Hadrian

Ornament

Übersetzung

1 (1) [8] Die Familie des Kaisers Hadrian stammte ursprünglich aus Picenum1 her, später aber lebte sie in Hispanien, wie denn Hadrian selbst in seiner Lebensbeschreibung berichtet, dass seine Vorfahren aus Hadria2 gewesen seinen, sich aber zu den Zeiten der Scipionen zu Italica3 niedergelassen hätten. (2) Sein Vater war Aelius Hadrianus, mit dem Zunamen der Africaner, ein Geschwisterkindsvetter des Kaisers Trajan4; seine Mutter Domitia Paulina, gebürtig aus Gades5; [9] seine Schwester Paulina, Gemahlin des Servianus, und seine eigene Gemahlin Sabina. Sein Urälternvater hieß Marullinus und war, der erste in seiner Familie, römischer Senator. (3) Hadrian selbst wurde zu Rom den 24. Januar unter des Vespasianus 7. und des Titus 5. Consulate6 geboren. (4) In seinem 10. Jahre schon vaterlos, erhielt er den gewesenen Prätor und nachmaligen Kaiser Ulpius Trajanus, seinen Verwandten, und den römischen Ritter Coelius Attianus zu Vormündern. (5) Hadrian legte sich mit dem größten Eifer auf die griechische Literatur, von der sein Geist sich so angezogen fühlte, daß ihn einige den Griechling nannten.

2 (1) In seinem 15. Jahre kehrte Hadrian in sein Vaterland zurück und nahm sogleich Kriegsdienste, ergab sich aber der Jagd mit einer tadelswerthen Leidenschaftlichkeit. (2) Deßhalb rief ihn Trajan aus Hispanien zurück und liebte ihn wie seinen eigenen Sohn. Bald nachher wurde er unter das Zehnercollegium bei den Entscheidungsgerichten aufgenommen, darauf aber zum Tribunen7 der zweiten Hülfslegion8 ernannt (3) und sodann, bereits gegen das Ende der Regierung Domitians, nach Niedermösien9 versetzt. (4) Hier soll er von einem Sterndeuter in Betreff seiner künftigen Gelangung zum Reiche dasselbe erfahren haben, was, wie er wußte, schon sein Großoheim Aelius [10] Hadrianus, ein geschickter Astrologe, vorausgesagt hatte. (5) Als Trajan von Nerva an Sohnesstatt angenommen worden war, begab sich Hadrian, um demselben die Glückwünsche des Heeres darzubringen, nach Obergermanien10, (6) von wo er zu Trajan eilte, um ihn zuerst von dem Hinscheiden Nerva’s in Kenntniß zu setzen. Zwar hielt ihn Servianus11, der Gemahl seiner Schwester, welcher den Trajan durch Benachrichtigung von Hadrians Aufwande und von seinen Schulden sehr gegen diesen eingenommen hatte, lange auf und verzögerte sogar durch absichtliche Zerbrechung seines Wagens die Fortsetzung seiner Reise, allein Hadrian ging zu Fuße weiter und kam noch vor dem Günstling des Servianus zu Trajan. (7) Dieser Umstand gewann ihm wiederum die Gunst des Letztern, wiewohl die Aufseher der Knaben Trajans, deren Liebe dieser leidenschaftlich ergeben war, auf des Gallus Anstiften seine Eifersucht rege zu machen suchten12. (8) Damals war [11] es, daß Hadrian, um des Kaisers wahre Gesinnung gegen ihn besorgt, die Virgilischen Loose13 befragte und die Antwort erhielt:14
Doch wer trägt dort fern, bekränzt mit dem Zweig der Olive
Opfergeräth? Ich kenne das Haar des römischen Königs
Und das grauende Kinn, der zuerst die Stadt durch Gesetze
Gründen wird, von Cures, der kleinen, aus dürftigem Lande
Hergeschickt in das mächtige Reich. Nach diesem erhebt sich …
Indeß Andere wollen wissen, dieses Loos sei ihm durch Verse der Sibylla zugekommen.
(9) Auch ein Orakel, das ihm in dem Tempel des Jupiter zu Nikephorium15 zu Theil wurde und das der Platoniker Apollonius Syrus16 anführt, berechtigte ihn zu Erwartung seiner baldigen Thronbesteigung. (10) Endlich erwarb sich Hadrian durch die Fürsprache Sura’s17 wiederum die volle Gunst Trajans und erhielt dessen Schwestertochter zur Gemahlin, allein, wie Marius Maximus [12] berichtet, weniger mit Trajans freudigem Willen als durch die Gunst der Plotina18.

3 (1) Die Quästur19 bekleidete Hadrian unter Trajans viertem und des Articulejus erstem Consulate20. Als er einst während derselben eine Rede des Kaisers im Senate vortrug und sich wegen seiner ungefälligen Aussprache ausgelacht sah, so widmete er sich dem Studium der lateinischen Sprache mit einem solchen Eifer, daß er es zur höchsten Kenntniß und Wohlredenheit darin brachte. (2) Nach seiner Quästur besorgte er die Aufzeichnung der Senatsverhandlungen. Im dakischen Kriege befand er sich im Gefolge des Kaisers und stand mit ihm auf dem vertraulichsten Fuße, (3) weil, wie er selbst erzählte, er sich ganz nach den Sitten des Kaisers bequemte und sich dem Genusse des Weins ergab, weßwegen er von ihm reichlich beschenkt wurde. (4) Unter dem zweiten Consulate des Candidus und Quadratus21 wurde Hadrian Volkstribun22. (5) Während er dieses Amt bekleidete, erhielt er, wie er selbst [13] berichtet, ein Vorzeichen seiner beständigen Tribunengewalt. Er verlor nämlich die Paenula23, welche zwar die Volkstribunen bei Regenwetter zu tragen pflegten, nie aber die Kaiser, wie denn auch noch jetzt die letzteren ohne Paenula die mit der Toga Bekleideten beim Morgengruße empfangen. (6) Im zweiten dakischen Feldzuge24 verlieh [14] ihm Trajan den Oberbefehl über die erste minervische Legion und machte ihn zu seinem Begleiter. Hadrian zeichnete sich bei mehreren Gelegenheiten sehr vortheilhaft aus (7) und wurde dafür von Trajan mit dem Edelsteinring beschenkt, den er selbst von Nerva zum Geschenke erhalten hatte. Dieser Umstand bestärkte ihn noch mehr in der Hoffnung zur Nachfolge. (8) Unter dem zweiten Consulate des Suranus und Servianus wurde er Prätor und erhielt von Trajanus zur Abhaltung der Spiele 2,000,000 Sestertien. (9) In der Folge wurde er als Prätorischer Legate25 nach Nieder-Pannonien geschickt, wo er die Sarmaten bezwang, die Kriegszucht handhabte und die zu viel sich erlaubenden kaiserlichen Verwalter in Schranken hielt. (10) Diese Verdienste [15] erwarben ihm das Consulat. Während er dieses bekleidete, erfuhr er von Sura, daß Trajan ihn an Sohnesstatt anzunehmen gesonnen sei, worauf er aufhörte, für die Freunde des Kaisers ein Gegenstand der Geringschätzung und Nichtachtung zu sein. (11) Nach Sura’s Tode stellte ihn Trajan noch höher in seiner Gunst, vornehmlich der Reden wegen, die er in des Kaisers Namen aufsetzte.

4 (1) Hadrian hatte sich auch der Gunst der Plotina zu erfreuen: durch ihre Verwendung wurde er zur Zeit des parthischen Feldzugs zum Legaten ernannt. (2) Damals waren aus dem Senatorstande Sosius Pappus und Plaetorius Nepos, aus dem Ritterstande aber sein ehemaliger Vormünder Attianus und Livianus Turbo seine Freunde. (3) Hadrians Hoffnung zur Ankindung erhöhte sich, als seine beständigen Feinde Palma und Celsus, auch noch später Gegenstand seines Hasses, den Verdacht der Thronermächtigung auf sich gezogen hatten.26 (4) Nachdem ihm aber durch die Gunst der Plotina das zweite Consulat zu Theil geworden war, so wurde seine Hoffnung zur Ankindung zur Gewißheit. (5) Daß er während seines Aufenthalts am Hofe Trajans Freigelassene bestochen, dessen Lustknaben den Hof gemacht und ihnen häufig im Bade ihre Haut geglättet27 habe, hörte man damals oft und viel behaupten. (6) Den 9. August erhielt Hadrian als Legat von Syrien die Urkunde seines Ankindung und ließ in der Folge diesen Tag als den Tag seiner Ankindung, (7) so wie den 11. desselben Monats, an dem er von dem Tode Trajans benachrichtigt wurde, als den Tag seines Regierungsantritts festlich begehen. (8) Er herrschte damals ziemlich allgemein die Meinung, Trajan habe – und zwar mit Beistimmung [16] vieler seiner Freunde – im Sinne gehabt, nicht den Hadrian, sondern den Neratius Priscus zu seinem Nachfolger zu hinterlassen und habe deßhalb einst zu Letzterem gesagt: Ich empfehle deiner Sorge die Provinzen, wenn mir etwas Menschliches begegnen sollte. (9) Dagegen erzählen viele Andere, Trajan sei, nach dem Vorgange Alexanders von Makedonien, entschlossen gewesen, ohne Hinterlassung eines bestimmten Nachfolgers zu sterben; Andere aber berichten, er habe ein Schreiben an den Senat schicken und diesen darin ersuchen wollen, es möchte der Senat dem Reiche einen Regenten geben, doch mit der Beschränkung, daß er aus einem beigelegten Verzeichnisse von Vorgeschlagenen den Besten wähle. (10) Wieder Andere wollen wissen, Hadrian sei erst nach dem Tode Trajans durch eine Intrige der Plotina auf dem Wege zur Ankindung gelangt, daß sie einen Andern unterschob, der an Trajans Stelle mit schwacher Stimme reden mußte.

5 (1) Gleich nach seinem Regierungsantritt befolgte Hadrian das früher beobachtete System28 und wandte seine Sorgen auf die Erhaltung des Friedens im römischen Reiche. (2) Denn es fielen nicht blos die von Trajan unterworfenen Völker ab, sondern auch die Mauren machten Einfälle, die Sarmaten29 hatten zu den Waffen gegriffen, [17] Britannien konnte nicht länger in Abhängigkeit von Rom gehalten werden, Aegypten wurde von inneren Unruhen heimgesucht, in Lykien30 endlich und in Palästina gährte der Geist der Empörung. (3) Diese Umstände bestimmten den Hadrian, alle Eroberungen jenseits des Euphrat und Tigris31 aufzugeben, und zwar, wie er sagte, nach dem Beispiel Cato’s, der Makedonien für frei erklärte, weil es nicht behauptet werden konnte. (4) Dem Psamatossiris, welchen Trajan den Parthern zum Könige gesetzt hatte, verlieh Hadrian, weil er ihn von dieser Nation wenig geachtet sah, ein benachbartes Reich. (5) Hadrian gab gleich anfangs große Beweise seiner Milde. Da ihm nämlich Attianus in den ersten Tagen seiner Regierung den schriftlichen Rath gab, den Stadtpräfekten Baebius Macer, wenn dieser ihn nicht als Kaiser anerkennen sollte, sowie den Laberius Maximus, der als des Strebens nach dem Throne verdächtig auf einer Insel in der Verbannung leben mußte, und den Frugi Cassius tödten zu lassen, so that er keinem derselben etwas zu Leide, (6) wiewohl den Letzteren in der Folge, weil er durch die Entfernung von seinem Verbannungsorte sich den Schein gegeben hatte als beabsichtigte er Neuerungen, der Procurator, aber ohne Befehl des Kaisers, hinrichten ließ. (7) Den Soldaten gab Hadrian zu seiner Thronbesteigung das doppelte Geschenk32. (8) Den [18] Lusius Quietus33, der des Strebens nach dem Reich verdächtig war, machte er dadurch unschädlich, daß er ihm die Statthalterschaft über Mauritanien entzog34, worauf er den Martius Turbo, den Unterdrücker des jüdischen Aufstandes35, zur Dämpfung der Unruhen in Mauritanien abschickte. (9) Hierauf verließ Hadrian Antiochien36, um den sterblichen Ueberresten Trajans, welche Attianus, Plotina und Matidia begleiteten, die gebührende Ehre zu erweisen. (10) Nachdem er dieselben in Empfang genommen und zur See nach Rom gesandt hatte, begab er sich nach Antiochien zurück, setzte den Catilius Severus zum Statthalter über Syrien und reiste über Illyricum37 nach Rom.

6 (1) [19] Die göttliche Verehrung, welche Hadrian in einem in den gemessensten Ausdrücken abgefaßten Schreiben für Trajan von dem Senate forderte, wurde nicht nur von diesem einstimmig zugestanden, sondern der Senat bestimmte auch noch aus eigenem freiem Antriebe sehr viele andere Ehrenbezeugungen für den Verstorbenen, um welche Hadrian gar nicht nachgesucht hatte. (2) In seinem Schreiben an den Senat bat er denselben um Entschuldigung, daß er die Bestätigung seiner Thronbesteigung nicht bei ihm eingeholt habe, allein das Heer habe ihn, in Anbetracht, daß das Reich ohne Kaiser nicht bestehen könne, voreilig als solchen begrüßt. (3) Den noch dem Trajan gebührenden, ihm aber vom Senate angetragenen Triumph lehnte Hadrian ab und ließ, damit die Ehre des Triumphes dem besten Kaiser auch nach seinem Tode ungeschmälert erhalten würde, dessen Bildniß auf dem Triumphwagen führen. (4) Auch schlug er den ihm schon bei seiner Thronbesteigung und später noch einmal angetragenen Namen „Vater des Vaterlandes“ vor der Hand aus, weil, wie er bemerkte, Augustus erst spät diesen Namen erhalten habe. (5) Das Krongold38 erließ er Italien vollständig, den Provinzen [20] zum Theile, und zwar, um den Werth dieser Gnade zu erhöhen, unter genauer Auseinandersetzung der Geldnoth des Staatsschatzes. (6) Sodann reiste er auf die Nachricht von unruhigen Bewegungen der Sarmaten und Roxolanen39 nach Mösien ab, wohin er die Legionen hatte vorangehen lassen, (7) setzte den Martius Turbo, der nach seiner Statthalterschaft über Mauritanien mit Ehrenbändern geziert worden war, auf einige Zeit zum Statthalter über Pannonien und Dakien, (8) und schloß mit dem Könige der Roxolaner, welcher über Verminderung der Jahrgelder Beschwerde führte, nach näherer Untersuchung derselben, Frieden.

7 (1) Den Nachstellungen des Nigrinus, welche derselbe, obgleich ihn Hadrian zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, im Einverständnisse mit Lusius und mehreren Andern gegen ihn während eines Opfers auszuführen gedachte, entging Hadrian glücklich. (2) Wegen dieses Frevels wurde Palma zu Terracina, Celsus zu Bajä, Nigrinus zu Faventia40 und Lusius unterwegs auf einen Senatsbefehl, doch wider Hadrians Willen (wie dieser selbst in seiner Lebensbeschreibung versichert), hingerichtet. (3) Um nun die für ihn so nachtheilige Meinung, als habe er die gleichzeitige Hinrichtung von 4 Consularen gut geheißen, von sich zu weisen, begab sich Hadrian alsbald nach Rom und vertraute dem Turbo, indem er ihm zugleich zu Erhöhung seines Ansehens den Rang eines Statthalters von Aegypten ertheilte, [21] Dakien an; zu Rom aber ließ er, um das Volk zum Schweigen zu bringen, bei seiner Ankunft ein doppeltes Geschenk unter dasselbe austheilen, nachdem schon vor derselben jeder, Mann für Mann, 3 Goldstücke erhalten hatte. (4) Vor dem Senate entschuldigte er das Geschehene und gelobte eidlich, daß er in Zukunft nie mehr einen Senator bestrafen werde, als nach dem Gutachten des Senats. (5) Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt richtete Hadrian auf Kosten des Fiscus Posten41 ein, um die obrigkeitlichen Personen dieser Last zu entheben42. (6) Ueberhaupt that dieser Kaiser alles, um sich beliebt zu machen. So erließ er unermeßliche Summen, welche Privatpersonen zu Rom und in Italien dem kaiserlichen Schatze schuldeten, sowie in den Provinzen sehr beträchtliche Rückstände, wobei er der allgemeinen Beruhigung wegen die Schuldscheine auf dem Forum des göttlichen Trajanus verbrennen ließ. (7) Die Güter der Verurtheilten durften nicht in die kaiserlichen Kasse fließen, sondern mußten vollständig dem Staatsschatze anheim fallen. (8) Die Knaben und Mädchen, welchen auch Trajan43 [22] etwas zu ihrem Unterhalte ausgesetzt hatte, bedachte Hadrians Freigebigkeit noch reichlicher. (9) Senatoren, welche ohne ihr eigenes Verschulden in ihren Vermögensumständen herabgekommen waren, machte er das für einen Senator erforderliche Vermögen mit Rücksicht auf die Anzahl ihrer Kinder wieder voll und ließ den meisten die ihnen ausgesetzte Summe für ihre ganze Lebenszeit auf’s Pünktliche ausbezahlen. (10) Um den mit ihrem Range verknüpften Aufwand bestreiten zu können, beschenkte Hadrian nicht blos seine Freunde, sondern auch sonst noch manche Männer in richtigem Maße. (11) Mehrere Frauen wurden von ihm zur Fristung ihres Lebens mit Geld unterstützt. (12) Dem Volke gab Hadrian 6 Tage nacheinander Fechterspiele und an seinem Geburtstage eine Hetze von 1000 wilden Thieren.

8 (1) Aus den würdigsten Senatoren bildete sich Hadrian einen geheimen Staatsrath. (2) Die ihm zuerkannten Circusspiele lehnte er mit Ausnahme der zu seiner Geburtstagsfeier ab (3) und erklärte vor Senat und Volk zu wiederholten Malen, der leitende Grundsatz seiner Regierung werde sein, der Staat sei ein Gemeinwesen, nicht das Eigenthum des Kaisers. (4) Mehrere machte er dreimal zu Consuln, da [23] er es selbst eben so oft gewesen war; Unzählige aber beehrte er mit dem zweiten Consulate. (5) Sein eigenes drittes Consulat bekleidete er nur 4 Monate44 und hielt während desselben oftmals Gerichtssitzungen. (6) Den ordentlichen Senatssitzungen45 wohnte er, wenn er zu Rom oder in der Nähe dieser Stadt sich befand, jederzeit bei. (7) Dadurch, daß er nur selten Senatoren ernannte und den bereits mit den consularischen Ehrenzeichen geschmückten vormaligen prätorischen Präfecten46 Attianus zum Senator machte, wodurch er zu erkennen gab, daß er ihn nicht höher zu ehren wisse, hob er die Bedeutung des Senates außerordentlich. (8) Er gestattete nicht mehr, daß römische Ritter ohne ihn, noch in seinem Beisein einen gerichtlichen Ausspruch über Senatoren thun durften. (9) Es war nämlich damals Brauch, daß der Kaiser, wenn er über Rechtsfälle erkannte, römische Senatoren und Ritter zu Rathe zog und nach vorhergängiger allgemeiner Besprechung entschied. (10) Ueber diejenigen Kaiser, welche dem Senate weniger Achtung erwiesen hatten, äußerte er sich mit Abscheu. (11) Dem [24] Gemahl seiner Schwester, Servianus, gegen den er eine solche Achtung hegte, daß er ihm beim Eintritt in das Zimmer entgegenging, verlieh er aus freien Stücken, ohne darum gebeten zu sein, das dritte Consulat, ohne jedoch dieses Amt zugleich mit ihm zu bekleiden, da er es schon vor Hadrian zweimal bekleidet hatte47.

9 (1) Bei dem Allem aber gab Hadrian viele von Trajan eroberte Provinzen auf und ließ auch das von diesem Kaiser auf dem Marsfelde erbaute Theater, den Wünschen des Publikums zuwider, niederreißen. (2) Dieß machte einen um so unangenehmeren Eindruck, als Hadrian bei allem, was er Mißfallen erregen sah, vorgab, ein ausdrücklicher Befehl Trajans bestimme ihn dazu. (3) Seinen prätorischen Präfecten Attianus, seinen ehemaligen Vormünder, wollte er hinrichten lassen, weil ihm dessen Einfluß gefährlich schien; allein die Rücksicht, daß der Vorwurf der Ermordung von 4 Consularen (deren gewaltsamen Tod er übrigens Attian’s Rathschlägen Schuld gab) auf ihm laste, hielt ihn davon ab. (4) Da er ihm jedoch, weil Attianus seine Entlassung nicht verlangte, keinen Nachfolger geben konnte, so wußte er ihn so weit zu bringen, daß er um dieselbe einkam, und sobald dieß geschehen war, so übertrug er die Gewalt dem Turbo. (5) Zu gleicher Zeit gab er dem zweiten Präfecten, Similis, den Septitius Clarus zum Nachfolger. (6) Nachdem nun die Männer, welchen Hadrian das Reich verdankte, von ihrem Posten entfernt waren, begab er sich nach Campanien, wo er alle Städte mit Wohlthaten und Schenkungen unterstützte und mit den trefflichsten Männern einen freundschaftlichen Umgang unterhielt. (7) Zu Rom wohnte Hadrian häufig den Verhandlungen [25] der Prätoren und Consuln bei, nahm an den Gastmahlen seiner Freunde Theil, besuchte sie, wenn sie krank waren, täglich oft zwei bis dreimal, sowie auch einige römische Ritter und Freigelassene, richtete sie durch tröstende Worte auf, ging ihnen mit Rath an die Hand und zog sie immer zu seinen Gastmahlen, (8) kurz, er benahm sich in Allem als ein gewöhnlicher Bürger. (9) Seiner Schwiegermutter48 erwies er durch Fechterspiele und andere Achtungsbeweise ausgezeichnete Ehre.

10 (1) Auf dieß reiste Hadrian nach Gallien, wo er alle wahrhaft Nothleidende49 mit Freigebigkeit unterstützte. (2) Von da begab er sich nach Germanien. Obgleich mehr von Liebe zum Frieden, als von Kriegslust beseelt, übte er doch daselbst die Soldaten so, als ob ein Krieg bevorstände, ließ sie in den Strapazen sich abhärten, war selbst unter den gemeinen Soldaten ein Vorbild des Kriegerlebens und genoß vor Aller Augen mit Lust die gewöhnliche Soldatenkost, nämlich Speck, Käse und Essig mit Wasser vermischt, nach dem Beispiele des Scipio Aemilianus, des Metellus und des Trajan, des Schöpfers seines Glückes. Viele wurden von ihm mit Belohnungen, Mehrere mit Auszeichnungen bedacht, um ihnen manche etwas harte Verfügung erträglich zu machen. (3) Hadrian suchte nämlich die seit den Zeiten des Caesar Augustus durch die Nachlässigkeit der früheren Kaiser immer mehr in Verfall gerathene Kriegszucht wieder aufrecht zu erhalten. Deßhalb ordnete er die Kriegsämter und den Aufwand. Kein Soldat durfte ohne eine gegründete Ursache aus dem Lager sich entfernen. Die Tribunen schuf nicht sowohl die Gunst der Soldaten, als ihre eigene Gerechtigkeitsliebe. (4) Hadrian suchte durch sein eigenes Beispiel, [26] das er von kriegerischer Ausdauer gab, die Soldaten anzufeuern und marschirte oft 20,000 Schritte50 in voller Rüstung zu Fuße. Speiselager51, Bogengänge, schattige Grotten und künstliche Lustgärten wurden von ihm aus dem Lager verbannt. (5) Er selbst trug häufig ein ganz schlichtes Kleid, einen Gürtel ohne Gold, Agraffen ohne Edelsteine und an seiner Seite ein Schwert, das höchstens einen elfenbeinernen Griff hatte. (6) Die kranken Soldaten besuchte er in ihren Quartieren, wählte den Lagerplatz selbst, bekleidete nur kräftige, unbescholtene Männer mit dem Rebstabe52, und ernannte Niemanden zum Tribunen, der nicht einen ausgewachsenen Bart oder ein solches Alter hatte, daß Einsicht und Jahre den Obliegenheiten dieser Stelle gewachsen waren. (7) Geschenke durften die Tribunen im Geringsten nicht von den Soldaten annehmen. Alle Gegenstände der Gemächlichkeit und Weichlichkeit wurden von ihm überall weggeschafft, und endlich in Betreff der Bewaffnung und der Geräthschaften der Soldaten Verbesserungen eingeführt. (8) Auch auf das Alter der Soldaten nahm Hadrian Rücksicht: keiner sollte zu jung, um den Anforderungen des Dienstes genügen zu können, aber auch nicht älter als die Menschlichkeit es erlaubte – der Sitte der Alten zuwider53 – im Lager [27] sich befinden. Er selbst suchte auch immer die einzelnen Soldaten kennen zu lernen und ihre Anzahl zu wissen.

11 (1) Ueberdieß suchte sich Hadrian eine genaue Kenntniß der Kriegsvorräthe zu verschaffen, sowie er auch auf den Zustand der Einkünfte der Provinzen sein scharfes Augenmerk richtete, um etwaigen Mängeln abhelfen zu können. Vor allem ging sein Bestreben dahin, nichts Unnöthiges weder zu kaufen noch zu unterhalten. (2) Nachdem also die Soldaten nach dem Vorbild ihres Herrschers umgewandelt waren, begab sich Hadrian nach Britannien. Hier setzte er Vieles in einen bessern Stand, und ließ, der Erste, eine Mauer von 80,000 Schritten54 aufführen, welche die Barbaren von den Römern scheiden sollte. (3) Den prätorischen Präfecten Septitius Clarus, seinen Geheimschreiber Suetonius Tranquillus und noch viele Andere, welche gegen seinen Willen bei seiner Gemahlin Sabina freier sich betragen hatten als es mit der Würde des kaiserlichen Hauses sich vertrug, entließ es ihres Dienstes, ja er würde, wie er selbst versicherte, sogar seine Gemahlin selbst wegen ihres eigensinnigen, widerspenstigen Charakters verfloßen haben, wenn er ein Privatmann gewesen wäre. (4) Um die Angelegenheiten nicht blos seines eigenen Hauses, sondern auch seiner Freunde bekümmerte sich Hadrian auf eine kleinliche Weise. Alle ihre Geheimnisse ließ er durch seine Späher auskundschaften, [28] ohne daß seine Freunde eher inne wurden, daß der Kaiser um ihre Lebensverhältnisse wisse, als bis dieser selbst es entdeckte. (5) Es dürfte nicht uninteressant sein, hier eine Anekdote beizubringen, welche beweisen mag, daß Hadrian über Manches in Betreff seiner Freunde berichtet war. (6) Einst hatte einem derselben seine Frau in einem Briefe Vorwürfe gemacht, daß er, von Genußsucht und in den Bädern abgehalten, nicht zu ihr zurückkehre. Dieß erfuhr Hadrian durch seine Späher. Als nun jener um Urlaub anhielt, machte ihm Hadrian wegen der Bäder und seiner Genußsucht Vorwürfe. Darauf entgegnete jener: wie? hat dir also meine Frau das Nämliche geschrieben, was sie mir schreibt? (7) Diese Neugierde tadelte man als einen sehr großen Fehler an Hadrian, sowie auch noch seine Liebe zu Lustknaben und Ehefrauen, für welche letztere er so leidenschaftlich eingenommen war, daß, wie man beisetzt, nicht einmal die Gemahlinnen seiner Freunde vor ihm sicher waren.

12 (1) Nachdem Hadrian die Angelegenheiten Britanniens in Ordnung gebracht, setzte er nach Gallien über. Hier erhielt er die unangenehme Nachricht von einem des Apis55 wegen in Alexandrien ausgebrochenen Aufstande. Dieser war nämlich nach einer langen [29] Reihe von Jahren aufgefunden worden, und da über seinen künftigen Aufenthaltsort die verschiedenen Stämme mit Heftigkeit stritten, so kam es zu unruhigen Bewegungen. (2) Um dieselbe Zeit ließ Hadrian der Plotina zu Ehren eine außerordentlich prächtige Basilika zu Nemausus56 erbauen. (3) Hierauf reiste er nach Hispanien und brachte den Winter zu Tarraco57 zu, wo er einen Tempel des Augustus auf seine Kosten wiederherstellen ließ (4) und wohin er eine allgemeine Versammlung der Hispanier berief. Wie auf dieser die italischen Colonieen58 die Rekrutenaushebung unter mancherlei scherzhaften Ausreden, welche Marius Maximus wörtlich anführt, die andern aber unter nachdrücklichen Vorstellungen verweigerten, so legte Hadrian die Sache mit vieler Klugheit und Umsicht bei. (5) Um diese Zeit bestand er, nicht ohne Ruhm, eine sehr große Gefahr. Wie er nämlich in den Lustgärten seines Wirthes zu Tarraco sich erging, stürzte ein Sclave desselben ganz rasend mit einem Schwerte auf ihn los; allein Hadrian hielt ihn fest und überlieferte ihn den herbeieilenden Dienern. Wie es sich herausstellte, daß er rasen sei, wurde er ärztlicher Behandlung übergeben. Hadrian hatte bei dem ganzen Vorfalle seine volle Geistesgegenwart behalten. (6) Um diese Zeit, sowie auch sonst noch, ließ er in sehr vielen Gegenden, wo die Barbaren nicht durch Flüsse, sondern durch Grenzwehren59 vom römischen Reiche getrennt [30] sind, große Pfähle in die Erde einrammen und solche dicht untereinander verbinden, so daß sie einer Mauer glichen, und schied so die Barbaren vom römischen Gebiete60. (7) Den Germanen setzte er einen König und unterdrückte die Unruhen in Mauritanien, weßwegen der Senat zu Rom öffentliche Dankfeste anstellte. (8) Ein Krieg mit den Parthern war eben damals seinem Ausbruche nahe, doch Hadrian beugte ihm durch eine mündliche Unterredung vor.

13 (1) Sodann segelte Hadrian an Asien und den Inseln vorbei nach Achaja61 und ließ sich nach dem Vorgange des Hercules und Philippus in die eleusinischen Geheimnisse einweihen. Den Athenern ertheilte er viele Vorrechte und führte als Kampfrichter bei ihren Spielen den Vorsitz. (2) In Achaja soll der Umstand aufgefallen sein, daß ungeachtet der häufigen Sitte, Messer bei den Opfern zu tragen, doch Niemand neben Hadrian bewaffnet einherging. (3) Hierauf schiffte er nach Sicilien, wo er den Berg Aetna bestieg, um den Aufgang der Sonne zu sehen, welcher hier von dem bunten Farbenspiel des Regenbogens begleitet sein soll. (4) Von Sicilien begab er sich nach Rom [31] und von dieser Stadt hinüber nach Africa, dessen Provinzen er reichliche Wohlthaten zufließen ließ. (6) Ueberhaupt hat nicht leicht ein Kaiser so viele Länder mit einer solchen Schnelligkeit durchreist, wie Hadrian. Nachdem er nach seiner africanischen Reise nach Rom zurückgekehrt war, begab er sich alsobald in den Orient. Er machte die Reise über Athen und weihte daselbst die früher von ihm begonnenen Bauten, z. B. den Tempel des Jupiter Olympius62 nebst einem ihm selbst zu Ehren errichteten Altar. Eben so weihte er auch auf seiner Reise durch Asien viele andere Tempel seines Namens ein. (7) In Kappadokien hob er sodann viele Sclaven zum Dienst der Feldlager aus. (8) Die Fürsten und Könige Asiens lud er zur Freundschaft ein, namentlich den Partherkönig Cosdroes, dem er seine in Trajans Gefangenschaft gerathene Tochter zurückschickte und auch den ebenfalls in die Hände der Römer gerathenen Thron versprach. (9) Mit den Königen, die zu ihm kamen, ging er so um, daß es diejenigen, die seine Einladung ausgeschlagen hatten, gereute. Er that dieß besonders um des Pharasmanes willen, der auf eine übermüthige Weise seine Kenntniß von seiner Einladung genommen hatte. (10) Bei seiner Rundreise durch die Provinzen, bestrafte Hadrian die Procuratoren und Statthalter der Provinzen, und zwar mit einer solchen Strenge, daß man glaubte, er selbst stelle Kläger gegen sie auf.

14 (1) Gegen die Einwohner Antiochias war Hadrian dabei so aufgebracht, daß er Syrien von Phönikien trennen wollte, damit nicht Antiochia die Hauptstadt so vieler Staaten heiße. (2) Damals erregten [32] auch die Juden einen Krieg wegen des Verbots sich ferner zu beschneiden63. (3) Auf dem Berge Cassius64, den er, um den Sonnenaufgang zu sehen, bei Nacht bestiegen hatte, traf, als er eben opferte, bei einem entstandenen Gewitter ein niederfallender Blitzstrahl sowohl das Opferthier, als den Opferdiener. (4) Nach der Bereisung Arabiens kam Hadrian nach Pelusium65, wo er das Grabmal des Pompejus prachtvoller wieder aufbaute. (5) Bei einer Fahrt auf dem Nil verlor er seinen Liebling Antinous und beweinte ihn auf eine unmännliche Weise. (6) In Hinsicht auf diesen herrschen verschiedene Gerüchte. Nach den Einen ging er für Hadrian freiwillig66 in den Tod, nach Anderen aber aus einer ganz anderen Ursache, welche des Jünglings Schönheit und Hadrians wollüstige Neigungen leicht errathen lassen. (7) Die Griechen vergötterten ihn zum großen Wohlgefallen Hadrians und schrieben ihm Orakelsprüche zu, deren Verfasser übrigens Hadrian selbst gewesen sein soll. (8) Denn er beschäftigte sich viel mit Gedichten, sowie mit wissenschaftlichen Studien aller Art, (9) und besaß vorzügliche Kenntnisse in der Arithmetik, Geometrie und Malerei. Ueberdieß machte er auf den Ruhm eines guten Citherspielers und Sängers Anspruch. Im Genusse sinnlicher Lüste kannte Hadrian keine Grenzen; er verfertige [33] selbst viele Lieder auf seine Lustknaben und schrieb Liebesgedichte. (10) Daneben war er in Handhabung der Waffen und im Kriegswesen sehr erfahren. (11) Er war zugleich ernst und lustig, freundlich und würdevoll, ausgelassen und unentschlossen, karg und freigebig, wußte sich zu verstellen67, war grausam und milde, kurz, er war sich allezeit und in allen Stücken ungleich.

15 (1) Seine Freunde bereicherte er, ohne daß sie ihn darum baten, dagegen schlug er, wenn er von ihnen gebeten wurde, Alles ab. (2) Auf der andern Seite lieh er Allem, was ihm über dieselben zugeflüstert wurde, sein Ohr, was zur Folge hatte, daß er fast alle, welche seine vertrautesten Freunde gewesen waren oder die er zu den höchsten Ehrenstellen erhoben hatte, in der Folge als seine erklärten Feinde betrachtete, wie den Attianus, Nepos und Septicius Clarus. (3) Den Eudämon, der früher seine Bemühungen um den Thron unterstützt hatte, versetzte er in die dürftigsten Umstände; (4) den Polyänus und Marcellus zwang er zu selbstgewähltem Tode; (5) den Heliodor griff er mit heftigen Schmähschriften an; (6) von Titian ließ er zu, daß er als des Strebens nach dem Throne verdächtig angeklagt und geächtet wurde; (7) den Numidius Quadratus, Catilius Severus und Turbo verfolge er auf das Härteste, (8) und seinen Schwager Servianus, einen bereits 90jährigen Greisen, zwang er Hand an sich zu legen, damit er ihn nicht überlebe. (9) Ja selbst verschiedene Freigelassene und Soldaten waren Gegenstand seiner Verfolgung. (10) Wiewohl er in Prosa und Versen sich sehr gut auszudrücken wußte und in allen Zweigen des Wissens ausgebreitete Kenntnisse besaß, so verlachte, verachtete und drückte er doch die Lehrer aller Künste und Wissenschaften, als an [34] Wissen tief unter ihm stehend, nieder, (11) führte aber auch wieder mit ebendenselben, sowie mit mehreren Philosophen, nicht selten Streitigkeiten in Büchern und Gedichten, die sie gegenseitig herausgaben. (12) Bei einer solchen Veranlassung ließ Favorinus68 ein höchst belustigendes Witzwort fallen. Hadrian hatte nämlich ein von diesem gebrauchtes Wort getadelt, und Favorinus ihm nachgegeben. Wie nun dem Letztern seine Freunde vorstellten, daß er dem Hadrian in Betreff eines Wortes, das mustergültige Schrifsteller gebraucht hätten, mit Unrecht nachgegeben, (13) entgegnete Favorinus: ihr thut übel daran, Freunde, daß ihr nicht zugeben wollt, daß ich den für gelehrter als Alle halte, der über 30 Legionen gebietet.

16 (1) Nach einem berühmten Namen strebte Hadrian so sehr, daß er seine von ihm selbst verfaßte Lebensgeschichte seinen gelehrten Freigelassenen übergab, mit dem Auftrage, sie unter ihrem Namen herauszugeben, wie man denn auch versichert, daß die Schriften Phlegons69 den Hadrian zum Verfasser haben. (2) Als eine Nachahmung des Antimachus70 schrieb er seine äußerst dunklen catacrianischen Bücher71. (3) Folgende an ihn gerichtete Verse des Dichters Florus:
[35] Möchte nicht sein Roma’s Kaiser,
Nicht Britannien durchwandern,
Und nicht Skythiens Frost ertragen

(4) beantwortete Hadrian folgendermaßen:
Möchte nicht sein Dichter Florus,
Nicht die Schenken72 all’ durchwandern,
Mich in Speisehäusern bergen,
Fetter Flöhe Stich erdulden.

(5) Hadrian liebte eine alterthümliche Ausdrucksweise und hielt Reden über streitige Gegenstände. (6) Den Cato73 zog er dem Cicero, den Ennius74 dem Virgil, und den Coelius75 dem Sallust vor: gleich anmaßend urtheilte er über Homer und Plato. (7) In der Astrologie traute er sich so viel zu, daß er mit dem ersten Januar Abends Alles niederschrieb, was ihm das ganze Jahr über begegnen würde; ja, in seinem Sterbejahr war bis zu seiner Todesstunde Alles, was er vornehmen wollte, aufgeschrieben. (8) Ungeachtet er im Tadel der Tonkünstler, der [36] tragischen und komischen Dichter, der Grammatiker und Rhetoren sehr leichtfertig war, so ehrte und bereicherte er doch alle Lehrer dieser Künste, wiewohl er sie mit unaufhörlichen Fragen ermüdete. (9) Obgleich er selbst die Ursache davon war, daß Viele traurig ihn verließen, so war es doch eine gewöhnliche Aeußerung von ihm, es gehe ihm nahe, wenn er Jemanden traurig sehe. (10) In einem sehr vertrauten Verhältniß lebte Hadrian mit den beiden Philosophen Epiktet76 und Heliodorus, sowie (um nicht alle namentlich anzuführen) mit verschiedenen Grammatikern, Rhetoren, Tonkünstlern, Geometern, Malern und Sterndeutern; vor allen aber hoch in seiner Gunst stand, wie Mehrere versichern, Favorinus. (11) Lehrer, die ihrem Amte nicht gewachsen schienen, beschenkte er reichlich und entließ sie ihrer Stellen mit Ehren.

17 (1) Seine Feinde vom Privatleben her bestrafte er als Kaiser bloß mit Verachtung. So sagte er nach seiner Gelangung auf den Thron zu einem, der sein Hauptfeind gewesen war: du bist durchgekommen. (2) Diejenigen, welche er selbst zum Kriegsdienste berief, versah er stets mit Pferden, Mauleseln, Kleidung, Geld und der ganzen Ausrüstung. (3) Mit Saturnalien- und Sigillariengeschenken77 überraschte [37] er häufig seine Freunde, nahm selbst dergleichen gerne an und erwiderte sie. (4) Um den Betrügereien seiner Mundköche auf die Spur zu kommen, ließ er sich, da er sehr vielen Personen Freitische gab, die Schüsseln von andern Tischen, selbst den hintersten, vorsetzen. (5) An Freigebigkeit übertraf er alle Könige. Der öffentlichen Bäder bediente er sich häufig und mit allen Leuten. (6) Dieß gab denn Veranlassung zu jenem bekannten Badescherze. Er sah nämlich einst im Bade einen alten Soldaten, der ihm von früheren Kriegsdiensten her noch bekannt war, wie er sich den Rücken und die übrigen Theile des Körpers an den Marmorsteinen rieb. Auf seine Frage nach der Ursache dieses Verfahrens entgegnete der Veteran, es geschehe deßwegen, weil er keinen Sclaven habe, worauf ihm Hadrian einen Sclaven nebst einer Summe Geldes schenkte. (7) Wie aber am andern Tage mehrere Alte, um seine Freigebigkeit zu reizen, sich auf die gleiche Art an der Wand abrieben, ließ er sie vor sich kommen und befahl, daß der eine den andern abreiben solle. (8) Sehr legte er es auch darauf an, als Volksfreund zu erscheinen. Reiselustig war er in einem so hohen Grade, daß er Alles, was er von verschiedenen Ländern gelesen hatte, mit eigenen Augen sehen wollte. (9) Gegen Kälte und Unwetter war er so abgehärtet, daß er sein Haupt nie bedeckte. (10) Gegen viele Könige bewies er eine große Gefälligkeit, von mehreren erkaufte er sogar den Frieden, wurde aber auch von einigen verachtet. (11) Manchen gab er die ansehnlichsten Geschenke, aber keinem reichlicher als dem Könige der Iberer78, dem er zu den kostbarsten Gegenständen hin noch einen [38] Elephanten und eine Cohorte von 50 Mann schenkte. (12) Da sich unter den höchst ansehnlichen Geschenken, welche ihm Pharasmanes machte, auch goldgestickte Mäntel befanden, so schickte Hadrian 300 zum Tode Verurtheilte mit solchen Mänteln angethan in das Amphitheater, um dessen Geschenke zu verspotten.

18 (1) Bei der Rechtspflege bildeten nicht blos seine Freunde oder Begleiter79 seinen Rath, sondern auch Rechtsgelehrte, namentlich Julius Celsus, Salvius Julianus, Neratius Priscus und noch mehrere Andere, welche jedoch der Senat für tüchtig befunden haben mußte. (2) Unter Anderem erließ Hadrian die Verordnung, daß in keiner Stadt ein ansehnliches Gebäude abgebrochen werden dürfe, um die Baumaterialien in eine andere zu bringen. (3) Den Kindern der Geächteten bewilligte er den zwölften Theil des väterlichen Vermögens80. (4) Klagen wegen beleidigter Majestät nahm er nicht an. (5) Erbschaften von unbekannten Personen schlug er aus und wies auch die von Bekannten [39] zurück, wenn diese Kinder hatten. (6) In Betreff gefundener Schätze verfügte er, daß, wenn Jemand auf seinem Eigenthum einen solchen finde, er ihn behalten, wenn auf fremdem, die Hälfte davon dem Besitzer geben und, wenn auf Staatseigenthum, mit der kaiserlichen Kasse gleich theilen solle. (7) Die Sclaven durften nicht mehr von ihren Herrn getödtet, sondern sie mußten vom Richter verurtheilt werden, wenn sie schuldig waren. (8) Den Verkauf von Sclaven und Sclavinnen an Sclavenhändler und Gladiatorenfechtmeister verbot er, wenn nicht die Berechtigung dazu nachgewiesen sei. (9) Verschwender ihrer Güter, wenn sie selbstständig waren, ließ er im Amphitheater auspeitschen und fortjagen. (10) Die Zwinger für Sclaven und Freigelassene hob er ganz auf und sonderte für die verschiedenen Geschlechter die Bäder von einander81. (11) Wenn ein Herr in einem eigenen Hause ermordet wurde, so durften seinem Befehle gemäß nicht mehr alle Sclaven, sondern nur diejenigen zur Unteruchung gezogen werden, welche vermöge der Nähe etwas von der That hätten bemerken können.

19 (1) In Etrurien bekleidete Hadrian als Kaiser die Prätur82; [40] in den Städten Latiums war er Dictator, Aedil und Duumvir; zu Neapel Demarch, und in seiner Vaterstadt, sowie in Adria, gleichsam seiner zweiten Vaterstadt, verwaltete er die fünfjährige Magistratur. Zu Athen war er Archon83. (2) Es gibt fast keine Stadt des Reichs, worin er nicht etwas gebaut oder Spiele gegeben hätte. (3) In dem Stadium zu Athen gab er eine Jagd von 1000 wilden Thieren. (4) Niemals ließ er aber von Rom Thierfechter oder Schaupieler nach einer Provinz kommen. (5) Zu Rom gab er außer unzähligen anderen Vergnügungen seiner Schwiegermutter zu Ehren eine Gewürzspende und ließ dem Trajan zu Ehren Balsam und Safran über die Stufen des Theaters fließen. (6) Auch ließ er Schauspiele aller Art nach alter Sitte auf dem Theater aufführen und gab die Hofschaupieler zu den öffentlichen Vorstellungen. (7) Im Circus ließ er viele wilde Thiere und oft 100 Löwen erlegen. (8) Für das Volk veranstaltete Hadrian häufig kriegerische Massenkämpfe. Von den Gladiatorenkämpfen war er oft Zuschauer. (9) Wiewohl er allenthalben unzählige Gebäude aufgeführt hatte, so ließ er, den Tempel seines Vaters Trajanus ausgenommen, doch an keines seinen Namen hinsetzen. (10) Zu Rom stellte er das Pantheon84 wieder her, ebenso die Basilika des Neptun, sehr viele [41] Tempel, die Septa85, das Forum des Augutus86 und die Bäder des Agrippa, und weihte alle diese Gebäude unter ihren ehemaligen eigentlichen Namen. (11) Er ließ auch die seinen Namen führende Brücke87 und das Grabmal88 am Tiber erbauen und den Tempel der bona [42] Dea anderswohin versetzen, (12) sowie auch durch den Baumeister Decrianus den Koloß89, schwebend in stehender Richtung, von der Stelle weg, wo jetzt der Tempel der Stadt sich befindet, und zwar mit einem solchen Kraftaufwande, daß er sogar 24 Elephanten zu diesem Unternehmen hergab. (13) Nachdem er diese Bildsäule, die den Kopf des Nero trug, dem sie auch ursprünglich gewidmet war, der Sonne geweiht hatte, wollte er ein anderes Bild dieser Art dem Monde durch den Baumeister Apollodorus verfertigen lassen.

20 (1) In seinen Gesprächen, selbst mit den Geringsten, war Hadrian äußerst herablassend und verabscheute diejenigen, welche ihm diese Wonne der Menschenfreundlichkeit als der Würde eines Kaisers zuwider mißgönnten. (2) Im Museum90 zu Alexandrien legte er den Lehrern viele Fragen vor und beantwortete solche selbst. (3) Marius Maximus berichtet, Hadrian sei von Natur grausam gewesen, und nur [43] die Furcht vor dem Schicksale Domitians habe ihn häufig zu einer milden Handlungsweise bewogen. (4) Wenn er auch an den von ihm aufgeführten Gebäuden die Aufschriften des Urhebers nicht liebte, so nannte er doch viele Städte Hadrianopolis, z. B. Selbst Karthago91 und einen Theil von Athen. (5) Auch unzähligen Wasserleitungen gab er seinen Namen. (6) Hadrian war der Erste, der einen Anwalt des Fiscus92 aufstellte. (7) Sein Gedächtniß war zum Erstaunen, seine Redefähigkeit außerordentlich; er konnte zu gleicher Zeit Aufsätze dictiren und alle an ihn gerichtete Fragen beantworten. (8) Man trägt sich [44] noch mit vielen Witzworten von ihm; denn er sprudelte von Witz. Hieher gehört auch folgende bekannte Geschichte. Einst hatte er Jemanden, dessen Haare grau zu werden anfingen, seine Bitte abgeschlagen. Wie nun dieser mit gefärbtem Haare dieselbe Bitte wiederholte, entgegnete Hadrian: Ich habe dieß bereits deinem Vater abgeschlagen. (9) Ihre Namen wußte er den Meisten ohne Nomenclator93 zu geben, wenn er sie nur einmal und zu gleicher Zeit zusammen hatte nennen hören, daher er denn öfters die Irrthümer seiner Nomenclatoren berichtigte. (10) Er wußte auch schon längst entlassene Veteranen mit Namen zu nennen. Bücher, welche er eben erst gelesen hatte, die ihm aber vorher unbekannt gewesen waren, konnte er zum größten Theile aus dem Gedächtnisse wieder hersagen. (11) Zu gleicher Zeit schrieb, dictirte, hörte und plauderte er mit seinen Freunden. Alle öffentlichen Rechnungen umfaßte er mit einer so genauen Kenntniß, wie sie nicht leicht auch der sorgfältigste Hausvater von seinem Hauswesen hat. (12) Von Pferden und Hunden war Hadrian ein so großer Liebhaber, daß er ihnen sogar Grabmäler errichten ließ. (13) In einer Gegend, wo er einst glücklich gejagt und eine Bärin getödtet hatte, gründete er eine Stadt Namens Adrianotherä94.

21 (1) Ueber jeden Richter forschte er immer nach allen Umständen und erkundigte sich so lange, bis er die Wahrheit fand. (2) Seine Freigelassenen wollte er weder im Publikum genannt wissen noch gestattete er ihren Einfluß auf sich. Alle frühere Kaiser, war seine [45] Aeußerung, seien selbst Schuld an den Lastern ihrer Freigelassenen gewesen. Wer von seinen Freigelassenen sich eines Einflusses auf ihn berühmte, wurde zur Strafe gezogen. (3) Daher jenes zwar strenge, aber doch wieder spaßhafte Strafgericht über seine Sclaven. Wie er nämlich einstmals von Ferne einen seiner Sclaven zwischen zwei Senatoren einhergehen sah, schickte er sogleich Jemanden hin, der ihm eine Ohrfeige geben und ihm sagen mußte: Wage es nicht, zwischen Männern einherzugehen, deren Sclave du noch sein kannst. (4) Seine liebste Speise war das Tetrapharmakum, ein aus vielerlei Bestandtheilen, nämlich Fasanen, Schweinseuter, Schinken und verschiedenem kleinem Backwerk zusammengesetztes Gericht. (5) Unter seiner Regierung ereigneten sich Hungersnoth, Pest und Erdbeben, Unfälle, welche er so viel möglich durch Sühnopfer abzuwenden suchte, so wie er auch vielen Städten, welche dadurch gelitten hatten, Unterstützung zukommen ließ. (6) Auch ein Austreten des Tiber kam vor. (7) Vielen Städten ertheilte er die Latinität95; manchen erließ er die Abgaben. (8) Schwere Feldzüge fanden unter ihm nicht Statt; auch die Kriege wurden beinahe im Stillen beendigt96. (9) Wegen seiner außerordentlichen Vorsorge für die Soldaten, sowie wegen seiner großen Freigebigkeit gegen dieselben war Hadrian bei dem Heere sehr beliebt. (10) Mit den Parthern stand er immer in freundschaftlichen Verhältnissen, weil er ihnen den von Trajan aufgedrungenen König wieder abgenommen hatte. (11) Die Armenier, welche unter Trajan einen römischen [46] Legaten gehabt hatten, durften wieder unter einem Könige stehen. (12) Den Mesopotamiern erließ er die von eben demselben Kaiser ihnen auferlegten Abgaben. (13) In besonders gutem Vernehmen lebte er mit den Albaniern97 und Iberiern, weil er ihren Königen, ungeachtet sie zu ihm zu kommen verschmäht hatten, dennoch die reichsten Geschenke gemacht hatte. (14) Die Könige von Baktrien98 schickten Gesandte an ihn, um demüthig um seine Freundschaft zu bitten.

22 (1) Vormünder setzte Hadrian sehr häufig. Auf Zucht und Ordnung hielt er im bürgerlichen Leben nicht minder strenge als beim Heere. (2) Die Senatoren und römischen Ritter mußten, außer wenn sie von der Tafel zurückkehrten, öffentlich immer in der Toga99 erscheinen. (3) Auch er selbst ging, wenn er in Italien sich befand, nie anders als in der Toga aus. (4) Die zu seiner Tafel geladenen Senatoren empfing er stehend. Er legte sich stets mit einem Mantel bedeckt oder mit herabgelassener Toga zu Tische. (5) Den Aufwand bei Gastmälern100 bestimmte er mit der Sorgfalt eines Richters und brachte ihn auf das alte Maß zurück. (6) Allzu schwer beladene Wägen verbot er in die Stadt zu führen, sowie er auch das Reiten durch die Städte untersagte. (7) Vor der achten Stunde öffentlich zu baden, erlaubte er, die Kranken ausgenommen, Niemandem. (8) Hadrian war der erste Kaiser, [47] welcher römische Ritter zu seinen Schreibern und Ausfertigern seiner Verordnungen gebrauchte101. (9) Diejenigen, welche er arm aber unbescholten sah, machte er aus eigenem Antriebe reich, wogegen diejenigen, welche durch Kniffe sich bereichert hatte, ein Gegenstand seines Hasses waren. (10) Dem römischen Gottesdienste schenkte er die größte Aufmerksamkeit, ausländischen dagegen verachtete er. Den Verrichtungen des Oberpriesters102 unterzog er sich selbst. (11) Gerichtlichen Verhandlungen wohnte er zu Rom und in den Provinzen häufig an und zog dabei die Consuln, Prätoren und würdigsten Senatoren in seinen Rath. (12) Dem Fucinischen See103 verschaffte er einen Ausfluß. (13) Für ganz Italien bestellte er vier Consularen zu Richtern104. (14) Als er nach Africa kam, regnete es bei seiner Ankunft seit 5 Jahren zum ersten Mal, ein Umstand, der ihm die Herzen der Africaner zuwandte.

23 (1) Nachdem Hadrian alle Provinzen des Reichs mit blosem Haupte, und zwar meistentheils beim stärksten Regen und der strengsten [48] Kälte, durchwandert hatte, verfiel er in eine tödtliche Krankheit. (2) Um einen Nachfolger besorgt, dachte er anfänglich an Servianus, den er, wie schon bemerkt, in der Folge zur Selbstentleibung zwang. (3) Den Fuscus verabscheute er auf das Aeußerste, weil dieser durch Weissagungen und Wunderzeichen zur Hoffnung des Throns sich hatte bewegen lassen. (4) Ebenso verabscheute er, durch Verdachtsgründe dazu bestimmt, den Plätorius Nepos, dem er früher so sehr wohlgewollt hatte, daß, als er ihn einst in einer Krankheit besuchen wollte, derselbe ihn, ohne in Ungnade zu fallen, abweisen lassen konnte, (5) und den Terentius Gentianus, und zwar diesen in einem noch höheren Grade, weil er ihn damals im Besitze der Liebe des Senates sah, (6) so wie er denn überhaupt gegen Alle, denen er das Reich bestimmte, sobald er sie sich als künftige Kaiser dachte, einen heftigen Widerwillen empfand. (7) Indeß hatte er die heftigen Regungen seiner angeborenen Grausamkeit so lange unterdrückt, bis er endlich auf seinem Landgute zu Tibur durch einen Blutsturz beinahe seinem Ende nahe kam. (8) Nun zwang er ganz unverhohlen den Servianus, unter dem Vorwande, er strebe nach dem Throne, weil er den kaiserlichen Dienern Speise zugeschickt, weil er auf dem kaiserlichen Sitze neben seinem Bette sich niedergelassen und weil er, ein 90jähriger Greis, in aufrechter Haltung die Soldatenposten besucht habe, zur Selbstentleibung. Viele Andere wurden theils öffentlich, theils heimlich getödtet, nicht ohne daß der Verdacht, sie haben Gift von Hadrian bekommen, laut geworden wäre. (10) Hierauf entschloß sich Hadrian, der Cejonius Commodus, einen Schwiegersohn des Nigrinus, welcher Letztere sich einst wider ihn verschworen, weil sich jener ehemals durch seine schöne Gestalt ihm empfohlen hatte, sich anzukinden. (11) Und so kindete er denn, so sehr auch Jedermann diese Wahl mißfiel, den Cejonius Commodus Verus sich an und nannte ihn Aelius Verus Cäsar. (12) Aus Veranlassung [49] dieser Ankindung gab Hadrian Circusspiele und dem Volk und dem Heer ein Geschenk. (13) Den Aelius Verus aber bekleidete er mit der Prätur, ertheilte ihm unmittelbar darauf die Statthalterschaft über Pannonien nebst dem Consulate, dessen Kosten Hadrian trug, und ernannte ihn auch für das folgende Jahr zum Consul. (14) Späterhin, da er die schwächliche Gesundheit des Commodus bemerkte, äußerste er häufig: Wir haben uns auf eine sehr baufällige Mauer gestützt und 400 Millionen Sestertien105 eingebüßt, die wir dem Volk und dem Heer der Ankindung des Commodus wegen gegeben haben. (15) Commodus vermochte wegen seiner schwächlichen Gesundheit nicht einmal den Dank für seine Ankindung dem Hadrian im Senate abzustatten (16) und starb endlich, da seine Krankheit nach einer etwas zu starken Gabe Arznei immer mehr zunahm, im Schlafe, gerade am ersten Januar106, weßhalb Hadrian der öffentlichen Wünsche wegen die öffentliche Trauer um ihn untersagte.

24 (1) Nach dem Tode des Aelius Verus nahm Hadrian bei immer heftiger werdender Krankheit den Arrius Antoninus, der in der Folge den Beinamen Pius107 führte, an Sohnesstatt an, doch erst [50] unter der Bedingung, daß dieser seinerseits zwei Andere, nämlich den Annius Verus und Marcus Antoninus, sich ankinde. (2) Diese Beiden sind es, welche in der Folge, die ersten108, zu gleicher Zeit als Auguste das Reich regierten. (3) Antoninus soll nach Einigen den Beinamen Pius von dem Umstande erhalten haben, weil er seinen altersschwachen Schwiegervater am Arme geführt, (4) nach Andern aber, weil er viele Senatoren der bereits sich zu äußern beginnenden Grausamkeit Hadrians entzogen, (5) noch nach Andern aber, weil er für Hadrian nach dessen Tode auf große Ehrenbezeugungen angetragen habe. (6) Sehr Viele waren damals über die Ankindung des Antoninus ungehalten, insbesondere der Stadtpräfect Catilius Severus, der selbst Absichten auf den Thron hatte, (7) aber, sobald dieß bekannt wurde, seiner Würde entsetzt, einen Nachfolger erhielt. (8) Hadrian ward nunmehr vom äußersten Lebensüberdruß ergriffen, so daß er einem Sclaven ihn mit dem Schwert zu durchbohren befahl. (9) Wie dieß bekannt wurde und auch dem Antoninus zu Ohren kam, so begab sich dieser mit den Präfecten zu ihm und alle baten ihn, er möchte die Schmerzen mit Geduld ertragen: allein Hadrian war so aufgebracht über sie, daß er den Ausplauderer zu töten befahl. Indeß Antoninus rettete ihn und erklärte, er würde ein Vatermörder sein, wenn er, der von Hadrian an Sohnesstatt angenommen, zulassen würde, daß man diesem das [51] Leben nehme. (10) Hadrian faßte unmittelbar darauf sein Testament ab, ohne jedoch die Staatsangelegenheiten außer Acht zu lassen. (11) Nach Abfassung desselben machte er einen zweiten Mordversuch, allein man nahm ihm heimlich den Dolch weg. Dieße versetzte ihn in eine noch heftigere Wuth, (12) und er verlangte Gift von seinem Arzte, der aber, um solches ihm nicht reichen zu müssen, sich selbst das Leben nahm.

25 (1) Um diese Zeit erschein ein Weib, welches aussagte, sie habe ihm Traume die Weisung erhalten, dem Hadrian zu eröffnen, er solle sich nicht das Leben nehmen, weil er wieder ganz gesund werden würde; da sie dieß nicht gethan, sei sie erblindet. Doch sei ihr zum zweiten Mal der Befehl geworden, dem Hadrian das Nämliche zu sagen und seine Kniee zu küssen, worauf sie ihr Gesicht wieder erhalten würde. (2) Das das Weib der Weisung des Traums nun nachkam, und sich noch mit dem Wasser, das in dem Tempel war, woher sie gekommen109, die Augen ausgewaschen hatte, wurde sie wieder sehend. (3) Auch kam zu Hadrian, während er das Fieber hatte, aus Pannonien ein Blindgeborener und berührte ihn, (4) worauf dieser sehend, Hadrian aber vom Fieber befreit wurde. Indeß Marius Maximus berichtet, daß Täuschung dabei im Spiele gewesen sei. (5) Nach diesem begab sich Hadrian nach Bajä110, Antoninus dagegen blieb zu Besorgung der Regierungsgeschäfte zu Rom zurück. (6) Da sich aber zu Bajä Hadrians Befinden nicht besserte, so ließ derselbe den Antoninus dahin zu sich [52] kommen und verschied vor dessen Augen den 10. Julius (7) und wurde, mit dem allgemeinen Hasse beladen, in Cicero’s Villa zu Puteoli111 beigesetzt. (8) Bei der Annäherung seines Todes zwang er noch, wie oben erzählt ist, den 90jährigen Servianus, sich den Tod zu geben, damit derselbe ihn nicht überleben und seiner Meinung nach regieren möchte; auch sollte noch eine Menge Anderer, unbedeutender Beleidigungen wegen, auf seinen Befehl getödtet werden, allein Antoninus erhielt sie am Leben. (9) Sterbend soll Hadrian noch folgende Verse gemacht haben:
Unstätes, liebliches Seelchen,
Des Leibes Gast und Gefährtin,
In welche Orte wirst nun wandern,
In blasse, kalte, nackte,
Bar der gewohnten Scherze.

(10) Aehnlich und nicht viel besser sind die griechischen Verse, die er machte. (11) Hadrian brachte sein Leben auf 72 Jahre, 5 Monate und 17 Tage. Seine Regierung hatte 21 Jahre und 11 Monate gedauert.

26 (1) Hadrian war von hoher Statur und netter Gestalt. Seine Haare waren nach dem Kamme gelockt, sein Bart, um die natürlichen Narben seines Gesichts zu verdecken, und sein Körperbau stark. (2) Gewöhnlich ritt er oder ging er zu Fuß. Mit Schwert und Schild und Wurfspieß übte er sich stets. (3) Auf der Jagd tödtete er mehr als einmal Löwen mit eigener Hand, doch brach er sich einstmals auf einer solchen das Schlüsselbein und den Hüftknochen. Den [53] Ertrag der Jagd theilte er immer mit seinen Freunden. (4) Bei der kaiserlichen Tafel gab es jederzeit Trauerspiele, Lustspiele und Atellanen112 oder konnte man dabei Harfenspielerinnen, Vorleser und Dichter hören, je nach Beschaffenheit der Umstände. (5) Seine Villa zu Tibur113 ließ er mit einer bewunderungswürdigen Kunst bauen. Man fand daselbst die Namen der berühmtesten Provinzen und Oerter. Es gab daselbst z. B. ein Lyceum114, eine Akademie, ein Prytaneum, ein Canopus115, eine Pökile116, ein Tempe117, ja sogar, damit zur Vollständigkeit Nichts fehle, auch eine Nachbildung des Schattenreichs. (6) Vorzeichen seines nahenden Todes waren folgende. An seinem letzten Geburtstage fiel ihm beim Opfer, während er Gelübde für Antoninus [54] anstellte, seine Prätexta118, womit er sein Haupt verhüllt hatte119, von selbst herunter; (7) eben so entfiel seinem Finger der Ring, in den sein Bildniß gestochen war, ohne irgend eine Veranlassung. (8) Tags vor seinem Geburtstage trat ein Unbekannter Klagetöne ausstoßend in den Senat, was auf den Kaiser Eindruck machte, als künde er ihm seinen Tod an, obgleich Niemand die Worte jenes Menschen verstand. (10) Ferner als Hadrian im Senate sagen wollte: Nach dem Tode meines Sohnes, entfielen ihm die Worte: Nach meinem Tode. (11) Ueberdieß träumte ihm, er habe von seinem Vater einen Schlaftrunk erhalten, sowie, er sei von einem Löwen getödtet worden.

27 (1) Nach seinem Tode hörte man allgemein sehr ungünstige Urtheile über ihn. Der Senat wollte seine Verordnungen für ungültig erklären; (2) auch wäre ihm die Benennung „der Göttliche“ verweigert worden, wenn nicht Antoninus darum gebeten hätte. (3) Dieser erbaute ihm bei Puteoli einen Tempel statt eines Grabmals und verordnete ihm zu Ehren je das fünfte Jahr zu haltende Spiele, Eigenpriester, ein Priestercollegium, und noch vieles Andere, das auf seine Verehrung als Gott Bezug hatte. (4) Und eben deßhalb soll, wie schon oben bemerkt ist, nach der Meinung Vieler Antoninus den Beinamen Pius erhalten haben.

Anmerkungen

1 Eine Landschaft in Mittelitalien am adriatischen Meere, die jetzige Mark Ancona.

2 Eine Stadt in Picenum, jetzt Atri, nicht zu verwechseln mit einer andern Stadt Hadria zwischen der Mündung des Po und der Etsch.

3 Jetzt Sevilla la vieja bei Santipona.

4 Nämlich Aelius, der Großvater des Kaisers Hadrianus, hatte die Ulpia, eine Schwester des M. Ulpius Trajanus und Tante des Kaisers Trajanus, zur Frau.

5 Das jetzige Cadix.

6 J. Chr. 76.

7 Die Stelle eines Tribunen war gewöhnlich die erste Stelle beim Fußvolk, welche vornehme junge Römer im Kriegsdienst bekleideten.

8 Diese Legion stand in Niederpannonien und war von Vespasianus errichtet. Die erste Legion dieses Namens hatte Galba errichtet.

9 Mösien umfaßte das jetzige Serbien und Bulgarien und wurde in Ober- und Nieder-Mösien eingetheilt.

10 In dem Verzeichnisse der römischen Provinzen prangten zwei Germanien, allein beide jenseits des Rheins, nämlich Ober-Germanien – die Strecke von Basel an bis Mainz – und Nieder-Germanien, von dieser Stadt bis an das Meer. Trajanus war zur Zeit von Nerva’s Ableben Statthalter dieser Provinz.

11 Dieser scheint damals Aufseher der Posten gewesen zu sein, und da diese nicht zum Gebrauche des Publikums, sondern nur des Staats bestimmt waren, so wurde ihr Gebrauch eigentlich nur denjenigen bewilligt, welche ein Diplom des Kaisers oder eines dazu berechtigten Staatsbeamten vorweisen konnten, was bei Hadrian bei dieser Gelegenheit nicht der Fall war.

12 Ich habe diese verdorbene Stelle nach des Casaubonus Verbesserung: „fuitque in amore Trajani: nec tamen ei per paedagogos puerorum, quos Trajanus impensius diligebat, Gallo faciente invidia defuit“ übersetzt.

13 Der Aberglauben der Alten bediente sich zu Erforschung der Zukunft oder bei zweifelhaften Fällen und Verhältnissen des Homer, Euripides, Virgil u. s. w. Man schlug nämlich auf Gerathewohl das Buch auf und betrachtete die nächste beste sich dem Auge darbietende Stelle als einen Orakelspruch. Im Christenthum kam an die Stelle Homers und Virgils die Bibel.

14 Aen. VI, 808 ff.

15 Eine von Alexander dem Großen in Mesopotamien am Euphrat erbaute Stadt mit einem Tempel des Jupiter Nikephorus oder Siegverleihers.

16 Es lebten damals mehrere Philosophen dieses Namens, aber welcher hier gemeint ist, kann eben so wenig mit Gewißheit bestimmt werden, als ob der unsrige Apollonius Syrus hieß, oder aus Syrien war.

17 Trajans vertrautester Freund.

18 Trajans Gemahlin.

19 Die Quästoren der Kaiserzeit hatten nichts mehr, wie zu den Zeiten der Republik, mit dem Schatze zu thun, sondern bei den Kaisern die Ausfertigungen zu besorgen und deren Reden und Briefe im Senate vorzulesen. Sie hießen auch Candidati principis und Quaestores Candidati, weil die Quästur zur Kaiserzeit der Candidatenstand zu höheren Stellen war, insofern die Principes, zu denen sie beständig Zutritt hatten, sich ihrer annahmen und sie zu obrigkeitlichen Stellen vorschlugen.

20 J. Chr. 101.

21 J. Chr. 105.

22 Es ist zur Kaiserzeit ein Unterschied zwischen Tribunat und Tribunengewalt zu machen. Jenes war ein jährliches Amt und ohne alle Bedeutung, so dass es der jüngere Plinius, der selbst Tribun gewesen ist, in einem seiner Briefe (I, 23) einen Schatten ohne Realität, einen Namen ohne Ehre nennt. Diese aber war ein wesentlicher Bestandtheil der kaiserlichen Macht. Sie bedeutete Alles. Dahin gehörte, dass der Princeps, der sie hatte, und der als Princeps den Senat nicht versammeln konnte, ihn versammeln konnte als Tribun, insofern auch das Volk, und daß an ihn appellirt werden konnte. Er war heilig und unverletzlich, daher man das Majestätsverbrechen, das vom Volke auf ihn übertragen wurde, wider ihn begehen konnte. Die Kaiser nahmen die Tribunengewalt beim Antritt ihrer Regierung an und die Jahre, so lange sie diese Würde gehabt, wurden besonders bezeichnet und darnach gerechnet.

23 Die Paenula war ein rundes geschlossenes Oberkleid, das den ganzen Körper umgab, Kopf und Füße ausgenommen. Es wurde über den Kopf angezogen und bei schlechtem Wetter zog man es so hinauf, daß der Kopf damit bedeckt wurde. Man trug es vornehmlich bei schlechtem Wetter und auf Reisen.

24 Dacien begriff die Moldau, Wallachei und Siebenbürgen in sich. Die kriegerischen Bewohner dieses Landes beherrschte damals König Decebalus, ein Trajans nicht unwürdiger Gegner, welchem Domitianus nach mehreren erlittenen Niederlagen hatte Tribut zahlen müssen. Um diese Schande abzuwaschen und die Ehre des römischen Namens wiederherzustellen, bekriegte Trajan den Decebalus und nöthigte ihn nach mehreren Schlachten und nach Eroberung seiner Hauptstadt Zarmizigethusa zu einem harten Frieden; allein nach kurzer Ruhe brach der Krieg auf’s Neue aus; Decebalus erlitt mehrere Niederlagen und gab sich endlich den Tod.

25 Augustus hatte die Provinzen zwischen sich und dem Volke getheilt. Die, welche er für sich behielt, d. h. welche noch unruhig oder deren Grenzen feindlichen Anfällen blosgestellt waren, hießen majores oder consulares und waren von Truppen besetzt. Die dem Senate und Volke gehörenden aber, d. h. die weniger Unruhe von Innen und Außen ausgesetzt und längst schon romanisirt waren, hießen minores oder proconsulares. Die Statthalter der letztern wurden vom Volke oder vielmehr in dessen Namen vom Senate ernannt und hießen Proconsules oder, wenn sie schon Consuln gewesen waren, legati Consulares. Die Statthalter der ersten dagegen wurden vom Kaiser ernannt und hießen Propraetores, auch legati Caesaris und, wenn sie schon die Prätur bekleidet hatten, legati praetorii. Sie standen höher als andere Legaten, hatten proconsularisches Recht und Civil- und Militärgewalt vereinigt. Indeß banden sich die Kaiser nicht strenge an die anfangs von August angeordnete Provinzialeintheilung, sondern veränderten dieselbe, je nachdem ihr Interesse oder Zeitverhältnisse es erforderten. (Man vergleiche unten Leben Antonin’s des Philosophen, Cap. 22 und Alexanders Severus, Cap 23.)

26 Ich lese mit Salmasius: lapsis.

27 Statt des ganz unpassenden sepelisse (er habe sie beerdigt) lese ich mit Casaubonus: saepe lisse mit dem in der Uebersetzung ausgedrücken Sinne.

28 Der Rath des Augustus (Tacitus Annal. I, 11 und Dio Cassius 56, 33), das Reich auf seine dermaligen Grenzen zu beschränken, ohne neue Eroberungen zu machen (denn die Eroberung eines Theils des von den Römern als eine von der übrigen abgesonderte Welt betrachteten Britannien konnte kaum als Ausnahme angesehen werden), war bei seinen Nachfolgern bis auf Trajan herab Staatsgrundsatz gewesen, bis dieser im Norden und Osten neue Eroberungen machte, aber auch dadurch die Ruhe des Reiches blosstellte. Hadrian kehrte daher zu dem frühern Systeme zurück.

29 Ein Volk in einem Theile von Ober-Ungarn, dem größten Theile des ehemaligen Polen, Litthauen und mittlern Rußland.

30 Eine Landschaft im Süden Kleinasiens.

31 Trajan hätte nämlich weithin über diese Flüsse seine siegreichen Waffen getragen.

32 Es war nämlich seit Kaiser Claudius, der es zuerst gethan, bei jedem Regierungswechsel herkömmlich, sich die Gunst der Soldaten durch ein sehr beträchtliches Geschenk zu erkaufen, das fast mit jedem neuen Kaiser stieg.

33 Dieser Mann war einer der besten Heerführer Trajans, indeß kein Römer, sondern aus einem mit den Römern verbündeten maurischen Stamme. Wegen seiner ausgezeichneten Verdienste in den beiden dakischen Kriegen und gegen die Parther hatte ihn Trajan zum Consul ernannt und soll ihn nach einer Stelle bei Themistius sogar zu seinem Nachfolger ausersehen haben.

34 Ich lese: sublatum gentibus Mauris. Der Sinn der Stelle könnte übrigens auch der sein, daß Hadrian ihm den Oberbefehl über die maurischen Truppen (die ihm als ihrem Landsmanne sehr ergeben waren) genommen habe.

35 Nach Eusebius (Kirchengeschichte 4, 2) hatten die Juden in Kyrene einen gewissen Lukuas an ihrer Spitze, einen sehr gefährlichen Aufstand erregt, so daß Trajan sich genöthigt sah, den Martius Turbo mit einer Land- und Seemacht hinzuschicken, der erst nach mehreren Schlachten den Aufstand unterdrücken konnte.

36 Hauptstadt Syriens am Orontesflusse, eine der größten und volkreichsten Städte des Orients, jetzt ein wenig bedeutender Ort Namens Antakia.

37 Diesen Namen führte ursprünglich nur das adriatische Küstenland bis zum Flusse Drinus hinab und dehnte sich nordöstlich in unbestimmten Grenzen bis gegen die Save hin. Zur römischen Kaiserzeit aber hat das Wort eine weitere Bedeutung. Es ist nämlich darunter alles Land zwischen der Donau und der südlichen Alpenkette vom Bodensee bis hinab an das schwarze Meer begriffen, und dieses große Illyricum ist gemeint, so oft in der römischen Kaisergeschichte die Benennung Illyricum allein gebraucht wird.

38 So hieß das ursprünglich zu einer goldenen Krone, dann aber im Allgemeinen zu beliebiger Verwendung für einen siegreichen Feldherrn von den Provinzen und Bundesgenossen zusammengebrachte Geldgeschenk. Was aber anfänglich ein freiwilliges Geschenk war, das verwandelte sich nach und nach in Schuldigkeit und zur Kaiserzeit in eine gesetzmäßige Steuer, die bei jedem Regierungsantritt eines neuen Kaisers, Ernennung eines Cäsars, Geburt eines Prinzen, Sieg über die Barbaren u. dgl. bezahlt werden mußte.

39 Ein sarmatisches Volk, am nördl. Ufer des schwarzen Meeres.

40 Faenza im Kirchenstaate.

41 D. h. Hadrian nahm die von Augustus zuerst im ganzen Römerreich eingeführte Reichspost, da sie vorher durch die Privaten unterhalten werden mußte, zur gänzlichen Besorgung in Staatsregie.

42 ne magistratus hoc onere gravarentur. – Man gibt diesen Worten gewöhnlich den Sinn: damit die Magistratspersonen, die vorher auf ihre Kosten in die Provinzen reisen mußten, dadurch eine Erleichterung bekämen. Allein der wahre und den Worten angemessene Sinn scheint mir der in der Uebersetzung ausgedrückte zu sein, und ich verstehe unter den magistratus die Vorsteher der betreffenden Communen, welche zur Unterhaltung der Post beizutragen hatten.

43 Trajan – heißt es in Beckmanns Beiträgen zur Geschichte der Erfindungen – war der Erste, welcher zur Erziehung der zu Rom auf öffentliche Kosten erzogenen Kinder, pueri alimentarii, puellae alimentariae, große Stiftungen machte. Er ließ sie wahrscheinlich, indem er eine Unterstützung an Getreide oder Geld aussetzte, bei ihren Aeltern, und Waisen wurden in die Kost gegeben. Diese großen Kapitalien nahm der Kaiser nicht aus öffentlichen Kassen, sondern aus seiner eigenen Schatulle. Damit diese Stiftung auch nach seinem Tode sicher fortdauern könnte, wurden die Gelder in den verschiedenen Gegenden, denen sie bestimmt waren, auf Landgüter in beständige Verzinsung gegeben. Dieß beweist der noch vorhandene, im Jahr 1747 aufgefundene, in einer großen Kupferplatte bestehende Stiftungsbrief.

44 Die Consuln der Republik hatten ihr Amt ein Jahr verwaltet, allein seit Augustus war es anders. Von diesem Kaiser an gab es 3 Arten von Consuln, nämlich 1) Consules ordinarii, auch majores, welche, wie sonst, mit dem 1. Januar ihr Amt antraten und dem Jahre den Namen gaben, aber ihre Würde nur einige Monate bekleideten, wie hier Hadrian; 2) suffecti, minores, Ersatzconsuln, welche nach den ersten die übrigen Monate des Jahrs das Consulat verwalteten, und 3) honorarii, welchen ein kaiserliches Patent die Consulwürde, aber ohne daß sie das Consulat bekleideten, verlieh.

45 Galt noch die Einrichtung August’s, so fanden solche nur zweimal alle Monate Statt.

46 Die prätorischen Präfecten waren in der Regel römische Ritter.

47 Die Worte: ne esset secundae sententiae sehe ich mit Salmasius für untergeschoben an und habe sie daher in der Uebersetzung nicht ausgedrückt.

48 Sie hieß Marciana und war eine Schwester des Kaisers Trajan.

49 Ich lese mit Salmasius: causarios.

50 20–24,000 Schritte waren der gewöhnliche Tagmarsch eines römischen Soldaten.

51 Ich möchte lieber mit Salmasius trichilia Lauben lesen.

52 D. h. machte sie zu Centurionen. Diese trugen nämlich einen Rebstab, um die Soldaten damit zu züchtigen. – Da die Geschäfte der Centurionen vielfältig waren, so konnte man dazu nur gesetzte und ordentliche Leute brauchen.

53 Unter der Republik mußten die Reiter 10, die Fußgänger 20 Jahre dienen, seit August aber hatten die letzteren ordentlicher Weise 16 Jahre Dienst zu thun, allein man gab ihnen sehr häufig nach Verfluß dieser Zeit den Abschied nicht, sondern hielt sie noch unter allerhand Vorwänden bei der Fahne zurück. Man vergl. darüber die Klagen der empörten pannonischen Legionen bei Tacitus Ann. 1, 17.

54 Zwischen den Flüssen Thine und Eske, ungefähr von Newcastle bis Carlisle. „Der erste“ bezieht sich darauf, daß in der Folge die Kaiser Antoninus Pius und Septimius Severus dasselbe thaten.

55 So hieß ein mit gewissen Merkmalen – glänzend schwarzer Farbe, auf der Stirne ein weißes Dreieck, auf dem Rücken ein Flecken in Gestalt eines Adlers, auf der rechten Seite ein Flecken in Gestalt des gehörnten Mondes, unter der Zunge ein schwarzer Knoten in Gestalt eines Käfers – bezeichneter, von den Aegyptern als Symbol des Osiris für heilig gehaltener Stier. So groß die Trauer war, wenn derselbe starb oder getödtet wurde (was nach seinem 25. Jahre geschehen mußte), so ungezügelt war die Freude und der Jubel durch ganz Aegypten, wenn ein neuer Apis gefunden wurde.

56 Eine große und reiche römische Colonialstadt im narbonensischen Gallien, jetzt Nimes. Man findet noch jetzt daselbst ansehnliche Ruinen von großen Gebäuden der Römerzeit.

57 Hauptstadt des tarraconensischen Spanien, jetzt Tarragona.

58 Ich übersetze hier nach der Interpunction des Salmasius.

59 Limites. Sie bestanden in einer Linie von Castellen, Verschanzungen, Thürmen, Redouten und Gräben.

60 Dieß muß wohl zunächst auf Deutschland bezogen werden (denn von der Mauer in Britannien ist schon oben gesprochen) und also wohl auf die sogenannte Pfahlhecke oder Teufelsmauer, die sich von der Donau bis an den Rhein erstreckte und wovon im südlichen Deutschland noch sehr bedeutende Ueberreste vorhanden sind, wie auch der Name Pfahlhecke selbst, sowie die daran gelegenen Orte Pfahlbach, Pfahlbronn, Pfahlhof u. s. w. auf die von Spartian hier erzählte Befestigungsweise hindeuten.

61 Aachaja im engeren Sinne ist eine Landschaft im Nordwesten des Peloponneses, hier ist es aber im weitern für ganz Griechenland zu nehmen, welches die Römer wegen des Einflusses, den der achäische Bund früher gehabt hatte, gemeiniglich die Provinz Achaja nannten.

62 Man könnte aus Spartians Worten schließen, der Tempel des Zeus Olympius zu Athen sei ein Werk Hadrians; allein dieß ist nicht der Fall. Schon Pisistratus begann den Bau, Antiochus Epiphanes (167 v. Chr.) setzte ihn fort, bis Hadrian ihn vollendete.

63 Er suchte nämlich die Juden als solche durch das Verbot der Beschneidung, als des charakteristischen Zeichens ihrer Nationalität, auszurotten und mit den übrigen Völkern des Reichs zu verschmelzen.

64 In Syrien.

65 Stadt am äußersten Ausflusse des Nil nach Arabien zu, ehemals sehr befestigt und Schlüssel zu Aegypten, jetzt das Castell Tinch.

66 Ueber das Nähere des freiwilligen Todes des Antinous sehe man Aurelius Victors Kaisergeschichte Kap. 14.

67 Hier scheint der Gegensatz – simplex, offen, oder ein ähnliches Wort – ausgefallen zu sein.

68 Einer der berühmtesten und angesehensten Gelehrten damaliger Zeit.

69 Er war aus Tralles in Lydien gebürtig und wird als Verfasser mehrerer Schriften genannt, von denen einige auf uns gekommen sind. Sein Hauptwerk, die Geschichte nach Olympiaden, und die Lebensgeschichte Hadrians sind verloren.

70 Ein griechischer Dichter aus Kolophon in Jonien, lebte ungefähr 400 Jahre v. Chr. Er schrieb ein umfassendes Epos, Thebais, eine Elegie, Lydia betitelt. Hadrian zog ihn dem Homer vor. Wir besitzen nur noch Bruchstücke von seinen Gedichten.

71 Trotz aller gelehrten Muthmaßungen eines Casaubonus und Salmasius sind wir über den Inhalt und die Beschaffenheit dieser catacrianischen Bücher völlig im Dunkeln.

72 Der Besuch der Schenken galt bei den Römern für unanständig. Von der in denselben herrschenden Unreinlichkeit gibt Plinius in seiner Naturgeschichte 9, 47 Zeugniß.

73 Dieß ist M. Porcius Cato der ältere, bekannt unter Anderem als Redner und Geschichtschreiber.

74 Ein Dichter aus Rudiä in Calabrien. Er war der erste epische Dichter der Römer und selbst noch von Cicero und Virgil sehr hochgeschätzt. Es haben sich nur noch Bruchstücke von ihm erhalten.

75 Mit dem Beinamen Antipater, berühmt als Geschichtschreiber und Rechtsgelehrter, lebte zur Zeit der Gracchen.

76 Ein stoischer Philosoph aus Hierapolis in Phrygien, früher ein Sclave des Epaphroditus, eines Freigelassenen des Nero. Das ihm beigelegte Enchiridion oder Handbuch hat den Arrian zum Verfasser.

77 Die Saturnalien waren ein Fest dem Saturnus zu Ehren. Es herrschte an denselben die vollkommenste Freiheit und Ungebundenheit, wie zur goldenen Zeit des Saturnus. Sie dauerten zu verschiedenen Zeiten verschiedene Tage, z. B. unter Caligula 5, zuletzt 7. Die 2 letzten Tage von den Saturnalien machten die Sigillarien, wo man einander kleine Bilder von Holz, Elfenbein, Gold u. s. w. (daher der Name), aber auch bedeutendere Geschenke machte. In Hinsicht der Zeit und des gegenseitigen Schenkens gleichen sie unserem Weihnachtsfeste.

78 Iberien war eine Landschaft am Kaukasusgebirge und bildete einen Theil des heutigen Georgien.

79 Amici aut comites. Dieser Ausbruck war keineswegs eine rein ehrenvolle Benennung, um damit die Achtung und das Wohlwollen des Kaisers zu bezeichnen, sondern es war der Titel einer wirklichen Würde, eines wirklichen Amtes. Sie begleiteten den Kaiser auf seinen Reisen und Feldzügen, unterstützten ihn mit ihrem Rathe, und befanden sich in seiner Umgebung als Administrativ- oder Militärbehörden. Kurz, sie bildeten seinen Staatsrath, und in diesem Sinne ist in der Folge der Ausdruck „Freunde des Kaisers“ in der Regel zu nehmen. Den ersten Rang in diesem kaiserlichen Staatsrathe besaßen die prätorischen Präfecte.

80 Nach der lex Cornelia nämlich sollte den Kindern der Geächteten nicht nur der Zutritt zu Aemtern verschlossen, sondern dieselben auch des väterlichen Vermögens verlustig sein. Die erstere Bestimmung hatte schon Cäsar und andere Kaiser aufgehoben, die letztere hob also Hadrian wenigstens theilweise auf.

81 Die schändliche Gewohnheit des Zusammenbadens beider Geschlechter war bei den Römern schwer auszurotten. Nach Hadrian sahen sich die Kaiser M. Antoninus (s. dessen Leben K. 23) und Alexander Severus (in dessen Leben K. 24) zu Wiederholung dieses Verbots genöthigt; selbst christliche Concilien mußten es noch verbieten.

82 Die Municipalstädte hatten ihren eigenen Senat, die Decurionen, und eigene Beamte, die unter verschiedenen Namen, dictator, praetor, aediles, duumviri u. s. w. vorkommen. Die Gewalt und Würde der Duumvirn dauerte gewöhnlich nur ein Jahr, doch finden wir auch Duumvirn mit fünfjähriger Dauer ihres Amtes, und diese hießen quinquennales. Ein solcher war Hadrian zu Italica und Adria.

83 So hieß die höchste Magistratsperson zu Athen. Als diese Stadt längst von ihrer vorigen Größe herabgesunken war, stand sie doch noch in solcher Achtung, daß selbst römische Kaiser es sich zur Ehre anrechneten, Archonten zu Athen zu sein. Man vgl. das Leben Galliens Kap. 11.

84 Dieses Gebäude war von Agrippa nach dem Siege bei Actium zu Ehren des rächenden Jupiter erbaut worden, in den Nischen waren aber auch die Statuen der übrigen Götter aufgestellt und daher der Name. Es litt schon bei dem dreitägigen Brande Roms unter Titus Schaden und sodann durch Blitzschlag unter Trajan, der es wieder herstellen wollte. Das eigentliche Tempelgebäude ist rund und erhält sein Licht durch eine Oeffnung in der Kuppel; die Höhe beträgt 144’, eben so viel der Durchmesser. Vorn ist eine Portikus 110’ lang, 45’ tief, von 16 korinthischen Säulen getragen. Das Dach desselben, sowie die Kuppel des Tempels, war mit vergoldeten Kupferplatten bedeckt, und die Bekleidung der Tempelwände von innen und außen marmorn. Dieses Gebäude ist jetzt in eine Kirche der heiligen Jungfrau verwandelt (seit 607) und bekannt unter dem Namen St. Maria ad Martyres; doch ist aller Schmuck aus Erz und Marmor an demselben verschwunden.

85 Oder Ovile, ursprünglich ein viereckigter Raum, mit einem Graben und hölzernem Gitter umhegt, wo das Volk centurienweise seine Stimmtäfelchen abgab. Seit August’s Zeit war er bedeckt und mit ungeheuern Marmorhallen umgeben.

86 Ostwärts vom großen Forum. Das Ganze war von einer vierfachen aus schönen Travertinblöcken erbauten Colonnade umgeben. Noch sind bedeutende Ueberreste der Substructionen vorhanden. Alle hier genannte Bauten hatten bei dem Brande unter Titus mehr oder weniger Schaden gelitten.

87 Nämlich die älische, jetzt unter dem Namen Ponte S. Angelo bekannt, in ihren baulichen Theilen unversehrt und ein Muster guter Anlage dieser Art.

88 Hadrian baute dieses, weil in dem augusteischen kein Raum mehr war. An Größe und Pracht sollte es letzterem nichts nachgeben. Es bestand aus einem viereckigen Grundbau aus Travertinquadern, 300’ breit und lang. Darüber erhob sich ein runder mit Marmor bekleideter Thurm in drei Absätzen, 200’ hoch, in dessen Innerem die Grabkammer war. Auf der Spitze stand die Bildsäule des Kaisers mit einer Quadriga. Das Grabmal hatte im früheren Alter das Unglück, als ein fester Punkt angesehen und deßwegen mit in die Ringmauern gezogen zu werden, auch erlitt es bei mehreren Belagerungen als festes Schloß starke Anfälle und ist noch jetzt unter dem Namen der Engelsburg (weil jetzt auf der Spitze desselben die bronzene Statue des Erzengels Michael steht) der einzige feste Punkt des h. Roms.

89 Eine Arbeit des griechischen Erzgießers Zenodotus, 120’ hoch und von Erz.

90 Ein von Ptolemäus Lagi angelegtes und von Philadelphus vollendetes Gebäude, wo ausgezeichnete Gelehrte und Künstler gemeinschaftliche Tafel, Wohnung und feste Einkünfte hatten und wo außer Vorlesungen auch öffentliche Disputirübungen gehalten wurden.

91 Von Karthago ist dieß sonst nicht bekannt, allein von Athen wurde die ganze Südostseite, weil Hadrian diesen Stadttheil besonders mit Bauten geschmückt hatte (wozu außer dem Tempel des olympischen Zeus noch das Heräon, Pantheon und Panhellenion gehörten) Hadrianstadt genannt. Noch steht der Prachtbogen, welchen die Athener deßwegen dem Kaiser zu Ehren errichteten und der an der einen Seite die Inschrift führt: Dieß ist Athen, die alte Stadt des Theseus, an der andern Seite aber: Dieß ist die Stadt des Hadrian und nicht des Theseus.

92 Vor Hadrian hatten kaiserliche Procuratoren die kaiserlichen Einkünfte besorgt und dessen Rechte vertreten, von ihm an finden wir Anwälte des Fiscus. Diese bekleideten ihre Stelle in der Regel zwei Jahre, worauf sie zu größeren Ehren erhoben wurden. Der Fiscus selbst war eine Privatkasse des Kaisers, welche die Einkünfte aus den kaiserlichen Provinzen bildeten und worüber dieser ohne alle Rechenschaft nach Willkür verfügte, meist zur Bezahlung des Heers. Entgegengesetzt dem Fiscus ist das Aerarium oder der Staatsschatz, welchen der Senat, freilich unter kaiserlicher Mitwirkung, verwaltete und der für die alten regelmäßigen Staatsausgaben bestimmt war und wohin die Einkünfte aus den Provinzen des Senats oder Volks floßen.

93 Nomenclatoren hießen bei den Römern diejenigen Sclaven, welche sich Namen und Beschäftigungen möglichst vieler Leute merken mußten, um sie vorkommenden Falls ihrem Herrn zu sagen.

94 Wörtlich: Hadriansjagd. Sie lag in der kleinasiatischen Landschaft Mysien.

95 D. h. das Recht, daß diejenigen, die in ihrer Vaterstadt Ehrenstellen bekleidet hatten, römische Bürger wurden.

96 Spartian irrt hier. Der Krieg, welchen Hadrian mit den unter Baschochba aufgestandenen Juden zu führen hatte, war eben so schwer und blutig als langwierig. Man vergl. Dio 69, 14 und Eusebius Kirchengesch. 4, 6.

97 Ein Volk an der Westseite des kaspischen Meeres, im jetzigen Kandahar.

98 Jetzt die Provinz Halk oder der südliche Theil der großen Bucharei.

99 Als der ächt römischen Kleidung. Jeder römische Bürger war, wenigstens in früheren Zeiten, so oft er öffentlich erschien, verpflichtet, die Toga über der Tunica zu tragen.

100 Ich lese hier mit Salmasius: diligentia judicis sumptus conviviis constituit et ad antiquum modum redegit.

101 Früher waren Freigelassene dazu gebraucht worden.

102 Von Augustus an hatten die römischen Kaiser ihren übrigen Titeln den eines Oberpriesters beigefügt, ohne übrigens dessen Obliegenheiten in der Regel selbst nachzukommen. Daher wird hier von Hadrian als etwas Außerordentliches erzählt, daß er es selbst that.

103 Jetzt Lago die Celano oder di Tagliacozzo im heutigen Abruzzo ulteriore im Neapolitanischen.

104 Seit der Kaiserzeit hatte Italien eine höhere Instanz für Criminalsachen an dem Stadtpräfecten erhalten; für Civilsachen stellte nun als solche Hadrian die 4 Consularen auf, statt deren sodann später Marc. Aurel. (siehe sein Leben Kap. 11) juridici setzte, was einen geringeren Rang, aber mit gleichem Rechte bezeichnete. Diese blieben bis auf den Kaiser Macrinus, unter dessen Regierung sie, nach einem Fragmente des Dio, abkamen.

105 Etwa 20 Millionen Thaler. Im Leben des Aelius Verus kommt Kap. 6 die nämliche Aeußerung Hadrians vor, dort ist von 300 Millionen Sestertien (etwa 15 Millionen Thaler) die Rede. Vgl. aber ebendaselbst Kap. 3 (S. 58)

106 An diesem Tage pflegte man feierliche Wünsche und Gelübde für das Wohl des Kaisers und des Reichs darzubringen. Roms Aberglauben suchte alles Traurige, als von übler Vorbedeutung, dabei zu vermeiden.

107 Wird gewöhnlich „der Fromme“ übersetzt; allein ich habe das lateinische Wort, als nach den verschiedenen Erklärungen, die man von der Ursache, warum Antonin diesen Beinamen bekommen, gibt, im Deutschen unübersetzbar, beibehalten zu müssen geglaubt. Pius ist das allgemeine Wort für denjenigen, der alle Pflichten erfüllt, die er zu erfüllen hat.

108 Es war längere Zeit Reichsgrundsatz gewesen, daß nur Zwei an der höchsten Gewalt Theil nehmen, sich aber durch Titel und Grad ihrer Macht – als Augusti und Cäsares – unterscheiden sollten. In Verus und Marcus Aurelius sah die römische Welt zuerst zwei Augusti, ein Schauspiel, das sich namentlich seit Diocletian mehrfach wiederholte.

109 Es war nämlich bei den Alten Sitte, daß die Kranken in den Tempeln schliefen, um dort Träume zu erhalten, die ihnen die Mittel zu ihrer Genesung anzeigten.

110 Eine durch ihre warmen Bäder berühmte, von den römischen Großen stark besuchte, mit prächtigen Villen, Bädern und Palästen versehene Seestadt in Campanien unweit Neapel, jetzt aber vom Meere, das die Dämme durchbrochen hat, bedeckt.

111 Früher Dicäarchia, jetzt Puzzuolo, ebenfalls eine Seestadt in Campanien mit einem bedeutenden Hafen. Seine Villa in der Nähe dieser Stadt nannte Cicero Puteolanum oder Academia.

112 Eine Art scherzhafter Schauspiele oder Farcen, die in der oskischen Stadt Atella in Campanien ihren Ursprung gewonnen hatten und die man nach größeren Schauspielen, z. B. Tragödien, als Nachspiele aufführte.

113 Jetzt Tivoli. Eine genaue Beschreibung dieser Villa Hadrians enthält Winkelmann’s Geschichte der Kunst Th. 2, S. 405. Noch ausführlicher aber schildert dieselbe Hirt in seiner Geschichte der Baukunst der Alten, Bd. 2, S. 374 ff.

114 Es war bei den Römern gewöhnlich, dass sie ganzen Wohnungen oder einzelnen Zimmern und Plätzen griechische Namen beilegten, weil sie dieselben zu einem ähnlichen Gebrauche bestimmten, zu welchem man die griechischen dieses Namens gebraucht hatte.

115 Eine durch Reichthum, Ueppigkeit und Zügellosigkeit bekannte Stadt in Unterägypten.

116 Die schönste, mit den Meisterstücken griechischer Malerei ausgeschmückte Säulenhalle in Athen.

117 Ein wegen seiner reizenden Lage im Alterthume hoch berühmtes und viel gefeiertes Thal in Thessalien.

118 Ein mit Purpur verbrämtes Oberkleid, das die höchsten obrigkeitlichen Personen zu Rom trugen.

119 Die Alten verhüllten, um nicht in der Andacht gestört zu werden oder unglückliche Vorzeichen zu erblicken, bei den Opfergebeten den Kopf.