Alexander Severus

Ornament

Übersetzung

1 [375] Nach der Ermordung des Varius Heliogabalus – denn so will ich dieses Scheusal lieber nennen als Antoninus, weil es Nichts von den Antoninen an sich gehabt hat, da dieser Name auf Befehl des Senats aus den öffentlichen Urkunden ausgestrichen worden ist – überkam zur Heilung der dem Reiche geschlagenen Wunden Aurelius Alexander die Obergewalt. Er war aus Arca1 gebürtig und ein Sohn des Varius, ein Enkel der Varia und ein Geschwisterkindsvetter des Heliogabalus. Schon früher, nach dem Tode des Macrinus nämlich, hatte ihm der Senat die Cäsarwürde verliehen, nun aber ernannte ihn derselbe zum Augustus und ertheilte ihm noch am nämlichen Tage den Namen eines Vaters des Vaterlands, die proconsularische Würde und die tribunicische Gewalt, nebst dem Rechte fünf Vorträge im Senate zu thun. Damit man aber nicht diese Anhäufung von Ehrenstellen für übereilt halte, so will ich die Gründe auseinander setzen, welche den Senat zur Uebertragung, den Alexander [376] zur Annahme derselben bestimmten. Denn es wäre der Würde des Senates ebenso entgegengewesen, ihm alles auf einmal zu bewilligen, als es sich für einen guten Fürsten geschickt hätte, so viele Würden an sich zu reißen. Bei den Heeren war es schon zur herrschenden Gewohnheit geworden, Kaiser durch stürmische Wahl zu ernennen und sie eben so leicht wieder zu stürzen. Zu Rechtfertigung dieses Verfahrens führten sie zuweilen an, es sei ihnen unbekannt gewesen, daß der Senat bereits einen Kaiser ernannt habe. So hatten sie den Pescennius Niger, Clodius Albinus, Avidius Cassius und in frühern Zeiten den Lucius Vindex und Lucius Antonius2, so wie den Severus selbst, und zwar den Letztern nachdem der Senat bereits den Julianus als Kaiser anerkannt hatte, zu Kaisern ausgerufen. Dadurch waren Bürgerkriege entstanden, die zur unausbleiblichen Folge hatten, daß der Krieger, der zum Fechten gegen den auswärtigen Feind bestimmt war, in brudermörderischem Kampfe zu Grunde ging.

2 Diese Betrachtungen bestimmten den Senat zur größten Eile, dem Alexander, als wäre er bereits wirklicher Kaiser, alles auf einmal3 zu übertragen. Dazu kam noch die ungemeine Liebe des Volks zu Alexander nach den Ausschweifungen jenes Ungeheuers, das nicht nur den Namen der Antonine seines Glanzes beraubt, [777] sondern auch das römische Reich entehrt hatte. So wurden ihm denn um die Wette alle Arten von Würden und Titeln übertragen. Er war daher der erste unter allen Kaisern, der sämmtliche Auszeichnungen und Ehrenerweisungen zugleich erhielt, wobei ihm zwar die ihm schon einige Jahre früher ertheilte Cäsarswürde Vorschub leistete, noch mehr aber sein ganzes Leben und sein Charakter und die allgemeine Liebe, die er sich dadurch erworben, daß ihn Heliogabal, wiewohl vergeblich, zu tödten versucht hatte, weil das Heer dem Befehle dazu die Folge versagte und der Senat seine Zustimmung verweigerte. Doch darauf wäre noch kein sehr großes Gewicht zu legen, wenn er nicht wirklich verdient hätte, daß der Senat ihn rettete, das Heer über seiner Erhaltung wachte und ihn die Stimme aller Rechtschaffenen zum Kaiser ernannte.

3 Alexander, der Sohn der Mammäa (wie sie die Meisten nennen), wurde schon von seiner frühen Jugend an zur Erwerbung von Kenntnissen in den Wissenschaften und im Kriegswesen angehalten und ließ, so weit es von ihm abhing, auch nicht einen Tag verstreichen, an dem er nicht wissenschaftlichen oder kriegerischen Beschäftigungen obgelegen hätte. In seiner frühen Jugend hatte er zu Lehrern in der Literatur den Valerius Cordus, Titus Veturius und Aurelius Philippus, Freigelassene seines Vaters und in der Folge Beschreiber seines Lebens. In seinem Vaterlande war sein Lehrer in der Grammatik der Grieche Nebo, in der Redekunst Serapion und in der Philosophie Stilio; zu Rom aber ertheilten ihm der Grammatiker Scaurus, ein Sohn des Scaurinus und ein Lehrer von ausgebreitetem Rufe, und die Redekünstler Julius Frontinus, Bäbius Macrinus und Julius Granianus, von dem man noch jetzt Redeübungen hat, Unterricht. Indeß in der lateinischen Sprache machte er keine große Fortschritte, wie seine im Senat oder vor dem [378] Heere und Volke gehaltenen Reden beweisen. So wenig er aber die lateinische Beredtsamkeit liebte, ein so großer Freund der Gelehrten war er, und hatte vor ihnen sogar eine Art von Angst4, sie möchten in ihren Schriften seiner nicht vortheilhaft gedenken. Daher wünschte er, daß diejenigen, die er für dessen würdig hielt5, wenn sie etwa einmal abwesend gewesen sein sollten, alle seine Handlungen als Regent und Mensch aus seinem eigenen Munde erführen und verlangte von ihnen, daß sie dieselben aufzeichnen sollten, wofern sie recht und vernünftig wären.

4 Herr6 durfte man ihn nicht nennen. Er befahl, an ihn wie an eine Privatperson, nur mit Beibehaltung des kaiserlichen Titels, zu schreiben7. Seine Schuhe und Kleider waren nicht, wie bei Heliogabal, mit Edelsteinen geschmückt. Er trug, wie man ihn auch noch auf Gemälden sieht, ein weißes Kleid ohne Gold, und seine Pänula und seine Toga waren die eines gewöhnlichen Bürgers. Mit seinen Freunden lebte er in einer solchen Vertraulichkeit, daß er sich öfters zu ihnen setzte, bei ihnen speiste und einige derselben, auch ohne ausdrücklich eingeladen zu sein, ihn täglich besuchen durften, sie ihm auch nur wie einem Senator aufwarteten, wobei man auch [379] nicht von besondern Hofbedienten, sondern höchstens von den gewöhnlichen Thürstehern eingeführt wurde, während vorher die Kaiser unsichtbar waren und man ihnen nicht aufwarten durfte. Alexander hatte eine schöne, anmuthige Gestalt, wie dieß noch heut zu Tage an seinen Gemälden und Statuen zu sehen. Seine Natur, sowie seine Stärke waren die eines Kriegers, und seine Gesundheit die Gesundheit eines Mannes, der wußte, was sein Körper ertragen konnte und auf dessen Pflege immer bedacht war. Er wußte überdieß Aller Herzen zu gewinnen, daher ihn Einige den Frommen, Alle aber wenigstens einen höchst verehrungswürdigen und dem Staate ersprießlichen Regenten nannten. Als er Heliogabals Nachstellungen ausgesetzt war, erhielt er im Tempel der pränestinischen Göttin8 das Loos:
– – – – Du wärst uns, besiegst du dein hartes
Schicksal, ein andrer Marcell9.

5 Den Namen Alexander erhielt er, weil er in einem Alexander dem Großen geweihten Tempel in der Stadt Arca zur Welt gekommen war. Dahin hatten sich nämlich zufälligerweise am Alexanderfest sein Vater und seine Mutter zur Feier dieses vaterländischen Festes begeben. Der Beweis dafür liegt in dem Umstande, daß Alexanders des Großen Sterbetag10 der Geburtstag Alexanders, des Sohnes der Mammäa, ist. Den ihm vom Senat angebotenen Namen Antoninus schlug er aus, wiewohl er mit Caracallus näher verwandt [380] war als jener untergeschobene Antoninus. Denn nach Marius Maximus im Leben des Severus heirathete Severus, damals noch nicht Kaiser, sondern noch in wenig glänzenden Verhältnissen11, ein orientalisches Frauenzimmer von Stande, die, wie er erfahren hatte, ihrem Horoskop zufolge Gemahlin eines Kaisers werden sollte. Mit dieser war Alexander verwandt, dessen wirklicher Geschwisterkindsvetter Varius Heliogabalus durch seine Mutter war. Er lehnte auch den ihm als einem zweiten Alexander durch die Stimme des Senats zuerkannten Namen des Großen ab.

6 Es wird nicht unzweckmäßig sein, bei dieser Gelegenheit die Rede, in welcher Alexander die ihm vom Senat angebotenen Beinamen Antoninus und der Große ausschlug, anzuführen. Doch bevor ich dieß thue, will ich die Acclamationen des Senats, worin dieser Beschluß gefaßt wurde, beibringen. Aus der Staatszeitung. Vom 6. März. Als der Senat sich sehr zahlreich in der Curie – d. h. im geweihten Tempel der Concordia12 – versammelt hatte, wurde Aurelius Alexander Cäsar Augustus um seine Zustimmung gebeten. Der Kaiser lehnte dieß zuerst ab, weil er wußte, daß wegen ihm zuzuerkennender Ehrenbezeugungen werde verhandelt werden. Wie er aber doch endlich kam, erschallten folgende Acclamationen: „Tugendhafter Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Kaiser Alexander, die Götter mögen dich erhalten! Die Götter haben dich uns geschenkt, die Götter mögen dich erhalten! Die Götter haben dich [381] aus den Händen des Unzüchtigen gerettet, die Götter mögen dich immer erhalten! Den unzüchtigen Tyrannen hast auch du ertragen müssen. Daß der Unzüchtige und Unfläthige lebe, hast auch du bedauert. Die Götter haben ihn ausgerottet: die Götter mögen dich erhalten! Der ehrlose Kaiser ist mit Recht verurtheilt. Heil uns unter deiner Regierung! Heil dem Staate! Der Ehrlose ist am Hafen fortgeschleift worden, zum schreckenvollen Beispiel. Der schwelgerische Kaiser ist mit Recht bestraft worden. Die unsterblichen Götter mögen dem Alexander langes Leben verleihen! Die Gerichte der Götter sind nunmehr offenbar.“

7 Nachdem Alexander seinen Dank ausgesprochen hatte, erfolgten die Acclamationen: „Antoninus Alexander, die Götter mögen dich erhalten! Antoninus Aurelius, die Götter mögen dich erhalten! Antoninus Pius, die Götter mögen dich erhalten! Nimm, wir bitten dich, den Namen Antoninus an! Jenen guten Kaisern zu Liebe laß dich Antoninus nennen! Gib dem Namen der Antonine seine Reinheit wieder! Was jener befleckt hat, das reinige du wieder! Gieb dem Namen der Antonine seinen vorigen Glanz wieder! Das Blut der Antonine erkenne sich wieder! Räche du die Schmach des Marcus! Räche du die Schmach des Verus! Räche du die Schmach des Bassianus! Heliogabalus, allein noch schlimmer als Commodus, ist weder ein Kaiser noch ein Antoninus, noch ein Bürger, noch ein Senator, noch ein Edler, noch ein Römer gewesen. Auf dir beruht unser Glück und unser Leben, damit das Leben eine Lust sei. Möge Alexander so lange leben als die Antonine, damit das Leben eine Lust sei! Er heiße Antoninus! Antoninus weihe die Tempel der Antonine! Antoninus besiege die Parther und Perser! Selbst geheiligt, empfange er einen heiligen Namen! Selbst fleckenlos empfange er einen heiligen Namen! Den Namen des [382] Antoninus, den Namen der Antonine mögen die Götter erhalten! In dir, Antoninus, haben wir Alles, durch dich haben wir Alles.“

8 Auf diese Acclamationen erwiderte Aurelius Alexander Cäsar Augustus: „Ich sage euch, versammelte Väter, meinen Dank, und dieß nicht erst in diesem Augenblicke, sondern für die Ertheilung der Cäsarwürde, und für die Erhaltung meines Lebens, so wie für die Verleihung des Augustustitels, des Oberpriesteramtes, der tribunicischen Gewalt und der proconsularischen Würde, Ehren, mit denen allen ihr mich, was unerhört ist, an Einem Tage überhäuft habt.“ Auf diese Worte erfolgten wieder Acclamationen: „Du hast dieses Alles angenommen, nimm auch den Namen Antoninus an! Thue es dem Senate, thue es den Antoninen zu Liebe! Antoninus Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Die Götter mögen dich, den Antoninus, erhalten! Auf den Münzen erscheine wieder der Name des Antoninus! Die Tempel der Antonine weihe ein Antoninus!“ Aurelius Alexander Augustus entgegnete darauf: „Ich bitte euch, versammelte Väter, versetzt mich nicht in die Nothwendigkeit, mit einem so erlauchten Namen einen Wettstreit eingehen und ihm Genüge leisten zu müssen, da schon mein eigener, wiewohl ausländischer, Name doch als eine schwere Bürde auf mir lastet. Denn alle solche ausgezeichnete Namen sind drückend. Denn wer wollte wohl einen Stummen einen Cicero, einen Ungelehrten, einen Varro13, wer einen gegen seine Aeltern Lieblosen einen Metellus14 [383] nennen? Und wer – was die Götter verhüten mögen – möchte wohl einen Menschen ausstehen können, der seinem Namen nicht entspricht und die erhabensten Ehrentitel unwürdigerweise führt15?“

9 Auf dieß die nämlichen Aclamationen wie oben. Der Kaiser sprach weiter: „Der hohe Glanz des Namens, oder jetzt vielmehr der Gottheit der Antonine, ist euch, gnädige Väter, wohl bekannt. Nimmt man auf Frömmigkeit Rücksicht, wer war tugendhafter als Pius? Auf Wissenschaften und Kenntnisse – wer ein einsichtsvoller als Marcus? Auf Redlichkeit – wer biederer als Verus? Auf Tapferkeit – wer tapferer als Bassianus? Denn des Commodus will ich für jetzt nicht erwähnen, der gerade dadurch um so verworfener war, weil er bei solchen Sitten den Namen Antoninus führte. Diadumenus aber war noch zu jung, hatte nicht Zeit genug sich zu entwickeln und hat durch einen Kunstgriff seines Vaters diesen Namen bekommen.“ Nun wieder dieselben Acclamattionen wie oben. Der Kaiser fuhr fort: „Ihr werdet euch, versammelte Väter, wohl noch erinnern, welch ein allgemeines Seufzen erst noch vor wenigen Tagen war, als jenes unfläthigste, nicht bloß aller [384] zweifüßigen, sondern auch vierfüßigen Wesen mit dem Namen Antoninus prangte und doch an Schändlichkeit und Schwelgerei die Neronen, Vitellier und Commodus hinter sich zurückließ, und wie unter den Volkshaufen und in den Kreisen angesehener Männer nur Eine Stimme war, daß dieser Mensch den Namen Antoninus mit Unrecht führe und daß ein so heiliger Name durch dieses Scheusal geschändet werde.“ Hier unterbrach ihn der Zuruf: „Die Götter mögen ein solches Unglück verhüten! Dieses fürchten wir unter deiner Regierung nicht; in dieser Hinsicht sind wir unter deiner Waltung unbesorgt. Du hast über die Laster, über die Verbrechen, über die Schande gesiegt. Du hast dem Namen Antoninus Ehre gemacht, davon sind wir versichert, das wissen wir schon zum Voraus. Wir haben dich schon von deiner frühen Jugend an bewährt gefunden und finden dich auch jetzt bewährt.“ Der Kaiser entgegnete: „Ich trage, versammelte Väter, keineswegs deßwegen Anstand, jenen allverehrten Namen anzunehmen, als befürchtete ich, ich möchte auf meiner Laufbahn in ähnliche Laster versinken oder als schämte ich mich dieses Namens. Nein, sondern es widerstrebt erstlich meinem Gefühle, den Namen einer fremdem Familie anzunehmen, sodann glaube ich aber auch noch, daß mir derselbe lästig sein würde.“

10 Auf diese Worte folgten wieder dieselben Acclamationen wie oben. Alexander fuhr fort: „Denn wenn ich den Namen Antoninus annehme, so kann ich eben so gut den Namen des Trajanus, des Titus und des Vespasianus annehmen.“ Hier unterbrach ihn der Zuruf: „Wie Augustus, so kannst du dich auch Antoninus nennen lassen.“ Der Kaiser erwiderte darauf: „Ich sehe wohl ein, versammelte Vater, welche Gründe euch dazu bestimmen, mir diefen Namen noch beizulegen. Allein der erste Augustus ist der Stifter [385] des Kaiserthums, und wir alle haben auf diesen Namen vermöge einer Art von Ankindung oder Erbschaftsrecht Anspruch. Die Antonine selbst haben Auguste geheißen. Antoninus Pius aber gab seinen Namen dem Marcus sowie dem Verus vermöge des Rechts der Ankindung. Commodus führte ihn als anererbt. Bei Diadumenus war es Anmaßung, bei Bassianus Ziererei, und bei Aurelius16 eine Lächerlichkeit.“ Auf diese Worte erschallten die Acclamationen: „Alexander Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Heil deiner Anspruchslosigkeit, deiner Klugheit, deiner Unschuld, deiner Keuschheit! Daraus sehen wir, in welchem Geiste du regieren wirst: jetzt finden wir dich bewährt. Dein Verdienst wird es sein, daß der Senat auf die rechte Art Fürsten wählt, dein Verdienst, daß das Urtheil des Senats das beste sein wird. Alexander Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Die Tempel der Antonine weihe Alexander Augustus! Dich, unsern Cäsar, unsern Augustus, unsern Kaiser mögen die Götter erhalten! Siege, gedeihe und herrsche viele Jahre!“

11 Der Kaiser Alexander sprach hierauf: „Ich sehe, versammelte Väter, daß mein Wunsch erfüllt ist. Ich bin euch dafür erkenntlich und statte euch meinen vollkommensten Dank dafür ab. Ich werde mir alle Mühe geben, daß auch der Name, den ich auf den Thron gebracht habe, für Andere ein Gegenstand des Verlangens sei, und daß er guten Fürsten nach dem Urtheile eurer würdigen Versammlung angeboten werde.“ Auf dieß erscholl der Zuruf: [386] „Großer Alexander, die Götter mögen dich erhalten! Wenn du den Namen Antoninus ausschlägst, so nimm den Namen des Großen an! Großer Alexander, die Götter mögen dich erhalten!“ Wie sie diesen Zuruf mehrmals wiederholten, sprach Alexander Augustus: „Es wäre für mich, versammelte Väter, noch leichter gewesen, den Namen der Antonine anzunehmen: denn ich könnte mich dabei entweder auf meine Verwandtschaft oder auf das Gemeinschaftliche des Kaisernamens berufen. Warum soll ich aber den Namen des Großen annehmen? Was habe ich denn schon Großes vollbracht? Alexander hat diesen Namen erst nach Verrichtung großer Thaten, Pompejus erst nach großen Triumphen erhalten. Beruhigt euch also, verehrungswürdige Väter, und selbst groß, betrachtet mich lieber als einen aus eurer Mitte, als daß ihr mir den Namen des Großen beilegt.“

12 Auf dieß erfolgte wieder der Zuruf: „Aurelius Alexander Augustus, die Götter mögen dich erhalten“ und was sonst noch für Acclamationen herkömmlich und gebräuchlich sind. Nachdem noch viele andere Dinge an demselben Tage verhandelt worden waren, so entließ Alexander den Senat und begab sich gleichsam im Triumphe nach seinem Palaste zurück. Er erschien durch die Ablehnung fremder Namen viel herrlicher als wenn er sie angenommen hätte. Auch galt er von da an für einen Fürsten von festem Charakter und unerschütterlicher Standhaftigkeit, da ihn, einen einzigen Jüngling, der ganze Senat nicht hatte überreden können. Ungeachtet ihn aber die Bitten des Senats zur Annahme des Namens Antoninus oder des Großen nicht hatten bewegen können, so erhielt er doch wegen seiner ungemeinen Energie und wegen seiner ganz besondern, außerordentlichen Entschlossenheit, womit er der Zügellosigkeit der Soldaten entgegentrat, von diesen den Namen Severus, ein Name, der ihm um so mehr für den Augenblick die höchste Achtung, bei der Nachwelt aber [387] einen glänzenden Ruhm erwarb, als er ihn seiner Seelenstärke zu danken hatte. Denn er ist der einzige Feldherr in der ganzen Geschichte, der, wie am geeigneten Orte erzählt werden soll, ganze aufrührerische Legionen abgedankt und, was ich ebenfalls an gehörigem Platze anführen will, die Soldaten, die irgend eine Gewalthätigkeit sich hatten zu Schulden kommen lassen, auf das Strengste bestraft hat.

13 Folgende Vorzeichen verkündigten seine Gelangung zum Reiche. Erstlich soll sein Geburtstag der Sterbetag Alexanders des Großen gewesen sein. Zweitens brachte ihn seine Mutter im Tempel zur Welt. Sodann erhielt er den Namen Alexander, und weiter brachte eine alte Frau seiner Mutter ein an demselben Tage, an welchem er geboren wurde, gelegtes purpurrothes Ei einer Ringeltaube, was die Zeichendeuter dahin erklärten, er werde zwar, und dieß sehr schnell, Kaiser werden, aber es nicht lange bleiben. Ferner fiel ein über dem Ehebette seines Vaters aufgehängtes Gemälde Trajans während seine Mutter im Tempel mit ihm niederkam, auf dieses Bett herab. Hiezu kam noch daß seine Amme denselben Namen wie Aleranders Mutter, nämlich den Namen Olympias, hatte und daß der Zufall es so fügte, daß sein Pflegevater, ein dortiger Landmann, eben so wie Alexanders des Großen Vater Philippus hieß. Man erzählt auch, daß den ganzen Tag über, an dem er geboren wurde, bei Arca Caesarea ein Stern erster Größe sich gezeigt habe und daß die Sonne über seines Vaters Wohnung mit einem hellschimmernden Kreise umgeben gewesen sei. Als an seinem Geburtstag die Opferschauer für sein Glück opferten und beteten, erklärten sie, der Neugeborene werde einst zum Besitze der höchsten Gewalt gelangen, weil die Opferthiere von einem einst dem Severus gehörigen Landgute gebracht worden und von den Pächtern zu dessen Andenken bestimmt gewesen [388] seien. Ein an seinem väterlichen Hause neben einem Pfirschenbaum hervorgesproßter Lorbeer überwuchs innerhalb eines Jahres den Pfirschenbaum, was die Zeichendeuter dahin erklärten, daß die Perser von ihm besiegt werden würden17.

14 Seine Mutter träumte den Tag vor ihrer Niederkunft, daß sie eine purpurfarbige Schlange gebäre, sein Vater aber in derselben Nacht, daß er sich auf den Flügeln der in der Curie stehenden römischen Siegesgöttin gen Himmel erhebe. Alexander selbst soll, da er als ein noch kleiner Knabe einen Wahrsager wegen der Zukunft befragte, folgende Verse zur Antwort erhalten haben, und zwar bei dem ersten Loose:
Dich erwartet die Herrschaft des Meeres, der Erd’ und des Himmels;
woraus man schloß, daß er einst werde vergöttert werden. Und sodann beim zweiten:
Auf dich wartet ein Reich, welches die Reiche beherrscht,
aus welchen Worten man ersah, daß er einst Beherrscher des Römerreiches werden werde. Denn wo in der Welt gibt es ein Reich, welches die andern Reiche beherrscht, als das römische? Diese Prophezeiungen erhielt er in griechischen Versen. Wie er aber auf Anrathen seines Vaters von der Philosophie und Musik auf andere Fächer übergehen wollte, bekam er in Versen aus dem Virgil18 folgende ihn verherrlichende Loose:
Andere mögen das athmende Erz in weicherem Gusse
Bilden, ich glaub’s, und lebend’ge Gebärden dem Marmor enthauen,
[389] Besser mit Reden verfechten das Recht, und die Bahnen des Himmels
Zeichnen mit messendem Stab, und der Stern’ Aufgänge verkünden;
Du, Romaner, gedenke mit Macht der Völker zu walten
(Da sei du der Künstler), des Friedens Gesetze zu ordnen,
Unterworf’ne zu schonen und niederzukämpfen die Trotzer.
Es gab aber auch noch andere Anzeigen, die ihn als den künftigen Beherrscher des Menschengeschlechts ankündigten. Er hatte so hellfunkelnde Augen, daß man ihren Blick nicht lange ertragen konnte, sehr häufig Ahnungen von der Zukunft und ein ausgezeichnet starkes Gedächtniß, dem er nach Acholius durch die Kunst19 zu Hülfe kam. Weil er noch sehr jung zur Regierung gelangt war, so zog er bei Allem seine Mutter, eine zwar ehrwürdige, aber karge und gold- und silbergierige Frau, zu Rathe, so daß sie seine Mitregentin zu sein schien.

15 Sobald Alexander als Augustus die Zügel der Regierung ergriffen hatte, so entfernte er vor allen Dingen sämmtliche Beamte, welche der unzüchtige Heliogabal aus der verworfensten Menschenklasse zu ihren Stellen erhoben hatte, aus dem Staatsdienste und von ihren Stellen und Aemtern. Darauf säuberte er den Senat und den Ritterstand. Dasselbe that er sodann auch bei den Tribus und denjenigen Personen, die auf Soldatenvorrechte Anspruch machen, so wie er auch seinen Palast und seine ganze Umgebung reinigte, ohne daß irgend ein Unzüchtiger, übel Berüchtigter im Hofspersonal beibehalten oder entbehrliche Personen im Hofdienste belassen worden wären. Ferner verpflichtete er sich eidlich, feinen Aggregirten [390] d. h. Ueberzähligen20 mehr dulden zu wollen, um nicht den Staat mit Naturallieferungen zu beschweren. Es sei, sagte er dabei, derjenige Kaiser ein schlechter Verwalter des Staats21, der von dem Marke der Provinzen entbehrliche, dem Staate im Geringsten nichts nützende Leute füttere. Leute, die Geldbeeinträchtigungen sich erlaubt hatten, sollten sich nach einem Befehle von ihm nie als Richter in den Städten sehen lassen, widrigenfalls sie von den Statthaltern der Provinzen zur Deportation verurtheilt werden sollten. Den Proviant der Soldaten untersuchte er auf das Genaueste. Die Tribunen, welche die Soldaten durch Abzüge verkürzt hatten, bestrafte er mit dem Tode. Alle Geschäfte und Rechtssachen ließ er vorher von den Kanzleidirektoren22 und den geschicktesten, ihm ergebenen Juristen, deren erster damals Ulpianus war, untersuchen, in Ordnung bringen und alsdann sich vortragen.

16 In Betreff der Rechte des Volks und des Fiscus erließ er eben so zahlreiche als billige Gesetze. Er ertheilte seine Bestätigung [391] seiner Verordnung ohne vorher 20 Rechtsgelehrte und nicht weniger als 50 gelehrte, weise und beredte Männer dabei zu Rathe gezogen zu haben, um in diesem Rathe nicht weniger Stimmen zu haben als zu einem Senatsbeschlusse23 erforderlich wären. Er beobachtete dabei das Verfahren, daß die Meinung jedes Einzelnen untersucht und protokollirt wurde, nachdem man ihnen, ehe sie ihre Stimme abzugeben hatten, die nöthige Zeit zum Nachdenken und Ueberlegen gelassen hatte, damit sie nicht genöthigt wären, unvorbereitet ihre Ansicht über Gegenstände von der höchsten Wichtigkeit auszusprechen. Ueberdieß hatte Alexander die Gewohnheit, wenn von Rechtssachen und Rechtsgeschäften die Rede war, sich blos Rechtsgelehrter und beredter Männer zu bedienen, wenn aber von militärischen Angelegenheiten, versuchte, schon bejahrte, wohl verdiente, der Gegenden und Kriegs- und Lagerkunst kundige, insgesammt aber mit wissenschaftlichen Kenntnissen ausgerüstete und vornehmlich mit der Geschichte vertraute Krieger zu Rathe zu ziehen, welche er dann fragte, was in diesem oder jenem Falle die alten Feldherrn der Römer oder der auswärtigen Völker für Maßregeln ergriffen hätten.

17 Encolpius, mit welchem Alexander sehr vertraut stand, erzählt, wenn dieser Kaiser einen unredlichen Beamten gesehen habe, so wäre er im Stande gewesen, ihm mit den Fingern die Augen auszudrücken. So erbittert war er auf Diejenigen, die nach seiner Ueberzeugung solche Spitzbuben gewesen waren. Septimius, Verfasser einer gelungenen Lebensbeschreibung Alexanders, fügt noch bei, dieser [392] Kaiser sei gegen diejenigen Beamten, denen das Gerücht Eigennutz Schuld gab, auch wenn sie nicht verurtheilt worden seien, so aufgebracht gewesen, daß, wenn er von Ungefähr dergleichen sah, er vor Entrüstung Galle ausgespieen, im ganzen Gesichte von Zorn geglüht habe und nichts mehr habe sprechen können. Daher als einst ein gewisser Septimius Arabinus, der seiner Spitzbübereien wegen äußerst berüchtigt, aber noch unter Heliogabal freigesprochen worden war, unter anderen Senatoren ihm seine Aufwartung zu machen kam, rief Alexander aus: O ihr himmlischen Mächte24, o Jupiter, o ihr unsterblichen Götter! Arabinus ist nicht blos am Leben, sondern kömmt sogar in den Senat? Baut er vielleicht auch auf mich Hoffnungen? Für so einfältig, für so dumm hält er mich? – Man begrüßte ihn nur mit seinem Namen, d. h. man sagte: sei gegrüßt, Alexander!

18 Wenn sich jemand vor ihm beugte oder ihm etwas allzu Schmeichelhaftes sagte, so erhielt er, wenn es sein Rang erlaubte, den Abschied; erlaubte aber sein Stand keine harte Ahndung, so antwortete Alexander mit laut schallendem Gelächter. Sobald die Senatoren ihn begrüßt hatten, forderte er alle zum Platznehmen auf. Nur achtbare, unbescholtene Männer durften zur Aufwartung vor ihm erscheinen, und er ließ (gleichwie bei den eleusinischen Geheimnissen gerufen wird, es solle Niemand hereintreten, außer wer sich schuldlos wisse) durch einen Ausrufer bekannt machen, es solle Niemand dem Kaiser aufwarten, der sich unrechtmäßiger Bereicherung [393] bewußt sei, damit er nicht, wenn er dereinst entdeckt würde, den Tod erleiden müßte. Daß man sich vor ihm mit dem Gesichte zur Erde niederwarf, gestattete er nicht, obgleich bereits Heliogabal diese persische Hofsitte eingeführt hatte. Außerdem pflegte er öfters zu sagen, nur ungetreue Beamte beklagen sich über Armuth, um dadurch ihre begangenen Verbrechen zu verbergen. Auch führte er das bekannte griechische Sprichwort von solchen Menschen häufig im Munde:
ὁ πολλά κλέψας ὀλίγα δούς ἐκφεύξεται.
das in der Uebersetzung lautet: Wer viel gestohlen hat, aber nur Weniges davon seinen Begünstigern gibt, der geht straflos aus.

19 Einen prätorischen Präfekten ernannte er nach dem Gutachten des Senats. Zum Stadtpräfekten nahm er ein Mitglied dieses Körpers. Einen zweiten prätorischen Präfekten wählte er aber selbst und nahm dazu einen Mann, der, um mit dieser Stelle verschont zu bleiben, sogar sich flüchtig gemacht hatte, mit der Aeußerung, Staatsämter müsse man Männern geben, die dieselben ablehnen und nicht denen, die sie suchen. Zum Senator ernannte er Niemanden als nach dem Rathe der anwesenden Senatoren, so daß derselbe durch die Stimme aller gewählt wurde und die ausgezeichnetsten Männer ihre Zeugnisse ablegen konnten. Hatten aber diejenigen, welche gezeugt oder ihre Stimme abgegeben hatten, ihn hintergangen, so wurden sie durch eine förmliche Verurtheilung als überwiesene Betrüger ohne irgend eine Aussicht auf Begnadigung in die unterste Volksklasse verstoßen. Er ernannte auch Senatoren nur nach Anhörung der obersten Staatsbedienten im Palaste, weil, wie er sich ausdrückte, der ein großer Mann sein müsse, der einen Senator erwählen könne. Freigelassene nahm er nie in den Ritterstand auf, weil dieser eine Pflanzschule der Senatoren sei.

20 [394] Seine Herablassung war so groß, daß er nie jemanden von seiner Seite entfernte, vielmehr gegen Jedermann freundlich und gesprächig sich bewies, daß er seine Freunde nicht blos vom ersten und zweiten, sondern auch von niedererem Range, wenn sie krank waren, besuchte, eine freie Aeußerung ihrer Meinungen von allen forderte, dieselbe anhörte und sodann erforderlichenfalls seine Entschlüsse darnach berichtigte und verbesserte, aber auch, wenn etwas zu seiner mindern Zufriedenheit ausgefallen war, selbst, doch ohne Stolz und Bitterkeit, zu überzeugen suchte, daß er Jeden, der zu ihm kam, Platz neben sich nehmen hieß, die blos ausgenommen, welche das Gerücht stark als Spitzbuben brandmarkte, und daß er sich über Abwesende immer erst erkundigte. Als seine Mutter Mammäa und seine Gemahlin Memmia, die Tochter des gewesenen Consuls Sulpicius und Enkelin des Catulus, unter andern Vorwürfen über seine zu große Herablassung mehrere Male zu ihm sagten: du hast selbst deine Herrschaft zu gelinde und dadurch weniger geachtet gemacht, entgegnete Alexander: Ja, aber auch sicherer und dauerhafter. Er ließ nie einen Tag vorübergehen, an dem er nicht einen Beweis von seiner Milde, Herablassung und Herzensgüte gegeben hätte, doch ohne dadurch den Staatsschatz zu erschöpfen.

21 Verurtheilungen ließ er selten vornehmen, waren aber solche ausgesprochen, so fand keine Begnadigung Statt. Gewisse Einkünfte überließ er den Städten zur Unterhaltung ihrer öffentlichen Gebäude. Die öffentlichen Gelder legte er zu 4 vom Hundert an; doch lieh er sehr vielen weniger Bemittelten Geld ohne Zinsen zum Ankauf von Feldern, von deren Ertrag sie dann dasselbe zurückzuerstatten hatten. Seinen prätorischen Präfekten ertheilte er Senatorenrang, so daß sie also neben dem Titel auch die Würde der Clarissimi hatten, was früher höchst selten oder gar nie der Fall gewesen war, [395] daher denn auch, wie Marius Maximus in dem Leben mehrerer Kaiser erzählt, die Kaiser, wenn sie ihrem prätorischen Präfekten einen Nachfolger geben wollten, demselben durch ihre Freigelassenen das breit gestreifte Senatorenkleid zuschickten25. Als Senatoren wollte aber Alexander die Präfekten darum betrachtet wissen, daß nicht ein Nichtsenator über einen römischen Senator richte. Von seinen Soldaten und dem Orte, wo sie sich befanden, hatte er die genaueste Kenntniß. Er hielt sich in seinem Kabinete Verzeichnisse von ihrer Anzahl und ihrer Dienstzeit und ging jederzeit, wenn er allein war, das Verzeichniß der römischen Kriegsmächte, ihre Stärke, den Rang der Krieger und ihre Dienstzeit durch, so daß er die vollkommenste Kenntniß von Allem besaß. Mußte er sich selbst beim Heere befinden, so konnte er viele Soldaten sogar mit Namen nennen. Die Namen der zu Befördernden zeichnete er sich auf, las alle Listen durch und merkte sich nebst den Tagen der Beförderung die Person, den Charakter und auf wessen Empfehlung die Beförderung geschehen, an. Für den Speisevorrath des römischen Volkes sorgte er dadurch, daß er die Vorrathshäuser, welche Heliogabal geleert hatte, wieder durch auf seine Kosten26 aufgekauftes Getreide füllen ließ.

22 Den Handelsleuten verwilligte er, um sie nach Rom zu ziehen, sehr große Freiheiten. Dem Volke ließ er wieder dieselbe Portion Oel, welche Severus verwilligt, Heliogabal aber dadurch geschmälert hatte, daß er den schändlichsten Menschen die Naturalienaufsicht anvertraute, unverringert geben und Rechnung über Einnahme [396] und Ausgabe dabei führen27. Ueberhaupt gab er dem Publikum Alles zurück, was jener unzüchtige Mensch ihm entzogen hatte. Zu Rom errichtete er sehr viele Manufakturen. Den Juden ließ er ihre Privilegien und duldete die Christen. Vor den Pontifen, den Fünfzehnern28 und den Auguren hatte er eine so hohe Achtung, daß er ihnen mehrere die Religion betreffende Fälle, die er entschieden hatte, noch einmal zu behandeln und anders zu entscheiden verstattete. Die Statthalter der Provinzen, von welchen er in Erfahrung gebracht hatte, daß das ihnen ertheilte Lob sich auf wirkliche Verdienste gründe und nicht eine Folge von Bestechung und Intriken sei, hatte er auf seinen Reisen jederzeit in seinem Gefährte sich zur Seite und beschenkte sie reichlich, dabei äußernd, die Diebe müßten von den Staatsämtern entfernt und in Armuth versetzt, rechtschaffene Männer dagegen beibehalten und bereichert werden. Als einst das römische Volk eine Preisherabsetzung von ihm verlangte, ließ er dasselbe durch einen Ausrufer fragen, was denn ihnen theuer vorkomme. Sogleich schrie alles, das Schweine- und das Rindfleisch. Alexander setzte nun zwar den Preis desselben nicht herab, verbot aber, ein Mutterschwein, einen Spanferkel, eine Kuh oder ein junges Rind zu schlachten, und in Folge dieses Verbotes stellte sich innerhalb zwei Jahren, ja fast innerhalb eines einzigen, ein solcher Ueberfluß an Schweine- und Rindfleisch heraus, daß, da vorher das Pfund von beiden Fleischsorten [397] acht Heller gekostet hatte, der Preis des Pfundes jetzt auf zwei, ja sogar auf einen Heller herunter kam.

23 Bei den Beschwerden der Soldaten gegen ihre Tribunen benahm er sich so, daß, wenn ein Tribun wirklich schuldig erfunden wurde, er ihn nach Beschaffenheit seiner Schuld unnachsichtlich bestrafte. Alexander erkundigte sich ohne Unterlaß nach Jedermanns Umständen durch zuverläßige Kundschafter, deren Beruf Niemand kennen sollte, weil, wie er sagte, jeder Mensch der Bestechung zugänglich sei. Seine Sclaven mußten immer Sclavenkleidung, dagegen durften seine Freigelassenen die Kleidung Freigeborner tragen. Die Verschnittenen entfernte er aus seiner Dienerschaft und ließ sie wie Sclaven seine Gemahlin bedienen. Und während Heliogabal ein Sclave derselben gewesen war, schränkte sie Alexander auf eine gewisse Zahl ein und ließ ihnen kein Geschäft im Palaste, als die Besorgung der Frauenzimmerbäder, und wenn jener sehr viele Verschnittene zu Rechnungsführern und Domänenverwaltern erhoben hatte, so nahm ihnen dieser auch die schon vorher besessenen Würden. Er sagte, die Verschnittenen seien ein drittes Geschlecht von Menschen, das kaum Frauenzimmer von Stande zur Bedienung haben, aber Männer weder sehen, noch brauchen sollten. Einst hatte einer einem Soldaten fälschlich seine Verwendung beim Kaiser versprochen und dafür von diesem hundert Goldstücke erhalten. Da ließ ihn Alexander gerade an der Straße ans Kreuz schlagen, auf welcher seine Sclaven am gewöhnlichsten auf die kaiserlichen Landgüter gehen mußten.

24 Ueber sehr viele prätorische Provinzen setzte er Landvögte; die proconsularischen besetzte er nach dem Wunsche des Senats. Die gemischten Bäder zu Rom, welche zwar schon früher verboten gewesen, aber von Heliogabal wieder gestattet worden waren, schaffte [398] er ab. Die von den Hurenwirthen, Freudenmädchen und Lustknaben zu zahlende Abgabe ließ er nicht mehr der kaiserlichen Kasse zufließen, sondern übermachte sie der öffentlichen Kasse zur Bestreitung der am Theater, Circus, Amphitheater und Stadium29 erforderlichen Ausbesserungen. Er hatte auch im Sinne, die Lustknaben zu verbieten, was in der Folgezeit Kaiser Philippus that; allein er besorgte, durch dieses Verbot das öffentliche Laster in die Familienkreise zu verpflanzen, da die Menschen nach dem Unerlaubten nur um so heftiger verlangen und dem Verbotenen mit wüthender Leidenschaft nachjagen. Die Hosenschneider, Leineweber, Glasmacher, Kürschner, Wagner und Gold- und Silberarbeiter, nebst den andern Künsten und Gewerben, belegte er mit einer sehr zweckmäßigen Abgabe, aus deren Betrag die Kosten sowohl für die von ihm selbst erbauten, als auch für die älteren öffentlichen Bäder zum Besten des Volks bestritten werden sollten; auch wies er zu deren Heizung Waldungen an30. Ueberdieß gab er zu ihrer Beleuchtung Oel her, da dieselben vorher erst nach Sonnenaufgang geöffnet und schon vor deren Untergang geschlossen worden waren.

25 Einige Geschichtschreiber berichten, unter Alexanders Regierung sei kein Blut vergossen worden, allein dieß ist falsch. Denn er wurde nicht blos wegen seiner Strenge von den Soldaten [399] Severus genannt, sondern war auch bei seinen Strafen gegen einige Personen zu hart. Die Bauwerke der vorigen Kaiser ließ er wiederherstellen und viele neue aufführen, worunter die Bäder, die seinen Namen tragen und unweit der ehemaligen neronianischen liegen. In diese ließ er eine Wasserleitung, noch jetzt die alexandrinische genannt, anlegen und schmückte sie mit einem Lustwalde, wozu er den Platz Privatpersonen abkaufte und die darauf stehenden Gebäude niederreißen ließ. Er war der Erste, der einen der Baderäume Ocean nannte, was Trajan nicht gethan hatte, der die Bäder nach den Namen der Wochentage benannte. Die Bäder des Antoninus Caracalla vollendete er und schmückte sie mit Säulenhallen31. Er war der Erste, welcher eine Vermischung von zwei Marmorarten, nämlich von lakonischem Marmor und von Porphyr, erfand und mit diesem von ihm benannten Marmor den Palast ausschmückte. Er ließ zu Rom viele kolossale Standbilder aufrichten, wozu er Künstler von allen Orten herberief. Auf sehr vielen Münzen, von denen einige sogar aus Elektrum32, die meisten aber aus Gold waren, ließ er sich in der Tracht Alexanders abbilden. Frauenzimmer von üblem Rufe durften seiner Mutter und seiner Gemahlin nicht aufwarten. In Rom hielt er häufig nach Art der alten Volkstribunen und Consuln öffentliche Reden.

26 Dem Volke gab er dreimal eine Spende; eben so oft den Soldaten ein Geschenk. Auch erhielt das Volk noch eine Fleischzugabe. Dadurch, daß er die Zinsen auf 4 vom Hundert herabsetzte, sorgte er auch für den minder Bemittelten. Den Senatoren verbot [400] er, wenn sie Geld ausleihen wollten, zuerst alle Zinsen und erlaubte ihnen blos etwas als freiwilliges Geschenk anzunehmen; später aber gestattete er ihnen Zinsen, sechs vom Hundert, als ein bestimmtes Geschenk zu nehmen, dagegen fiel aber das freiwillige Geschenk weg. Die Bildsäulen ausgezeichneter Männer ließ er von allen Orten her zusammen bringen und auf dem Forum Trajans aufstellen. Dem Paulus33 und Ulpianus, welche nach Einigen Heliogabal, nach Andern Alexander selbst zu prätorischen Präfekten ernannt hatte, hielt er sehr in Ehren. Der Letztere war, wie man sagt, Alexanders Staatsrath und Kanzler, Beide aber sollen Papinians Beisitzer gewesen sein. Alexander hatte auch den Plan gefaßt, eine alexandrinische Basilika zwischen dem Marsfelde und der Septa des Agrippa, die 100 Fuß in die Breite und 1000 in die Länge haben und auf lauter Säulen ruhen sollte, aufführen zu lassen, allein der Tod ereilte ihn vor Ausführung desselben. Den Tempel der Isis und des Serapis schmückte er auf eine paffende Weise mit Figuren aus delischer Arbeit34, die aber sämmtlich eine mystische Bedeutung hatten. Gegen seine Mutter bewies er eine außerordentliche Zärtlichkeit. Er ließ zu Rom im Palaste Wohnzimmer mit ihrem Namen, die das unwissende Volk heut zu Tage ad Mammam nennt, einrichten und auf seinem Landgute bei Bajä einen Palast mit einem See, der noch jetzt ihren Namen führt, erbauen. Auch noch andere prachtvolle Werke ließ er [401] daselbst zu Ehren seiner Verwandten aufführen und erstaunenswerthe Teiche, in die er das Meer leitete, anlegen. Die von Trajan errichteten Brücken besserte er fast aller Orten aus, baute auch einige neue, doch erhielt er jenen den Namen Trajans.

27 Alexander hatte im Sinne, alle Hof- und Staatsbediente eine besondere Kleidung tragen zu lassen, um sie daran kenntlich zu machen, so wie auch alle Sclaven, damit sie vom Volke unterschieden werden könnten und jedem Aufruhr und einer Vermischung mit den Freien vorgebeugt würde: indeß Ulpianus und Paulus widerriethen es, weil, wenn die Menschen Beleidigungen so leicht ausgesetzt wären, sehr viele Zänkereien statt finden würden. Auf diese Vorstellung begnügte sich Alexander mit der Verordnung, daß sich die römischen Ritter durch die Beschaffenheit ihrer Purpurstreifen35 von den Senatoren unterscheiden sollten. Das Tragen der Pänula, die man von jeher nur auf Reisen oder bei Regenwetter angehabt hatte, erlaubte er auch den Senatoren36 gegen die Kälte. Doch verbot er dieselbe den Matronen innerhalb den Mauern Roms, auf Reisen aber durften sie sich derselben bedienen. Alexander wußte sich besser griechisch als lateinisch auszudrücken; auch verstand er artige Verse zu machen. Er war ein Liebhaber der Musik und besaß Kenntnisse in der Astrologie, und zwar so sehr, daß er Astrologen als öffentliche Lehrer zu Rom anstellte und ihnen Erlaubniß zu lehren gab. [402] Auch die Opferwahrsagekunst verstand er sehr gut, und in der Vogelschau war er so bewandert, daß er darin die Vasconischen Augurn aus Hispanien und die Augurn aus Pannonien übertraf. Er war auch Geometer, ein sehr geschickter Maler und ein trefflicher Sänger, ließ sich aber als solcher nie öffentlich, sondern nur in Gegenwart seiner Pagen hören. Das Leben der guten Kaiser beschrieb er in Versen. Auch spielte er die Laute und die Wasserorgel und blies Flöten und die Trompete, doch ohne sich als Kaiser auf diesen Instrumenten hören zu lassen. Er war überdieß ein vorzüglicher Ringer und groß im Waffengewerke, so daß er viele Kriege, und zwar mit Ruhm, führte.

28 Das ordentliche Consulat bekleidete er nur dreimal, ließ aber sogleich nach der ersten Woche Andere für sich eintreten. Gegen Alle, die auf Kosten des Staats sich zu bereichern suchten, war er ein äußerst strenger Richter; er nannte sie tagtägliche Verbrecher und die einzigen innerlichen und äußerlichen Feinde des Staats, und bestrafte sie aufs Strengste. Einen Schreiber, welcher im kaiserlichen Rathe ein falsches Protokoll in einer gewissen Sache verfertigt hatte, ließ er die Fingersehnen durchschneiden, so daß er niemals mehr schreiben konnte, und ihn sodann deportiren. Ein Mann von Stande, der aber ein schandbares Leben führte und schon vorher wegen Spitzbübereien in Untersuchung gewesen war, hatte auf vieles Anhalten eine Stelle beim Heere bekommen, und zwar durch die Verwendung von befreundeten Königen. Allein kaum hatte er die Stelle, als er unter den Augen seiner Gönner auf einer Spitzbuberei ertappt wurde. Diese erhielten den Auftrag, ihn zu verhören und er ward, da er überführt worden, verurtheilt. Als die Könige, auf die an sie gerichtete Frage, wie Spitzbuben bei ihnen bestraft würden, antworteten, mit dem Kreuz, so wurde er dieser Antwort gemäß gekreuzigt. [403] So wurde der Bittsteller durch einen Ausspruch seiner eigenen Gönner verurtheilt, und Alexander konnte den Grundsätzen der Milde, an denen er äußerst festhielt, getreu bleiben. Alexander ließ den vergötterten Kaisern zu Ehren ihre kolossalen Statuen theils zu Fuße theils zu Pferde unbekleidet auf dem Forum des göttlichen Nerva, welches das Durchgangsforum37 heißt, aufstellen mit Inschriften auf den ehernen Postamenten, welche ihre Thaten der Reihe nach meldeten, nach den Beispiel Augusts38, welcher die Bildsäulen großer Männer aus Marmor nebst der Angabe ihrer Thaten auf seinem Forum aufstellte. Alexander wollte gerne als einen ursprünglichen Römer sich betrachtet wissen, weil er ein Syrer zu heißen sich schämte, und dieß hauptsächlich aus dem Grunde, weil ihn einst an einem öffentlichen Feste die Antiochener, Aegyptier und Alexandriner ihrer Gewohnheit nach bespöttelt und einen syrischen Synagogenvorsteher und Hohenpriester genannt hatten.

29 Ehe ich auf die Kriege, Feldzüge und Siege dieses Kaisers übergehe, so will ich einige Nachrichten von seinem täglichen und häuslichen Leben mittheilen. Seine Lebensordnung war folgende: Vor allem Andern verrichtete er, wenn ihn nichts davon abhielt, d. h. wenn er nicht die Nacht bei seiner Frau zugebracht hatte, in den Frühestunden in seiner Hauskapelle, worin sowohl die vergötterten Kaiser, aber nur die besten und vorzüglichsten, als auch die tugendhaftesten Männer, unter andern Apollonius39 und nach der Versicherung [404] eines gleichzeitigen Schriftstellers, Christus40, Abraham und Orpheus, nebst andern Männern der Art, und die Bildnisse seiner Vorfahren sich befanden, seine Andacht. Wenn er dieß aber nicht konnte, so ritt er entweder oder fischte oder ergieng sich oder jagte je nach der Beschaffenheit des Orts. Litt es sodann die Zeit, so beschäftigte er sich noch ein wenig41 mit Staatsgeschäften, weil die Kriegs- und Staatsangelegenheiten, wie oben gemeldet, von seinen Freunden, unbescholtenen, zuverläßigen und unbestechbaren Männern, besorgt wurden, deren Entscheidungen er bestätigte, wenn er nicht eine Abänderung daran zu treffen für nothwendig fand. War es aber unumgänglich nothwendig, so befaßte sich Alexander schon vor Tagesanbruch mit Staatsgeschäften und setzte sie viele Stunden lang fort, ohne je darüber verdrießlich, mürrisch oder ärgerlich zu werden, sondern mit immer frohem Muthe und heiterer Miene. Seine Klugheit war außerordentlich, und Niemand vermochte ihn zu täuschen; suchte ihn aber Jemand auf eine feine Art zu hintergehen und Alexander bemerkte es, so erfolgte Bestrafung.

30 Wenn er die den Krieg und das Innere betreffenden [405] Staatsangelegenheiten bereinigt hatte, so beschäftigte er sich mit Lectüre, und zwar größtentheils mit griechicher, namentlich mit Plato’s Büchern vom Staate. Von den Lateinern las er am liebsten den Cicero von den Pflichten und vom Staate; zuweilen auch einige Redner und Dichter, unter den letztern namentlich den Horaz und Serenius Sammonicus, den er selbst persönlich gekannt und geschätzt hatte. Auch las er Alexanders Leben, der ihm hauptsächlich zum Vorbilde diente, doch mißbilligte er an ihm seine Trunksucht und seine Grausamkeit gegen seine Freunde, wiewohl gute Schriftsteller, welchen er häufig Glauben schenkte, den Alexander in beiden Beziehungen zu rechtfertigen suchen. Nach der Lectüre beschäftigte er sich entweder mit gymnastischen Uebungen oder Ballschlagen oder Laufen oder nicht allzu anstrengendem Ringen. Sodann begab er sich ins Bad, wo er sich mit Oel einreiben ließ und immer sich des Badebehälters bediente, ohne je oder doch höchst selten im Warmen zu baden. Er blieb daselbst nahezu eine Stunde und trank, und zwar noch nüchtern, gegen einen Sextarius kalten Wassers aus der claudischen Wasserleitung. Nach dem Bade nahm er eine ziemliche Portion Milch, Brod und Eier und darauf Weinmeth zu sich. Zuweilen genoß er nach dieser Stärkung das Frühmittagsmahl, hie und da wartete er aber auch bis zum Spätmittagsmahl; doch war das Erstere häufiger der Fall. Besonders gern aß er das Tetrapharmacum Hadrians42, von dem Marius Maximus in der Lebensbeschreibung dieses Kaisers spricht.

31 Nach den Mittagsstunden las und unterschrieb Alexander in der Regel die auszufertigenden Rescripte, wobei seine Secretäre, [406] Aufseher über die Bittschriften und Archivare ihm immer zur Seite standen, zuweilen aber auch, wenn ihnen ihre Gesundheit das Stehen nicht erlaubte, sitzen durften und Schreiber und Registratoren alles vorlesen mußten. War noch etwas beizusetzen, so that dieß Alexander eigenhändig, indessen immer nach dem Gutachten dessen, der für den im Ausdrucke Gewandtesten galt. Nach den Ausfertigungen hatten seine Freunde insgesammt zugleich Zutritt zu ihm. Er unterhielt sich dabei mit dem einen wie mit dem andern. Auch sah er nie einen derselben allein bei sich, ausgenommen seinen prätorischen Präfecten, und zwar den Ulpianus, der wegen seiner seltenen Gerechtigkeitsliebe immer um ihn sein mußte. Hatte Alexander mit dem andern Präfecten zu verhandeln, so ließ er immer auch den Ulpianus rufen. Den Virgil nannte Alexander den Plato der Dichter und hatte dessen Büste nebst Cicero’s Bildniß in seiner zweiten Hauskapelle, wo auch die Bildnisse des Achilles und anderer großer Männer sich befanden. Alexander den Großen aber hatte er unter den vergötterten Kaisern und den trefflichsten Männern des Menschengeschlechts in seiner größern Hauskapelle aufgestellt.

32 Keiner von seinen Freunden und Begleitern, nicht einmal die Vorsteher der Hofämter und die Vorgesetzten der Hofdienerschaft43, wurden auf eine beschimpfende Weise von ihm entlassen. Er erklärte sich vielmehr immer gegen seine Präfecten, daß, [407] wer eine solche schimpfliche Entlassung verdient habe, vom Kaiser nicht entlassen, sondern bestraft werden müsse. Wenn er einmal einem Statthalter den Abschied ertheilte, so geschah dieß immer mit dem Beisatze: der Staat dankt dir, und beschenkte ihn so reichlich, daß er als Privatmann standesgemäß leben konnte. Die Geschenke bestanden in der Regel in Ländereien, Vieh, Pferden, Getreide, Eisenwerk, den nöthigen Beiträgen zur Erbauung eines Hauses, in Marmor zu dessen Ausschmückung, und in Arbeitsleuten, wie sie die Beschaffenheit des Baues erforderte. Dagegen machte er selten Jemandem anders als den Soldaten Geschenke an Gold und Silber. Es sei, war seine gewöhnliche Aeußerung, gewissenlos, wenn der Verwalter des Staats das zu seinem und seiner Freunde Vergnügen verwende, was die Provinzialen bezahlt hätten. Den Einwohnern Roms erließ er das Krongold und die Gewerbe- und Nahrungssteuer.

33 Zu Rom bestellte Alexander vierzehn Quartiermeister, und zwar aus der Mitte der Consularen. Sie sollten in Verbindung mit dem Stadtpräfecten die Gerichtssachen in der Stadt besorgen und den Verhandlungen entweder insgesammt oder doch großentheils beiwohnen. Für die Weinhändler, Bohnenhändler, Schuhmacher, kurz für alle Gewerbe und Künste, errichtete er besondere Innungen, stellte aus der Mitte derselben eigene Fürsprecher auf und wies einer jeden derselben ihren bestimmten Richter an. Den Schauspielern schenkte er nie Gold- oder Silbergeld, sondern höchstens Münze; auch die Gaben von kostbaren Kleidern an sie, die Heliogabal gemacht hatte, hörten auf. Die sogenannte Paradegarde erhielt von ihm weniger eine kostbare, als eine schöne, in die Augen fallende Bekleidung. Auf die Fahnen44 oder auf den kaiserlichen Pomp verwandte [408] er nur wenig Gold und Seide, weil, wie er sagte, die Majestät des Throns auf Tugend, nicht auf Pracht beruhe. Er bediente sich wieder der groben Kriegsmäntel des Severus und der unbesetzten oder langärmeligten Unterkleider, die nur einen schmalen Purpurstreifen hatten.

34 Auf seiner Tafel sah man kein Gold. Seine Trinkgefässe waren zwar nicht prächtig, aber jederzeit geschmackvoll. Sein Tafelgeschirr belief sich nie über 200 Pfund Silber. Die Zwerge beiderlei Geschlechts, die Lustigmacher, Sänger, Lustknaben, das ganze auf die Genüsse des Ohres berechnete Personal und die Pantomimen schenkte er dem Volke; die unbrauchbaren Personen dagegen vertheilte er in die verschiedenen Städte, damit sie nicht als Bettler dem Publikum zur Last fallen möchten. Die Verschnittenen, welche Heliogabal in der Regel nicht blos zu seinen unzüchtigen Berathschlagungen gezogen, sondern sogar zu Ehrenstellen befördert hatte, schenkte er seinen Freunden, mit dem Beisatze, wenn sie sich nicht bessern würden, so dürften sie auch ohne richterliche Bevollmächtigung45 getödtet werren. Die unzüchtigen Weibspersonen, deren Alexander eine Unzahl vorgefunden hatte, ließ er öffentlich verkaufen, sämmtliche Lustknaben aber, die jenes Scheusal zur Befriedigung seiner unnatürlichen Lüste gebraucht hatte, deportiren, einzelne aber unterwegs sammt den Schiffen versenken. Keiner seiner Diener war, selbst nicht bei den Staatstafeln, in Goldstoff gekleidet. Wenn er im [409] Familienkreise speiste, so zog er entweder den Ulpian oder Gelehrte zur Tafel, um wissenschaftliche Gespräche mit ihnen zu führen, die ihm nach seiner Aeußerung Erholung und Belehrung verschaffen. Speiste er nicht in Gesellschaft, so war ihm ein Buch zur Hand, worin er las, meistens ein griechisches. Doch las er auch lateinische Dichter gerne. Bei seinen Staatstafeln herrschte dieselbe Einfachheit, wie wenn er allein speiste; nur war die Anzahl der Speiselager46, so wie der Gäste größer, was ihm unlieb war, weil er alsdann, wie er sich ausdrückte, auf dem Theater und dem Circus esse.

35 Das Anhören von Redern und Dichtern, aber nicht von solchen, welche sein eigenes Lob verkündigten (denn dieß kam ihm, wie einst dem Pescennius Niger47, abgeschmackt vor), sondern von solchen, welche ihm entweder Reden oder die Thaten der oben angeführten Männer des Alterthums vortrugen, machte ihm eine große Freude; noch lieber aber hörte er die Großthaten Alexanders des Großen oder der besseren Fürsten der Vorzeit oder der großen Männer der Stadt Rom vorlesen. Das Athenäum besuchte er häufig, um die griechichen und lateinischen Redner oder Dichter anzuhören. Er hörte aber auch gerne die Proceßreden der Advokaten daselbst vortragen, welche sie entweder vor ihm oder dem Stadtpräfekten gehalten hatten48. Bei den Kampfspielen, namentlich bei den zu Ehren [410] Alexanders des Großen veranstalteten herkulischen, führte er den Vorsitz. Unter vier Augen wollte er weder in den Vormittags- noch in den Nachmittagsstunden Jemand sprechen, und zwar aus dem Grunde, weil er erfahren hatte, daß Mehrere sich viele Unwahrheiten in Betreff seiner erlaubt hatten, namentlich ein gewisser Petronius Turinus. Mit diesem stand Alexander in vertrauten Verhältnissen, derselbe trieb aber mit seinen über den Kaiser ausgesagten Unwahrheiten einen wahren Handel, wodurch denn die kaiserliche Würde Alexanders als eines schwachköpfigen Menschen, den er völlig beherrsche und zu gar Manchem zu bereden vermöge, blosgestellt wurde, weil er Jedermann überredet hatte, daß der Kaiser Alles nach seinem Winke thue.

36 Endlich ertappte ihn Alexander durch folgende List. Er stellte Jemanden an, daß er ihn öffentlich um Etwas bitten, den Turinus aber insgeheim um seine Verwendung angeben sollte, daß dieser unter vier Augen bei Alexander den Fürsprecher machen möchte. Dieß geschah, und Turinus versprach seine Verwendung, sagte auch wirklich, er habe, was aber keineswegs der Fall war, mit dem Kaiser gesprochen und von ihm allein hänge die Gewährung des Gesuches ab, und bestimmte den Preis des glücklichen Erfolgs. Auf dieß mußte jener den Turinus nochmals angehen, welcher unter dem Scheine, als wäre er eben beschäftigt, ihm die Gewährung seines Gesuchs durch Winke zu verstehen gab, ungeachtet er doch mit Alexandern kein Wort über die Sache gesprochen hatte. Nachdem aber das Gesuch wirklich gewährt worden war, und Turinus für seine vorgebliche Verwendung von dem, dem es gewährt worden, sehr ansehnliche Geschenke erhalten hatte, so ließ ihn Alexander in Anklagestand versetzen und bewies durch Zeugen öffentlich, in wessen Gegenwart Turinus etwas empfangen und vor wessen Ohren er etwas versprochen habe. [411] Sodann ließ er ihn auf dem Durchgangsforum an einen Pfahl binden und mit dem durch angezündetes, um ihn herumgelegtes Stroh und feuchtes Holz erregten Rauch tödten, während ein Ausrufer ausrufen mußte: wer Rauch verkauft hat, wird mit Rauch gestraft. Um übrigens nicht den Schein zu haben, als sei er wegen eines einzigen Falles zu strenge gewesen, hatte Alexander vor der Verurtheilung des Turinus die genauesten Untersuchungen angestellt und gefunden, daß Turinus, indem er den Erfolg verkaufte, oft nicht blos bei Processen von beiden Parteien, sondern von Allen, die Befehlshaber oder Statthalter geworden, Geschenke genommen habe.

37 Alexander besuchte häufig die Schauspiele, hielt aber in Betreff des Schenkens sehr an sich. Man müsse, sagte er, die Thierfechter, die Schauspieler und die Wagenführer ebenso wie seine Sklaven, Jäger, Stallknechte oder blos zum Vergnügen gehaltenen Diener49 behandeln. Seine Tafel war weder zu reichlich noch zu sparsam besetzt, indessen alles dabei äußerst geschmackvoll. Die Handtücher dabei hatten theils gar keine Streifen, theils waren sie mit Scharlachstreifen, nie aber, wie bei Heliogabal und dem Berichte Einiger zufolge schon früher bei Hadrian, mit Goldstreifen besetzt. Der gewöhnliche tägliche Aufwand für seine Tafel war folgender: Wein für den ganzen Tag 30 Sextarien; sodann 30 Pfund feines Brod und zum Austheilen 50 Pfund geringeres. Er vertheilte nämlich wie ein alter erfahrener Hausvater Brod, Portionen von Gemüse, Fleisch oder Hülsenfrüchten eigenhändig unter seine Diener bei der Tafel. Auch waren für dieselben 30 Pfund verschiedenes Fleisch bestimmt und zwei Hühner; an Festtagen kam auch eine Gans. Am ersten Januar, am Feste der Göttermutter, an den apollinarischen [412] Spielen, bei dem Juppiterschmause, an den Saturnalien und andern dergleichen Festtagen ein Fasan, zuweilen auch zwei nebst zwei Hühnern. Einen Hasen hatte er täglich, Wildpret häufig: indessen theilte er letzteres mit seinen Freunden, hauptsächlich solchen, von denen er wußte, daß sie nicht selbst welches hatten. Reichen Personen schickte er nichts dergleichen zum Geschenke, sondern ließ sich immer von ihnen schicken. Täglich kamen vier Sextarien Hirsen mit und zwei ohne Pfeffer auf seinen Tisch. Ueberhaupt, um hier der Kürze halber nicht alles anzuführen, was Gargilius Martialis, ein gleichzeitiger Schriftsteller, bis in das Einzelnste erzählt hat, war für seine Tafel Alles mit Maß und Berechnung angeordnet. Von Obst war Alxander ein so großer Liebhaber, daß er sich den Nachtisch50 zu mehreren Malen auftragen ließ, was zu der Witzrede Veranlassung gab, Alexander habe keinen Nachtisch, sondern einen zweiten. Er aß ziemlich viel: Wein trank er aber weder zu spärlich, noch im Uebermaße, indeß doch genugsam; das kalte Wasser trank er immer unvermischt, im Sommer auch Rosenwein, den allein er von den vielen verschiedenen Arten Heliogabals beibehalten hatte.

38 Und da ich nun einmal der Hasen erwähnt habe, so gab der Umstand, daß auf Alexanders Tafel täglich ein Hase kam, einem Dichter zu einigen belustigenden Versen Veranlassung. Manche behaupten nämlich, daß derjenige, der einen Hasen esse, sieben Tage lang schön sei, wie dieß auch Martial in folgendem an eine gewisse Gellia gerichteten Sinngedichte [V, 29] sagt:
Schickst du mir einen Hasen, so läßt du mir, Gellia, sagen:
Sieben Tage lang schön wirst du, mein Marcus, nun sein.
[413] Wenn die Wahrheit du sagst, wenn Wahrheit du lässest mir sagen:
Gellia, traun! du hast nie einen Hasen gespeist.
Doch diese Verse hat Martial auf ein häßliches Frauenzimmer gemacht. Aber auf Alexander machte ein gleichzeitiger Dichter folgendes Epigramm:
Daß du unseren Kaiser schön siehst,
Der aus Syriens Gefilden stammt51,
Macht das Wild und ein gespeister Hase,
Der ihm Anmuth immerdar verleiht.
Als Alexandern einer seiner Freunde diese Verse mittheilte, soll er sie in griechischen Versen folgendermaßen erwidert haben:
Daß du nach des Volks gemeinem Sprüchwort
Euern Kaiser für schön hältst, Elender,
Darob zürn’ ich nicht, wenn wirklich Wahrheit
Du geredet: nur wünscht ich, du äßest
Hasen, daß auch du schön würdest, daß
Deiner Seele Flecken sich verlören,
Daß nicht Mißgunst dich zum Neid bewegte.

39 Wenn er Freunde aus dem Kriegerstande bei der Tafel hatte, so ließ er, um der Sitte Trajans, nach dem Nachtische bis auf fünf Becher zu trinken, treu zu bleiben, denselben nur Einen Becher, und zwar einen nicht sehr großen, zu Ehren Alexanders des Großen einschenken, wobei es übrigens Jedermann unbenommen blieb, sich einen größern geben zu lassen. Im Genusse der Liebe war er sehr mäßig und Lustknaben verabscheute er so sehr, daß er, wie oben (C. 24) gemeldet wurde, sie durch ein Gesetz gänzlich zu verbieten im Sinne [414] hatte. In allen Vierteln der Stadt ließ er öffentliche Niederlagen errichten, wohin diejenigen, welche keine eigenen Waarenlager hatten, ihre Güter bringen konnten. Auch versorgte er alle Stadtquartiere, welche keine hatten, mit öffentlichen Bädern, von denen manche noch heut zu Tage den Namen Alexanders führen. Ueberdieß ließ er sehr schöne Häuser erbauen und verschenkte dieselben an seine Freunde, besonders an Männer von unbescholtenem Lebenswandel. Die öffentlichen Abgaben setzte er so weit herab, daß wer unter Heliogabal zehn Aurei hatte bezahlen müssen, jetzt nur noch einen Drittelsaureus, d. h. den dreißigsten Theil der vorigen Abgabe, bezahlen durfte. Damals wurden zuerst halbe Aurei geschlagen, und als die Abgabe bis auf den dritten Theil eines Aureus vermindert wurde, auch Drittelsaurei. Ja Alexander äußerte, es werde auch noch Viertelsaurei geben, unter welche aber die Abgabe nicht weiter herabgesetzt werden könnte. Und wirklich ließ er auch bereits solche schlagen, aber noch in der Münze zurückbehalten, bis er die Abgaben tiefer herabsetzen und solche sodann ausgeben könnte: allein weil die Bedürfnisse des Staates dieß nicht erlaubten, so ließ er sie wieder einschmelzen und nur Drittels- und ganze Aurei prägen. Auch ließ er die doppelten, drei- vier- auch zehnfachen, ja bis auf achtundvierzig und gar hundert Aurei steigenden Goldmünzen, die Heliogabal aufgebracht hatte, einschmelzen und außer Curs setzen, und von da an wurden diese Münzen imaginär. Er that dieß mit der Bemerkung, der Kaiser würde dadurch zu größeren Ausgaben veranlaßt, wenn er, während er viele kleinere Goldstücke austheilen könnte, zehn oder mehr von höherem Werthe, und eigentlich somit 30, 50, ja 100, verschenken müßte.

40 Seidene Kleider trug Alexander selten; ganz seidene zog er gar nie an; halbseidene machte er niemals zum Geschenke. Um seinen Reichthum beneidete er niemanden. Die Dürftigen unterstützte [415] er. Männern von Stande, deren Armuth wirklich nicht durch Verschwendung herbeigeführt oder verstellt war, kam er vielfach zu Hülfe, z. B. mit Ländereien, Sklaven, Zugvieh, Heerden und eisernen Feldgeräthschaften. In seiner Garderobe behielt er kein Kleid länger als ein Jahr und ließ es sodann alsbald verkaufen. Alle Kleider, die er verschenkte, besichtigte er vorher selbst. Alles Gold und Silber wog er vorher, und dieß häufig. Unter den Kriegskleidungen, welche er verschenkte, befanden sich auch Beinschienen, Beinkleider und Schuhe. Auf die Lieferung vom schönsten Purpur, nicht etwa zu seinem eigenen, sondern zu der Matronen Gebrauch, wenn deren welche solchen tragen durften oder konnten, drang er sehr strenge, daher denn auch noch heut zu Tage der alexandrinische Purpur bekannt ist, der jedoch insgemein der probianische heißt, weil Aurelius Probus, der Vorsteher über die Purpurfärbereien, diese Art Purpur erfunden hatte. Alexander trug häufig einen scharlachenen Staatsmantel, doch zu Rom und in den übrigen Städten Italiens immer die Toga. Die Prätexta und die gestickte Toga trug er nur als Consul, und zwar diejenige, die im Tempel Juppiters aufbewahrt wurde und welche auch schon Andere, z. B. Consuln und Prätoren, getragen hatten. Auch beim Opfern war er mit einer Prätexta bekleidet, aber als Oberpriester, nicht als Kaiser. Schönes Linnenzeug liebte er sehr, es mußte aber pures, nicht mit einem Streifen besetztes sein. Denn wenn, sagte er, das Linnenzeug nicht rauh sein soll, wozu braucht es des Purpurs? Gold aber mit Leinen zu verweben hielt er für Unsinn, weil dadurch zur Rauhigkeit noch Steifigkeit und Unbiegsamkeit komme. Beinbinden trug er immer. Seine Hosen waren weiß, nicht, wie bei den früheren Kaifern, scharlachfarben.

41 Alle Edelsteine, die Alexander vorfand, ließ er verkaufen und das daraus erlöste Geld in den Staatsschatz bringen, weil Edelsteine [416] sich nicht für Männer schickten, die Prinzessinnen aber sich mit einem Haarnetze, Einem Paar Ohrgehänge, Einem Perlenhalsbande, einer Krone, in der sie opfern sollten, einem einzigen golddurchwirkten Mantel und mit einem höchstens mit 6 Unzen Gold geschmückten Staatskleide begnügen sollten. Ueberhaupt war er zu seiner Zeit an sich selbst der strengste Censor. Die Großen folgten hierin seinem, so wie die edelsten Matronen seiner Gemahlin Beispiele. Die Zahl der Hofdienerschaft beschränkte er so weit, daß jeden Dienst nur so viele Personen zu besorgen hatten als die Nothwendigkeit erforderte, und die Kleiderreiniger, Garderobediener, Maler und Mundschenken, kurz, alle Hofoffizianten jeder eine, selten zwei Mundportionen, nicht aber, wie es unter jenem Scheusal gewesen, Ehrenstellen erhielten. Da Alexander nur 200 Pfund Silbergeschirr und auch keine größere Anzahl Diener hatte, so bat er, wenn er Tafel gab, seine Freunde um Silbergeschirr und Diener, was noch jetzt geschieht, wenn die Präfekten in Abwesenheit des Kaisers Tafel geben. Bei seiner Tafel traten keine Schauspieler auf, sondern sein Hauptvergnügen bestand dabei darin, daß junge Hunde mit jungen Schweinen spielten oder Rebhühner mit einander kämpften oder kleine Vögel auf- und niederflogen. Außerdem hatte er im Palaste noch eine besondere Art von Vergnügen, das ihm die größte Freude machte und wodurch er sich Erholung von den Staatsgeschäften verschaffte. Er hielt nämlich Vogelhäuser von Pfauen, Fasanen, Hühnern, Enten und auch Rebhühnern. An diesen hatte er seine größte Freude, vornehmlich an den Ringeltauben, deren er bei 20,000 gehabt haben soll. Um aber nicht durch ihre Unterhaltung die für die Hofhaltung bestimmten Naturalien zu beeinträchtigen, hielt er besondere Sklaven, welche sie aus dem Erlös von Eiern, Huhnchen und anderem jungen Geflügel unterhalten mußten.

42 [417] Alexander badete sich häufig mit dem Volk in seinen eigenen und der früheren Kaiser Bädern, und dieß hauptsächlich im Sommer, und kehrte von da im Badkleide in den Palast zurück. Seine einzige Auszeichnung als Kaiser war dabei, daß er einen Scharlachmantel trug. Als Läufer bediente er sich allezeit eines Sklaven, da nach seinem Ausdrucke ein Freigeborner nur in den heiligen Wettspielen laufen sollte. Auch zu Köchen, Fischern, Kleiderreinigern und Badern hatte er nur seine eigenen Sklaven; fehlte es an einem, so ließ er einen solchen kaufen. Nur ein einziger Hofarzt erhielt eine Besoldung von ihm; die übrigen Alle, sechs an der Zahl, empfiengen je zwei oder drei Mundportionen, und zwar jeder eine von weißem, die andern von anderem Brode. Wenn er Landpfleger ernannte, so versah er sie, nach dem Beispiele der ältern Romer, wie dieß auch Cicero52 bezeugt, mit Silbergeschirr und allem Nöthigen, so daß die Statthalter der Provinzen zwanzig Pfund Silber, sechs Schalen, zwei Maulthiere, zwei Pferde, zwei Amtskleider, ein Hauskleid, ein Badekleid, hundert Goldstücke, einen Koch, einen Stallknecht und, waren sie unverheirahet, eine Beischläferin als einen unentbehrlichen Gegenstand erhielten. War ihre Amtszeit zu Ende, so mußten sie die Maulthiere, die Pferde, die Stallknechte und die Köche zurückgeben, das Uebrige aber durften sie für sich behalten, wenn sie sich zur Zufriedenheit betragen hatten, im entgegengesetzten Falle aber mußten sie das Vierfache erstatten, ohne daß sie deßhalb von einer Verurtheilung wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder oder wegen Erpressungen befreit gewesen wären.

43 Alexander gab eine große Anzahl Gesetze. Allen Senatoren erlaubte er zu Rom den Gebrauch silberbeschlagener Kutschen [418] und Wagen, weil er es der römischen Majestät für angemessen hielt, daß die Senatoren einer so großen Stadt sich solcher bedienten. Alle, sowohl ordentliche als Ersatzconsuln, die er wählte, ernannte er mit Einstimmung des Senats, schränkte auch den von ihnen zu machenden Aufwand ein und bestimmte die Zeiten und Tage für die Wahl der Magistratspersonen so, wie sie vor Alters gewesen waren. Die Quaestores candidati53 mußten dem Volke auf ihre Kosten öffentliche Schauspiele geben, erhielten aber in der Folge die Prätur und sodann eine Statthalterschaft. Auch ernannte er Kassenrendanten, die auf Kosten des Fiscus, aber mit weniger Pracht, Spiele zu geben hatten. Er war auch gesonnen, die öffentlichen Schauspiele auf das ganze Jahr zu vertheilen, so daß alle dreißig Tage dem Volke ein solches hätte gegeben werden sollen, indeß weiß man nicht, warum er dieß nicht gethan hat. Wenn er sich zu Rom befand, so begab er sich je den siebenten Tag auf das Capitolium und in die Tempel. Christus wollte er einen Tempel erbauen lassen und ihn unter die Götter versetzen, was auch Hadrian54 Willens gewesen sein soll. Der [419] letztere Kaiser hatte in dieser Absicht Tempel ohne Götterbilder in allen Städten erbauen lassen, die noch jetzt, weil sie keine Götterbilder haben, Hadrians-Tempel heißen; allein er hatte sich von Ausführung dieses Plans von Leuten zurückhalten lassen, welchen bei ihrer Befragung der Orakel die Antwort geworden war, wenn dies wirklich nach dem Wunsche Vieler zu Stande käme, so würde Jedermann ein Christ und die andern Tempel verlassen werden.

44 Bei seinen Scherzen war Alexander äußerst angenehm, in der Unterhaltung liebenswürdig und bei Tafel freundlich, so daß jeder, was er wollte, fordern konnte. Was das Gold betrifft, so war er aufmerksam bei dessen Erwerbung, vorsichtig bei dessen Erhaltung, und scharfsinnig bei dessen Auffindung, doch ohne Jemandes Nachtheil. Er hörte es nicht gerne, wenn man ihn einen Syrer nannte, sondern er wollte von ursprünglich römischer Abkunft sein und hatte sich deßhalb einen Stammbaum verfertigt, darin er sein Geschlecht von den Metellern ableitete. Den Rednern, Grammatikern, Aerzten, Zeichen- und Sterndeutern, den Mechanikern und Baumeistern gab er Gehalte und wies ihnen Hörsäle an und ließ darin die Söhne armer Eltern, welche aber freigeboren sein mußten und denen er Unterstützung reichte, unterrichten. Auch in den Provinzen bedachte er die Sachwalter reichlich, wies auch sehr vielen, von denen man wußte, daß sie den [420] Parteien unentgeltlich ihre Dienste widmeten, Naturalbesoldungen an. Auf Beobachtung des Rechts und der Gesetze55 hielt er strenge and kam beiden selbst auf das Gewissenhafteste nach. Das Theater besuchte er fleißig. Das des Marcellus wollte er wieder herstellen lassen. Vielen durch Erdbeben verwüsteten Städten wies er zu Wiederherstellung ihrer öffentlichen und Privatgebäude aus den Einkünften die nöthigen Gelder an. Den Tempeln übermachte er nie mehr als vier bis fünf Pfund Silber, Gold aber nicht einmal ein Körnchen oder ein Blättchen, dabei immer den Vers des Persius [II, 69] murmelnd:
– – Was hat das Gold in den Tempeln zu schaffen?

45 Alexander machte mehrere Heereszüge, von welchen ich der Reihe nach reden werde; vorerst aber will ich von seiner Gewohnheit in Betreff der Geheimhaltung oder Kundmachung der Dinge sprechen. Die Geheimnisse des Krieges wurden verschwiegen, der Tag des Aufbruchs aber durch öffentlichen Anschlag bekannt gemacht, so daß man schon zwei Monate vorher in dem angeschlagenen Edicte lesen konnte: den Tag, in der Stunde werde ich von Rom aufbrechen und mit Hülfe der Götter da und das erste Nachtlager nehmen. Sodann wurden der Ordnung nach die Stationen und die Orte, wo gerastet oder wo Lebensmittel gefaßt werden sollten, bestimmt, und dieß alles bis man an die feindlichen Grenzen kam. Von da an aber wurde Verschwiegenheit beobachtet und der Zug so fortgesetzt, daß den Feinden der Plan der Römer unbekannt blieb. Es ist aber ausgemacht, daß er dadurch seine Absicht nie verfehlte. Seine gewöhnliche Aeußerung war, er wolle nicht, daß seine Höflinge seine Plane verkauften, was unter Heliogabal geschehen war, dessen Verschnittene Alles verkauften. Denn diese Menschenclasse wünscht nur deßwegen [421] alle Geheimnisse am Hofe zu erfahren, um sich den Anschein zu geben, als wüßten sie Alles, und um etwas zu haben das ihnen entweder Geld oder Gunst brächte. Und weil ich gerade von der Kundmachung seiner Anordnungen geredet habe, so bemerke ich, daß wenn er Jemanden zum Statthalter einer Provinz machen oder einen militärischen Posten verleihen oder Procuratoren, d. h. Rationalen [Rentmeister] bestellen wollte, er ihre Namen vorher öffentlich bekannt machen ließ, mit der Aufforderung an das Volk, wenn Jemand etwas wider sie vorzubringen wüßte, so solle er es durch beweisende Thatsachen bekräftigen, vermöge er aber dieß nicht, so solle er mit dem Tode bestraft werden. Denn es sei, äußerte er häufig, traurig, wenn das, was Christen und Juden bei öffentlicher Bekanntmachung der anzustellenden Priester thäten, nicht bei den Statthaltern der Provinzen geschehe, denen Güter und Leben der Unterthanen anvertraut seien.

46 Den Assessoren setzte er Gehalte aus, wiewohl er öfters äußerte, man sollte diejenigen befördern56, welche selbst ohne Hülfe von Assessoren die Staatsgeschäfte besorgen könnten; doch bemerkte er dabei, der Soldat wie der Gelehrte haben seinen angewiesenen Geschäftskreis, und deßhalb müsse jeder das treiben, was er verstehe. Gefundene Schätze überließ er dem Finder; nur wenn sie sehr beträchtlich waren, mußte derselbe mit Alexanders Hofbedienten theilen. Er dachte darüber nach und führte ein Verzeichniß darüber, wem er eine Wohlthat erwiesen hatte; fielen ihm Einige ein, die ihn entweder um Nichts oder um zu wenig gebeten hatten, zur Unterstützung ihres [422] zu machenden Aufwandes, so ließ er sie rufen und fragte: Aus welchem Grunde bittest du um Nichts? Willst du, daß ich dein Schuldner werden soll? Bitte um Etwas, damit du nicht erst im Privatstande über mich klagst! Es bestanden aber seine Gnadenbezeugungen in Dingen, die keinen Schatten auf seine Ehre warfen, z. B. in Anweisungen auf die Güter der Verurtheilten, aber ihr Gold, Silber und Edelgestein ausgenommen; denn dieß Alles ließ er der Staatskasse zufließen. Er verlieh Civil- und Militärstellen; auch vertheilte er Aemter, die auf die Domänenverwaltung Bezug hatten. Die Rentmeister ließ er nie lange auf ihren Stellen, sondern nur ein Jahr, und war ihnen, selbst wenn sie gut waren, nicht gewogen; er nannte sie ein nothwendiges Uebel. Statthalter aber oder Proconsuln und Legaten ernannte er nie nach Gunst, sondern erst nach seiner eigenen oder des Senates reiflicher Ueberlegung.

47 Mit den Soldaten hielt er es auf dem Marsche so, daß dieselben auf bestimmten Stationen57 Naturalien bekamen und nicht, wie gewöhnlich, einen Speisevorrath auf siebzehn Tage mit sich tragen mußten, in Feindesland ausgenommen, wiewohl er ihnen auch da durch Maulthiere und Kameele Erleichterung verschaffte, mit der Bemerkung, er sei weniger auf seine eigene als seiner Soldaten Erhaltung bedacht, denn auf diesen beruhe das Wohl des Staates. Die Soldaten, wenn sie krank waren, sogar die geringsten, besuchte er in Person in ihren Zelten, ließ sie auf Wägen führen und unterstützte sie mit allem Nothwendigen. War ihre Krankheit von Bedeutung, so verlegte er sie in die Städte und auf das Land und übergab sie der Pflege achtbarer58 Hausväter und ehrsamer Matronen, und erstattete [423] diesen auch die gehabten Kosten, die Soldaten mochten wieder genesen oder gestorben sein.

48 Einst strebte ein Senator aus einer alten Familie, aber ein höchst weichlicher Mensch, Namens Ovinius Camillus, nach dem Reiche, und war im Begriffe, sich zu empören. Alexander erhielt Nachricht und alsbald auch den Beweis davon. Er ließ ihn in den Palast rufen und dankte ihm daselbst, daß er die Sorge für den Staat, der sich gute Fürsten nur mit Widerwillen unterzögen, aus eigenem freiem Antriebe übernehme. Sodann begab er sich in den Senat, ernannte daselbst den Zagenden und durch das schwarze Bewußtsein seiner Schuld von Todesangst Gequälten zu seinem Mitregenten, nahm ihn mit sich in den Palast zurück, zog ihn an seine Tafel und beschenkte ihn mit dem Kaiserschmucke, und zwar einem schöneren als er selbst hatte. Als hierauf ein Zug gegen die Barbaren angekündigt war, ermunterte ihn der Kaiser, entweder selbst, wenn er es wünsche, aufzubrechen oder ihn zu begleiten. Alexander marschirte zu Fuße und lud ihn ein, die Beschwerden mit ihm zu theilen. Wie er aber nach einem Wege von fünf Millien nicht mehr recht fort konnte, hieß er ihn sich auf ein Pferd setzen und, als nach zwei Stationen auch dieß zu anstrengend für ihn war, ein Gefährte besteigen. Wie aber Camillus auch dieß, sei es aus Furcht oder in Wahrheit, zurückwies, ja sogar die Regierung niederlegen und gerne sterben wollte, so ließ ihn Alexander von sich und hieß ihn, nachdem er ihn seinen Soldaten, welche den Alexander innigst liebten, empfohlen hatte, ungefährdet auf seine Landgüter sich begeben. Hier lebte er längere Zeit, bis er in der Folge auf Befehl des Kaisers59, weil dieser selbst Krieger und [424] beim Heere beliebt war, getödtet wurde. Ich weiß zwar wohl, daß man die so eben angeführte Geschichte gemeiniglich von Trajan erzählt; allein weder Marius Maximus führt sie in dessen Lebensbeschreibung an, noch Fabius Marcellinus, noch Aurelius Verus, noch Statius Valens, lauter Männer, welche das Leben des genannten Kaisers ausführlich beschrieben haben. Dagegen erzählen dieselbe Septimius, Acholius und Encolpius, Alexanders Lebensbeschreiber und noch Andere mehr von diesem. Ich merke dieses deßwegen hier an, damit Niemand der gewöhnlichen Volkssage mehr Glauben schenke als der Geschichte, welche letztere jedenfalls weit wahrhafter als die Sage erfunden wird.

49 Die mit dem Rechte über Leben und Tod verbundenen Aemter erlaubte er niemals zu verkaufen. Es ist, pflegte er zu sagen, schlechterdings nothwendig, daß derjenige, welcher kauft, verkaufe. Ich werde nie die Käufer der höheren Aemter dulden; denn dulde ich sie, so kann ich sie nicht verurtheilen. Denn ich erröthe, einen Menschen zu bestrafen, der kauft und verkauft. Stellen von Pontifen, Fünfzehnmänner und Auguren vergab er nach Patenten, mit dem Recht der Senatorenwürde. Dexippus berichtet, Alexander habe die [425] Tochter eines gewissen Martianus zur Gemahlin genommen und diesen selbst zum Cäsar ernannt; wie aber dieser dem Kaiser nach dem Leben gestanden, sei der Plan entdeckt, er selbst hingerichtet, seine Tochter aber von Alexander verstoßen worden. Derselbe Geschichtschreiber will wissen, Antoninus Heliogabalus sei der Oheim Alexanders, nicht aber der Sohn der Schwester seiner Mutter60 gewesen. Als die Christen Besitz von einem ehemaligen öffentlichen Platze nehmen, die Garköche dagegen ihre Ansprüche auf denselben geltend machen wollten, gab Alexander den Bescheid, es sei besser, daß man daselbst Gott, sei es auf welche Weise es wolle, verehre, als daß man den Platz den Garköchen überlasse.

50 So nun befähigt und hochbegabt für die Künste des Friedens und des Krieges trat Alexander eine Heerfahrt gegen die Parther61 an, auf der er eine so strenge Mannszucht beobachtete und seine Würde so kräftig zu behaupten wußte, daß man sagte, es ziehen Senatoren, keine Soldaten einher. Wo die Legionen marschirten, zeigten sich die Tribunen aufmerksam, die Centurionen bescheiden, und die Soldaten liebenswürdig; den Kaiser selbst aber betrachteten wegen dieses so schönen Benehmens die Provinzialen als einen Gott. Die [426] Soldaten ihrerseits liebten ihren jugendlichen Kaiser so sehr, daß sie ihn Bruder, Sohn oder Vater nannten. Sie waren anständig gekleidet, sogar prächtig beschuht, trefflich bewaffnet, auch gut versehen mit Pferden mit schönen Reitdecken62 und Zäumen, so daß wer das Heer Alexanders sah die Größe des römischen Reichs daraus abnehmen konnte. Alexander für seine Person beeiferte sich, sich dieses Namens würdig zu erzeigen, ja den berühmten Makedonier noch zu übertreffen, und äußerte, zwischen dem römischen und dem makedonischen Alexander müsse noch ein großer Unterschied Statt finden. So errichtete er sich Silber- und Goldschildner63, so wie eine Phalanx von 30000 Mann64, die er Phalangarier nennen ließ und mit denen er in Persien viele Großthaten verrichtete. Die Phalanx bestand aus sechs sämmtlich gleichbewaffneten Legionen und erhielt nach dem persischen Kriege einen höhern Sold.

51 Die ihm von mehreren Königen dargebrachten Geschenke übermachte er den Tempeln, dagegen ließ er die ihm zum Geschenke dargebrachten Edelsteine verkaufen, den Besitz derselben für weibisch haltend, da man sie weder den Soldaten schenken noch ein Mann sie schicklicher Weise besitzen könne. Einst hatte ein Gesandter seiner Gemahlin zwei Perlen von großem Gewicht und ungewöhnlicher Größe durch ihn selbst überreichen lassen. Alexander befahl, sie zu [427] verkaufen. Da sie aber unbezahlbar waren, so verehrte sie Alexander der Venus als Ohrgehänge, damit die Kaiserin kein schlimmes Beispiel gebe, wenn sie etwas trüge, das allen Werth übersteige. Den Ulpian betrachtete Alexander als seinen Vormünder, was seine Mutter anfangs nicht gerne sah, wofür sie ihm aber in der Folge dankte. Alexander mußte ihn öfters durch Vorhaltung seines Purpurmantels gegen die Wuth der Soldaten schützen, aber das gerade hat den Alexander zu einem so großen Kaiser gemacht, daß er bei der Staatsverwaltung hauptsächlich Ulpians Rathschlägen Gehör gab. Im Lager und auf den kriegerischen Unternehmungen hielt Alexander sein Mittags- und Abendessen bei offenem Zelte, genoß vor Aller Augen zur allgemeinen Freude gewöhnliche Soldatenkost, visitirte selbst fast alle Zelte, und erlaubte Niemandem, sich von seiner Fahne zu entfernen. Wenn Jemand vom Wege auf ein fremdes Gut ablenkte, so ließ er ihn, nach Beschaffenheit seines Ranges, in Gegenwart des Besitzers entweder prügeln, oder mit Ruthen hauen, oder noch härter bestrafen, oder wenn alle diese Strafen wegen des hohen Ranges des Schuldigen nicht anwendbar waren, so ertheilte ihm Alexander die derbsten Verweise mit dem Beifügen: Wäre es dir recht, wenn es Andere auf deinem Gute ebenso machten, wie du es einem Andern gemacht hast? Auch wiederholte er öfters mit lauter Stimme folgende von einem Juden oder Christen gehörte Worte und prägte sie sich in das Gedächtniß ein, nämlich: Was du nicht willst, daß man dir thue, das thue einem Andern auch nicht, und ließ dieselben auch bei Bestrafungen durch einen Ausrufer öffentlich bekannt machen. Er war für diesen Sittenspruch so sehr eingenommen, daß er ihn als Aufschrift an seinem Palaste und an öffentlichen Gebäuden anbringen ließ.

52 Einst hatte Alexander gehört, daß eine alte Frau von [428] einem Soldaten mißhandelt worden sei. Sogleich stieß er denselben aus dem Heere und überließ ihn der Frau als Sklaven, um, weil er ein Wagner war, dieselbe durch seine Arbeit zu ernähren. Als die Soldaten darüber murrten, gewann er durch seine Beredtsamkeit so viel über sie, daß sie es sich voll Furcht ruhig gefallen ließen. Unblutig nannte man, seiner Härte und Strenge ungeachtet, seine Regierung deßwegen, weil, wie der griechische Geschichtschreiber Herodian in der Geschichte seiner Zeiten berichtet, er keinen Senatoren tödten ließ65. Seine Strenge gegen die Soldaten gieng so weit, daß er mehr als einmal ganze Legionen abdankte und sie statt Soldaten Bürger nannte. Auch hatte er nie Furcht vor dem Heere, und zwar deßwegen, weil man es ihm nicht nachsagen konnte, daß er jemals die Tribunen oder Feldhauptleute dem Soldaten von seinem Golde etwas hätte entziehen lassen. Eine gewöhnliche Aeußerung von ihm war: Der Soldat fürchtet sich nicht, außer er ist gut gekleidet, bewaffnet, beschuht, gut genährt und hat etwas Geld in seinem Beutel, während ihm die Entblößung von allen militärischen Bedürfnissen die Waffen in die Hand gibt und ihn zur äußersten Verzweiflung treibt. Alexander schaffte auch beim Heere die Amtsdiener ab; den Tribunen oder Feldhauptleuten sollten nur Soldaten vorangehen, und zwar einem Tribunen vier, einem Feldhauptmann sechs und einem Legaten zehn, doch sollten dieselben freie Wohnung bei ihnen haben.

53 Um indessen einen Begriff von seiner Strenge zu geben, [429] halte ich die Einschaltung einer seiner an das Heer gehaltenen Reden nicht für unzweckmäßig, die seine ganze Art, mit den Soldaten umzugehen, zeigen kann. Während seines Aufenthaltes zu Antiochien besuchten die Soldaten die Weiberbäder und ergaben sich der Ueppigkeit. Alexander, davon benachrichtigt, ließ sie sämmtlich greifen und in Fesseln werfen. Wie dieß kund wurde, brach die Legion, deren Mitgliedern dieß widerfahren war, in eine Meuterei aus. Da ließ Alexander alle gefesselt vor das Tribunal bringen, bestieg dasselbe und redete die um ihn her, und zwar in Waffen, stehenden Soldaten folgendermaßen an: „Kriegsgenossen, wenn euch noch das, was eure Mitsoldaten gethan haben, mißfällt, dann hält noch die alte Kriegszucht den Staat aufrecht; zerfällt aber diese, so ist es auch um der Römer Ruhm und Herrschaft geschehen. Unter meiner Regierung wenigstens sollen keine Auftritte vorfallen, wie sie unter jenem unfläthigen Thiere noch vor Kurzem stattgefunden haben. Römische Soldaten, eure Kameraden, meine Zelt- und Kriegsgenossen, pflegen der Liebe, ergeben sich dem Trunke und dem Genusse der Bäder; einige derselben auch sogar allen Ausschweifungen der Griechen. Dieß sollte ich wohl länger dulden? sie sollte ich nicht mit dem Tode bestrafen?“ Bei diesen Worten erhob sich ein tumultuarisches Geschrei. Alexander aber fuhr fort: „Wie, wollt ihr nicht ein Geschrei unterdrücken, das im Kriege gegen den Feind, nicht aber gegen euern Imperator am Platze ist? Sarmaten, Germanen, Perser sind es, gegen die ihr es zu erheben von euern Exercirmeistern gelehrt worden seid, nicht aber derjenige, der euch mit den von den Provinzialen gelieferten Lebensmitteln, der euch mit Kleidung und Sold versorgt. Haltet also nur eure dräuenden Worte zurück, die im Kriege und in der Schlacht am Platze sind, oder ich werde euch heute noch sammt und [430] sonders mit dem Einen Worte Bürger und vielleicht nicht einmal als Bürger entlassen. Denn wenn ihr Roms Gesetze verleugnet, so verdient ihr nicht einmal unter der Hefe des römischen Volks eine Stelle.“

54 Wie sie aber auf diese Worte noch stärker murrten und sogar mit den Schwertern drohten, sprach Alexander weiter: „Laßt eure Arme sinken, die ihr, wenn ihr tapfer seid, gegen den Feind erheben solltet; denn mich schrecken alle diese Drohungen nicht. Denn werdet ihr auch einen einzigen Menschen tödten, so wird der Staat, der Senat und das römische Volk nicht zögern mich zu rächen.“ Da sie dessen ungeachtet ihr aufrührerisches Geschrei fortsetzten, rief Alexander laut: „Entfernt euch, Bürger, und legt die Waffen nieder!“ Und wirklich folgte diesen Worten das bewunderungswürdige Schauspiel, daß sie die Waffen und sogar ihre Kriegsmäntel ablegten und sämmtlich sich fortbegaben, aber nicht in das Lager, sondern in ihre verschiedenen Herbergen. Bei diesem Auftritt sah man zuerst, wie viel seine Strenge vermöge. Seine Leibwächter und die übrigen Umgebungen des Kaisers nahmen hierauf die Feldzeichen und brachten sie in das Lager zurück, das Volk aber sammelte die Waffen und trug sie in den Palast. Indessen ließ sich Alexander doch nach 30 Tagen, bevor er gegen die Perser aufbrach, durch Bitten bewegen, die abgedankte Legion wieder in ihre Ehren einzusetzen, und ihre Tapferkeit war es hauptsächlich, der er den Sieg verdankte; allein die Tribunen ließ er hinrichten, weil in Folge ihrer Nachlässigkeit die Soldaten bei Daphne sich den Ausschweifungen ergaben oder weil sie durch ihre Nachricht den Aufstand im Heere herbeigeführt hätten.

55 Alexander zog nun mit einem gewaltigen Kriegsheere wider die Perser und schlug den so mächtigen König derselben, Artaxerxes, [431] in einer Schlacht, worin Alexander selbst sich nach den Flügeln hinbegab, die Soldaten anfeuerte, sich den feindlichen Geschoßen aussetzte, eine ausgezeichnete persönliche Tapferkeit bewies und auch die einzelnen Soldaten zu großen Thaten entflammte. Nachdem er endlich diesen so großen König, der mit 700 Elephanten, 1800 Sichelwagen und vielen Tausenden von Reitern in das Feld gezogen war, vollständig geschlagen hatte, kehrte Alexander unverzüglich nach Antiochia zurück und bereicherte mit der den Persern abgenommenen Beute sein Heer. Jeder Tribun, Feldhauptmann und Soldat durfte das, was er bei Plünderung des feindlichen Landes gewonnen hatte, zu eigen behalten. Damals sah man zuerst persische Sclaven bei den Römern. Indessen gab Alexander dieselben dem Perserkönige, dem es schwer fiel, Jemanden der Seinigen in fremder Sclaverei zu wissen, gegen ein Lösegeld zurück, das dann entweder diejenigen bekamen, welche die Gefangenen gemacht hatten oder in die Staatskasse floß.

56 Nach diesem kam Alexander nach Rom, hielt daselbst einen äußerst glänzenden Triumph und sodann zuerst folgende Rede im Senate. Aus dem Senatsprotokoll vom 25. September. „Wir haben, versammelte Väter, die Perser besiegt. Einer langen, wohlgesetzten Rede bedarf es hierüber nicht. Nur das möge zu eurer Kenntniß gelangen, was ihre Bewaffnung, was ihre Heeresmacht gewesen. Zuvörderst hatten sie 700 Elephanten, und diese alle mit Thürmen versehen, mit Bogenschützen und einer Last von Pfeilen. Von diesen sind 300 in unsere Gewalt gekommen, 200 liegen todt auf dem Schlachtfelde und 18 haben wir hierher gebracht. Sodann hatte der Feind 1000 Sichelwagen, von denen [432] wir 200, deren Bespannung getödtet ist, hätten hieher bringen können, was wir aber, da man sich ihre Gestalt vorstellen kann, als überflüssig unterlassen haben. Hundertzwanzigtausend Reiter haben wir geschlagen; 10,000 Panzerreiter, von ihnen Klibanarier genannt, haben wir in der Schlacht getödtet und mit ihren Waffen unsere eigenen Leute bewaffnet. Eine große Anzahl Perser haben wir gefangen genommen und verkauft. Die zwischen den beiden Strömen66 gelegenen und von jenem ungeheuer vernachlässigten Länder, Mesopotamien nämlich, haben wir zurückgenommen. Den Artaxerxes, diesen dem Namen und der That nach mächtigsten König, haben wir vollständig geschlagen, so daß ihn sein eigenes Land fliehen gesehen hat und er da, wo vordem unsere Feldzeichen im Triumphe aufgeführt worden sind, selbst mit Zurücklassung der seinigen seine Stellung suchen mußte. Dieß sind, versammelte Väter, unsere Thaten. Vieler wohlgesetzter Worte bedarf es nicht. Die Soldaten kehren reich zurück; der Sieg ist mit Niemands Belästigung erkauft. Eure Sache ist es nun, Dankfeste zu beschließen, damit wir nicht gegen die Götter undankbar scheinen.“ Auf dieß erscholl von Seiten des Senats der Zuruf: „Alexander Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Größter Ueberwinder der Perser, die Götter mögen dich erhalten! Wahrer Besieger der Parther! Wahrer Besieger der Perser! Deine Siegeszeichen sehen auch wir; deine Siege sehen auch wir. Heil dem jugendlichen Kaiser, Heil dem Vater des Vaterlandes, Heil dem Oberpriester! Durch dich hoffen wir Sieg über die Germanen, durch dich sind wir schon zum Voraus der Siege in allen Gegenden versichert. Der [433] ist Sieger, dem der Soldat gehorcht. Reich ist der Senat, reichs das Heer, reich das ganze römische Volk.“

57 Nach dem Schlusse der Senatssitzung begab sich Alexander auf das Capitolium, opferte auf demselben, hängte die persischen Gewänder im Tempel daselbst auf und hielt sodann folgende Anrede an das Volk: „Quiriten, wir haben die Perser besiegt und die Truppen mit reicher Beute zurückgeführt. Wir versprechen euch eine Spende und werden morgen persische67 Spiele im Circus feiern.“ Diese Nachrichten habe ich in den Jahrbüchern, so wie bei vielen Geschichtschreibern gefunden. Allein mehrere Andere wollen wissen, Alexander habe, von einem seiner Diener verrathen, den König nicht nur nicht besiegt, sondern im Gegentheil, um nicht besiegt zu werden, die Flucht ergriffen. Daß dieß aber dem Berichte Mancher zuwider läuft, ist für diejenigen, welche die Meisten gelesen haben, unzweifelhaft. Denn sie sprechen auch, z. B. Herodian68, ganz im Gegensatze mit den Nachrichten vieler andern Schriftsteller, davon, Alexander habe sein Heer durch Hunger, Kälte und Krankheiten verloren. – Nach diesem begab sich Alexander ruhmgekrönt, unter Begleitung des Senates, des Ritterstandes und des ganzen Volkes, so wie umringt von Frauen, Kindern und besonders den Weibern der Soldaten, zu Fuß in den Palast, während ein Triumphwagen, von vier Elephanten gezogen, ihm nachfolgte. Man trug ihn auf den Händen, und kaum [434] konnte er innerhalb vier Stunden den Boden berühren, während der allseitige Ruf erschallte: Rom ist glücklich, weil Alexander glücklich ist. Am folgenden Tage wurden im Circus und auf dem Theater Spiele gefeiert und dem römischen Volke eine Spende gegeben. Und wie einst Antoninus der Faustina zu Ehren eine Stiftung für eine Anzahl Knaben und Mädchen gemacht hatte, so machte jetzt Alexander eine ähnliche zu Ehren seiner Mutter Mammäa.

58 Die römischen Waffen waren auch im tingitanischen Mauritanien69 unter Furius Celsus, in Illyricum unter Varius Macrinus, dessen Verwandten, und in Armenien unter Junius Palmatus glücklich. Ueberall her erhielt Alexander Siegesberichte, nach deren Verlesung vor Senat und Volk er mit allen Namen der besiegten Völker beehrt wurde. Allen um den Staat wohlverdienten Männern wurden die consularischen Auszeichnungen zuerkannt, wozu noch bei minder bemittelten und bejahrteren Priesterstellen und Ländereien kamen. Die Gefangenen aus den verschiedenen Nationen schenkte Alexander seinen Freunden, falls dieß vermöge ihres Knaben- oder Jünglingsalters angieng. Befanden sich darunter welche von königlicher oder doch edler Abkunft, so gab er ihnen Kriegsbedienstungen, aber freilich von minderer Wichtigkeit. Die dem Feinde abgenommenen Ländereien verschenkte er an die Kriegsobersten und an die Grenzsoldaten, mit der Bestimmung, sie sollten ihnen eigenthümlich zugehören, wenn ihre Erben Kriegedienste thun würden und niemals [435] in den Besitz von Nichtsoldaten übergehen. Er bemerkte dabei, sie würden um so genauer den Dienst versehen, wenn sie auch ihr Eigenthum schützen müßten. Dazu gab er ihnen aber auch noch Vieh und Sclaven, um ihnen die Bebauung des Angewiesenen möglich zu machen, damit nicht Mangel an Armen oder vorgerücktes Alter die Besitzer nöthigen möchte, hart an Feindesland gelegene Ländereien aufzugeben, was, wie er glaubte, höchst schimpflich sein würde.

59 Während nun Alexander im Besitze der größten Liebe des Senates und des Volkes lebte, zog er unter allgemeinen Hoffnungen auf Sieg zum größten Leidwesen Aller gegen die Germanen zu Felde, wobei ihn das Volk 150 Milliarien weit begleitete. Es fiel ihm und dem ganzen Staate unerträglich, daß Gallien von den Germanen mit Plünderungen und Verheerungen heimgesucht wurde, und die Schaam wurde noch durch den Umstand erhöht, daß nach bereits erfolgter Besiegung der Parther ein Volk dem Reiche auf dem Nacken saß, das von jeher selbst unbedeutende Kaiser im Zaume gehalten hatten. Er zog daher in Eilmärschen unter dem Frohlocken der Soldaten wider sie. Wie er nun aber auch in Gallien von einem Aufstande der Legionen hörte, so befahl er sie abzudanken. Allein die Gemüther der Gallier, trotzig wie sie sind und störrisch und schon öfters den Kaisern gefährlich, fanden die zu große, nach einem Heliogabal noch drückendere, Strenge Alexanders unerträglich. Wie er nun mit einer nur wenig zahlreichen Begleitung in Britannien, nach Andern aber in Gallien in einem Dorfe Namens Sicila70 sich befand, [436] wurde er, aber nicht nach dem allgemeinen Wunsch und Willen des Heers, sondern nur von einigen wenigen Soldaten, die Räubern gleich zu ihm hineindrangen, und worunter namentlich solche waren, die durch Heliogabals Freigebigkeit emporgekommen waren, weil sie einen so strengen Kaiser nicht ertragen konnten, ermordet. Mehrere behaupten, einige von Maximinus dazu abgeschickte Rekruten, welche dieser in den Waffenübungen zu unterweisen hatte, haben ihn getödtet. Andere erzählen die Sache wieder anders. Das aber ist ausgemacht, daß er von Soldaten erschlagen wurde, nachdem sie noch zuvor ihn als einen Knaben, und seine geizige und habsüchtige Mutter mit Schmähungen überhäuft hatten.

60 Alexander hatte 13 Jahre und 9 Tage regiert und sein Alter auf 29 Jahre, 3 Monate und 7 Tage gebracht. In Allem war er den Rathschlägen seiner Mutter gefolgt, die mit ihm zu gleicher Zeit getödtet wurde. Vorzeichen seines Todes waren folgende: Als er an seinem Geburtstage opferte, entlief das schon verwundete Opferthier und bespritzte Alexanders weißes Kleid, in welchem er seiner bürgerfreundlichen Gewohnheit nach unter dem Volke dastand, mit Blut. Ein sehr großer alter Lorbeerbaum an dem Palaste einer Stadt, aus der er zu Felde zog, stürzte plötzlich um. Eben so fielen drei Feigenbäume, deren Früchte man alexandrinische Feigen nennt, und an welchen Alexanders Zelt befestigt war, unvermuthet vor denselben zu Boden. Eine Druidin71 rief ihm auf dem Marsche in [437] gallischer Sprache zu: Ziehe nur hin, hoffe aber auf keinen Sieg und trau deinen Soldaten nicht! Als er das Tribunal bestieg, um seine Soldaten anzureden und etwas von günstiger Vorbedeutung zu sagen, begann er mit den Worten: Nach der Ermordung des Kaisers Heliogabalus. Und dieß war doch gewiß ein Vorzeichen, daß er, im Begriffe zu Felde zu ziehen, seine Anrede an die Soldaten mit so unheilvollen Worten begann. Indeß Alerunder achtete aller dieser Vorzeichen im Geringsten nicht, sondern zog zu Felde und wurde an obgedachtem Orte auf folgende Weise ermordet.

61 Alexander hatte gerade seiner Gewohnheit nach öffentlich, d. h. bei offenem Zelte, sein Frühmittagsmahl gehalten und seine Soldatenkost (denn etwas Anderes fanden die sein Zelt durchsuchenden Soldaten nicht darin) zu sich genommen und dann sich etwas zur Ruhe gelegt, als etwa um die siebente Stunde des Tages ein Germane von der Leibwache, während Alles schlummerte und nur der Kaiser etwas wachte, hereintrat. Alexander, der ihn bemerkte, fragte: Was gibt es, Kamerad? bringst du etwa Nachricht von dem Feinde? Der Germane, voll Furcht und Schrecken und an Gnade für sein freches Hineintreten in das kaiserliche Zelt verzweifelnd, eilte zu seinen Kameraden und forderte sie auf, einen so strengen Kaiser umzubringen. Diese giengen alsbald in ziemlicher Anzahl und mit den Waffen in der Hand in das kaiserliche Zelt, stießen die sich unbewaffnet ihnen Entgegenstellenden nieder und durchbohrten den Kaiser selbst mit mehreren Stichen. Einige melden, es sei im Geringsten nichts gesprochen worden, sondern die Soldaten haben nur die Worte geschrieen: [438] heraus, fort! und hierauf den trefflichen kaiserlichen Jüngling getödtet. Das ganze mit Kriegsbedürfnissen so reichlich versorgte Heer, das Maximinus in der Folge nach Germanien führte, und das hauptsächlich aus Armeniern, Osdroenern, Parthern, überhaupt aus Leuten von allen Nationen bestand, war eine Schöpfung Alexanders.

62 Für die Todesverachtung Alexanders spricht sowohl die energische Strenge, womit er jederzeit den Soldaten niederhielt, als auch folgende Geschichte. Der Sterndeuter Thrasybulus war ein sehr vertrauter Freund von ihm. Wie nun dieser ihm einst sagte, daß ihm durch das Schwert eines Barbaren umzukommen bestimmt sei, äußerte Alexander zuerst seine Freude darüber, weil er glaubte daß ihn ein Tod in Kriege, wie er sich für einen Kaiser gezieme, erwarte; sodann verbreitete er sich weitläufig über Beispiele aus der Geschichte und bewies, daß die trefflichsten Männer eines gewaltsamen Todes gestorben seien. Er führte in dieser Absicht den Alexander selbst an, dessen Namen er habe, Pompejus, Cäsar, Demosthenes, Tullius und alle übrigen ausgezeichneten Männer, die keines natürlichen Todes gestorben seien, und schmeichelte sich, man werde ihn, wenn er im Kriege falle, den Göttern an die Seite setzen. Allein der Erfolg täuschte seine Erwartung. Er fiel zwar durch das Schwert eines Barbaren und durch die Hand eines Barbaren von seiner Leibwache, allein nicht im Kriege selbst, sondern nur während eines Kriegszugs.

63 Ueber seinen Tod empfanden die Soldaten, namentlich diejenigen, die einst von ihm verabschiedet worden waren, einen so heftigen Schmerz, daß sie seinen Mörder tödteten. Das römische Volk aber und den Senat, so wie alle Provinzen, hatte noch nie ein traurigeres Ereigniß und ein härterer Schlag getroffen, zumal da der rauhe, bäurische Charakter des nach Alexander sammt seinem Sohn [439] zum Imperator ausgerufenen Maximinus, als eines Mannes der aus dem Soldatenstande hervorgegangen war, noch schwereres Unheil befürchten zu lassen schien. Der Senat versetzte den Alexander unter die Götter, in Gallien wurde ihm ein Kenotaph, zu Rom aber ein prächtiges Grabmal errichtet. Man stiftete ihm zu Ehren die alexandrinische Brüderschaft, und ein Jahresfest ward in seinem und seiner Mutter Namen festgelegt, das noch heut zu Tage zu Rom an seinem Geburtstage auf das Religiöseste begangen wird. Nach Einigen soll die Ursache seiner Ermordung der Umstand gewesen sein, daß seine Mutter den germanischen Krieg aufgegeben wissen und in den Orient, um sich daselbst in ihrer Herrlichkeit zu zeigen, zurückkehren wollte, was das Heer erbittert habe. Allein diese Nachricht ist eine Erfindung der Anhänger Maximin’s, welche ihn von dem Verdachte befreien wollten, als sei der beste Kaiser wider alles göttliche und menschliche Recht von seiner Freunde getödtet worden.

64 Bis hieher hat das römische Reich solche Kaiser gehabt, welche längere Zeit regierten: nun aber stürzten um die Wette Regenten dem Throne zu, von denen einige nur ein halbes, andere nur ein Jahr, und mehrere zwei oder höchstens drei Jahre denselben behaupteten, bis endlich diejenigen Fürsten auftraten, welche ihre Herrschaft länger ausgedehnt haben; ich meine einen Aurelian und seine Nachfolger, von denen ich, wenn ich länger leben sollte, alles, was zu meiner Kenntniß gelangt ist, mittheilen werde. Was man an Alexander tadelte, war, daß er kein Syrer sein wollte, daß er das Gold liebte, sehr argwöhnisch war, viele Auflagen erfand, sich als einen zweiten Alexander den Großen betrachtet wissen wollte, zu strenge gegen die Soldaten war und auf sein Privatvermögen zu viel Rücksicht nahm, lauter Fehler, deren er sich auf dem Throne schuldig machte. Es ist mir nicht unbekannt, daß mehrere Geschichtschreiber [440] behaupten, Alexander sei nicht vom Senate, sondern vom Heere zum Cäsar ernannt worden, allein diese sind in einem völligen Irrthum befangen. Auch weiß ich, daß nach ihrem Berichte Alexander nicht Heliogabals Geschwisterkindsvetter gewesen sein soll; sie dürfen aber, um uns Recht zu geben, nur die gleichzeitigen Geschichtschreiber, namentlich den Acholius, welcher auch die Züge dieses Kaisers beschrieben hat, nachschlagen.

65 Schon zu wiederholten Malen, hast du, großer Constantinus, die Frage aufgeworfen, was denn eigentlich den Alexander, der doch ein Ausländer, ein Syrer gewesen, zu einem so trefflichen Regenten gebildet habe, während doch unter den ächt römischen oder aus andern Provinzen gebürtigen Kaisern so viele schlechte, schändliche, grausame, verworfene, ungerechte und wollüstige gefunden werden. Darauf kann ich zuvörderst als Antwort einen Ausspruch weiser Männer anführen, nämlich daß schon die Natur, die sich überall als eine und dieselbe Mutter erweist, einen guten Fürsten habe hervorbringen können; sodann aber auch, daß ihn die Furcht, weil jenes Ungeheuer umgebracht worden war, einen so trefflichen Regenten werden ließ. Indeß da ich deiner Majestät und Gnade den eigentlichen Grund davon angeben muß, so will ich dir den Aufschluß, den mir meine Lectüre darüber gab, mittheilen. Du erinnerst dich ohne Zweifel, gnädigster Kaiser, aus den Schriften des Marius Maximus, der Staat sei glücklicher und beinahe auch sicherer, in welchem der Fürst schlecht sei, als derjenige, in welchem die Freunde des Fürsten schlecht seien. Denn ein Schlechter könne von mehreren Guten gebessert werden, über viele Schlechte aber könne ein einziger, wenn auch trefflicher Mann, unmöglich das Uebergewicht behaupten. Und dieß entgegnete Homulus dem Trajan selbst, indem er ihm sagte, Domitian sei sehr schlecht gewesen, habe aber rechtschaffene Freunde [441] gehabt, dagegen aber habe sich Claudius verhaßt gemacht72, weil er Menschen von schlechtem Charakter die Leitung des Staats überlassen habe, weil es besser ist, Einen als viele Schlechte zu erdulden.

66 Um indeß auf meinen Hauptgegenstand zurückzukommen, so war Alexander schon von Natur sehr gutartig – denn was er wollte, das konnte nur ein guter Mensch wollen – sodann befolgte er die Rathschläge seiner trefflichen Mutter und hatte keine boshafte, räuberische, intrikante, verschmitzte, wollüstige und grausame Menschen zu Freunden, die zu bösen Planen sich vereinigt, ihn betrogen, zum Besten gehabt und ihn als einen Schwachkopf am Gängelbande geführt hatten, sondern es waren unbescholtene, ehrwürdige, mäßige und gewissenhafte Männer, voll Liebe zu ihrem Fürsten, die weder selbst über ihn lachten, noch ihn bei Andern lächerlich zu machen suchten, die nichts verkauften, nichts logen und nie das Vertrauen ihres Kaisers täuschten, sondern ihn liebten. Dazu kam noch, daß er weder in seinem Rath noch unter seiner Hofdienerschaft Verschnittene hatte, welche einzig und allein die Fürsten verderben, indem sie solche bereden, nach Art der Fürsten mancher andern Völker oder der persischen Könige zu leben, den Fürsten vom Volke und seinen Freunden ferne halten, die Mittelpersonen machen, oft ganz andere Bescheide als der Fürst gegeben ertheilen, ihren Gebieter einschließen und ihn vor allem Andern in einer völligen Unkenntniß von Allem zu halten suchen. Da dieß nur erkaufte, schon vorher niederträchtige Leute sind, wie könnten sie Geschmack am Guten finden? Daher denn auch Alexander sagte: Ich werde es nicht zugeben, daß für Geld erkaufte [442] Sclaven über Leben und Ehre von Präfekten, Consuln und Senatoren entscheiden.

67 Ich weiß zwar wohl, Kaiser Constantinus, wie gefährlich es ist, dieß vor einem Fürsten zu sagen, der ein Sclave solcher Geschöpfe gewesen ist: aber zum Glücke des Staates hast du, nachdem dir klar geworden, welches Unheil jene Scheusale anrichten und wie sie die Fürsten hintergehen, ihnen eine solche Stellung angewiesen, daß du sie nicht einmal ein Staatskleid tragen, sondern die häuslichen Verrichtungen besorgen lässest. Auch dadurch zeichnete sich Alexander vortheilhaft aus, daß er in seinem Palaste außer seinem Präfecten, und zwar dem Ulpian, Niemanden allein sprach und Niemanden Gelegenheit gab, sich einen Einflusses auf ihn zu rühmen oder von Andern bei ihm übel zu reden, vornehmlich seit der Hinrichtung des Turinus, der ihn oft bei Andern als einen Dumm- und Schwachkopf geschildert hatte. Dazu kam noch, daß Alexander seine Freunde und Verwandte, wenn er sie als schlecht erfand, entweder bestrafte oder, wenn alte Freundschaft oder Verwandtschaft die Bestrafung unthunlich machten, von sich entfernte mit den Worten: Theurer als solche Leute ist mir der ganze Staat.

68 Damit du aber auch wissest, welche Männer Alexander in seinem Rathe hatte, so will ich sie dir hernennen. Es waren folgende: Fabius Sabinus, der Sohn des Sabinus, eines ausgezeichneten Mannes, der Cato seiner Zeit; der große Rechtsgelehrte Domitius Ulpianus; Aelius Gordianus, der Vater des Kaisers Gordianus, ein wahrhaft ausgezeichneter Mann; der große Rechtsgelehrte Julius Paulus; der berühmte Redner Claudius Venatus; der große Gesetzkundige Pomponius, sodann Alfenus, Africanus, Florentinus, Martianus, Callistratus, Hermogenes, Venulejus, Triphonius, Metianus, Celsus, Proculus und Modestinus, lauter Lehrer [443] der Rechtswissenschaft und ehemalige Schüler des erlauchten Papinian und Freunde und Gesellschafter Alexanders, wie Acholius und Marius Maximus melden. Sodann befanden sich noch weiter unter den Räthen Alexanders Catilius Severus, ein Verwandter von ihm, ein äußerst gelehrter Mann; Aelius Serenianus, vor allen durch Tugendhaftigkeit ausgezeichnet, und Quintilius Marcellus, der an Rechtschaffenheit sogar in der ganzen Geschichte unübertroffen dasteht. Bei so vielen und noch andern trefflichen Männern, was konnte da Böses gedacht oder gethan werden, da sie alle zu Beförderung des Guten sich vereinigt hatten? Es hatte zwar eine Rotte schlechter Menschen, welche den Alexander in den ersten Tagen seiner Regierung umstrickt hatten, sie zu entfernen gesucht, aber durch die Klugheit des kaiserlichen Jünglings, der jene Schurken entweder hinrichten ließ oder von sich entfernte, gewann jene heilige Freundschaft Kraft und Stärke. Diese Männer sind es, welche einen Syrer73 zu einem ausgezeichneten Regenten gemacht haben, so wie es dagegen schlechte Freunde waren, welche Römer mit ihren Lastern ansteckten und auch bei der Nachwelt als die verworfensten Menschen erscheinen ließen.

Anmerkungen

1 Eine Stadt in Phönicien, später Cäsarea, zur Zeit der Kreuzzüge Archar genannt.

2 Ueber diese Beiden s. die Anmerkung zu Pescennius Niger Cap. 9. Uebrigens hieß Vindex nicht Lucius, sondern Julius.

3 Es war nämlich nicht gewöhnlich, daß ein Kaiser unmittelbar nach seiner Thronbesteigung die genannten Würden und Ehrentitel allzumal erhielt, sondern dieß geschah nur allmählich. Indeß war Alexander nicht der Erste, bei dem dieses der Fall war, sondern wir haben es schon oben bei Pertinax gesehen.

4 Ich interpungire hier mit Salmasius: sed amavit litteratos homines vehementer, eos etiam reformidans.

5 Ich lese mit Obrecht: denique quos dignos ad id esse videbat, singula quaeque etc.

6 Weil das Wort Dominus oder Herr in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht die Gewalt eines Fürsten über seine Unterthanen oder eines Heergebieters über seine Soldaten ausdrückte, sondern die despotische Macht eines Hausherrn über seine Haussclaven.

7 In den Schreiben an die Kaiser mußten nämlich gewöhnlich alle ihre Ehrentitel aufgeführt werden.

8 D. h. der Fortuna primigenia. In ihrem prächtigen und weltberühmten Tempel zu Präneste (jetzt Palestrina) wurden Orakel durch Loose (D. h. Zettelchen, die den um Rath Fragenden gegeben wurden und worauf die Antwort stand) ertheilt.

9 Virgils Aeneis 6, 882. 883.

10 Einige Geschichtschreiber nehmen als solchen den 21. April, andere den 22. Juni des Jahrs 323 v. Ch. G. an.

11 Dieser Nachricht widerspricht eine andere im Leben Geta’s, worin es Cap. 3. heißt, Severus habe damals bereits eines der höchsten Staatsamter bekleidet.

12 Es gab mehrere Tempel der Concordia oder Eintracht zu Rom, allein nicht alle waren geweiht. Der Senat mußte sich immer an einem geweihten Orte versammeln, weil die an einem an dem Ort gefaßten Senatsbeschlüsse ungültig gewesen wären.

13 Ein Zeitgenosse Ciceros, und ein Mann von der ausgebreitetsten Gelehrsamkeit, über welche bei den Alten nur Eine Stimme ist. Von seinen zahlreichen Werken (500 sollen es gewesen sein) sind nur drei Bücher über die Landwirthschaft und das 4. bis 9. seiner 24 Bücher über die lateinische Sprache nebst einer Anzahl Bruchstücke seiner andern Schriften auf uns gekommen.

14 Mit dem Beinamen Pius oder der zärtliche Sohn, bewirkte durch unabläßiges, von Thränen begleitetes Bitten vor dem Volke die Zurückberufung seines Vaters Metellus Numidicus aus der Verbannung.

15 Ich lese mit Salmasius: quis non aequantem nomina ferat ac indigne gerentem clarissimas species dignitatum. Doch dürfte vielleicht die Conjeciur Boxhorns dieser vorzuziehen sein. Er liest: quis non aequantem nomina ferat, degentem in clarissima specie dignitatum, d. h. Wer möchte wohl einen Menschen ausstehen können, der seinem Namen nicht entspricht und im Besitze der erhabensten Ehrentitel lebt?

16 Ostertag in seiner Uebersegung versteht darunter den Alerans der selbst und überfeßt: beim Aurel würde es eine lächerliche Thorheit sein. Allein ich glaube, daß Alexander darunter den Heliogabal versteht, dessen voller Name Marcus Aurelius Antoninus war.

17 Wohl weil die ursprüngliche Heimath des Pfirschenbaums Persien ist.

18 Aeneis 6, 847 ff.

19 Anstatt: quam nemo nisi Acholius ferebat adjutam lese ich mit Obrecht: quam mnemico Acholius ferebat adjutam.

20 D. h. Leute, die zwar den Namen Soldaten führten, aber keine Kriegsdienste zu thun hatten. Sie scheinen eine Erfindung des Kaisers Claudius zu sein. Man vergl. Sueton im Claudius Cap. 25.

21 Ich lese mit Salmasius: malum populi villicum.

22 Zur römischen Kaiserzeit bestanden vier scrinia oder Kanzleien. Das erste war den Memoralien (scrinium memoriae), das zweite den Briefen (scrinium epistolarum), das dritte den Bittschriften (scrinium libellorum), und ein viertes den Papieren und Befehlen vermischter Art (scrinium dispositionum) angewiesen. Die Vorsteher derselben hießen im Allgemeinen principes scriniorum und im Besondern magistri epistolarum, libellorum etc. oder auch ab epistolis etc. und standen sämmtlich unter dem magister officiorum.

23 Vor Augustus hatte kein Senatsbeschluß Gültigkeit, wenn nicht 400 Senatoren anwesend waren; Augustus aber erklärte, auch wenn weniger Senatoren da seien, habe er Gültigkeit. Nach vorliegender Stelle waren 70 erforderlich; nach einer spätern Verordnung Constantins waren 50 dazu hinreichend.

24 Anstatt: o numina hat die Heidelberger Handschrift die Lesart o Marna, und eine alte Ausgabe, davon nur wenig abweichend: Maria, und Salmasius weist nach, daß Marna der Name einer syrischen Gottheit gewesen sei, dessen sich Alexander als ein geborner Syrer recht wohl als eines Ausrufes bedienen konnte.

25 Ein solches Beispiel findet sich oben im Leben des Commodus Cap. 4.

26 Anstatt vicem de propria pecunia lese ich mit Salmasius: hic empta de propria pecunia.

27 Ich lese mit Casaubonus: integrum restituit jussitque conferre rationes: et quod etc.

28 Hierunter sind wohl die fünfzehn Männer verstanden, welche über die sibyllinischen Bücher gesetzt waren und in bedenklichen Zeiten dieselben nachschlagen mußten, ob etwa ein Mittel gegen die gegenwärtige Noth sich darinnen finde.

29 Anstatt aerarii lese ich mit Salmasius: stadii.

30 Silvas etiam thermis publicis deputavit. Außer dem in der Uebersetzung ausgedrückten, kann der Sinn dieser Worte auch noch der sein, daß Alexander bei diesen Thermen (denn wenn von solchen unter den Kaisern die Rede ist, so muß man sich des Gedankens an gewöhnliche Badehäuser entschlagen. Man sehe meine Anmerkung zu Victor Kaisergeschichte Cap. 17) Lustwälder habe anlegen lassen.

31 Anstatt sortionibus lese ich mit Casaubonus und Andern: porticibus.

32 Ein dem Bernstein an Farbe ähnliches künstliches Metall, bestehend aus Golde mit einem Fünftheile Silber vermischt.

33 Dieser aus Italien oder wenigstens dessen Nähe gebürtige große römische Rechtsgelehrte lebte unter den Kaisern Septimius Severus, Caracalla, Heliogabal und Alexander Severus. Er ist wegen seiner Dunkelheit berüchtigt, sonst aber vielleicht der subtilste unter allen römischen Juristen.

34 Die Arbeiten von Delos in Erz waren im Alterthume außerordentlich geschätzt.

35 Die Senatoren hatten gewöhnlich einen breiten Purpurstreif (latus clavus) vorn herunter an ihrem Unterkleide, die Ritter dagegen einen schmalen (angustus clavus); doch trugen zur Kaiserzeit auch die Ritter, die sich zu Staatsämtern vorbereiteten, einen breiten Purpurstreifen. Alexander führte nun die alte Sitte wieder ein.

36 Anstatt senes lese ich mit mehreren Gelehrten: senatores.

37 Ueber die Fora zu Rom überhaupt und über dieses sogenannte Durchgangsforum sehe man in Victors Kaisergeschichte meine zweite Anmerkung zum neunten Cap. nach.

38 Man vergl. darüber Sueton im Leben Augusts Cap. 31.

39 Hierunter ist der bekannte pythagoräische Wunderthäter Apollonius von Tyana, der von dem Jahre drei vor bis zum J. 96 nach Chr. gelebt haben soll und von dessen wunderbarer Geburt, Schicksalen, Künsten und Thaten uns noch eine Schrift des ältern Philostratus († 244 nach Chr.) – wohl nicht ohne Beziehung auf das Christenthum geschrieben – vorhanden ist.

40 Schon aus den Umgebungen, in welchen Christus hier erscheint, darf man nicht auf eine besondere Neigung Alexanders für das Christenthum schließen. Er war in der Religion dem damals herrschenden Eklekticismus zugethan und er zog in denselben auch das Christenthum mit hinein.

41 Anstatt: actibus publicis post multam horam operam dabat lese ich mit Salmasius: actibus publicis non multam operam dabat.

42 Man s. darüber oben im Leben Hadrians Cap. 21 und des Aelius Verus Cap. 5.

43 Magistri aut principes officiorum. Ueber die magistri officiorum ist in der Anmerk. zu Cap. 12 im Leben des Pescennius Niger gesprochen. Die principes officiorum waren die ersten unter den verschiedenen Klassen von Hofbedienten, ertheilten ihnen Befehle und ordneten alle Vorrichtungen an, standen aber selbst wieder unter dem magister officiorum, waren dessen sous-chefs.

44 Anstatt insigniter lese ich mit Salmasius: in signa. Es wurden nämlich bei feierlichen Gelegenheiten, an Festen und Staatsaufzügen etc. von Gold und Silber glänzende Fahnen vor den Kaisern hergetragen.

45 Dieser Beisatz ist nothwendig, weil nach einer Verordnung Hadrians (s. oben in dessen Leben Cap. 18) kein Herr seinen Sclaven eigenmächtig tödten durfte, sondern der Richter über diese Strafe erkennen mußte.

46 Anstatt accumbantium lese ich mit Salmasius: accubitionum.

47 Man sehe oben Leben Nigers Cap. 9.

48 Es war nämlich häufig der Fall, daß Advokaten die Reden, die sie bei wichtigen Processen gehalten oder mit großem Ruhme der Beredtsamkeit vorgetragen hatten noch einmal überarbeiteten und sie so vor einem mehr oder minder zahlreichen Auditorium, um ihre Talente und ihre Beredtsamkeit in einem glänzenden Lichte zu zeigen, noch einmal vortrugen.

49 Z. B. Zwerge, Lustigmacher, Sänger etc.

50 Dieser bestand nämlich bei den Römern aus Obst aller Art.

51 Dieser Beisatz bezieht sich wohl darauf, daß die Syrer ihrer Schönheit wegen wohl nicht sehr berühmt waren, während Alexander nach Cap. 4 von großer körperlicher Schönheit war.

52 Im vierten Buche gegen Verres.

53 Man sehe über sie die Anmerk. zu Hadrians Leben Cap. 3.

54 Dieß ist sehr unwahrscheinlich. Denn einestheils war Hadrian ein Mann, der, wie es oben in seinem Leben Cap. 22 heißt, dem römischen Götterdienste die größte Aufmerksamfeit schenkte, ausländischen dagegen verachtete und, wie eine Stelle unten im Leben Saturnins Cap. 8 beweist, sehr unrichtige und unvortheilhafte Begriffe von den Christen hatte. Es hatte mit den Hadrianstempeln wahrscheinlich die Bewandtniß, daß Hadrian sich solche Tempel zu errichten befahl, daß er aber vor ihrer Vollendung starb, und dieselben somit unvollendet und also ohne Bilder blieben. Es ist leicht – also äußert sich Neander (Gesch. der christl. Kirche 1.1. .150) über unsere auch Stelle – zu erklären, wie diese Sage ohne geschichtlichen Grund unter dem christlichen Volke entstanden ist, da man von der Bestimmung dieser Tempel nun einmal nichts wußte und doch jene erklären wollte, da man den Kaiser als Beschützer der Christen kannte und man sich wohl noch mehr übertriebene Vorstellungen davon machte, und da man nun, Beides miteinander verbindend, das, was man von andern Kaisern, wie einem Alexander Severus, allerdings wußte, auf diesen Kaiser übertrug.

55 Anstatt: leges in annos lese ich mit Salmasius: leges et jus.

56 Nämlich zu Statthaltern und Magistraten. Ueber die Bestimmung der Assessoren sehe man die Anmerk. zu Pescennius Niger K. 7 nach.

57 Mansiones. Diese enthielten auch Vorräthe zur Verpflegung der Durchreisenden, förmliche Magazine.

58 Anstatt: hominibus lese ich mit Salmasius: honestioribus.

59 Da eine solche Handlung von dem milden gutmüthigen Alexander nicht wohl angenommen werden kann, so schlägt Salmasius vor zu lesen: injussu Imperatoris, ohne Befehl des Kaisers. Allein es scheint eher der Name des Kaisers, der den Mordbefehl gegeben, ausgefallen zu sein, und erwägt man den Charakter des Maximinus, des Nachfolgers Alexanders, der als Mensch von der niedrigsten Herkunft und vom gemeinen Soldaten zum Throne emporgestiegen, alle Männer von Stande haßte und dem der leiseste Verdacht gegen Jemanden als könne er nach dem Throne streben als Schuldbeweis galt und den die Truppen, als aus ihrer Mitte hervorgegangen, liebten, so dürfte hier wohl Maximinus gemeint sein.

60 Anstatt uxoris sororis muß matris uxoris gelesen werden.

61 Parther und Perser werden bei den römischen Schriftstellern, namentlich den Dichtern, unzähligemal verwechselt. Allein gerade hier ist diese Verwechslung nicht gleichgültig. Es waren die Perser, gegen welche Alexander zog, weil ihr König Artaxerxes oder Ardschir, Stifter der Dynastie der Sassaniden, nach dem Sturze des parthischen und der Wiederherstellung des persischen Reiches als Nachfolger des Cyrus die Räumung und Abtretung aller einst zum persischen Reiche gehörigen Länder, d. h. aller asiatischen Besitzungen der Römer nebst Aegypten, von Alexander forderte, was dieser natürlich abschlug.

62 Die Alten kannten unsern Reitsattel nicht. Seine Erfindung fällt erst in die Mitte des vierten Jahrhunderts.

63 Der makedonische Alexander hatte nur Argyraspiden, d. h. Soldaten mit silbernen Schilden gehabt, der römische suchte ihn noch durch Chrysoaspiden, oder Soldaten mit goldenen Schildern, zu übertreffen.

64 Die makedonische Phalanx hatte nur aus 16000 Mann bestanden.

65 Die von Lampridius berücksichtigte Stelle Herodians befindet sich bei diesem im 9. Kap. des 6. Buches; allein Herodian gibt als Grund dieser Benennung keineswegs an, weil Alexander keinen Senatoren, sondern nur, weil er Niemanden ohne gerichtliches Urtheil habe hinrichten lassen.

66 Nämlich Euphrat und Tigris.

67 Wenn zur Feier des Sieges über ein Volk zu Rom Spiele gegeben wurden, so erhielten diese zuweilen von dem besiegten Volke den Namen.

68 Lampridius scheint hier im Herodian entweder anders, oder flüchtig gelesen zu haben. Denn dieser Geschichtschreiber sagt 6,6 das Heer sei theils durch Krankheiten, theils durch das Schwert, theils durch die Kälte zu Grunde gegangen.

69 Mauritanien war unter den Kaisern doppelt, nämlich Cäsariensis, der östliche, und Tingitana der westliche Theil des Landes. Der letztere erstreckte sich vom Flusse Mulucha (jetzt Mulvia) bis zum atlantischen Meere und hatte seinen Namen von der Stadt Tingis (jetzt Tanger).

70 Nach Einigen Siklingen, oder, wie in neuerer Zeit wahrscheinlich gemacht wurde, Bretzenheim bei Mainz. Der Ort hieß vollständig Sicila Britannorum und daher glaubten mehrere Alte, er liege in Britannien.

71 In Gallien bestand eine sehr einflußreiche mächtige Priesterkaste unter dem Namen Druiden, welche neben dem Opferdienste und der Sittenlehre namentlich die Naturkunde oder mit andern Worten die Weissagung und Magie übte. Es gab aber auch weibliche Priesterinnen, Druidinnen, deren Einrichtung und Verhältniß zu den Druiden zwar nicht bekannt ist, die aber auch neben andern Wunderkräften die Gabe hatten, die Zukunft zu wissen und vorauszusagen (man vergl. darüber in unsern Geschichtschreibern das Leben Aurelians Cap. 44 und Numerians Cap. 15).

72 Anstatt: adeo illum magis odio fuisse lese ich: ideo Claudium magis odio fuisse.

73 Anstatt suum lese ich mit Salmasius: Syrum.