Terenz

Ornament

Übersetzung

1 [539] Publius Terentius der Africaner1, aus Carthago gebürtig, war in Rom Sclave des Senators Terentius Lucanus, der ihn wegen seiner Talente und seiner Schönheit nicht nur wie einen Freien unterrichten, sondern auch bei Zeiten frei ließ. Manche glauben, er sei in Kriegsgefangenschaft gerathen; aber Fenestella beweist, daß dieß durchaus unmöglich gewesen, da er zwischen dem Ende des zweiten und dem Anfang des dritten punischen Kriegs geboren und gestorben ist und auch, falls er von den Numidern oder Gätulern gefangen worden wäre, zu keinem römischen Heerführer2 hätte gelangen können, da erst seit der Zerstörung von Carthago der Verkehr zwischen Italienern und Africanern seinen Anfang genommen hat.

2 Er lebte mit vielen vornehmen Leuten auf freundschaftlichem Fuße, vorzugsweise aber mit Scipio Africanus und Cajus Lälius, welchen er, wie man glaubt, auch wegen der Schönheit seines Körpers lieb gewesen, was übrigens ebenfalls durch die Behauptung des Fenestella widerlegt [540] wird, daß er älter als jene Beiden gewesen sei; dennoch berichtet auch Cornelius Nepos, daß alle drei gleich alt gewesen, und Porcius drückt seine Ansicht über ihren fleischlichen Umgang so aus:
Während er die Lust der Großen, ihr geschminktes Lob erstrebt,
Während er des Africanus Götterstimme gierig trinkt,
Schön ihm dünkt, bei Furius zu speisen und bei Lälius,
Sich geliebt von ihnen wähnet, auf’s Albanum oft entführt
Um der Jugend Blüthe – ward er in die tiefste Noth gestürzt
Durch Verlust des Vermögens.
Darum gieng er aus Aller Aug’ nach Hellas in das fernste Land,
Starb zu Stymphalus in Arkadien. Also hat ihm nichts genützt
Publius Scipio, nichts ihm Lälius, ebensowenig Furius,
Welche Drei als hohe Herren glänzend lebten zu gleicher Zeit.
Hatt’ er doch durch deren Hülfe nicht ’mal ein gemiethet Haus,
Einen Ort, wohin der Sclav des Herren Tod berichtete.

3 Er schrieb sechs Komödien; als er die erste derselben, die Andria, den Aedilen vorlegte, mußte er sie vorher dem Cäcilius vorlesen; wie er nun bei diesem gerade über Tisch sich einfand, so soll er, weil er sich seiner Kleidung schämte, den Anfang des Stückes auf einer Bank neben dem Speisesopha sitzend vorgelesen haben; nach wenigen Versen aber habe man ihn eingeladen, sich auch an den Tisch zu setzen; da habe er denn mitgespeist und hernach den Rest unter großer Bewunderung des Cäcilius zu Ende gelesen. Ebenso erntete dieses Stück, wie die fünf folgenden, auch bei dem Volke großen Beifall. Was übrigens die Gesammtzahl derselben betrifft, so schreibt Volcatius:
Man zähle als der Stücke sechstes Hecyra.
Der Eunuch wurde an Einem Tage zweimal aufgeführt und erlangte einen so hohen Preis, wie niemals vorher eine andere Komödie, [541] nämlich achttausend Sestertien; daher ist diese Summe auch auf dem Titel beigeschrieben. So zieht Varro auch den Anfang der Adelphen dem Anfang bei Menander vor.

4 Allgemein bekannt ist die Sage, daß Lälius und Scipio, mit welchen Terentius in vertrauter Freundschaft lebte, ihm bei seinen Dichtungen geholfen haben. Dieses Gerücht erhielt durch ihn selbst noch weitere Nahrung, weil er sich immer nur sehr unbestimmt dagegen verwahrte, wie in dem Prolog zu den Adelphen:
Denn was die Feinde sagen, daß Männer von edlem Haus
Ihm hülfen und beständig mit ihm dichteten,
Womit sie glauben schwer ihn zu beleidigen,
Das gilt ihm für das größte Lob, da er denen gefällt,
Die euch allsammt gefallen und dem ganzen Volk,
Und deren Beistand Keiner jemals war zu stolz
Zu seiner Zeit zu nutzen im Krieg, in Fried’ und Staat.

Er hat wohl deßhalb sich so wenig dagegen gewehrt, weil er wußte, daß diese Meinung dem Lälius und Scipio willkommen war; sie hat auch mehr Glauben gefunden und sich auf die Nachwelt vererbt. Quintus Memmius sagt in einer Rede zur Selbstvertheidigung: „Publius Africanus, welcher die Maske des Terentius borgte und so das, was er selbst zu Hause zum Zeitvertreib gedichtet hatte, unter dessen Namen auf die Bühne brachte“; und Nepos erzählt, er habe von einem glaubwürdigen Gewährsmann gehört, C. Lälius habe einmal auf seinem Landgute bei Puteoli am 1. März, als er von seiner Frau gemahnt wurde, zeitiger zu Tisch zu kommen, diese gebeten, ihn nicht zu stören, sei dann etwas spät in den Speisesaal gekommen und habe bemerkt, es sei ihm beim Dichten noch nicht oft so von der Hand gegangen wie heute; wie man ihn nun bat, diese Dichtungen [542] mitzutheilen, habe er Verse vorgelesen, welche sich im Heautontimorumenos finden, wie:
Bei Gott, gar frech verlockte mich hieher Syrus’ Versprechen.3
Santra meint, wenn Terentius zu seinen Dichtungen Beihülfe nöthig gehabt habe, so habe er dazu nicht wohl den Scipio und Lälius brauchen können, welche damals noch sehr jung gewesen, sondern vielmehr den Sulpicius Gallus, einen gelehrten Mann, unter dessen Consulat er bei den Megalensischen Spielen mit der Aufführung seiner Schauspiele begonnen habe, oder auch den Quintus Fabius Labeo und Marcus Popillius, Beide Consulare und Dichter. Ebendeßhalb habe er die Leute, die ihm geholfen haben sollten, nicht als junge Männer bezeichnet, sondern als Männer, deren Verdienste im Krieg, im Privatleben und in Staatsangelegenheiten dem Volke zu gut gekommen seien.

5 Nachdem er seine Komödien veröffentlicht hatte, verließ er noch nicht fünfunddreißig Jahre alt Rom und kam nicht wieder zurück, sei es, um dem Verdachte zu entgehen, daß er fremde Erzeugnisse für seine eigenen ausgebe, oder um griechische Zustände und Sitten kennen zu lernen, um sie dann in entsprechender Weise in seinen Dichtungen darzustellen. Ueber seinen Tod berichtet Volcatius:
Doch als Terenz geschrieben sechs Komödien,
So reist’ nach Asien er; seit er das Schiff bestieg,
Hat Niemand mehr gesehen ihn. So kam er um.

Quintus Cosconius behauptet, er sei auf der Rückfahrt von Griechenland mit hundert und acht Schauspielen, die er aus dem Menander übersetzt, auf der See zu Grunde gegangen. Die Andern [543] berichten, er sei in dem arkadischen Stymphalus oder in Leucadia gestorben, wo er unter dem Consulat des Cneus Cornelius Dolabella und des Marcus Fulvius Nobilior aus Gram und Kummer über den Verlust seines Gepäcks, das er mit seinen neuen Schauspielen zur See vorausgeschickt hatte, in eine schwere Krankheit verfallen sei.

6 Er soll nicht groß gewesen sein, aber einen schlanken Wuchs und eine dunkle Gesichtsfarbe gehabt haben. Er hinterließ eine Tochter, welche später einen römischen Ritter heirathete, und zwanzig Morgen große Gartenanlagen an der appischen Straße beim Marsfeld. Um so mehr wundere ich mich, wie Porcius schreiben mag:
– Also hat ihm nichts genützt
Publius Scipio, nichts ihm Lälius, ebensowenig Furius,
Welche Drei als hohe Herren glänzend lebten zu gleicher Zeit.
Hatt’ er doch durch deren Hülfe nicht ’mal ein gemiethet Haus,
Einen Ort, wohin der Sclav des Herren Tod berichtete.

7 Afranius stellt ihn über alle Komiker in der Stelle in seinen Compitalien:
Nicht Einen wirst du finden ähnlich dem Terenz.
Volcatius dagegen setzt ihn nicht nur dem Nävius und Plautus und Cäcilius, sondern auch dem Licinius und Attilius nach. Cicero in der Schrift „die Wiese“ lobt ihn insoweit:
Du auch, der du allein in gewählte lateinische Sprache
Umgekleidet, Terentius, uns darstellst den Menander,
Und vorführst dem versammelten Volk in sanfteren Tönen:
Alles trägst du so lieblich vor in reizender Sprache.

und Cajus Cäsar:
[544] Du auch, halber Menander, als Freund der reineren Sprache
Wirst mit völligem Recht zu den besseren Dichtern gerechnet.
Wäre doch nur mit der zarten Rede vereinet die Kraft auch,
Daß im komischen Schwung an Fülle des Ruhmes den Griechen
Gleich du wärest und nicht in diesem Punkte verachtet.
Nur dieß Eine vermiss’ ich bedauernd, daß es dir fehle.

Anmerkungen

1 Die nachfolgenden Dichterleben nebst dem des Plinius sind in ihrer jetzigen Gestalt schwerlich Werke des Sueton.

2 Statt ducem lesen Andere passender dominum: Herrn.

3 Dieser erste Vers vertritt die Stelle der ganzen Scene. Die Uebersetzung hier, und an andern Stellen dieser Lebensbeschreibung, nach Bensey.