Die zwei Maximini

Ornament

Übersetzung

1 [449] Um deine Majestät, großer Constantinus, durch besondere Lebensbeschreibungen eines jeden Kaisers oder dessen Söhne nicht zu ermüden, habe ich den Ausweg getroffen, daß ich das Leben der beiden Maximine, des Vaters und des Sohns, in einem einzigen Bande zusammenfaßte. Sodann habe ich die Grundlage befolgt, welche deine Majestät auch von dem berühmten Uebersetzer aus dem Griechischen in das Lateinische, Tatius Cyrillus, beobachtet wissen wollte und welchen ich nicht blos in dieser einzigen vorliegenden Schrift, sondern auch späterhin in der Lebensbeschreibung mehrerer anderer Kaiser, jene großen Imperatoren ausgenommen, deren ebenso zahlreiche als glänzende Thaten eine ausführliche Darstellung bedürfen, getreu bleiben werde. Maximin der ältere zeichnete sich unter Kaiser Alexander aus, seine kriegerische Laufbahn aber hatte er unter Severus begonnen. Geboren in einem dem Barbarenlande benachbarten Dorfe Thrakiens war er auch der Sohn barbarischer Eltern. Sein Vater [450] soll nämlich ein Gothe, seine Mutter aber von der Nation der Alanen gewesen sein. Jener hieß Micca, diese Ababa, zwei Namen, welche Maximinus selbst in seinen frühern Dienstjahren angab, die er aber in der Folge, als er zum Reiche gelangt war, zu nennen verbot, damit nicht er, der Kaiser, als der Sohn barbarischer Eltern erscheine.

2 In seiner frühen Jugend war Maximinus Hirte und machte zuweilen an der Spitze seiner Kameraden Jagd auf die Räuber und sicherte seine Dorfgenossen gegen deren Einfälle. Seine ersten Dienste that er unter der Reiterei, denn er war von außerordentlicher Größe, stand unter dem ganzen Heere in hohem Rufe der Tapferkeit, und hatte ein männlich-schönes Aeußere, aber dabei wilde Sitten, war unfreundlich, übermüthig und wegwerfend in seinem Betragen, doch häufig nicht ohne Gefühl für Billigkeit und Recht. Der erste Anlaß, daß er dem Severus bekannt wurde, war folgender. Severus gab am Geburtstage seines Sohnes Geta kriegerische Spiele, wobei silberne Siegespreise, als: Armbänder, Ringe und kleine Gürtel, ausgesetzt waren. Bei dieser Gelegenheit bat der junge Halbbarbar, der kaum etwas Lateinisch sprechen konnte, in seiner beinahe thrakischen Sprache den Kaiser öffentlich, mit Männern, die bereits ansehnliche Posten im Heere bekleideten, kämpfen zu dürfen. Severus, über seine Größe erstaunt, ließ ihn, um nicht wider die Grundsätze der römischen Disciplin zu handeln, zuerst mit Troßknechten, aber den stärksten im Heere, kämpfen. Maximinus überwand sechszehn derselben, ohne auszuschnaufen. Severus gab ihm auf dieß sechszehn kleinere, wiewohl nicht militärische, Preise und hieß ihn Kriegedienste nehmen.

3 Drei Tage nachher fügte es sich, daß Severus auf den Exercirplatz kam und den Maximin erblickte, wie er mitten unter einem Haufen Soldaten nach seiner Landesweise tanzte und hüpfte. [451] Der Kaiser befahl auf dieß sogleich einem Tribunen, ihn in die Zucht zu nehmen und ihn römische Kriegsweise zu lehren. Wie Maximin bemerkte, daß der Kaiser von ihm gesprochen habe, schloß er, daß er also dem Kaiser bekannt und unter dem großen Haufen bemerkbar sein müsse, und eilte zu Severus hin, der gerade zu Pferde saß. Dieser wollte nun seine Geschicklichkeit im Laufen prüfen und ließ daher sein Pferd gallopiren und machte verschiedene Touren, wobei ihm Maximin weithin immer zur Seite blieb, während der Kaiser schon von der Anstrengung ermüdet war. Endlich fragte er ihn: Was willst du Thrakier? Hättest du nach deinem Laufe noch Lust zu ringen? Maximin entgegnete: So lange du willst, Kaiser! Auf dieß stieg Severus vom Pferde und ließ die frischesten, stärksten Soldaten sich ihm gegenüberstellen. Maximin warf, wie gewöhnlch, sieben der stärksten in Einem Athem zu Boden, worauf ihn allein unter dem ganzen Heere Severus zu seinen silbernen Preisen hin mit einer goldenen Halskette beschenkte und unter die Zahl seiner beständig ihn umgebenden Leibwächter aufnahm. Dadurch gelangte Maximin zu Ansehen, erwarb sich einen Ruf unter dem Heere, gewann die Liebe der Tribunen und die Achtung seiner Kameraden, und erlangte von dem Kaifer alles, was er nur wollte. Severus beförderte ihn zu immer höheren Stellen, wiewohl er noch sehr jung war, allein sein riesenmäßiger Körperbau, seine Schönheit, seine großen Augen und seine blendend weiße Hautfarbe zeichnete ihn vor Allen aus.

4 Maximinus trank häufig an Einem Tage einen capitolinischen Eimer1 Wein und aß vierzig, ja nach Cordus sogar sechszig [452] Pfund Fleisch. Pflanzenkost genoß er nie, was man bestimmt weiß, und Kaltes nur höchst selten, er hätte denn nur stark trinken müssen. Seinen Schweiß fing er öfters auf und schüttete ihn in einen Becher oder in ein anderes Geschirr, so daß er zwei bis drei Sextarien von demselben vorzeigen konnte. Unter Antoninus Caracallus diente er lange als Manipelführer, das Centurionat und die übrigen militärischen Würden bekleidete er häufig. Unter Macrinus nahm er, weil er den Mörder des Sohnes seines Kaisers außerordentlich haßte, seinen Abschied und erwarb sich in Thrakien in seinem Geburtsort Ländereien. Hier stand er in einem ununterbrochenen Verkehr mit den Gothen, die ihm, als ihrem Landsmann, äußerst zugethan waren. Auch wer von den Alanen an das Ufer2 kam bewies sich gegen ihn als Freund durch Geschenke, die er erwiederte. Wie er aber nach der Ermordung des Macrinus und seines Sohnes hörte, daß Heliogabal als Antoninus’ Sohn den Thron bestiegen habe, begab er sich, bereits ein Mann von reiferen Jahren, zu ihm, mit der Bitte, ihm dasselbe Vertrauen zu schenken, dessen sein Großvater Severus ihn gewürdigt hatte. Allein bei diesem unzüchtigen Menschen vermochte er nichts auszurichten. Heliogabal soll nämlich auf das Schamloseste scherzweise zu ihm gesagt haben: Maximinus, man erzählt ja von dir, du habest schon sechszehn, zwanzig, ja dreißig Soldaten im Kampfe überwunden: könntest du auch wohl dreißig Kämpfe mit einem Mädchen bestehen? Wie Maximin diesen ehrlosen Menschen so anheben hörte, wollte er dem Kriegsdienste entsagen; indeß Heliogabals Freunde erhielten ihn demselben, damit nicht auch noch die Schmach über ihn [453] komme, daß er den tapfersten Mann seiner Zeit, den Einige Herkules, Andere Achilles, wieder Andere Ajax nannten, von seinem Heere entfernt habe.

5 Maximin besaß nun unter diesem unfläthigen Menschen nur den Tribunenrang, näherte sich aber demselben niemals und wartete ihm drei Jahre hindurch kein einziges Mal auf, sondern war bald da bald dort und brachte seine Zeit bald auf dem Lande, bald sonst in Ruhe zu, schützte öfters auch Krankheit vor. Wie er aber erfuhr, daß Heliogabal ermordet und Alexander Kaiser sei, begab er sich nach Rom. Hier empfing ihn Alexander mit so vielem Vergnügen und so großen Freudensbezeugungen, daß er im Senate der Worte sich bediente: „der Tribun Maximin, versammelte Väter, der unter jenem schändlichen Ungeheuer nicht dienen konnte, hat seine Zuflucht zu mir genommen. Ich habe ihm Senatorenrang verliehen. Er stand in dem Urtheile meines göttlichen Verwandten, des Severus, so hoch als, wie ihr wißt, der Ruf ihn stellt“. Alexander ernannte ihn unmittelbar darauf zum Tribunen der aus lauter neugeworbenen Truppen bestehenden vierten Legion und begleitete seine Beförderung mit folgenden Worten: „Ich gebe dir, mein werthester und liebster Maximin, deswegen nicht den Oberbefehl über alle Truppen, weil ich besorge, du möchtest die unter andern Anführern eingerissenen Laster nicht verbessern können. Hier hast du lauter neue Truppen. Bilde sie im Kriegsdienste nach deinen Sitten, nach deiner Tugend und nach deiner Ausdauer, damit du allein mir viele Maximine, wie sie für den Staat zu wünschen sind, lieferst „.

6 Nachdem nun Maximin diese Legion übernommen hatte, so begann er sogleich sie einzuüben. Je den fünften Tag mußten sie [454] manövriren und Scheingefechte anstellen. Er besichtigte täglich ihre Schwerter, Lanzen, Panzer, Helme, Schilder, Unterkleider, und was sie sonst an Rüstung hatten, auf das Genaueste; ja selbst ihre Beschuhung untersuchte er, und erwies sich völlig als ein Vater3 der Soldaten. Als ihn einst einige Tribunen deswegen tadelten und zu ihm sagten, was gibst du dir so viel Mühe, da dein jetziger Rang dich schon auf die Stelle eines Feldhauptmanns (dux) Anspruch machen läßt? soll Maximin entgegnet haben: je höher mein Rang sein wird, um so mehr werde ich mir Mühe geben. Er stellte auch selbst noch mit den Soldaten Ringübungen an und streckte, obgleich bereits stark bei Jahren, oft noch 5, 6 und 7 zu Boden. Dieß alles erweckte ihm allenthalben Neider. Einst sagte ein Tribun, ein übermüthiger, von Selbstvertrauen auf seine Größe und erprobte Tapferkeit erfüllter Mann, zu Maximin: das ist etwas Rechtes, wenn du als Tribun deine Soldaten überwindest! Maximin versetzte darauf: wollen wir einen Gang machen? Der Gegner bejahte es, allein Maximin gab ihm, wie er auf ihn losging, mit der flachen Hand einen solchen Schlag auf die Brust, daß er rücklings niederstürzte, und sagte dabei sogleich: noch einen Andern her, aber ein Tribun muß es sein! Maximin war, wie Cordus erzählt, so groß, daß er acht Schuh und einen Zoll maß. Sein Daumen war so dick, daß er das Armband seiner Frau als Ring gebrauchen konnte. Auch ist fast allgmein bekannt von ihm, daß er einen Wagen mit der Hand aufhalten, einen beladenen Wagen allein in Bewegung setzen, mit einem Faustschlage einem Pferde die Zähne ausschlagen oder mit einem Fußtritte das Bein zerschmettern, Tufsteine zerreiben und nicht zu starke Bäume [455] auseinander reißen konnte, daher man ihn bald den Milo von Kroton4, bald Hercules oder Antäus5 nannte.

7 Dieses alles zeichnete den Maximin aus. Alexander, ein trefflicher Beurtheiler großer Verdienste, gab ihm den Befehl über das ganze Heer, zur großen Freude aller Tribunen, Befehlshaber und Soldaten, aber zu seinem eigenen Verderben. Maximin stellte bei dem ganzen Heere, das unter Heliogabal großentheils in Schlaffheit versunken war, die Kriegszucht nach seinen Grundsätzen wieder her, was aber, wie so eben bemerkt, dem Alexander, einem zwar trefflichen, aber wegen seiner Jugend schon von Anfang an nicht sehr in Achtung stehenden Fürsten, den Untergang brachte. Wie er nämlich in Gallien sich befand und unweit einer Stadt sein Lager aufgeschlagen hatte, wurde er von eigens dazu – nach Einigen, von Maximinus selbst, nach Andern von den Tribunen der barbarischen Hülfsvölfer – abgeschickten Soldaten in den Armen seiner Mutter, in die er sich geflüchtet, ermordet, nachdem Maximinus bereits zum Kaiser ausgerufen worden war. Die Ursache seiner Ermordung wird verschieden angegeben. Einige erzählen, Mammäa habe ihren Sohn zu bestimmen gesucht, den germanischen Krieg aufzugeben und in den Orient zu reisen, und dieß habe die Soldaten zur Empörung bewogen. Andere dagegen finden dieselbe in Alexanders übertriebener Strenge und in seinem Entschlusse, die Legionen in Gallien eben so wie die im Orient zu verabschieden. [456]

8 Nach der Ermordung Alexanders war Maximin der Erste, der aus dem Soldatenstande6, ohne vorher Senator gewesen oder vom Senate bestätigt zu sein, von dem Heere zum Kaiser ausgerufen wurde. Er nahm seinen Sohn zum Reichsgehülfen an, von dem ich später alles, was von ihm zu meiner Kenntniß gelangt ist, berichten werde. Maximin war aber immer so schlau, daß er nicht blos durch seine Tapferkeit die Truppen lenkte, sondern auch durch Belohnungen und zugestandene Vortheile ihre Liebe im höchsten Grade gewann. Niemals entzog er einem von ihnen etwas an seinem Proviant; niemals litt er, daß ein Soldat ein Handwerk oder sonst ein Gewerbe, wie sonst gewöhnlich, treiben durfte; blos mit der Jagd übte er häufig die Legionen. Allein bei allen diesen Vorzügen war er so grausam, daß man ihm die verschiedenen Namen Kyklope, Busiris7, Skiron8, Phalaris9, Typhon10 oder Gyges11 gab. Der [457] Senat fürchtete sich so sehr vor ihm, daß selbst Weiber und Kinder sowohl öffentlich in den Tempeln als in ihren Häusern zu den Göttern flehten, er möchte niemals Rom besuchen. Denn man hörte, Einige seien auf seinen Befehl gekreuzigt, Andere in frisch geschlachtete Thiere eingenäht, wieder Andere den wilden Thieren vorgeworfen, noch Andere mit Keulen zu Tode geschlagen worden, und dieß alles, ohne Unterschied des Standes und des Ranges, blos um, wie er das Ansehen haben wollte, die Kriegszucht aufrecht zu erhalten, nach deren Muster er denn auch die bürgerlichen Verhältnisse regeln wollte, was aber für einen Fürsten, dem die Liebe seiner Unterthanen nicht gleichgültig ist, nicht paßt. Denn es war bei ihm feste Ueberzeugung, daß man sich nur durch Grausamkeit auf dem Throne behaupten könne. Ueberdieß besorgte er auch, der Adel möchte ihn seiner barbarischen Geburt wegen verachten. Zu dem hatte er noch nicht vergessen, mit welcher Geringschätzung ihn zu Rom selbst die Sclaven der Adeligen behandelt und daß ihn sogar nicht einmal deren Verwalter angesehen hatten. Und nun glaubte er, nach einem närrischen Vorurtheile, daß sie sich gegen ihn als Kaiser auch noch so betragen würden. So viel Gewalt hat das Bewußtsein einer niedrigen Herkunft über die Gemüther.

9 Denn um seine niedrige Herkunft zu verbergen, ließ er Alle, die um dieselbe wußten, so wie auch einige seiner Freunde, die ihn früher oft aus Mitleid und Rücksichten der Freundschaft unterstützt hatten, tödten. Denn es gab nie ein grausameres Ungeheuer auf Erden. Sein ganzes Vertrauen setzte er auf seine Körperkraft, als könnte er nicht getödtet werden. Ja, seine körperliche Größe und seine Stärke brachten ihn beinahe auf den Glauben, er sei unsterblich, was denn einst einem Mimen auf dem Theater, worin Maximinus [458] anwesend war, Veranlassung zu Anführung einiger griechischen Verse gab, die ich hier in der Uebersetzung beisetze:
Wer von Einem nicht getödtet werden kann, wird von Vielen getödtet.
Der Elephant ist groß und doch wird er getödtet.
Der Löwe ist stark und doch wird er getödtet.
Der Tiger ist stark und doch wird er getödtet.
Hüte sich vor Vielen, wenn du Einzelne nicht fürchtest.
Und diese Verse wurden in Anwesenheit des Kaisers selbst gesprochen. Wie nun dieser seine Freunde fragte, was der mimische Possenreisser gesagt habe? entgegneten diese, er habe einige alte auf strenge Menschen verfertigte Verse vorgetragen, was denn Maximin als ein Thrakier und Barbar glaubte. Männer von edler Geburt duldete er nicht um sich, so daß er ganz wie Spartacus und Athenio12 herrschte. Ueberdieß ließ er alle Diener Alexanders auf verschiedene Weise tödten, haßte seine Einrichtungen, und indem er dessen Freunde und Diener mit Mißtrauen betrachtete, stieg seine Grausamkeit immer mehr.

10 Während er bei einem solchen Charakter gleich einem wilden Thiere sich betrug, wurde er noch finsterer und grausamer in Folge der gegen ihn gerichteten Verschwörung eines Consularen, Namens Magnus, welcher, in der Absicht selbst Kaiser zu werden, sich mit einer großen Anzahl Soldaten und Centurionen zu seiner Ermordung verbunden hatte. Der Plan der Verschwörung war folgender. Maximinus war gesonnen, eine Brücke über den Fluß13 [459] schlagen zu lassen und nach Germanien hinüberzugehen. Nun sollten die Verschwornen sich mit ihm hinüber begeben, sodann die Brücke abwerfen und in dem Barbarenlande den Kaiser umringen und tödten, Magnus selbst aber sich des Reiches bemächtigen. Maximin hatte nämlich sogleich nach seiner Gelangung zum Reiche alle Kriege selbst, und zwar auf das Tapferste, zu führen begonnen, als ein Mann, der kriegskundig und seinen frühern Ruf zu behaupten, so wie den von ihm selbst gemordeten Alexander an Ruhm zu übertreffen entschlossen war. Daher übte er auch noch als Kaiser täglich seine Soldaten und zeigte, selbst bewaffnet, ihnen jederzeit mancherlei Handgriffe und Stellungen14. Indeß soll Maximin jene Verschwörung selbst erdichtet haben, um seiner Grausamkeit desto freiern Lauf lassen zu können. Kurz, Alle wurden ohne gerichtliche Untersuchung, ohne Anklage, ohne Angeber und ohne Vertheidigung, auf seinen Befehl hingerichtet und ihr Vermögen eingezogen; allein obgleich mehr als 4000 Menschen bei diesen Anlasse ihren Tod gefunden hatten, so war doch sein Blutdurst noch nicht gestillt.

11 Es fand aber auch noch eine andere aufrührerische Bewegung unter ihm Statt. Es fielen nämlich die Osroener von ihm ab, aus Liebe zu Alexander, den sie nicht vergessen konnten, und der, wie sie für gewiß annahmen und wie sie sich nicht wollten ausreden lassen, von Maximinus ermordet worden war. Sie wählten sich daher einen aus ihrer Mitte – einen gewissen Tycus – zum Anführer und Kaiser, welchen Maximin bereits verabschiedet hatte, legten ihm, so sehr er sich dagegen sträubte, den Purpur an, schmückten ihn mit den kaiserlichen Insignien, und umgaben ihn als Leibwache. Allein dieser [460] Tycus15 wurde schlafend in seiner Wohnung von einem seiner Freunde Namens Macedonius ermordet, der, aus Verdruß den Tycus sich vorgezogen zu sehen, ihn Maximin verrieth und diesem seinen Kopf überbrachte. Maximin dankte ihm zwar anfänglich dafür, haßte ihn aber doch hernach als einen Verräther, und ließ ihn tödten. Durch solche Vorfälle wurde er von Tag zu Tag noch grausamer, den wilden Thieren gleich, deren Wuth durch eine Verwundung nur noch mehr entbrennt. Nach diesem ging Maximinus mit den Mauren, Osroenern, Parthern und allen andern von Alexander in den Krieg mitgenommenen Truppen nach Germanien hinüber. Hülfsvölker des Orients nahm er aber hauptsächlich deswegen mit sich, weil keine Waffengattung wirksamere Dienste gegen die Germanen leistet als gewandte Bogenschützen. Waren aber schon Alexanders Rüstungen zu diesem Kriege außerordentlich, so soll sie Maximinus noch mehr vergrößert haben.

12 Nachdem Maximinus in das überrheinische Germanien eingerückt war, so verbrannte er in einem Umkreise von 300 bis 400 Meilen16 die feindlichen Dörfer, trieb die Heerden weg, machte Beute, tödtete eine große Anzahl Barbaren, führte seine Soldaten bereichert zurück, nahm eine Anzahl Feinde gefangen, und hätte ganz Germanien der römischen Herrschaft unterworfen, wenn sich nicht die Germanen über Ströme und Sümpfe in die Wälder17 geflüchtet [461] hätten. Er verrichtete überdieß selbst mit eigener Hand viele tapfere Thaten. Einst wagte er sich auch in einen Sumpf, worin er mit dem Pferde stecken blieb und wo er von den Germanen umringt worden wäre, wenn ihn nicht seine Soldaten gerettet hätten. Denn er besaß die Verwegenheit eines Barbaren in einem so hohen Grade, daß er glaubte, ein Kaiser müsse immer auch selbst mit dem Schwert drein schlagen. So lieferte er in dem Sumpfe gewissermaßen eine Seeschlacht und tödtete darin eine große Anzahl Feinde. Nach der Besiegung Germaniens schickte er ein von ihm selbst dictirtes Schreiben nach Rom an den Senat und an das Volk, dessen Inhalt folgender ist: „Wir können, versammelte Väter, nicht so viele Worte finden, als wir Thaten verrichtet haben. Vierzig Meilen in der Runde haben wir die Dörfer der Germanen verbrannt, ihre Heerden weggetrieben, Gefangene fortgeführt, Bewaffnete getödtet und in einem Sumpfe eine Schlacht geliefert. Wir wären selbst bis zu den Wäldern durchgedrungen, wenn uns nicht die tiefen Sümpfe aufgehalten hätten.“ Aelius Cordus berichtet, dieß seien die eigenen Ausdrücke seines Schreibens gewesen, was allerdings glaublich ist. Denn was findet sich nicht darin, das man nicht von einem Krieger, der noch dazu ein Barbar ist, erwarten könnte? Ein ähnliches Schreiben richtete Maximinus auch an das Volk, jedoch in achtungsvolleren Ausdrücken, weil er den Senat, von dem er sich tief verachtet glaubte, haßte. Ueberdieß ließ er auch Gemälde, verschiedene Scenen aus dem Kriege darstellend, verfertigen und vor der Curie öffentlich aufhängen, damit sie Zeugen seiner Thaten wären. Diese Gemälde wurden aber nach seinem Tode auf Befehl des Senats hinweggenommen und verbrannt.

13 Maximinus lieferte aber auch noch sehr viele andere Schlachten, aus denen er immer als Sieger mit unermeßlicher Beute [462] und zahlreichen Gefangenen zurückkam. Man hat noch ein Schreiben von ihm an den Senat, worin folgende Stelle vorkommt: „Ich habe, versammelte Väter, in kurzer Zeit so viele Schlachten geliefert, wie kein Feldherr des Alterthums. Ich habe so viele Beute auf das römische Gebiet mitgebracht, daß sie alle Erwartung übersteigt und so viele Gefangene fortgeführt, daß der Reichsboden18 sie kaum zu fassen vermag.“ Die übrigen Worte des Schreibens gehören nicht hieher. Nach der Besiegung Germaniens begab sich Maximin nach Sirmium19, in der Absicht die Sarmaten zu bekriegen und den ganzen Norden bis an den Ocean der römischen Herrschaft zu unterwerfen, was er auch, wenn er länger am Leben geblieben wäre, ausgeführt haben würde, wie der griechische Geschichtschreiber Herodian, der, so viel wir sehen, aus Haß gegen Alexander sehr für ihn eingenommen ist, behauptet20. Allein seine Grausamkeit fiel den Römern immer unerträglicher. Er munterte zur Angeberei auf, bestellte Ankläger, erdichtete Verbrechen, ließ Unschuldige tödten, jeden vor Gericht Gezogenen verurtheilen, versetzte Viele aus dem größten Reichthum in die bitterste Armuth, und betrachtete als sein einträglichstes Gelderwerbungemittel das Verderben Anderer. Ueberdieß ließ er [463] viele Consularen und Befehlshaber, ohne daß sie etwas verbrochen hatten, tödten, andere auf bloßen Wägen21 vor sich bringen und noch andere im Gefängniß schmachten; kurz, er that alles, was seiner Grausamkeit Befriedigung gewähren konnte. Dieß alles machte die Römer zum Aufstande geneigt, doch nicht dieß allein. Denn weil seine Grausamkeit sich auch auf die Soldaten erstreckte, so brach das Heer in Africa unerwartet in einen furchtbaren Aufstand aus und man wählte den dortigen Proconsul Gordianus, einen höchst ehrwürdigen Greisen, zum Kaiser. Es hatte damit folgende Bewandniß.

14 Es befand sich ein Procurator des Fiscus in Africa, der aus Diensteifer für Maximin Jedermann geplündert hatte. Dieser wurde von einem Haufen Landvolk, an den sich hernach auch Soldaten anschloßen, in der Mitte derer22, die ihn zur Wahrung der Würde Maxinins vertheidigten, erschlagen. Da aber die Urheber dieses Mordes wohl einsahen, daß sie sich nur mit durchgreifenden Maßregeln helfen könnten, so bekleideten sie den Proconsul Gordian, einen, wie wir schon bemerkt haben, ehrwürdigen, schon betagten, durch jegliche Tugend ausgezeichneten Mann, welchen Alexander mit des Senats Genehmigung nach Afrika geschickt hatte, so sehr er sich auch dagegen sträubte und sich auf den Boden warf, mit dem Purpur und zwangen ihn, ihn mit den Schwertern und Waffen aller Art bedrohend, zur Annahme der kaiserlichen Würde. Und zuerst hatte Gordian ganz wider seinen Willen den Purpur angelegt; allein wie er sah, daß seines Sohnes und seiner Familie Leben dadurch auf dem Spiele stehe, so übernahm er gutwillig die Regierung und wurde mit [464] seinem Sohne von allen Afrikanern in der Stadt Tysdrus23 zum Kaiser ausgerufen. Sodann hielt er mit kaiserlichem Gepränge, von Leibwächtern umgeben und init- belorbeerten Fascen, seinen Einzug in Karthago. Von dieser Stadt aus schicte er ein Schreiben nach Kom an den Senat, das aus Haß gegen Marimin mit Freuden aufgenommen und worauf der Befehlshaber der Prätorianer. Vale rianus, getödtet wurde. Die Gordiane selbst, sowohl der ältere als der jüngere, wurden vom Senate als Kaiser anerkannt.

15 Hierauf wurden alle Angeber, alle Ankläger und sämmtliche Freunde Maximins getödtet; auch der Stadtpräfekt Sabinus verlor im Volksgetümmel das Leben. Der Senat aber, nach diesen Vorfällen noch mehr in Furcht vor Maximin, erklärte nun offen und unumwunden ihn und seinen Sohn für Feinde des Staats. Sodann erließ er an alle Provinzen Schreiben mit der Aufforderung, das allgemeine Beste und die allgemeine Freiheit zu unterstützen. Diesen leistete man allenthalben Folge. Ueberall wurden Maximins Freunde, Statthalter, Feldhauptleute, Tribunen und Soldaten getödtet. Nur einige wenige Städte blieben dem Feinde des Staates treu, verriethen die an sie Abgeschickten und gaben dem Maximinus schleunig Nachricht davon. Das Senatsschreiben war folgenden Inhalts. „Der Senat und das römische Volk, durch die nunmehrigen Kaiser, die Gordiane, von jenem grimmigen Ungeheuer befreit, wünschen allen Proconsuln, Landvögten, Legaten, Feldhauptleuten, Tribunen und Magistratspersonen, allen einzelnen Gemeinheiten, Municipien, Städten, Flecken und Burgen Glück und Heil, das sie jetzt erst wieder zurückzugewinnen anfangen. Unter dem Beistande der Götter [465] haben wir den Proconsul Gordianus, diesen so tugendhaften Mann und ehrwürdigen Senator, zum Staatsoberhaupt bekommen und ihn als Augustus anerkannt; indeß nicht ihn allein, sondern auch als Stütze und Schutz des Staats seinen Sohn, den jungen, edeln Gordianus. Eure Pflicht ist es nun, gemeinschaftliche Maßregeln mit uns zu treffen zur Rettung des Staats, zur Abwehr von frevelhaften Angriffen und zur Verfolgung jenes Ungeheuers und seiner Freunde, wo sie sich nur treffen lassen mögen. Auch ist von uns bereits Maximin nebst seinem Sohne für einen Feind des Staats erklärt“.

16 Der Senatsbeschluß aber war folgendermaßen abgefaßt. Nachdem der Senat am 25. Mai im Tempel der Dioskuren sich versammelt hatte, verlas der Consul Junius Silanus folgendes Schreiben von Gordian, dem nunmehrigen Kaiser und Vater des Vaterlands. „Die junge Mannschaft, der Afrikas Schutz anvertraut ist, hat mich, versammelte Väter, ohne mein Zuthun und meinen Willen zum Reiche berufen. Indeß in Betracht eurer füge ich mich willig der Nothwendigkeit. Euch steht nun die Entscheidung darüber anheim. Denn bis ich dieser gewiß bin, werde ich ungewiß und unentschlossen schwanken“. Nach Vorlesung dieses Schreibens erscholl alsbald der Zuruf: Gordianus Augustus, die Götter mögen dich erhalten! Herrsche glücklich, du hast uns befreit. Herrsche sicher, du hast uns befreit. Durch dich ist der Staat gerettet; wir alle danken dir. Der Consul stellte sodann den Antrag: Was beschließet ihr, versammelte Väter, in Betreff der Maximine? die Antwort war: Feinde des Staats sind sie; Feinde sind sie. Wer sie tödtet, soll einen Preis erhalten. Sodann fragte der Consul weiter: Was beschließet ihr in Ansehung der Anhänger Maximins? Man rief: Feinde sind sie, Feinde. Wer sie tödtet, soll einen Preis erhalten. [466] Weiter rief man: Ans Kreuz mit dem Feinde des Senats! Den Feind des Senates stoße man nieder wo man ihn findet! Die Feinde des Senates werden lebendig verbrannt! Kaiser Gordian, die Götter mögen euch erhalten! Regieret beide glücklich, herrscht beide glücklich! Gordianus, dem Enkel ertheilen wir die Prätür; Gordianus, dem Enkel, versprechen wir das Consulat. Gordianus, der Enkel, erhalte den Cäsartitel! Gordianus der dritte empfange die Prätur!

17 Auf die Nachricht von diesem Senatsbeschlusse gerieth der ohnehin schon von Natur wilde Maximin in eine solche Zornwuth, daß man ihn eher für ein reißendes Thier als für einen Menschen hätte halten sollen. Er rannte wider die Wände, warf sich zuweilen zu Boden, stieß ein unartikulirtes Geschrei aus, ergriff sein Schwert, als könnte er den Senat tödten, zerriß sein kaiserliches Gewand, mißhandelte Mehrere thätlich, und würde einigen Nachrichten zufolge selbst seinem Sohne die Augen ausgerissen haben, wenn dieser sich nicht entfernt hätte. Die Ursache dieser Zornwuth gegen seinen Sohn war aber, weil er ihn sogleich nach seiner Thronbesteigung hatte nach Rom gehen heißen, dieser aber aus Liebe zu seinem Vater dessen Befehl nicht nachgekommen war. Nun glaubte Maximinus, daß der Senat nichts unternommen haben würde, wenn sein Sohn zu Rom gewesen wäre. Endlich brachten den von Zorn Glühenden seine Freunde in sein Schlafgemach, wo er, als er seiner Wuth nicht Meister werden konnte, um die unangenehmen Eindrücke zu vergessen, sich am ersten Tage dergestalt betrunken haben soll, daß er von dem Vorgefallenen gar nichts mehr wußte. Am folgenden Tage berief er seine Freunde, die ihn sonst nicht zu sprechen bekamen, zu sich und hielt Rath mit ihnen über die zu ergreifenden Maßregeln; allein diese schwiegen und billigten in ihrem Innern die Schritte des [467] Senats24. Aus dieser Versammlung weg begab er sich zu dem versammelten Heere und hielt an dasselbe eine Rede, worin er heftig auf die Africaner, heftig auf Gordian, am heftigsten aber auf den Senat schmähte und die Soldaten ihre gemeinschaftliche Unbilden zu rächen aufforderte.

18 Die Rede war ganz im Soldatengeiste abgefaßt und ihr Inhalt folgender. „Mitstreiter, ich trage euch eine altbekannte Sache vor. Die Africaner haben die Treue gebrochen. Doch was sage ich gebrochen? Wann haben sie denn je Treue bewahrt? Gordianus, ein kraftloser Greis, mit dem einen Fuße schon im Grabe, hat den Purpur genommen. Die so ehrwürdigen Väter des Senats aber, sie, die den Romulus und den Cäsar ermordet, haben mich für einen Feind des Vaterlandes erklärt, während ich für sie kämpfte und Siege für sie erfocht: allein nicht blos mich, sondern auch euch, und alle, die mir anhängen, und haben die beiden Gordiane, den Vater und den Sohn, zu Augusten ernannt. Seid ihr Männer, habt ihr Muth und Kraft, wohlan, so lasset uns gegen den Senat und die Africaner ziehen! All ihr Hab und Gut gehört euch“. Auf dieß gab Maximin den Soldaten ein Geldgeschenk, und zwar ein sehr ansehnliches, und begann sich mit seinem Heere gegen Rom in Bewegung zu setzen.

19 Indeß Gordians Regierung in Africa wurde zuerst von einem gewissen Capellianus, der über die Mauren gesetzt war, dem aber Gordianus einen Nachfolger gegeben hatte, angefochten. Gordian schickte gegen diesen seinen Sohn aus und endigte, als dieser in [468] einem sehr hitzigen Treffen seinen Tod gefunden hatte, sehr wohlbekannt mit den Streitkräften Maximins so wie mit der Schwäche oder vielmehr Treulosigkeit der Africaner, mit dem Stricke sein Leben. Nach diesem für Maximin erfochtenen Siege tödtete und ächtete Capellianus aus Parteihaß alle Anhänger Gordians, ohne Jemandes zu schonen, so daß er hiebei ganz im Geiste Maximins zu verfahren schien. So zerstörte er ganze Städte, plünderte Tempel, theilte die Weihgeschenke unter seinen Soldaten aus, und ließ Vornehme und Geringe ohne Unterschied niederhauen. Ueberdieß suchte er die Soldaten für sich zu gewinnen, um, falls Mariminus umkommen sollte, durch dieses Mittel sich selbst den Weg zum Throne anzubahnen.

20 Wie die Nachricht von dem Tode der beiden Gordiane nach Rom kam, so ernannte der Senat, aus Furcht vor des Maximinus schon natürlicher, jetzt aber auch noch nothwendiger Härte, den bisherigen Stadtpräfekten Maximus Pupienus, einen Mann, der zwar nicht von edler Herkunft war, aber durch Verdienste hervorleuchtete und viele Ehrenstellen mit Auszeichnung bekleidet hatte und den Clodius Balbinus, der in seinen Sitten feiner war, zu Kaisern. Das Volk rief sie als Auguste aus und, im Einverständniß mit den Soldaten, den noch sehr jungen Enkel Gordians zum Cäsar. So sollten also drei Kaiser als Schutz und Stütze des Staats gegen Maximinus dienen. Indessen der bei weitem in seinen Grundsätzen strengste unter ihnen, so wie an Erfahrung gereifteste und an Muth standhafteste war Maximus. Ihm übertrugen auch der Senat und Balbinus die Führung des Krieges gegen Maximin. Kaum aber war er gegen den Letztern ausgezogen, als Balbinus zu Rom mit innerlichen Kriegen und bürgerlichen Unruhen zu kämpfen hatte, in welchen namentlich Gallicanus und Mäcenas vom Volke umgebracht, dieses aber, da Balbinus den unruhigen Bewegungen nicht hinlänglich [469] Einhalt thun konnte, von den Prätorianern zusammengehauen wurde, wobei ein großer Theil der Stadt in Flammen aufging. Kaiser Maximinus hatte zwar auf die Nachricht von Gordians und dessen Sohnes Tod und von Capellians Siege wieder etwas freier Athem geschöpft, allein wie ihm der andere Senatsbeschluß, der den Maximus, Balbinus und Gordianus zu Kaisern ernannte, bekannt wurde, so sah er, daß der Haß des Senates unversöhnlich sei und daß er nun allgemein für einen Feind des Vaterlandes gehalten werde.

21 Dadurch noch mehr ergrimmt, rückte er endlich in Italien ein. Noch heftiger aber loderte seine Wuth auf bei der Nachricht, daß Maximus gegen ihn geschickt sei, und er zog nun in völliger Schlachtordnung gegen Hemona25. Indeß die Provinzialen hatten sämmtlich den Entschluß gefaßt, alles, was zum Lebensunterhalt dienen könnte, wegzuschaffen und sich in die Städte zurückzuziehen, um dadurch den Maximin und sein Heer dem Hunger Preis zu geben. Wie er nun sein Lager geschlagen hatte, aber nirgends Lebensmittel vorfand, so wurde sein Heer, weil es in Italien Hunger leide, wo es nach Uebersteigung der Alpen Erholung zu finden geglaubt hatte, aufgebracht gegen ihn und begann anfänglich nur zu murren, bald aber auch einzelne freie Worte zu äußern. Maximin wollte zuerst bestrafen, allein die Soldaten wurden dadurch nur noch mehr erbittert und hegten einen verbissenen Grimm, der bei der nächsten besten Gelegenheit sich Luft machte. Nach mehreren Geschichtschreibern fand [470] Maximin Hemona selbst leer und verlassen, worüber er eine thörichte Freude äußerte, als hätte, wie er glaubte, die ganze Stadt sich ihm unterworfen. Nach diesem erschien er vor Aquileja, welche Stadt ihm aber die Thore verschloß, ihre Mauern mit Bewaffneten besetzte und sich unter Anführung der beiden Consularen Menophilus und Crispinus zur Gegenwehr rüstete.

22 Wie nun Maximin Aquileja ohne Erfolg belagerte, schickte er Gesandte in die Stadt, auf deren Vorschläge das Volk beinahe eingegangen wäre, wenn sich nicht Menophilus mit seinem Amtsgenossen dagegen gesetzt und versichert hätte, der Gott Belenus26 selbst habe durch die Opferschauer Sieg über Maximinus verheißen. Dieser Umstand soll auch in der Folge die Soldaten Maximins zu der Behauptung veranlaßt haben, Apollo habe gegen sie gekämpft, und nicht des Maximinus oder des Senates, sondern der Götter Werk sei der Sieg gewesen. Sie gaben dieß deshalb vor, weil sie errötheten, daß sie, vollständig bewaffnet, von beinahe Unbewaffneten besiegt worden sein sollten. Maximinus überschritt hierauf auf einer aus Tonnen zusammengesetzten Brücke den Fluß und betrieb die Belagerung Aquileja’s ganz in der Nähe. Fürchterlich war der Sturm und die Gefahr dabei. Die Belagerten wehrten sich mit Schwefel, Feuer und andern ähnlichen Vertheidigungsmitteln gegen Maximins Soldaten. Diesen fielen dadurch theils die Waffen aus den Händen, andere verbrannten die Kleider, wieder andere verloren ihre Augen, auch wurden die Belagerungsmaschinen zerstört. Während dessen ging Maximinus mit seinem zum Cäsar ernannten jungen [471] Sohne um die Mauern herum, in so weit er gegen die feindlichen Geschosse gesichert war, und richtete bald an die Soldaten bald an die Einwohner der Stadt bittende Worte, ohne jedoch damit etwas auszurichten. Denn sie überhäuften sowohl ihn, als seinen außerordentlich schönen Sohn mit Schmähungen.

23 Nun glaubte Maximinus, durch die Feigheit seiner Soldaten ziehe sich die Belagerung in die Länge, und ließ einige Befehlshaber tödten zu einer Zeit wo er es am wenigsten hätte thun sollen. Dieser Umstand steigerte die Wuth der Soldaten noch höher. Dazu kam noch der Mangel an Lebensmitteln, verursacht dadurch daß der Senat an alle Provinzen und Hafenwachen hatte Schreiben ergehen lassen, mit dem Befehle, dem Maximinus keine Lebensmittel zukommen zu lassen. Ueberdieß waren gewesene Prätoren und Quästoren in allen Städten herumgeschickt worden, um allenthalben zu wachen und die Vertheidigungsanstalten gegen Maximinus zu betreiben. Diese Umstände bewirkten dann, daß die Belagerer selbst alle Noth und allen Mangel von Belagerten ausstehen mußten. Mittlerweile erfuhr man, daß das ganze Reich sich gegen Maximinus erklärt habe. Darüber geriethen die Soldaten, deren Weiber und Kinder im Lager am Albanerberge sich befanden, in Furcht. Sie drangen daher um die Mittagszeit, wo Alles vom Kampfe ausruhte, in das kaiserliche Zelt, wo Maximinus und sein Sohn ruhten, tödteten dieselben und zeigten deren auf Lanzen gesteckte Köpfe den Einwohnern der Stadt. Sogleich wurden nun in einer nahe gelegenen Stadt27 Maximins Bildsäulen und Büsten umgestürzt und sein prätorischer Präfekt nebst seinen angesehensten Freunden getödtet und ihre Köpfe nach Rom geschickt.

24 [472] Ein solches Ende nahmen die beiden Maximine, der Vater, wie er es seiner Grausamkeit wegen verdiente, der Sohn aber wegen seiner Herzensgüte eines bessern Schicksals würdig. Ihr Tod verursachte bei den Provinzialen die ausschweifendste Freude, bei den Barbaren28 aber die größte Traurigkeit. Die Soldaten Maximins wurden nach dem Tode der Reichsfeinde auf ihre Bitten in die Stadt gelassen, mußten aber zuvor den Bildnissen des Maximus, Balbinus und Gordianus ihre Verehrung bezeigen, nachdem, wie man allgemein sagte, die älteren Gordiane unter die Götter aufgenommen worden seien. Nach diesem wurden reichliche Lieferungen von Lebensmitteln von der Stadt in das Lager, wo Hungersnoth herrschte, geführt, die Soldaten aber erschienen, weil sie sehr entkräftet waren, erst am andern Tage in der Heerversammlung, wo sie sämmtlich dem Maximus und Balbinus den Eid der Treue schwuren und die beiden Gordiane als vergötterte Kaiser anerkannten. Das Frohlocken bei dem Anblick des durch Italien nach Rom gebrachten Kopfes des Maximinus ist kaum mit Worten zu beschreiben; Alles eilte herbei, um diesen Gegenstand der allgemeinen Freude zu sehen. Maximus, den Einige für eine Person mit Pupienus29 halten, befand sich gerade zu Ravenna, im Begriffe, mit germanischen Hülfsvölkern zu Felde zu ziehen. Wie er aber erfuhr, daß Maximins Heer sich für ihn und seine Mitkaiser erklärt habe, die beiden Maximine aber getödtet worden [473] seien, entließ er alsbald die germanischen Hülfsvölker, die er gegen den Reichsfeind in Dienst genommen, und schickte ein Siegesschreiben nach Rom, das daselbst eine so große Freude erregte, daß Jedermann an den Altären, in den Tempeln, in den Kapellen und an andern heiligen Orten Dankgebete verrichtete; Balbinus aber, der von Natur etwas furchtsam war und den schon die Nennung von Maximins Namen zittern machte, brachte eine Hekatombe dar und befahl in allen Städten durch ein gleiches Opfer den Göttern zu danken. Maximus kam hierauf nach Rom, begab sich in den Senat, empfing die Dankesbezeugungen dieser Versammlung, hielt eine Anrede an das Volk, und begab sich sodann mit Balbinus und Gordianus in den Palast.

25 Die Kenntniß, was für ein Senatsbeschluß bei dieser Gelegenheit abgefaßt und wie der Tag, an welchem die Nachricht von Maximins Ermordung nach Rom kam, gefeiert wurde, dürfte nicht ohne Interesse sein. Schon der von Aquileja nach Rom abgeschickte Eilbote reiste vermittelst gewechselter Pferde so schnell, daß er, nachdem er noch zu Ravenna den Maximus ebenfalls benachrichtigt hatte, am vierten Tage zu Rom eintraf. Man feierte gerade die Spiele, und Balbinus und Gordian wohnten ihnen an, als der Bote plötzlich in das Theater eintrat. Da rief, ehe noch etwas bekannt gemacht gewesen wäre, das ganze Volk aus: Maximinus ist getödtet! So kam man noch dem Boten zuvor, und die anwesenden Kaiser bestätigten durch Mienen nnd Gebärden die öffentliche Freude. Die Spiele wurden nun nicht weiter fortgesetzt, sondern Jedermann eilte alsbald an die heiligen Oerter, und der Senat begab sich sodann zum Kaiser, das Volk aber versammelte sich vor der Rednerbühne.

26 Mit dem Senatsbeschlusse aber verhielt es sich also. [474] Nachdem der Kaiser Balbinus das Schreiben im Senate verlesen hatte, erschallten die Acclamationen: „Die Götter verfolgen die Feinde des römischen Volkes. Dank dir, bester Jupiter! Dank dir, verehrungswürdiger Apollo! Dank dir, Kaiser Maximus! Dank dir, Kaiser Balbinus! Dank dir, Kaiser Gordianus! Den göttlichen Gordianen erkennen wir Tempel zu. Des Maximinus Namen, schon vorher von den öffentlichen Denkmälern weggetilgt, soll nun auch aus unserem Andenken getilgt werden! Der Kopf des Reichsfeindes werde in den Fluß geworfen! Seinen Leichnam bestatte Niemand! Der dem Senate mit dem Tod gedroht, der dem Senat mit Ketten gedroht, ist, wie er es verdient hat, getödtet. Erhabenste Kaiser, wir danken euch. Maximus, Balbinus und Gordianus, die Götter mögen euch erhalten! Wir alle sehnen uns nach der Gegenwart des Maximus. Kaiser Balbinus, die Götter mögen dich erhalten! Das gegenwärtige Jahr sollt ihr als Consuln schmücken. An des Maximin Stelle werde Gordianus Consul.“ Nach diesem sprach Cuspidius Celerinus, um seine Meinung befragt, folgende Worte: „Nachdem, versammelte Väter, die Namen der Maximine ausgetilgt und die Gordiane unter die Götter versetzt sind, so bewilligen wir dem Maximus, Balbinus und Gordianus, unsern Kaisern, des Sieges halber Statuen mit Elephanten, Triumphwagen, Statuen zu Pferde und Trophäen.“ Der Senat ging hierauf auseinander, und durch die ganze Statt hin wurden Dankgebete angestellt, die sieggekrönten Kaiser aber, deren Leben ich später in einem folgenden Buche beschreiben werde, begaben sich in den Palast zurück.

27 Maximinus der Jüngere, von dessen Herkunft ich schon oben gesprochen habe, war von so außerordentlicher Schönheit, daß sich viele verbuhlte Frauenzimmer in ihn verliebten, ja mehrere sogar auch Mutter von ihm zu werden wünschten. Sein hoher Wuchs würde allem Anscheine nach die Natur seines Vaters erreicht haben, allein er fand in seinem 21. oder nach Einigen schon in seinem 18. Jahre in der Blüthe seiner Jugend den Tod. In der griechischen und lateinischen Literatur besaß er ausgezeichnete Kenntnisse. In der erstern unterrichtete ihn der Grammatiker Fabilius, von dem noch zahlreiche griechische Epigramme, besonders auf den Bildnissen des jungen Maximinus selbst, vorhanden sind und der auch bei Schilderung desselben jene Verse Virgils30:
[476] So wie der Lucifer oft, von des Oceans Welle benetzet,
Wenn er gehoben das heilige Haupt und das Dunkel zerstreut hat,
Strahlet, also der Jüngling geschmückt mit dem Namen des Vaters.
in griechische Verse übergetragen hat. Im Lateinischen aber hatte er den Grammatiker Philemon, in der Rechtsgelehrsamkeit den Modestinus und in der Redekunst den Titianus, einen Sohn des ältern Titianus, der ein treffliches Werk über die Provinzen verfaßt hat und wegen seiner vielfältigen Nachahmungssucht der Affe seiner Zeit genannt wurde, zu Lehrern. Außerdem genoß Maximinus auch den Unterricht des damals berühmten griechischen Redekünstlers Eugamius. Seine Verlobte war Junia Fadilla, eine Urenkelin des Antoninus, die in der Folge Toxotius, ein Senator aus derselben Familie, von dem man noch Gedichte hat und der nach seiner Prätur umkam, heirathete. Doch blieben die kaiserlichen Verlobungsgeschenke in ihrem Besitz, welche nach Junius Cordus, einem in solchen Dingen sehr genauen Forscher, aus einem Halsband von Einer auf neuen Perlen bestehenden Schnur, einem Haarnetz mit eilf Smaragden, einem Armband mit einem Schlosse von vier Hyacinthen, überdieß aber noch aus goldgewirkten Gewändern, sämmtlich von kaiserlicher Pracht, und dem übrigen Brautschmucke bestanden.

28 Was aber den jungen Maximinus selbst betrifft, so war er äußerst stolz und übermüthig, und während doch sein Vater, obgleich ein höchst grausamer Mann, vor den meisten Personen von Rang aufstand, so blieb er vor Jedermann sitzen. Das Vergnügen liebte er sehr. Im Genusse des Weines war er mäßig, aber er aß ziemlich viel, besonders Wildbrät. Schwarzwild, Enten, Kraniche, kurz alle Arten von Wildbrät, durften nie auf seiner Tafel fehlen. Die Freunde des Maximus, Balbinus und Gordianus, hauptsächlich aber die Senatoren, suchten seine Ehre wegen seiner außerordentlichen Schönheit [477] zu verunglimpfen, weil sie eine solche Gestalt, als gleichsam dem Himmel selbst entsprossen, nicht für unbefleckt gehalten wissen wollten. Auch mußte er damals, als er in Begleitung seines Vaters um Aquileja’s Mauern herumging und die Einwohner dieser Stadt zur Uebergabe aufforderte, keine andere Vorwürfe hören, als die wegen grober Unsittlichkeit, von der er sich doch völlig rein erhalten hatte. Auf seine Kleidung verwandte er eine so große Aufmerksamkeit, daß kein Frauenzimmer in ihrem Putze schmucker sein konnte. Gegen die Freunde seines Vaters war er die Gefälligkeit selbst, aber nur so weit es Geschenke und andere Beweise von Freigebigkeit betraf. Denn wenn sie ihm aufwarteten, so war er äußerst stolz, und reichte nicht blos die Hand zum Kuße hin, sondern ließ es auch geschehen, daß man ihm die Knie, ja zuweilen sogar die Füße küßte, was sein Vater nie zuließ, der zu sagen pflegte: Da seien die Götter für, daß ein freigeborener Mann mir die Füße küsse! Und weil ich wieder auf den ältern Maximin zu reden gekommen bin, so will ich hier noch eine lustige Geschichte anführen. Er war, wie ich oben bemerkt habe, beinahe 81/2 Schuh groß. Es legten nun Einige einen seiner Schuhe, einen sogenannten kaiserlichen Campagus31, der um einen Fuß größer als das gewöhnliche Maaß eines Fußes war, in dem Haine zwischen Aquileja und Arcia nieder, und dieß gab dann Veranlassung zu dem Sprüchworte, daß, wenn man von einem langen und dabei tölpischen Menschen sprach, man sagte: ein Stiefel des Maximinus. Ich führe dieses Geschichtchen deswegen an, daß nicht etwaige Leser des Cordus glauben, ich habe etwas Wesentliches von Maximinus übergangen. Doch ich komme wieder auf seinen Sohn zurück.

29 [478] Alexander Aurelius, der seine Schwester Theoclia mit dem jungen Maximin zu vermählen wünschte, äußert sich über denselben in einem Schreiben an seine Mutter Mammäa folgendermaßen: „Liebste Mutter, hätte nicht der ältere Maximinus, unser und zwar unser sehr tapferer Heerführer, etwas Barbarisches an sich, so würde ich dem jüngern Maximinus deine Theoclia gegeben haben. Aber ich besorge, meine nach den seinen griechischen Sitten gebildete Schwester möchte einen Barbaren als Schwiegervater nicht ertragen können, wiewohl der junge Maximinus selbst schön ist und eine wissenschaftliche Bildung und griechische Feinheit zu besitzen scheint. Dieß ist meine Ansicht; doch gehe du mit dir selbst zu Rathe, ob du den Maximinus, des Maximinus Sohn, zum Eidam haben willst oder den Messalla, den Sprößling einer edeln Familie, einen gewaltigen Redner und großen Gelehrten, der, täusche ich mich nicht, auch im Kriegsfache, wenn er sich damit beschäftigen würde, Tüchtiges leisten könnte.“ So urtheilte Alexander über Maximin, von dem ich nun nichts weiter zu berichten weiß. Doch um dem etwaigen Vorwurf, daß ich etwas übergangen habe, auszuweichen, so will ich noch ein Schreiben des ältern Maximin, nachdem er bereits Kaiser geworden, beibringen, worin er meldet, daß er seinem Sohne deswegen den Imperatorstitel ertheilt habe, damit er sowohl in Gemälden als in der Wirklichkeit sehe, wie der jüngere Maximin sich in Purpur ausnehme. Das Schreiben lautet folgendermaßen: „Ich habe meinen Sohn Maximinus sowohl wegen der Liebe, die ein Vater zu seinem Sohne haben soll, zum Imperator ernennen lassen, als auch namentlich deswegen, daß das römische Volk und jener alte Senat mit bestem Gewissen sollen versichern können, daß Rom nie einen schöneren Kaiser gehabt habe.“ Der junge Maximin trug nach dem Beispiele der Ptolemäer einen Panzer von Gold oder [479] auch von Silber, so wie einen übergoldeten, mit Edelsteinen geschmückten Schild und eine mit Gold überzogene Lanze. Auch ließ er sich Schwerter aus Gold und Silber verfertigen, wie er denn überhaupt nichts versäumte, was seine Schönheit erhöhen konnte. So waren auch seine Helme und die Visiere mit Edelsteinen besetzt. Dieß ist Alles was man von dem jungen Maximinus schicklicher Weise wissen und sagen darf. Wer aber noch Weiteres von ihm wissen will, seine Liebeshändel und seine Buhlschaften, die Cordus von ihm zu erzählen weiß, der lese diesen Geschichtschreiber selbst. Denn ich will hier mein Werk schließen und zu Anderem weiter eilen, wie es mir gleichsam der Auftrag des Staates befiehlt.

30 Vorzeichen seiner Gelangung zum Reiche waren für den ältern Maximin folgende. Einst wand sich ihm, während er schlief, eine Schlange um den Kopf. Ein von ihm gepflanzter Weinstock brachte innerhalb eines Jahres ungeheuer große, purpurfarbige Trauben hervor und wuchs zu einer erstaunlichen Höhe heran. Sein Schild entzündete sich im Scheine der Sonne. Eine kleine Lanze wurde vom Blitze so gespalten daß der Riß auch mitten durch das eiserne Beschläge ging und sie also zwei Theile bildete, was die Zeichendeuter dahin erklärten, daß zwei Kaiser aus Einer Familie und gleichen Namens den Thron besteigen, aber denselben nicht lange behaupten würden. Der Panzer seines Vaters war nicht, wie gewöhnlich, mit Rost bedeckt, sondern, wie ihn Viele gesehen haben, über und über purpurroth. Maximinus dem Sohne aber verkündigten folgende Vorzeichen den Thron. Wie er einem Grammatiker zur Unterweisung übergeben wurde, machte ihm eine Anverwandtin einen durchgängig mit goldenen Buchstaben auf Purpur geschriebenen Homer zum Geschenke. Einst war er, noch als ein kleiner Knabe, aus Achtung gegen seinen Vater von Alexander zur Tafel eingeladen [480] und da es ihm an einem Speisekleide fehlte, so gab ihm Alexander sein eigenes. Noch als kleines Kind sprang er unvermuthet in den auf der Straße dahinfahrenden leeren Wagen des Antoninus Caracalla, setzte sich in demselben nieder und konnte nur mit großer Mühe von den dabei befindlichen Stallknechten wieder herausgebracht werden. Einige meinten deshalb, Caracalla solle sich vor diesem Kinde in Acht nehmen, allein dieser entgegnete: Es hat noch lange Zeit, bis der mir nachfolgt. Er lebte nämlich damals noch in unscheinbaren Verhältnissen und war noch gar zu jung.

31 Ihren Tod verkündigten folgende Vorzeichen. Als Maximinus mit seinem Sohne gegen Maximus und Balbinus zog, lief ihnen ein Weib in Trauerkleidern, mit fliegenden Haaren, entgegen, rief: Maximine, Maximine, Maximine! und fiel sodann, ohne weiter etwas zu sprechen, todt nieder. Wahrscheinlich hatte sie noch, kommt zu Hülfe! ausrufen wollen. Bei dem zweiten Nachtlager heulten mehr als zwölf Hunde um sein Zelt herum, starben gleichsam unter Wimmern und wurden Morgens todt gefunden. Mehr als 500 Wölfe liefen zugleich mit einander in eine Stadt, in welche Maximinus eingerückt war. Viele nennen sie Hemona, andere Archimea; in jedem Falle war es eine solche, welche beim Anrücken Maximins von ihren Einwohnern verlassen war. Da indeß die Anführung aller Vorzeichen zu weitläufig sein würde, so verweise ich, wie schon mehrmals, die wißbegierigen Leser auf Cordus, der dieß Alles bis aufs Märchenhafte beschrieben hat. Grabmäler gibt es keine von diesen Maximinen, denn ihre Leichname wurden in den Fluß geworfen und ihre Köpfe auf dem Marsfelde unter dem Hohne des Volks verbrannt.

32 Aelius Sabinus – und dieß darf ich nicht übergehen – erzählt, daß Maximinus der Sohn eine so außerordentlich schöne [481] Gesichtsbildung gehabt habe, daß selbst nach seinem Tode sein schon schwarzer, schon schmutziger und entstellter Kopf, der schon von Eiter triefte, dem Kopf eines schönen Gespenstes ähnlich gesehen habe. So groß die Freude war, als Maximins Kopf auf einem Speere herumgetragen wurde, so groß war beinahe der Schmerz, als man auch seines Sohnes Kopf auf gleiche Weise herumtragen sah. Dexippus erzählt noch, der Haß gegen Maximinus sei so groß gewesen, daß der Senat nach dem Tode der beiden Gordiane 20 Männer gegen ihn erwählt haben, unter denen sich Balbinus und Macimus befanden, die der Senat als Gegenkaiser aufstellte. Derselbe Geschichtschreiber berichtet weiter, daß sein prätorischer Präfekt Anolinus und sein Sohn vor den Augen des bereits von seinen Truppen verlassenen Maximinus getödtet worden seien. Auch wollen mehrere Geschichtschreiber wissen, daß Maximinus, als er sich verlassen und seinen Sohn vor seinen Augen getödtet sah, um nicht auf eine unmännliche Art sterben zu müssen, sich selbst den Tod gegeben habe.

33 Noch verdient angeführt zu werden, daß die Einwohner Aquileja’s mit so standhafter Treue an dem Senate gegen Maximinus festhielten, daß sie, als es an Bogensehnen gebrach, solche aus den Haaren ihrer Weiber verfertigten, was einstens32 auch zu Rom der Fall gewesen sein soll, daher der Senat den Matronen zu Ehren der „kahlen“ Venus einen Tempel weihte. Auch das darf ich keineswegs mit Stillschweigen übergehen, daß Dexippus, Arrian und viele andere griechische Geschichtschreiber berichten, daß Maximus und Balbinus zu Kaisern gegen Mariminus ernannt, und Maximus mit einem Kriegsheere abgeschickt worden sei und zu Ravenna die Kriegsrüstungen [482] betrieben, Aquileja aber nur als Sieger gesehen habe: daß aber dagegen die lateinischen Geschichtschreiber melden, nicht Maximus, sondern Pupienus habe bei Aquileja gegen Maximinus gefochten und denselben besiegt, ein Widerspruch, den ich mir nicht anders erklären kann, als daß Pupienus und Maximus wohl eine und dieselbe Person sind. Ich führe dieß nur deßwegen an, auf daß man nicht etwa denken möge, dieser so befremdende und auffallende Widerspruch sei mir entgangen.

Anmerkungen

1 Von allen Maßen und Gewichten befanden sich auf dem Capitol Muster, nach denen alle im Handel und Wandel gebrauchten Maße und Gewichte gerichtet werden mußten. Eine Amphora nun ober ein Eimer hatte achtundvierzig Sextarii oder Nössel.

2 Nämlich der Donau.

3 Anstatt parem lese ich mit Salmasius patrem.

4 Ein berühmter Ringer und Kämpfer, der so stark gewesen sein soll, daß er einen lebendigen Ochsen tragen und solchen mit einem Faustschlag tödten konnte.

5 Der Mythe nach ein riesenhafter Sohn des Poseidon und der Erde in Africa, der alle Reisende erschlug, bis er dem Hercules unterlag. Sein Körper soll sechzig Ellen lang gewesen sein.

6 D. h. der als bloßer Soldat Kaiser wurde, und dieß war es auch, was den Maximin zum Theil beim Senate so verhaßt machte. Man hatte es nämlich bisher für einen Reichsgrundsatz gehalten, daß der Kaiser immer aus dem Senat erwählt werden mußte, und die höchste Gewalt, die der ganze Körper nicht mehr ausübte, war immer einem seiner Glieder anheim gefallen.

7 Der Sage nach ein König von Aegypten, der alle in dieses Land kommende Fremde opferte.

8 Ein Räuber von ungeheurer Stärke in Attica, der alle Reisende von dem nach ihm benannten Felsen in das Meer hinabstürzte.

9 Ein durch seine Grausamkeit bekannter Tyrann zu Agrigent in Sicilien.

10 Ein höchst grausamer König in Aegypten, der seinen eigenen Bruder Osiris getödtet haben soll.

11 Einer der Giganten.

12 Jener, ein Thrakier, ein talentvoller, tapferer Anführer der empörten Sclaven in Italien 73 v. Chr.; dieser, ein Kilikier, Führer eines empörten Sclavenhaufens in Sicilien 103 bis 99 v. Chr.

13 Hierunter ist der Rhein verstanden.

14 Ich lese mit Salmasius: eratque in armis ipse, manu exercitui et corpore multa semper ostendens.

15 Unten in den 30 Thronanmaßern Cap. 32 ’ift sein Leben ’be: schrieben, wo er aber Titus heißt.

16 Die Zahlen scheinen hier verfälscht, daher schlägt Salmasius zu lesen vor: per triginta vel quadraginta millia, in einem Umkreise von 30 big 40 Meilen.

17 Anstatt et silvas lese ich mit der pfälzer Handschrift: ad silvas.

18 Anstatt sola romana schlägt Arntzen (ad Aurel. Vict. vir. illustr. c. 57) fora romana zu lesen vor, was hieße: daß kaum die römischen Märkte [wo sie nämlich verkauft werden sollten] Platz genug haben.

19 Die größte und wichtigste Stadt in ganz Pannonien. Sie lag bei dem jetzigen Flecken Mitrowitz in Slavonien.

20 Die hier gemeinte Stelle Herodians findet sich im zweiten Cap. des siebenten Buches. Uebrigens ist das Urtheil des Capitolinus über die Parteilichkeit dieses Geschichtschreibers unrichtig.

21 Anstatt scythicis vehiculis lese ich mit Salmasius: siccis vehiculis, auf bloßen Wägen, ohne irgend eine Begleitung.

22 Ich lese mit Casaubonus: inter eos.

23 Soll das heutige El Jem am Meere nicht weit von der kleiner Syrte sein.

24 Ich lese mit Salmasius: alia die admissis amicis, qui videre eum non poterant, consilium habuit, quid facto opus esset; sed tacebant et factum senatus taciti laudabant.

25 Das heutige Laybach. Hemona wird in frühern Zeiten als zu Noricum gehörig betrachtet, allein Italiens Nordgrenze wurde später über Hemona gegen Noricum näher hinaufgerückt. Nach Herodians Versicherung 8,1 war Hemona die erste Stadt Italiens.

26 Der keltische Name für den Sonnengott; denn Aquilejas Bevölkerung war keltisch. Der Name lautet auf den Inschriften auch Abellio und ist zum Theil zum römischen Namen Apollo gestellt.

27 Nach Herodian 8,5 geschah dieß im Lager selbst.

28 Nämlich die in Maximins Heere dienten. Es waren dieß hauptsächlich die Pannonier und Thrakier, die ihn zum Kaiser ausgerufen hatten nach Herodian 8,6.

29 Dieß ist wirklich so. Schon die Münzen hätten diesen Zweifel lösen können, auf denen die Unterschrift ist: M. Clodius Pupienus Maximus Augustus oder Imperator Cäsar Pupienus Maximus Augustus.

30 Nur der 1. und 2. Hexameter ist aus Virgil, und zwar aus dem 8. Gesange der Aeneis der 589. und 591. Der 3. aber ist Zusatz des Fabilius.

31 Eine Art Stiefeln der höhern Militärpersonen.

32 Als die Römer nach der Eroberung ihrer Stadt durch die Gallier noch das Capitol vertheidigten.