Italiens und Afrikas übertragen. Wie aber Maxentius, des alten Maximian Sohn, in Italien sich zum Kaiser aufwarf, zog Severus, jetzt zum Augustus ernannt, wider ihn, wurde jedoch von seinen Truppen verlassen, an Maxentius sich zu ergeben gezwungen, und von diesem getödtet. Indeß Maxentius, ein Tyrann, bekam in der Folge Krieg mit Constantin. Der Letztere siegte in mehreren Schlachten über die Feldherrn des Erstern und schlug diesen selbst unweit Rom bei der mulvischen Brücke, wo Maxentius in dem Tiber seinen Tod fand.

57 Gewöhnlich wird hier interpungirt: Licinius, Severus Alexander atque Maxentius, und Causabonus glaubt das Wort Alexander sei hier von einem unwissenden Abschreiber, weil er ihn für identisch mit Alexander Severus gehalten habe, eingeschoben worden. Allein dieß dürfte zu bezweifeln sein. Während des Maxentius Herrschaft nämlich hatte sich nach Aurelius Victors Kaisergeschichte Cap. 40 ein gewisser Alexander, Statthalter von Afrika, in Karthago zum Kaisfer aufgeworfen, war aber den Truppen des Maxentius erlegen, und dieser ist wohl hier gemeint. Man könnte zwar einwenden, Alexander sei nicht von Constantin besiegt worden, allein derselbe Fall ist auch bei Severus, indessen ging doch ihr Reichsantheil in den Besitz Constantins über, und davon ist hier die Rede.